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No. 28. PAPIER-ZEITUNG. 645 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. schliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Schmalschneide -Apparat. Die bekannten Schmalschneide-Apparate gewöhnlicher Art haben den Zweck, das Schneiden schmaler Querstreifen, parallel zum Messer, zu ermöglichen. Der nachstehend abgebildete und beschriebene Hussong’sche Apparat, dessen Vertrieb die Firma Wilhelm Leo in Stuttgart übernommen hat, bezweckt dagegen eine Erleichterung des Zertheilens der bereits geschnittenen Schmalstreifen, und kann besonders beim Auseinanderschneiden von kleinen, in ganzen Bogen gedruckten Etiketten gute Dienste leisten. Der auf der Abbildung links sichtbare Apparat A stellt einen rechtwinkligen Anschlag dar, welcher mit der kürzeren Seite gegen den Sattel der Schneidmaschine gedrängt und dort durch den hinten sichtbaren, wahrscheinlich elastischen Haken festgehalten wird. Die längere, senkrecht gegen das Messer gerichtete Seite dient als An lagewand für die schmalgeschnittenen, in ihre Einzelbestandtheile zu zerlegenden Streifen. Ein solcher seitlicher Anschlag ist für regel rechtes Arbeiten nahezu unerlässlich, da die vordere, gegen den Sattel gedrängte Schnittfläche zu klein ist, als dass man nach ihr den Streifen winkelrecht richten könnte. Durch Vordrehen des Sattels können nun beliebig grosse Stücke der Reihe nach von dem Streifen rechtwinklig abgeschnitten werden, und zwar so lange, bis der Apparat durch Andrehen des Sattels mit der vorderen Kante in • unmittelbare Nähe des Messers gebracht ist. Ist dieser Punkt erreicht, so wird der übrigbleibende Papierstoss auf einen Karton streifen gelegt und mittels desselben nach jedem Schnitt weiter nach vorn gezogen. Noch einfacher und sicherer gestaltet sich das Arbeiten bei Mit benutzung des rechts dargestellten Hilfsapparats B. Man legt den selben gegen den Apparat A so an, dass das von letzterem vor ragende Ende c der Breite des abzuschneidenden Etikettenstreifens entspricht und das niedergehende Messer stets genau auf die Theil stelle trifft, c und d sind federnde Metallstreifen, die unter dem Druck des Pressbalkens seitlich niedergebogen werden, beim Empor gehen desselben sich aber wieder aufrichten. Wenn die beiden Apparate in vorbeschriebener Weise gerichtet sind, und Apparat B am vorderen Ende des Tisches mittels einer Schraubzwinge befestigt ist, braucht man nach jedem Schnitt nur den kleinen vom Streifen abgetrennten Stoss zu entfernen und letzteren wieder nachzuschieben. Beim Arbeiten mit A allein wird somit der Streifen durch Be wegung des Sattels allmälig von hinten nach vorn geschoben; bei Mitbenutzung von B dagegen schiebt man ihn mit der Hand von vorn nach hinten. Matrizenstanz-Druckerei. Seit Anfang dieses Jahres ist in Berlin eine Buchdruckerei im Betrieb, welche mit Hagemann’schen Matrizenstanzmaschinen arbeitet. Sie befindet sich Wilhelmstrasse 112, ist von Herrn Hagemann selbst, bezw. der Gesellschaft zur Ausbeutung der Hagemann’schen Patente, eingerichtet und hat den Zweck, die Anwendbarkeit des Matrizen stanzens zur Erzeugung druckbarer Formen praktisch darzuthun. Die Hagemann’sche Matrizenstanzmaschine wurde im Jahrgang 1884, Seite 908 ausführlich beschrieben, und in dem gegenwärtig noch laufenden Wentscher’schen Aufsatz über Setzmaschinen ist sie in Nr. 24 Seite 551 erwähnt. Ihre Wirksamkeit besteht darin, dass Buchstaben-Stempel neben einander, einer nach dem andern, in eine Papptafel eingeschlagen werden, von welcher dann die Stereotyp platte abgeformt wird. Die Matrizenstanzmaschine in ihrer gegenwärtigen Form weist gegenüber dem 1884er Modell einige Verbesserungen auf. Die vor herige Herstellung eines Manuskripts in Maschinenschrift, dessen Buchstaben nach Breiten-Einheiten den Stahlstempeln der Stanz maschine entsprechen, ist nicht mehr erforderlich. Die Berechnung des am Ende einer Zeile übrig bleibenden oder fehlenden' Raumes erfolgt demnach nicht mehr durch Abmesssung des Unterschiedes zwischen unausgeschlossenen und ausgeschlossenen Zeilen, welchen der auf systematisch schraffirtem Papier gemachte Abzug erkennen liess, sondern durch eine kleine, an der Maschine angebrachte Zähl- bezw. Mess-Vorrichtung. Wenn der Matrizenstanzer noch um etwa vier Wörter vom Ende der Zeile entfernt ist, hält er inne, stellt die Hilfsvorrichtung nach Maassgabe eines beim Stanzen selbstthätig vorrückenden Zeigers auf den bisher erreichten Belauf an Einheiten ein und misst nun die Zahl der noch übrigen Einheiten für die Wörter bis zum Ende der Zeile ab. Dieses Abmessen erfolgt mittels Verschiebens eines markirten Gleitstücks auf einer Skala und geht bei einiger Uebung ziemlich rasch. Nach Maassgabe des Abstandes vom Zeilen-Ende, bezw. des Ueberschreitens desselben, wird nun der Raum zwischen den vier letzten Wörtern entsprechend vermehrt oder verringert. Das Ausschliessen geschieht somit auf etwas rohe Weise, ungefähr so, wie ein wenig gewissenhafter Zeitungssetzer ausschliesst. Da das ganze Verfahren aber auch nur für Zeitungen, Zeitschriften und gewöhnliche Werke bestimmt ist, so ist die Leistung immerhin befriedigend. In der erwähnten kleinen Druckerei stehen zwei 1 solcher Maschinen: eine für Fraktur, eine für Antiqua. Jede ist für drei Schriftarten eingerichtet, die Antiqua-Maschine für Borgis Antiqua, Borgis Cursiv und Borgis Mediaeval-Grotesk. Die kreisförmig kon zentrisch geordneten Stempelsysteme dieser Schriftarten können durch einfachen Hebeldruck umgeschaltet werden. Diese wenigen Schriften würden natürlich den an eine leistungs fähige Werk- und Accidenzdruckerei zu stellenden Anforderungen nicht genügen und müssten bei ausgedehnter Anwendung der Matrizenstanzmaschine mindestens noch durch die entsprechenden Petit- und Cicerograde ergänzt werden; die Hagemann’sche Druckerei kann daher nur solche Arbeiten annehmen, deren laufender Satz aus Borgis ausgeführt werden darf. Trotz dieser Beschränkung lässt sich, wie z. B. das Geschäfts-Rundschreiben der Firma zeigt, durch geschickt angebrachte Versalzeilen und entsprechenden Wechsel der drei Schriftarten ziemlich mannigfaltige Wirkung erzielen. Diese Mannigfaltigkeit wird noch dadurch vermehrt, dass bei der Antiqua-Maschine eine Vorrichtung angebracht ist, um die Stempel einer Text-Versalschrift nach einander einzuprägen. Hier bei müssen die Stempel allerdings einzeln eingesetzt und nach ein ander geprägt werden. Mittels desselben Verfahrens können auch Zierstücke, Schlussvignetten und Eck-Ornamente, eingeprägt werden. Die fetten und feinen Linien zur Verbindung der Eck-Ornamente werden dadurch hergestellt, dass man die Matrizentafel unter ent sprechend geformten Rädchen, natürlich ebenfalls auf der Maschine, und ohne dass die Papptafel den Schlitten verlässt, auf welchem sie befestigt ist, hinwegführt. Auf solche Weise werden Liniaturen verschiedenster Art, komplizirte Tabellen usw. hergestellt. Ich sah unter anderm eine französische Zahlungs - Anweisung, bei welcher nicht allein die zierlichen Eckstücke nebst den verbindenden fett feinen Linien, sondern sogar die Linien-Assürees für einzutragende Wörter und Ziffern auf der Stanzmaschine hergestellt waren. In derselben Pariser Druckerei, aus welcher diese Anweisung hervorgegangen ist, wird auch eine ganze Zeitschrift mittels der Hage mann-Maschine hergestellt: »L’change, Journal bi-mensuel, Organe de la Socit d’Echanges«. Der Druck dieser Zeitschrift, von der mir eine Nummer vorliegt, ist anerkennenswerth klar und sauber, jeden falls nicht schlechter, als bei andern französischen Zeitschriften gewöhnlicher Art. Die Buchstaben haben gleichmässige Abstände, halten gut Linie, und nur ab und zu macht sich der Uebelstand geltend, dass ein Buchstabe seinem Nachbar zu nahe gerückt ist und denselben in seiner Schärfe beeinträchtigt. Der Schnitt der Schriften lässt geübte Hände erkennen, und die durch die Eigenart der Maschine bedingte Einfügung der Buchstaben-»Dickten« in das mehrerwähnte Einheitssystem ist so geschickt ausgeführt, dass der Gesammt-Eindruck nicht darunter leidet. Der Kopf dieser Zeitung ist augenscheinlich auf gewöhnlichem Wege gesetzt und stereotypirt. Der gesammte Text aber, der zahlreiche Tabellen enthält, ist ein schliesslich der Anzeigen gestanzt. Bei den Anzeigen wurden die oben erwähnten vollkegeligen Text-Versalien regelmässig als Initialen verwendet. Was nun die weitere Behandlung der mittels der Stanzmaschine hergestellten Matrizentafeln anlangt, so werden dieselben zunächst