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914 PAPIER-ZEITUNG. No. 39. bisherigen Lösungsversuche des schwierigen Setzmaschinenproblems zu geben. Millionen sind geopfert, Arbeitsjahrhunderte aufgewendet und gewaltige Geisteskräfte entfaltet worden, ohne dass ein durch schlagender Erfolg erzielt worden wäre. Sind nun alle diese Anstrengungen vergeblich gewesen? — Nur die Oberflächlichkeit kann hier mit »ja« antworten. Ich behaupte vielmehr, sie sind so wenig vergeblich gewesen, dass derjenige, der denken kann und Phantasie besitzt, in Erstaunen gerathen muss, wie man eine solche Frage überhaupt stellen kann. Zunächst haben diese Versuche zum Theil, namentlich in den Punkten, in denen sie miss lungen sind — ganz unbrauchbar ist kaum eine der erfundenen Maschinen — gezeigt, was man zu vermeiden hat; sodann ist kaum eine Wendung oder Kombination zu denken, die nicht versucht worden wäre, sodass der spätere Erfinder in den mehr oder minder gelun genen Arbeiten seiner Vorgänger einen Kompass besitzt, der ihn leiten und vor Abwegen bewahren kann. In dieser Hinsicht ist freilich zu bedauern, dass die Erfinder nicht Aufzeichnungen hinterlassen haben, in denen ihre Erfahrungen niedergelegt sind. Ich behaupte ferner, dass diese Versuche das Material für eine gute Setzmaschine in vollkommenem Maasse in sich bergen; denn es ist durch dieselben unwiderleglich bewiesen, dass sowohl das Setzen wie das Ausschliessen und das Ablegen mechanisch verrichtet werden kann, und dass sich auch Anordnungen für gemischten Satz her stellen lassen. Demnach muss man die Gründe für die bisherigen Misserfolge der Setzmaschinen auf anderen Gebieten suchen. Ich glaube nun in dieser Hinsicht hauptsächlich Folgendes anführen zu müssen: 1. Die Leistungsfähigkeit einer Setzmaschine kann der Natur der Sache nach nie so hoch sein, wie z. B. die der Druckerpresse. Wenn sie auch im günstigsten Falle 3 bis 4 Menschen ersetzt, so ist dieser Nutzen bei den immer noch verhältnissmässig niedrigen Arbeitslöhnen und bei dem starken Angebot von Arbeitskräften doch nicht so be deutend, dass er zur Anwendung einer solchen Maschine zwingt. Dieses Verhältniss dürfte sich aber wesentlich anders gestalten, wenn die Löhne zu einer beträchtlich grösseren Höhe anwachsen. Dass diese Ansicht zutreffend ist, wird dadurch bewiesen, dass in Ländern, wo höhere Arbeitslöhne gezahlt werden, wie beispielsweise in England und in den Ver. Staaten, seit Jahrzehnten Setzmaschinen, wenn auch in beschränkter Zahl, in Anwendung sind. — Man hört fortwährend von Buchdruckereibesitzern Klagen über schlechten Ge schäftsgang; — sollte es da nicht an der Zeit sein, einmal darüber nach zudenken, ob und inwieweit die Anwendung von Setzmaschinen von Vortheil wäre? 2. Die Buchdruckerwelt hält streng und starr am Hergebrachten fest, als ob die Welt untergehen müsste, wenn sie sich zu Konzessionen herbeiliesse, die der Anwendung von Setzmaschinen förderlich sind. Ich erinnere zunächst an die Anwendung von so vielen in Grösse, Schnitt, Charakter usw. verschiedenen Schriftarten in ein- und der selben Druckarbeit; so las ich neulich eine aus 20 Schriftarten her gestellte Anzeige einer Buchhandlung im Umfang einer kleinen Oktav seite. Man spricht fortwährend von Stil, Geschmack, Einheitlichkeit und ruhigem Eindruck, den eine Druckarbeit gewähren soll; wo bleiben alle diese Dinge, wenn Subjekt, Prädikat und Objekt eines Satzes in verschiedenen Schriften dargestellt sind ? Zwei bis drei Schriften dürften vollauf genügen, wenn man durchaus Wesentliches von Unwesent lichem unterscheiden und eine gesunde Abwechselung in eine Arbeit hineinbringen will. Sodann dürfte sich auch in den meisten Fällen eine solche Anordnung finden lassen, dass man durchlaufende Zeilen hat, ohne auf Schönheit und Abwechselung verzichten zu müssen. Im An zeigenwesen ist glücklicherweise eine solche Wendung zum Einfacheren bemerkbar, freilich auch erst infolge amerikanischer Vorgängerschaft. Mit einem Wort: in der Herstellung von Druckwerken muss Einfach heit angestrebt werden, wenn man der Einführung der Setzmaschine nicht künstliche Schwierigkeiten in den Weg legen will. Das Anwen dungsgebiet derselben wird dann sehr erheblich erweitert werden können. 3. Auf deutlich geschriebene Manuskripte muss erhöhter Werth gelegt werden, damit auch wirklich der Vortheil der Setzmaschine aus genutzt werden kann. Denn was nützt die durch die Maschine ge gebene Möglichkeit, schnell arbeiten zu können, wenn man ein Hiero- glyphen-Manuskript zu entziffern hat? Es giebt ja heutzutage Schreib maschinen, bei deren Gebrauch jeder, selbst der gelehrteste Autor, ein deutliches Manuskript zu liefern im Stande ist. 4 Die Setzerwelt steht den Setzmaschinen im allgemeinen feind lich gegenüber, deren Einführung sie aus Furcht vor vermeintlicher Schädigung ihrer Interessen nach Kräften zu hintertreiben sucht. Zunächst weise ich dieser Auffassung gegenüber darauf hin, dass der geniale Sörensen, Millar und der Erfinder der Kastenbein’schen Maschine selbst Setzer waren. Sodann frage ich, ob beispielsweise die Einführung der Nähmaschine den Schneidern und Näherinnen genützt oder geschadet hat. Wie bei der Einführung einer jeden Maschine wird auch hier die Folge sein, dass mehr produzirt, also auch schliesslich mehr verdient wird. Im Gegensatz zu anderen Maschinen aber wird die Setzmaschine nie imstande sein, den Hand setzer überhaupt entbehrlich zu machen. Denn indem sie ganz be scheiden nur den gewöhnlichen glatten Satz für sich in Anspruch nimmt, dessen Herstellung eine mechanische Arbeit ist und bleiben wird, entlastet sie den befähigten und intelligenten Arbeiter von einer mühseligen und abstumpfenden Thätigkeit und weist ihm das Gebiet der »höheren« Setzarten zu, für deren Herstellung blosse Mechanik nicht ausreicht. Schablonendruck. Die amerikanische Zeitschrift »Paper and Press« beschreibt ein sehr eigenartiges Schablonendruckverfahren, welches die Herstellung mehrfarbiger Druckarbeiten auf Cylinder- oder Tiegeldruckmaschinen bei einmaligem Durchgang durch die Maschine, ohne Anwendung von Auftragwalzen, gestattet. Das Verfahren hat Aehnlichkeit mit den von uns mehrfach er wähnten Versuchen, »selbstfärbende Druckplatten« herzustellen und beruht auf folgenden Erwägungen: Wenn man auf einen sehr flachen, mit Firnissfarbe vollständig gefüllten Behälter ein glattes Stück saugenden Stoffs, etwa feine Lein wand, so spannt, dass dieselbe an allen Stellen mit der Oberfläche der Farbschicht in innige Berührung kommt, so muss der Stoff all- mälig -wie ein Farbkissen durchtränkt werden. Wenn man dann auf dieses ergiebige Farbkissen eine Kupferschablone gewöhnlicher Art legt und befestigt, so wird das Farbkissen an allen offenen Stellen der dünnen Schablone freiliegen, und ein mit weichem Druck gegen die Schablone gepresstes Papierblatt muss einen lesbaren Abdruck empfangen. Der amerikanische Erfinder empfiehlt als Material für die flachen Behälter: Walzenmasse, und zwar wählte er diesen elastischen Stoff deshalb, weil die aufgespannte Leinwand stets mit der Farbschicht in Berührung bleiben, demnach bei eingetretener Verminderung des Färb-Vorraths ein wenig gegen den Inhalt des Behälters gepresst werden muss. Der nachgiebige, aber zähe und der Farbe gegenüber indifferente Stoff der Walzenmasse gestattet dies am besten, während z. B. Kautschuk durch den Firniss angegriffen werden würde. Ordnet man mehrere solcher Behälter neben einander, so kann man jeden mit einer anderen Farbe füllen und erhält, bei entsprechender An ordnung der in der Schablone ausgesparten Zeilen oder Verzierungen, mehrfarbigen Druck bei einmaligem Durchgang der Form. Die Anordnung eines solchen selbstfärbenden Druckstocks würde sich etwa so gestalten, wie nachstehende Abbildung im Querschnitt zeigt. a ist der quadratenhohe Untersatz, in dessen napfartig ausge höhlten Innenraurn die Farbbehälter b und c eingesetzt sind, dd sind die Seitentheile eines Spannrahmens, der in Aussparungen des Unter satzes eingefügt wird und das Leinentuch e festhält. Auf diesem Leinen tuch liegt die Schablone /, durch Schrauben g im Spannrahmen d festgehalten. Der Druck mittels dieses Verfahrens kann in einzelnen Fällen, z. B. bei mehrfarbigen Plakaten mit kurzem Text, Vortheile bieten, er wird aber auch die Mängel aller Schablonen-Wiedergaben aufweisen. Die Lücken zwischen den Bestandtheilen vieler Buchstabenbilder, welche von den zur Verhütung des Auseinanderfallens nothwendigen »Brücken« herrühren, werden sich störend geltend machen und ernst haften Wettbewerb dieses Verfahrens mit regelrechtem Buch- und Steindruck wahrscheinlich verhindern. Druckfarbe für Celluloid. Unter dieser Ueberschrift bringt die Papier-Zeitung Nr. 37 ein Rezept für Farbe »zum Tiefdruck, d. h. zum Druck von gravirten Metallplatten.« Für derartigen Druck hat man bereits verschiedene Methoden, die Farbe zu bereiten. Wer aber ist in der Lage, einRecept mitzutheilen für Farbe zum Druck mit Lettern auf polirtem und unpolirtem Celluloid? Bis jetzt ist es mir noch nicht gelungen, eine Farbe zu bereiten, die sich mit dem Celluloid gehörig verbindet, d. h. auf demselben unverwischbar haftet. C. Ma, Die Forderung einer zum Letterndruck auf Celluloid geeigneten Farbe entspricht einem Bedürfniss der Druck- und Papierverarbeitungs- Industrie. Wir veröffentlichen daher gern vorstehende Anregung und ersuchen Farbenfabrikanten, Chemiker und Buchdrucker, uns ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet mitzutheilen. Unsres "/iS8ens liefern einzelne Farben-Fabriken bereits Buchdruckfarben für Cellulold •