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No. 35. DAPIER-ZEITUNG. 813 Verkaufsbedingungen für Papier. Mittheilung von Otto Winkler. In Nr. 29 der Papier-Zeitung wird auf Seite 686 der Wunsch nach einheitlichen Verkaufsbedingungen ausgesprochen, welche die Vereine der Papierfabrikanten ausarbeiten und beschliessen möchten, damit den Gerichten und den Sachverständigen eine feste Grundlage geschahen würde. Dass gewisse im Papierhandel gebräuchliche Verkaufsbedingungen festgestellt und allgemein anerkannt werden, ist zweifellos dringend nöthig. Ob die Vereine der Papierindustrie, die Berufsgenossen schaften oder die deutschen Handelskammern die berufensten Ver bände sind, welche solche Bestimmungen aufstellen und mit den Wandlungen der Zeiten im Einklänge zu halten haben, möge vor läufig unerörtert bleiben. Der Zweck dieser Zeilen ist: thatsächlich auf diesem Gebiete Vorhandenes anzuführen und die Behandlung der Frage in Fach kreisen anzuregen, sowie vor allem zu bestätigen, wie dringend nöthig feste Bestimmungen von Verkaufsbedingungen sind, die als öffentlich anerkannt gelten und maassgebend sind, wo spezielle Abmachungen nicht vorliegen. Zur Abfassung eines Gutachtens in streitiger Sache zog ich die im Papierkalender des Papierfabrik-Direktors Erfurt v. J. 1880 auf Seite 147 enthaltenen, leider veralteten Verkaufsbedingungen des Vereins Deutscher Papierfabrikanten an, musste aber, weil mir nicht bekannt war, wann und wo diese Bedingungen beschlossen wurden, zuverlässige Auskünfte einholen. Auf meine direkte Anfrage beim Vorsitzenden des Vereins Deutscher Papierfabrikanten wurde mir am 23. März d. J. mitge- theilt, dass in einer Generalversammlung des genannten Vereins, und zwar am 29. Mai 1874 zu Dresden Folgendes angenommen worden ist: Die Mitglieder des Vereins Deutscher Papierfabrikanten be schliessen : 1) In Zukunft, spätestens vom 1. Januar 1875 ab, wird nach Kilogramm und Neupfennigen gerechnet. 2) Die Gewichtsgrenze pro Ries darf nicht in kleineren Bruchtheilen als 0,25 Kilogramm angenommen werden. 3) Die Formataufgabe darf nur in ganzen oder halben Centimetern geschehen, in anderen Maasssystemen erfolgende Formataufgaben werden in Metermaass umgesetzt und dabei auf ganze und halbe Centimeter abgerundet. 4) Es ist einzuhalten: a) als Maximalgewicht für Karton 125 Kilogramm per □ Meter im Ries; b) als Minimalgewicht: 1) für Post-, Schreib-, Konzept- und Druckpapiere 25 Kilo gramm per □ Meter im Ries; 2) für Affichenpapier 15 Kilogramm per □ Meter im Ries; 3) für Packpapier 30 Kilogramm per □ Meter im Ries. Bei Aufgaben in niedrigeren Gewichten wird in der Regel der Riesberechnung das Minimalgewicht zu Grunde gelegt, oder der Preis pro Kilo entsprechend erhöht. 5) Das Minimalquantum der Aufgabe einer extra anzufertigenden Sorte muss in gleichem Stoff, Format und Farbe die 12 stündige Tagesproduktion einer Maschine (ca. 1000 Kilogramm) betragen. Anfertigungen in kleineren Quantitäten werden nur gegen ent sprechende Preiserhöhungen vorgenommen. 6) Bei Postpapieren und extra beschnittenen Papieren kommen die Gewichte der unbeschnittenen Papiere zur Berechnung. 7) Retirc oder 2. Wahl wird mit 10 pCt., Ausschuss oder 3. Wahl mit 15 pCt. vergütet. 8) Bei allen Papieren von normaler Stärke, äusser Packpapieren; darf ein Minder- oder Uebergewicht von 21/2 pCt. keinen Anlass zu Beanstandungen geben, bei Packpapieren muss ein Gewichts spielraum von 4 pCt. nach oben und unten vorbehalten werden. 9) Gerippte Papiere und Papiere mit Wasserzeichen werden nur gegen eine Preiserhöhung bis zu 10 pCt. angefertigt. 10) Die Emballage wird berechnet, wenn nicht Brutto für Netto verkauft ist. 11) Die Preise verstehen sich, wenn nichts anderes abgemacht ist, ab Fabrik, 3 Monat Ziel vom Tage der Faktura ab, oder per Kasse mit Skonto bis zu 2 pCt. Unter dem gedruckten Zettel ist vermerkt: Zu beziehen durch Faktor C. Bobardt in Halle a. S. pr 100 Exemvl 1 M. 20 Pf. ' Der Inhalt vorstehender Sätze deckt sich mit dem im Papier kalender zu findenden nicht vollkommen. In Satz 11 ist dort das Wort »Ziel« durch »Accept«, die Zahl 2 durch 11/, pCt. ersetzt, in Satz 4 ist die Papierschwere für die verschiedenen Papiere mit doppelt grossen Zahlen angegeben, und für Ries ist Neuries gesetzt. Ferner ist zu Satz 8 hinzugefügt »Das einzelne Ries darf um 5, die einzelnen Bogen um 10 pCt. im Gewichte auf und ab differiren.« Zuletzt sind noch folgende 2 neue Sätze angefügt: »Kleine Ab weichungen in Farbe, Reinheit und Festigkeit dürfen zu Ausstellungen keine Veranlassung geben. Bei Streitigkeiten ernennt der Kunde sowohl als der Fabrikant je einen Sachverständigen, und diese wählen einen Obmann, wenn sie sich nicht einigen können.« Ob diese Abänderungen vom Vereine Deutscher Papierfabrikanten beschlossen wurden, oder ob sie eine freie Ergänzung des Kalender machers sind, ist mir nicht bekannt, wohl aber scheint mir schon aus dem thatsächlichen Vorhandensein solcher Ergänzungen die Noth wendigkeit einer eingehenden Prüfung und Neuabfassung der Be dingungen hervorzugehen. Mehr und dringender tritt die Berech tigung der Forderung nach Umgestaltung und Ergänzung hervor, wenn wir den Text selbst näher ansehen. Ohne auf den Wortlaut der Bestimmungen, weiter einzugehen, glaube ich jetzt nur auf die Unklarheit der Fassung im allgemeinen hinweisen zu sollen, um schon damit meine Forderung nach Revision der Verkaufsbedingungen zu begründen. Besser aber als alle meine Gründe, mit denen ich das gestellte Verlangen stützen könnte, wird die eigene Einsicht der Fachgenossen zur baldigen That drängen. Jeder Fachmann wird sich sagen müssen, dass die oben mitgetheilten Bestimmungen manches nicht mehr Zu treffende enthalten, und dass wesentliche Aenderungen sowie Er- gänzungen nach dem heutigen Stande der Fabrikation und des Gebrauchs zu empfehlen sind. Es ist zweifellos dringend nöthig, über gewisse Verkaufs-Normen eine Einigung der Fachgenossen, und zwar nicht nur der Fabrikation, sondern auch des Handels, herbeizuführen, wenn auch nur die zu Sachverständigen in Streitsachen berufenen Fachgenossen das Be- dürfniss zu solchen Feststellungen besonders lebhaft empfinden. Die grossen Schwierigkeiten, welche sich bei der Berathung gewisser Bestimmungen zeigen werden, dürfen keinen Grund zum Aufschub geben. Berichte unserer Korrespondenten. Ans Amerika. Sioux City, la., 4. April 189.0. Die Republik Mexiko, auf welche man in den Ver. Staaten so gern mit überlegenem Achselzucken herabblickt, stellt diese wieder einmal an Patriotismus und gutem Geschmack tief in den Schatten und liefert auf’s neue den Beweis, dass Präsident Diaz mit seiner knappen Regierungskasse ein Stäatsweiser ist, während Präsident Herrisson neben seinem überfliessenden Bundesschatz höchstens ein Staatskünstler genannt werden darf. Ganz im Stillen, und namentlich ohne jene Allerweltsreklame, die man hier schon im vor aus für die Weltausstellung machte, bevor nur entgiltig vom Kongress über das Wie, Wo und Wann? beschlossen war, wurde unter dem Zu sammenwirken der mexikanischen Regierung und mexikanischer Kapitalisten die Errichtung eines modernen Baudenkmals in der Hauptstadt unserer Nachbarrepublik gesichert, das in Form eines Riesenhotels von bisher auf dieser Halbkugel nicht dagewesenen Dimensionen bis zum 400. Gedenktage der Entdeckung Amerikas eröffnet werden dürfte, wenn die Technik des gigantisch geplanten Bauwerkes es zulässt. Der amerikanische Architekt Isaak Taylor, dessen Pläne den Sieg davontrugen, ist bereits nach Mexiko ab gereist und wird demnächst zur Ausführung der Arbeiten schreiten. Ueber die Einzelheiten des Riesenunternehmens, das augen scheinlich mit grossem Verständniss, geläutertem Geschmack und jenem strengen Festhalten eines leitenden Gedankens geplant wurde, wonach man in den gegenwärtigen Bauten Nordamerikas vergeblich sucht, stelle ich auf Grund zuverlässiger Quellen folgendes Nähere zusammen: Das Gebäude, das zum Theil Regierungs-, zum Theil Spekulations zwecken dienen soll, ist auf 2,000,000 Dollar veranschlagt, wovon die Regierung die Hälfte übernimmt und ausserdem zollfreie Einfuhr derjenigen Materialien für den Bau und die innere Einrichtung garantirt, welche nach ihrer Zustimmung vom Auslande bezogen werden sollen. Das Gebäude wird einen Geviertblock von 450 Fuss seitlicher Ausdehnung mit einem Hofraum von 100X225 Fuss darstellen, in dessen Mitte eine Rotunde sich erhebt, welche die Regierung Diaz für sich beansprucht, während der ganze Rest zu 400 Zimmern, Salons, Speise- und Empfangsräumen verwendbar bleiben soll. Ohne Zweifel hat man dabei die Unterbringung fremder Gesandtschaften im Auge. Die Quadern zu den Mauern, der Marmor zu den polirten Mosaikfussböden und die reichen Flächen von Onyx einlagen an den Innenwänden sollen, wie das Ceder-, Mahagony- und Rosenholz für das Täfelwerk, mexikanischen bezw. amerikanischen