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Wo. 50. PAPIER-ZEITUNG. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Rotationsmaschinen für wechselnde Formate. Rotationsmaschinell gewöhnlicher Art lassen sich nur für je ein bestimmtes Format verwenden. Ihr Anwendungsgebiet bleibt daher fast ausschliesslich auf Zeitungen, Zeitschriften und solche Werke grossen Umfangs beschränkt, welche in hohen, rasch auf einander folgenden Auflagen erscheinen, wie z. B. Konversationslexika. Die Schnellpressenfabrik König & Bauer in Kloster Oberzell bei Würzburg war die erste, welche in Deutschland Rotationsmaschinen für wechselnde Formate baute. Da man den Plattencylinder nicht beliebig vergrössern und ver kleinern kann, und die Papierverschwendung beim Stehenbleiben eines unbedruckten Papierstreifens zwischen den einzelnen Formen die Vortheile der Rotationsmaschine aufheben würde, so bleibt beim Ein richten derselben für wechselnde Formate nur der Ausweg, dass man das von der Rolle ablaufende Papier nicht nach dem Druck, sondern vor dem Druck zerschneidet. Zum Festhalten der vom Rollenpapier abgeschnittenen Bogen und zur Führung derselben um die Druckcylinder lassen sich bei dem ausserordentlich schnellen Gang der Rotationsmaschinen die ge wöhnlichen Führungsmechanismen (Greifer) nicht gut anwenden. Die Firma König & Bauer ordnete daher zu diesem Zweck Saug röhren an, welche vom Innern der Druckcylinder her auf die ab- geschnittenen Bogen wirken und sie so lange festhalten, bis der Druck erfolgt ist. Dann werden die Bogen abgestossen und durch Bandführung nach dem Falzwerk geleitet. Die Einrichtung zum Verstellen der Maschine für verschiedene Formate und die erwähnte Saugvorrichtung wurden der Firma unter Nr. 3G 459 patentirt. Schon nach erfolgter Anmeldung des Patents erhob die im Rotationsmaschinenbau konkurrirende Maschinenfabrik »Augsburg« in Augsburg Einspruch gegen die Ertheilung. Sie behauptete, Vor richtungen zur Bogenführung mittels zeitweise wirkender Sauger seien bekannt, und es sei »schlechterdings unmöglich«, dass die be schriebene Einrichtung tadellos arbeite. Das Kaiserliche Patentamt wies damals den Einspruch ab und ertheilte das Patent. Die Maschinenfabrik Augsburg strengte dann die Nichtigkeits klage gegen den zweiten Anspruch des Patents an. Zur Begründung derselben führte sie an, dass der Gegenstand des Anspruchs zur Zeit der Patentanmeldung nicht mehr neu gewesen sei. Der an gefochtene Patentanspruch lautet: Die Führung der abgeschnittenen Papierbogen über einen oder mehrere Druckcylinder vermittels rechtzeitigen Festhaltens der selben durch eine mit den Cylindern rotirende und aus deren Innern heraus auf die Papier-Vordei kante wirkende Saugvorrich tung (ausgehöhlte, nach der Cylinder-Ober fläche sich öffnende Stangen m) und desgleichen Loslassen, bezw. Abstossung jener Kante durch Lufteinlass in die bisher saugend wirkenden Räume. Eine Vorrichtung zur Bogenfübrung an Buntpapiermaschinen, welche diese Eigenschaften besitze, sei von Morton konstruirt und in Uhlands Maschinen - Konstrukteur, Jahrgang 1873, beschrieben worden. Zwei andre Anwendungsarten seien in der englischen Patentschrift Nr. 2561/72 und der amerikanischen Patentschrift Nr. 321 684 mitgetheilt, welche beide vor Anmeldung des Patents Nr. 36 459 veröffentlicht waren. Die Thätigkeit der Beklagten hätte somit nur darin bestanden, dass sie eine bekannte Anordnung auf eine Maschine übertrugen, an der diese Anordnung bisher noch nicht angebracht worden sei. Das könne aber jeder sachkundige Maschinen bauer, und eine derartige Uebertragung dürfe nicht als Erfindung gelten. Die beklagte Firma wies demgegenüber darauf hin, dass zwischen ihrer Ausführung und den in den vorgenannten Patentschriften be schriebenen Anordnungen wesentliche Unterschiede bestünden. Zu nächst diene keine dieser Anordnungen zum Drucken. Bei Morton erfolge das Ansaugen allmälig und auf der ganzen Fläche, bei K. & B. augenblicklich und nur an der Vorderkante. Morton hätte nur die Führung und das Festhalten des Papiers bis zu dem Augenblick im Auge, wo ein um den Cylinder laufendes Drahtgewebe das Papier mechanisch abziehe, bei K. & B. dagegen werde das Papier durch die Saugvorrichtung nicht allein festgehalten, sondern im geeigneten Augenblick auch wieder abgestossen. Die Herstellung einer gut und sicher arbeitenden Vorrichtung dieser Art sei Bedürfniss gewesen, und es handle sich dabei nicht um eine handwerksmässige, leicht her stellbare Uebertragung, sondern um eine nützliche und werthvolle Ei frndung. Das Patentamt erkannte mit Beschluss vom 8. November 1889 auf kostenpflichtige Abweisung der Nichtigkeitsklage. In den Entscheidungsgründen wird das Hauptgewicht darauf gelegt, dass die Anwendung der pneumatischen Bogenführung auf Rotationsmaschinen unzweifelhaft neu sei, und dass der Patentschutz die pneumatische Bogenführung auch nur in ihrer Anwendung auf Rotationsdruckmaschinen schütze. Weiterhin heisst es: »Die pneumatische Bogenführung an sich war allerdings irn wesentlichen bekannt. Das Verdienst der Beklagten liegt aber darin, zuerst den Gedanken, dieselbe auf Rotationsmaschinen für wechselnde Formate zu übertragen, gefasst und die Schwierigkeiten dieser Ueber tragung überwunden zu haben. Denn dass die Uebertragung nicht so einfach und naheliegend ist, wie die klägerische Firma behauptet, geht einmal aus der Thatsache, dass niemand vor der Beklagten daran gedacht, und ferner aus dem Umstande hervor, dass sogar nach Auslegung des angegriffenen Patents die Durchführbarkeit des selben bezweifelt wurde. Die Thätigkeit der Beklagten ist also keineswegs so untergeordneter Art gewesen, wie Klägerin sie dar stellt. Beklagte hat in ihrer Erfindung etwas geleistet, was vor ihr niemand auszuführen vermochte. Sie hat durch ihre Einrichtung die Brauchbarkeit und Leistungsfähigkeit der Rotationsdruckmaschinen wesentlich gesteigert und damit einen Fortschritt in der Industrie hervorgerufen. Der Gegenstand ihrer Erfindung erscheint deshalb mit Recht patentirt, und die Klage ist demgemäss abgewiesen.« Die Maschinenfabrik Augsburg legte nun Berufung beim Reichs gericht ein. Dieses verwarf die Berufung und legte der Klägerin die Kosten auf. Die Entscheidungsgründe des Reichsgerichts gehen näher in technische Einzelheiten ein, prüfen die Einrichtungen, welche die König & Bauersche Vorrichtung mit den obenerwähnten früheren englischen und amerikanischen Konstruktionen gemein hat und kommen ebenfalls zu dem Ergebniss, dass die Beklagte zwar ein bekanntes Mittel angewendet, durch dasselbe aber eine wesentlich neue technische Wirkung erzielt hat. Auch der Antrag der Klägerin, die Fassung des angefochtenen Patentanspruchs zu ändern, wurde abgelehnt. Lehren für junge Anfänger. Frei nach »Inland Printer«. Die beste Gelegenheit, sich eine angenehme Selbständigkeit zu schaffen und in kurzer Zeit grosse Einnahmen zu erzielen, bietet heutzutage die Errichtung einer Druckerei. Jeder Papierhändler oder Buchbinder, der grössere Grade Fraktur und Antiqua von einander unterscheiden kann und weiss, dass man bei der Tiegeldruckmaschine die Form auf dem Fundament und die Zurichtung auf dem Tiegel befestigt, besitzt damit hinreichende Kenntnisse, um zum erfolg reichen Betrieb eines Druckerei-Geschäfts befähigt zu sein. Alte Buchdrucker sagen zwar, mit den glänzenden Einnahmen habe es seinen Haken, und zur gewinnbringenden Leitung gehörten Fachkenntnisse. Das ist aber nicht wahr. Diese verknöcherten Zunftmenschen wollen bloss den ganzen Verdienst für sich allein behalten und vorurtheilsfreien strebsamen unternehmenden Leuten den Weg zur geschäftlichen Selbständigkeit versperren. Junge Schriftsetzer, die im Werksatz bewandert sind und eine Oktav-Form ausschiessen können, sind natürlich noch viel besser befähigt, sich eine Druckerei einzurichten und zu leiten. Wenn sie auch mit der Preisberechnung nicht vertraut und im Verkehr mit dem Publikum nicht geübt sind, so schadet das weiter nichts. Kommt Zeit, kommt Rath. Jeder junge Mann, der etwa 500 Mark gespart hat, ist ein Thor, wenn er für 25 bis 30 Mark wöchentlich seine besten Kräfte opfert, um den sündhaft hohen Gewinn seines Prin zipals immer weiter zu vermehren. Mit wenigen hundert Maik kann man sich heutzutage schon eine sehr hübsche Druckerei einrichten, denn es giebt genug Agenten und Utensilienhandlungen, die sich ein Vergnügen daraus machen, dem jungen Unternehmer die ganze Einrichtung gegen lächerlich geringe Anzahlung zur Verfügung zu stellen. Es ist wahr: Diese menschenfreundlichen Herren behalten sich meist das Eigenthumsrecht an den gelieferten Maschinen und Werk zeugen vor. Das hat aber nicht viel zu bedeuten. Wenn man erst »Buchdruckereibesitzer« ist, macht sich alles Weitere ganz von selbst. Wer den vernünftigen Entschluss gefasst hat, dem unwürdigen Dasein im Dienste eines Andern ein Ende zu machen, wird gut thun, die nachstehend gegebenen Rathschläge zu befolgen. Zunächst handelt es sich um Beschaffung eines Arbeitsraumes. Es hat keinen Zweck, sich behufs Wahl eines solchen besondre Mühe zu geben. Wenn das Druckereilokal auch in ungünstiger Verkehrsgegend, auf dem Hofe vier Treppen hoch gelegen ist, so schadet das nichts. Die Besteller machen gern einen kleinen Spazier gang, und das Emporklimmen auf alten ausgetretenen, abends nicht