Volltext Seite (XML)
1058 PAPIER-ZEITUNG. Ho. 45 aus reinem Sulfitstoff mit starker Holzschliffreaktion. Das Papier war mit Harz geleimt und hatte 0,5 bis 0,7 pCt. Aschengehalt. Versuchsergebniss: Lfd. Nr. Bezeichnung des Papiers Ge wicht g/qm Maschinen richtung Querrichtung Mittlere Zimmer- |i wärme und I -Feuchtigkeit Reiss länge km 1 Bruch- deh- nung pCt Reiss länge km Bruch deh nung pCt, Reiss länge km Bruch deh nung pCt. 1. Packpapier 55 7,23 1,4 4,13 2,8 5,68 2, 18,8 Co 63pCt. 18,s C o 2. » 90 6,96 1,6 4,2 41 5,9 3,0 63pCt. 3. » 170 6,2* 1,0 4, 5, 5,17 3,7 18,6 Co 64pCt. Also auch hier zeigt sich bei zunehmender Dicke Abnahme der Reisslänge und Zunahme der Bruchdehnung. Dem Verfasser erscheinen die beiden Beispiele noch nicht genügend, um auf Giund derselben eine allgemeingiltige Behauptung aufzustellen, er hält es aber für nicht unwahrscheinlich, dass man bei weiteren Beobachtungen zu folgendem Schlüsse kommen wird: »Bei Papieren von gleicher Stoffzusammensetzung und gleicher Herstellungsart, aber verschiedener Dicke nimmt die mittlere Reiss länge mit wachsender Dicke ab, während die mittlere Bruchdeh nung zunimmt.« Wo nach beiden Seiten hin die Grenze liegt, wird erst auf Grund eingehender Untersuchungen festgestellt werden können. Erst dann wird es auch am Platze sein, die Ursachen der auffal lenden Erscheinung zu untersuchen. Der Verfertiger der zum zweiten Versuch benutzten Probestücke sprach die Ansicht aus, dass die auf fallend geringere Dehnung des dünneren Papiers vielleicht durch den schnelleren Gang der Papiermaschine und das schnellere Trocknen auf derselben veranlasst sei. Auch die Spannung oder der Zug auf der Papiermaschine, welcher auf dünnere Papiere stärker einwirkt als auf dickere, kann hierbei eine Rolle spielen. Versuchsanstalten und Industrie. In einem Bericht, welchen Herr Geh. Bergrath Dr. Wedding vor dem Verein zur Beförderung des Gewerbfleisses in Berlin über einen Besuch des Wiener Technologischen Gewerbemuseums erstattete, hatte derselbe die Versuchsabtheilung dieser österreichischen Anstalt mit den preussischen Versuchsanstalten verglichen. Er war dabei zu dem Ergebniss gelangt, dass die erstgenannte Anstalt bessere Fühlung mit der Industrie hält und dadurch bessere Gewähr für Vermeidung bureaukratischer Versumpfung bietet, welche bei ein seitigem Beamten-Einfluss stets droht. In der Sitzung des genannten Vereins vom 5. Mai suchte Herr Prof. Martens diese Befürchtungen mit Bezug auf die Charlottenburger Versuchsanstalten zu entkräften. Er verwies auf das Zusammengehen derselben mit den grossen Vereinen der Papierindustrie, dem Verein Deutscher Müller, den Interessenten der Schmierölfabrikation usw., auf die Studienreisen der Anstaltsbeamten, die stete Bereitwilligkeit der Anstalt zu Auskünften und die regelmässigen Veröffentlichungen, welche der Industrie Anregung geben. Herr Geh. Bergrath Dr. Wedding erwiderte darauf Folgendes: Ich habe in meiner Mittheilung über das Wiener technologische Gewerbe museum den Vergleich gegenüber unseren gleichartigen Versuchsanstalten gezogen. Jenes wird so geleitet, dass Industrie und Staat gleichwerthigen Einfluss ausüben. Diese Verbindung habe ich als zweckmässig und nützlich hingestellt, und habe meine Besorgniss geäussert, dass für unsere Anstalten, welche allein staatlich geleitet seien, die Gefahr der Versumpfung viel näher läge, falls sie nicht mit der Privatindustrie in beständigem Verkehr blieben. Sollte diese letztere Bedingung in vollem Umfange gehandhabt ‘werden, so fällt meine Befürchtung naturgemäss fort. Ich habe aber, so lange ich die Ehre hatte, der Kommission zur Beauf sichtigung der König!. Technischen Versuchsanstalten anzugehören, vielfach vergeblich für eine solche Verbindung gekämpft. Die wenigen Fälle, welche Herr Martens angeführt hat, sind ja zum grössten Theil meiner Anregung entsprossen. Aber sie reichen nicht aus. Die Privatindustrie muss beständig herangezogeu werden, regelmässig, alljährlich befragt werden. Mit ihr ge meinschaftlich sollten die besten Wege berathen werden, nicht nur in Bezug auf die eigentlichen Arbeiten in den Versuchsanstalten, sondern auch bezüglich der Redaktion der Zeitschrift, die viel zu viel nutzloses Zahlenmaterial bringt, und daher ungelesen bleibt. Nur wenn man den Gewerbtreibenden Einfluss gestattet, wird man auch ihre Theilnahme erlangen. Ich möchte diese meine Ansicht auch heut durchaus aufrecht erhalten, und würde mich freuen, wenn meine Anregung den Anlass geben sollte, dass die Versuchsanstalten in viel regerer Weise als bisher den angedeuteten Weg beschreiten und in dieser Richtung geleitet würden. Berichte unserer Korrespondenten. Aus Amerika. Sioux City, la., Mai 1890. Der musterhaft organisirte und systematisch gegliederte Gross handel ist auf der ganzen Linie mit Herstellung der immer mehr anschwellenden illustrirten Preisbücher für den diesjährigen Weih nachtsmarkt beschäftigt und wartet mit Sehnsucht auf die Muster von Neuheiten, welche die zur Zeit in Europa befindlichen Einkäufer folgeweise einschicken. Es dürfte daher von allgemeinem Interesse sein, über dieses Weihnachtsgeschäft etwas Näheres zur Kenntniss der Leser der Papier-Zeitung zu bringen, zumal dessen von Jahr zu Jahr steigende Bedeutung von der europäischen Exportindustrie sicht lich unterschätzt wird. Da zu einem flotten Weihnachtsgeschäft ein glitzernd weisser, knirschender Schnee gehört, der den rastlos rennenden und jagenden Amerikaner daran erinnert, dass die Freuden der Weihnachtszeit sich weder mit Hilfe von Maschinen verschieben, noch auf dem Wege der Gesetzgebungsspekulation zwei-, drei- oder viermal des Jahres vervielfachen lassen, so hatte in der vorjährigen Weihnachtszeit schon der Wegfall der leider unbedruckbaren Schneedecke einen Ausfall in den Einnahmen des Kleinhandels zur Folge. Der Ausdruck »Kleinhandel« darf nicht im europäischen Sinne verstanden werden, denn er hat Kaufhäuser aufzuweisen, die allein am Weihnächte Vorabend eine Baareinnahme von 16—50 000 Dollars zu verzeichnen gewohnt sind. An solchen Tagen kommt es vor, dass in derartigen Kaufhäusern die Zugangsthüren auf 15 bis 30 Minuten abgesperrt werden müssen, um zu verhüten, dass in dem Gedränge kleine Kinder todtgetreten, Frauen erdrückt, Taschen ausgeräumt und Glasscheiben zerbrochen werden, vor allen Dingen aber, um zu verhüten, dass ein Käufer hinausgedrängelt werde, bevor er sich gründlich ausgekauft hat. Denn es ist nur einmal Weihnachten, und das Risiko wächst mit jedem Jahre, weil mit jedem Jahre grössere Summen auf diese eine Karte gesetzt werden. Die Kaufkraft der Vereinigten Staaten für zum Leben nicht un bedingt nothwendige Erzeugniss, wird auf durchschnittlich 250 Dollar gleich 1000 M. jährlich auf die Familie angeschlagen werden dürfen. Daher können hübsche Luxuserzeugnisse, namentlich solche, welche zugleich einen Gebrauchswerth haben, stets auf Käufer rechnen. In Häusern, wo auf sorgfältige Auswahl der Geschenke Werth gelegt wird, beginnt die Erwägung: »Was kaufen wir?« schon 3 bis 5 Wochen vor Weihnachten in grossem Maassstabe. Wer importirte Waaren wünscht, weiss, dass dieselben ein Ende nehmen, dass man einen bestimmten Artikel wohl durch Kabelnachricht nachbestellen aber nicht nachbeziehen kann, und dass selbst bei direkter Beförderung, und wenn alles hüben und drüben und auf hoher See am Schnürchen geht, vierundzwanzig bis dreissig Tage vergehen, je nachdem der Produktionsort und der amerikanische Verbrauchsort westlicher oder östlicher gelegen sind. Von einem einzigen Artikel liessen sich oft Hunderte und Tausende von Stücken mehr verkaufen, wenn sie herbeigeschafft werden könnten. Ich erinnere mich, dass 1882 eine gewisse böhmische Vase so ausserordentlich zugkräftig war, dass sich die Importeure die Köpfe darüber zerbrachen, ob es wohl mög lich sein möchte, eine Sendung rechtzeitig nachkommen zu lassen. Diese Vase wurde zu 4 Gulden österr. Währung nach Bremen ge liefert und in New York für G Dollar, in Chicago für 7 Dollar mit 25 bis 331/3°0 Rabatt an den Kleinhandel verkauft. Der Nachbezug unterblieb, und alle Versuche, durch etwas Aehnliches Ersatz zu schaffen, erwiesen sich als nutzlos. Das Muster war zu dankbar. Vor drei Jahren kam unter den importirten Plüschsachen eine Neuheit in Parfümkästchen nach dem Westen, von welcher thatsäch- lich zehnmal mehr hätte untergebracht werden können, und die nicht nachbezogen werden konnten. Die Reisenden des gesammten Galanteriewaarenfachs sprachen darüber beim Zusammentreffen auf ihren Touren, im Hotel, bei der Kundschaft, im Weinhaus. Aber die Konjunktur war verscherzt; ein Artikel, der vom deutschen Export fabrikanten auf vielleicht 1000 Dutzend kalkulirt wurde, hätte unter Umständen Absatz bis zu 1000 Gross gefunden. Das Parfümkästchen wie die Vase waren das, was der Amerikaner »a dandy« nennt, ein Liebling der Damenwelt, mit soviel bestechenden Eigenschaften, dass etwaige schlechte garnicht in den Vordergrund zu treten vermochten. Dazu kam noch, dass der Dandy zu 1 Dollar verkauft werden konnte. Was ist aber ein Dollar in einem Lande, wo jedes deutsche Dienstmädchen 12 Dollar 16 Cents bis 20 Dollar im Monat verdient, die Liedertafelbälle besucht und eine seiden gefranzte Tanzordnung mit nach Hause bringt! Was ist ein Dollar in Amerika, wo ein Negermädchen, hässlich wie die Sünde, mit sich zu Rathe gehen kann, ob ihr ein Koffer für 15 Dollar eben gut genug ist, oder ob sie nicht doch lieber einen für 25 Dollar nehmen soll! Vergegenwärtige man sich einmal die Kaufkraft Deutschlands und