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614 PAPIER-ZEITUNG. No. 28. rede der Fischereiberechtigten zu entgehen. Die Frage sei: was ist nütz licher, geringer Ertrag der Flussfischerei und wirthschaftlich höhere Be deutung der Wassertrieb werke, oder gute Fischerei-Ergebnisse und geringe Leistungen der Wasserkraft-Industrie. Das minder Gute müsse dem Besseren weichen. Der Vorsitzende, Geheimer Ober-Regierungsrath Thiel, glaubt, nachdem man sich allseitig ausgesprochen, die Generaldiskussion schliessen zu können. Er konstatirt, dass eine Einigung nicht erzielt worden sei, sondern dass sich die Forderungen noch scharf gegenüberständen, wie auch die Vermittelungs vorschläge wenig Anklang gefunden hätten; es könne dies aber auch wohl kaum andere sein, da die Schwierigkeiten in der Sache selbst lägen, und es nothwendig sei, noch fernerhin Erfahrungen zu sammeln. Ebenso noth wendig sei es, an Wassertriebwerken Versuche anzustellen, wozu die Regierung die Hand bieten werde. Er stellt sodann die Aalfrage zur Spezialdiskussion und wirft die Frage auf, ob nicht der Fang der Aale während ihrer Wanderung nach dein Meere den Aalen schädlicher sei als die Turbinen. Herr v. Behr glaubt, mit seinen Anträgen nur wenig gefordert zu haben. Er habe die Forderungen im Interesse der Fischerei aufgestellt; ob dieselben technisch durchführbar seien, das könne er nicht entscheiden, sondern dies müsse Sache der Wassertriebwerkbesitzer sein. Die Ministerien hätten zu entscheiden, was künftig Norm sein solle. Was nun die aufgeworfene Frage, »mit welchem Recht die Forderung bez. der Aalröhren gestellt werde«, betreffe, so sei der Rechtsboden im Art. V des Gesetzes vom 30. März 1880 zu finden, woselbst es heisse »Gittern usw.«, in diesem »usw.« seien seine Forderungen begründet. Herr Hoech theilt Berechnungen über den Wasserbedarf von Aalröhren mit, den er geringer darzustellen versucht, als es die Herren Arndt und Heyn zugeben wollen, nimmt aber schliesslich deren höhere Zahlen an. Herr v. d. Wyngaert theilt mit, dass diese durch Berechnung gefundenen Zahlen durch Versuche festgestellt werden sollen, räth aber, nicht so leicht darüber zu denken, da diese Wassermengen, besonders bei höherem Wasser- druck, für manches Wassertriebwerk von grösster Bedeutung seien, zumal dort, wo an und für sich Wasser nicht im Ueberfluss vorhanden sei. Es gäbe kleine Mühlen, die dadurch ihrer Existenzbedingungen vollständig be raubt werden könnten. Den Vorschlag des Herrn Geheimen Ober-Regierungs- rathes Thiel habe er mit Freuden begrüsst und werde seinerseits alles thun, um geeignete Versuchsobjekte zu finden und anzugeben. Den Fischereiverein bittet er, dafür zu wirken, dass man bis zur Erledigung dieser Versuche eine Rechenweite von 20 mm als Minimalmaass betrachte. Die Auslegung, welche Herr v. Behr dem Art. V des Gesetzes vom 30. März 1880 gegeben, könne er nicht, theilen, denn man dürfe unmöglich Aalröhren zu den »Vor richtungen (Gittern usw.), welche das Eindringen der Fische in Turbinen verhindern«, zählen. Gegen eine solche Ausdehnung des Wortes »usw.« müsse er sich verwahren. Herr v. Behr hält seine Anschauung für richtig. Herr Gerhardt legt Skizze einer Gitterkonstruktion vor. Er hat ein Boden- gitter konstruirt und dabei eine Aalröhre angeordnet, die auch zur Abführung des Laubes dienen soll. Das Gitter soll eine Vereisung vollständig verhindern, weil es am Boden des Gerinnes angebracht ist. Herr Dr. Seilnick weist nach, dass das Gitter durch Eis (Grundeis) und Laub verlegt werden und kaum zu reinigen sein würde, niemals aber lasse sich Laub und Eis durch die enge Röhre entfernen. Der Vorsitzende, Geheüner Ober-Regierungsrath Thiel, bemerkt, dass Neues über Aale nicht vorgebracht worden sei und fragt, ob Jemand über Lachse zu sprechen wünschte. Herr Meyer findet, dass in seinem Vorschläge, die Rechenweite nach der Weite der Turbinenzellen zu bestimmen, ein Schutz für alle Fische, namentlich auch für die Lachse liege, denn der junge Lachs, welcher durch die Rechenstäbe gelange, werde ungehindert und unbeschädigt durch die weiteren Turbinen zellen hindurchgehen. Herr Prof. Sieglin fragt an, ob Girard-Turbinen mit ihren engen Zellen nicht entbehrt oder durch andere Turbinen mit weiteren Zellen ersetzt werden .könnten, was verneint wird. Herr Meyer hält Rechen, deren Zwischenräume kleiner sind als die Zellen der Turbinen, auch von besonderem Nutzen für die Turbinen. Der Herr Vorsitzende stellt eine Frage wegen Turbinen mit engen Zellen, worauf Herr Heyn erwidert, dass unter besonderen Verhältnissen Turbinen mit Zellen von nur 15 mm lichter Weite angewandt würden. Herr Meyer wünscht, dass sein Vorschlag geprüft werde. Herr Hoech theilt mit, dass von Seiten der Firma Nagel & Kaemp Rechen ansgeführt worden sind mit nur 10 mm Zwischenraum zwischen den Stäben. Herr v. d. Wyngaert bestätigt dies, bemerkt aber, dass dieselben derart konstruirt seien, dass eine Schrägstellung derselben das Laub seitwärts ziehen liesse, sobald eine zu dem Zweck angebrachte Schleuse geöffnet werde. Er betont dann, dass alle Vorschläge einer eingehenden Prüfung durch Versuche unterzogen werden würden. Herr Meyer bemerkt, dass enge Gitter, durch deren Verlegung mit Laub usw. Kraftschwankungen und Betriebshindernisse eintreten, für In- dustrieen, die auf eine ganz gleichmässige Kraftabgabe, wie solche der Betrieb elektrischer Maschinen (Dynamos) erfordere, angewiesen seien, ungemein störend und betriebshemmend seien. Herr Heyn erläutert an einem Modell die ihm patentirte Rechen konstruktion, gegen welche eingewendet wird, dass das Aus wechseln der Tafeln mit Schwierigkeiten verknüpft sei, was Herr Heyn nur theilweise zugiebt. Herr Geheimer Ober-Regierungsrath Thiel konstatirt, dass die Sache weiter geprüft werden muss, und dass bestimmte Rechenkonstruktionen und -weiten auf ihren Werth geprüft werden müssen, zu welchen Untersuchungen die Wassertriebwerkbesitzer Gelegenheit zu geben zugesagt hätten. Man könne wohl erklären, dass durch die heutigen Verhandlungen gegenseitig viel gelernt worden sei, und dass man auch die gegenseitigen Interessen schätzen gelernt habe, womit er die Sitzung schliesst. Herr Geheimer Regierungsrath von der Hagen wünscht, dass dem Herrn Minister für Handel und Gewerbe eine Abschrift des Protokolls eingereicht werde. Herr v. d. Wyngaert sagt dies zu und theilt gleichzeitig mit, dass ausserdem noch 3 Abschriften hergestellt werden. „Imitirtes" Pergamentpapier. Unter »imitirtem« Pergamentpapier versteht man bekanntlich halbdurchsichtiges dünnes Sulfitzellstoffpapier. Dieser Name wurde dem Papier wohl deshalb gegeben, weil es dem durch Tränken in Schwefelsäure und nachheriges Auswaschen erzeugten Pergament papier ähnlich scheint. Diese Aehnlichkeit der beiden Papiere ist jedoch nur äusserlich, und ihre Verschiedenheit zeigt sich nament lich beim Zerreissen. Beim echten Pergamentpapier, dessen Fasern durch die Schwefelsäure völlig verändert wurden und ihre Form dabei eingebüsst haben, geht der Riss glatt und gleichmässig durch; von Fasern ist nichts zu sehen, und das Papiergefüge erscheint nach allen Richtungen eher körnig als faserig. Bei »imitirtem« Perga mentpapier dagegen, dessen Fasern ihre Gestalt unverändert be hielten, zeigen die Reissstellen stets breite »Ausschärfung«, aus welcher die Fasern deutlich hervortreten und sich einzeln erkennen lassen. Da die Papiere auch äusserlich verschieden sind, so erscheint der Name »Imitirtes Pergamentpapier« nicht glücklich gewählt, abge sehen davon, dass Pergamentpapier selbst schon eine Nachahmung oder »Imitation« von Pergament ist, imitirtes Pergamentpapier somit eine Nachahmung der Nachahmung bedeutet. Der unglücklich gewählte Name hat aber nicht allein eine ge wisse Unklarheit und Begriffsverwirrung beim unsachkundigen Publikum veranlasst, sondern ist, wie aus nachstehend geschildertem Vor kommniss hervorgeht, auch geeignet, die Sulfitzellstoff-Industrie zu schädigen. Bei der Einfuhr nach Italien zahlt nämlich Pergamentpapier (carta pergamena vegetale) denselben Zollsatz wie farbiges Papier, d. h. 45 Lire; Papier aller Art (carta bianca d’ogni qualit), also auch Natron- und Sulfit-Zellstoffpapier, dagegen nur 12 Lire 50 Centesimi für 100 kg. Seit einiger Zeit verlangen die italienischen Zollämter für »imi tirtes« Pergamentpapier denselben hohen Zoll wie für echtes. Eine deutsche Papierfirma, welche ein Zweiggeschäft in Mailand besitzt, wandte sich nach vergeblicher Beschwerde beim Zollamt zu Chiasso an den italienischen Finanzminister in Rom und setzte demselben in sach gemässer und ausführlicher Darstellung die Verschiedenheiten beider Papiersorten in Herstellung, Aussehen und Verwendungsart, unter Beilegung von Proben beider Papiere, auseinander. Die Firma wies gleichzeitig darauf hin, dass die Belegung des »imitirten« Pergament papiers mit dem Zollsatz des echten wahrscheinlich nur auf Un- kenntniss der unteren Zollbeamten beruhe, welche die beiden Papiere nicht zu unterscheiden verstehen, und bat um Erlass einer Instruktion an die Zollämter, in welcher die Unterschiede beider Papiere klar gelegt und die einfachen Prüfungsmittel zur Feststellung des Papier charakters angegeben werden möchten. Die Antwort, welche die Dogana internazionale zu Chiasso auf Veranlassung des Finanzministers ertheilte, ging auf die Darlegung der grundsätzlichen Unterschiede beider Papiere nicht ein und lautete kurzweg ablehnend. Das deutsche Exporthaus beruhigte sich hierbei nicht und wandte sich an das deutsche Generalkonsulat zu Mailand, dessen Bemühungen es hoffentlich gelingen wird, die widersinnige Zollbehandlung einer geringen Papiersorte zu beseitigen. Auch das sogenannte Singhalesen-Seiden wird bei der Einfuhr nach Italien mit 45 Lire die 100 kg verzollt, zahlt also einen Zoll satz, der beinahe seinem Werthe gleichkommt. Braune Holzpappen mussten früher vielfach als »Pappen aus Leder« verzollt werden, weil deutsche Fabrikanten sie als Leder pappen auf den Markt brachten. Diese Beilegung einer Bezeichnung, die einen falschen Begriff von der Waare giebt, erfolgte offenbar in der Absicht, sie dadurch beliebter zu machen, hatte aber nur Miss verständnisse und Schaden zur Folge, da der wahre innere Werth sofort erkannt wurde. Dieselbe Erfahrung wird jetzt mit Sulfit-Seidenpapier und anderen Sulfitpapieren gemacht. Es ist nur bedauerlich, dass die Urheber der falschen, zur Täuschung dienenden Bezeichnung nicht auch den Schaden zu tragen haben, der früher oder später dadurch ver anlasst wird.