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2262 PAPIER-ZEITUNG. No. 102. weichen. Die Unterschiede könnten jedoch auch davon herrühren, dass G. die Verdichtung nicht genau zu bestimmen im Stande war. Die sehr einfache Formel von Prof. Ser (Traite de phys. ind. Paris 1888) v3 = °10—03z"“ giebt nicht die wirthschaftlich günstigste Geschwindigkeit, sondern diejenige, welche dem geringsten Spannungsabfall entspricht. Es bedeuten hier: v Sekundengeschwin digkeit, = 9,81, n = Druck in abs. Atmosphären, w = Verdichtung in 1" auf 1 qm Innenfläche, k = Reibungskoeffizient und d — Dampf dichte. Indessen genügen die gemachten Erfahrungen, um für jeden einzelnen Fall den wirthschaftlich vortheilhaftesten Rohrdurchmesser mit ziemlicher Genauigkeit zu bestimmen; doch kann dies immer nur annähernd geschehen, wegen der verwickelten Vorgänge, welche die Verdichtung begleiten. Auch die Geschwindigkeit nimmt, je nach den Umständen, zu oder ab, und kann, wie Gutermuth be obachtet, bis auf die doppelte Anfangsgeschwindigkeit steigen. Die Verdichtung steht nicht in genauem Verhältniss zum Temperatur unterschied — den man als bekannt voraussetzen könnte —, auch nicht mit der Wärmeabgabe, sondern im Verhältniss derselben zur entsprechenden latenten Wärme. Dann spielt die Bewegung der äusseren Luft mit, die bisher bei Versuchen an Schachtleitungen garnicht berücksichtigt wurde. Das gleiche Schutzmittel, bei gleicher Dicke, wirkt mehr oder weniger, je nach dem Durchmesser der Leitung usw. Alle diese Einflüsse hat Bellmer in der »Zeitschr. des Ver. deutsch. Ing.« 1887, Heft 53, ausführlich behandelt. Sie sollen hier nur er wähnt werden, um zu beweisen, dass bei solchen Entwürfen das annähernd Richtige herausgetastet werden muss, aber, Sachkenntniss vorausgesetzt, auch gefunden werden kann. Im allgemeinen darf nicht übersehen werden, dass der Reibungs- L Z u widerstand R — ist, worin L die Länge der Leitung, k den Reibungskoeffizienten, w den Umfang und q den Querschnitt be deuten; dass R im Verhältniss von 7 steht; dass demnach—gleicher Druck und gleiche Geschwindigkeit vorausgesetzt — in gleicher Zeit, z. B.: in Röhren von 20 40 80 160 mm licht. Durchm. 100 400 1600 6400 cbm Dampf mit einem Reibungs ¬ widerstand von 100 50 25 12,5 befördert werden. Anderseits erfordert Dampf von geringer Spannung eine weite Leitung, was die Abkühlung vergrössert, oder grosse Geschwindig keit, was den Druckverlust erhöht. Aus diesen Gründen sind die Nachtheile langer Leitungen be sonders empfindlich, wenn geringe Mengen von Dampf, oder Dampf von schwacher Spannung zu befördern ist. Es sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn auch die Wandstärke auf die Durchlässigkeit der Wärme ohne Einfluss ist, die Rohrwandung, besonders an engen Röhren, möglichst schwach zu wählen ist, damit die Abkühlungsfläche möglichst beschränkt bleibt. Schmiedeeiserne, geschweisste Muffenrohre mit Kupferdichtungs ringen eignen sich am besten. Auch die Abkühlung durch Plantschen wird damit vermieden und dauernd dichte Verbindung gesichert. Endlich darf man nicht aus dem Auge lassen, dass der Nach theil einer langen Leitung weit weniger im Druckverlust, als in der Abkühlung liegt. Der Kohlenverbrauch wird kaum berührt durch mehr oder weniger hohe Spannung. Wenn Dampf von 1 Atmo sphäre 636 Wärmeeinheiten enthält, so finden sich nur 656,5 in solchem von 7 Atm., und nur 4 W.-E. mehr als in solchem von 5 Atm. Die Kosten der Dampfspannung sind also verschwindend gering gegenüber dem Verluste durch Verdichtung. Eine Abkühlung gleich der latenten Wärme, sagen wir rund von 500 W.-E., ver dichtet 1 kg Dampf, zu dessen Erzeugung mindestens 600, wie Gutermuth annimmt, aber richtiger 630 W.-E. im Kessel nutzbar gemacht werden müssten. Das Hauptaugenmerk ist deshalb auf Verminderung der Abkühlung, bezw. der Verdichtung zu richten. In den meisten Fällen, zumal bei Neuanlagen und durch Auf stellung eines Wasserröhrenkessels, kann man mit kaum nennens- werthen Mehrkosten einen Drucküberschuss erreichen, welcher einen Spannungsabfall von 1 bis 2 Atm. in der Leitung gestattet und ausgleicht, sodass der Dampf mit dem wünsehenswerthen, auch für eine Maschine mit dreifacher Expansion günstigsten Drucke nach dieser gelangt. Wenn nun auch, wie bereits zugegeben, die an grossen, im industriellen Betriebe befindlichen Anlagen beobachteten Ergebnisse keine grosse Genauigkeit bieten, so liefern sie doch den Beweis, dass lange Leitungen einen wirthschaftlich ganz annehmbaren Betrieb gestatten, und bieten sehr werthvolle Anhaltspunkte beim Entwerfen solcher Anlagen. Es sei z. B. der vortheilhafteste lichte Rohrdurchmesser der Leitung zu bestimmen, um stündlich 1000 kg Dampf von 6 Atm. Ueberdruck zu der 100 m vom Kessel entfernten Maschine zu be fördern, wenn jener einen Betriebsdruck von 7 Atm. gestattet. Wir wissen, dass für hochgespannten Dampf die Geschwindig keit gross sein darf. Setzen wir die Endgeschwindigkeit vorläufig = 30 Sek.-m. Das Dampfvolumen, das zur Maschine gelangen soll, ist 1000 X 0,285 = 285 cbm; folglich der Querschnitt des Rohres — 285 3600 X 30 = 0,002640 qm und der entsprechende lichte Durchm. =0,057958 m. Dazu passen geschweisste, schmiedeeiserne Röhren von 63,5 mm äuss. Durchm. und 57,5 lichtem Durchm., wie sie im Handel vor kommen. Um nun die stündliche Verdichtung in der Leitung voraus zusehen, wird man die Wärmeschutzumhüllung so wählen, dass sie die Abkühlung, wie sie unter Normalverhältnissen für das nackte Rohr sich ergeben würde, auf 15 bis 10 % vermindert, mehr oder weniger, je nachdem die Leitung unter freiem Himmel oder im Freien unter Dach, oder auch in geschlossenen, geheizten Räumen gelagert werden soll, für welchen Fall 0,500 kg, bezw. 1 kg und für den Fall kalter, windiger Witterung und unbedeckten Himmels bis 2 kg, für die Stunde 1 qm nackter Aussenfläche vorzusehen sind. Gehen wir hier aus von 1 kg und 20 qm Rohrfläche, so müssen wir auf eine stündliche Verdichtung von 20 kg Dampf rechnen, und in'die Leitung eintreten lassen: 1000 20 = 1020 kg Dampf mit 7 Atm. Druck und einer An- 1020 X 0,251 fangsgeschwindigkeit von 36QQ 002639 = 26,95 m. Die mittlere Geschwindigkeit wird ungefähr = 3026,95 _ 28,47 betragen. 2 Ob die vorläufig zu 30 m angenommene Endgeschwindigkeit dem vorausgesetzten Spannungsabfall von 1 Atm. entspricht, kann nur die Kontrolle nachweisen, welche darin besteht, den zur Fort bewegung des Dampfes nöthigen Druck für die jetzt vorliegenden Werthe der Länge, der Dampfdichte und der mittleren Geschwindig keit zu bestimmen. Findet man dabei einen höheren oder einen niedrigeren Abfall, so versucht man es mit einer anderen, geringeren oder grösseren Endgeschwindigkeit, kontrollirt wieder und fährt so fort, bis man das Richtige getroffen hat. Der zur Ueberwindung des Widerstandes erforderliche Druck, als Wassersäule gedacht, ist nämlich: _ 4 L d k v2 p ~~ 19,62 2) wobei L die Länge der Leitung, d die Dichte des Dampfes, v die Geschwindigkeit in 1 Sek., D der lichte Rohrdurchmesser und k der Reibungskoeffizient, für gerade Rohre = 0,006, ist. Vermeidet man kurzgebogene Krümmer und unnütze Ventile, und sind die Rohre an den Stössen genau zentrirt, so kann man, wie in Miröschau, mit k = 0,0088 auskommen. Aus Gutermuth’s Beobachtungen (siehe Tabelle) C und D ersieht man, dass 2 Ventile und 1 Krümmer einen Druckabfall von 1/s Atm. verursachen können. Jedes Hinderniss dieser Art wirkt als Bremse, und deshalb sind Dampfschieber den Ventilen vorzuziehen. Für 1 = 0,01 und die mittlere Dampfdichte 2=0,0037445 wird p = 10,68 Wasserdruck oder 1,1 Atm.,’ wie gewünscht. Es lässt sich demnach der Dampf zum Betrieb einer etwa 100 Pferde-Maschine auf 100 m weit leiten, mit einem Spannungsabfall von 1,1 Atm. und einem Dampfverlust von nur 2 0 o. Auf demselben Wege weist man nach, dass bei einer End geschwindigkeit von 20 m (statt 30) der Druckverlust 0,5 Atm. und der Dampfverlust 2,5 % betragen würden. Dies alles gilt jedoch nur in der Voraussetzung, dass der Dampf verbrauch gleichbleibt, was selten der Fall sein wird. Steht ein sehr schwankender Verbrauch in Aussicht, wie es häufig vorkommt, wenn Dampf- und Wasserkraft verbunden wirken, so empfiehlt es sich, zwei Leitungen, eine engere und eine weitere, anzulegen, um, je nach den Umständen, die eine oder die andere zu betreiben, in Aus nahmefällen sogar beide zusammen, wobei jedoch nicht übersehen werden darf, dass dann sowohl der Reibungswiderstand wie auch die Abkühlungsfläche viel mehr betragen würden, als sie für eine einzige Leitung von gleichem Querschnitt wie die Summe der beiden ausmachen. Fritz Pasquay.