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Lieferzeit-Versicherung der Bahnsendungen. In Geschäftskreisen ist es vielfach Brauch, die Bahnsendungen gegen Verspätung auf dem Transport zu versichern. Es ist mit dieser Ver sicherung soweit gekommen, dass viele Versender den deklarirten Werth ihren Frachtbriefen schon aufdrucken lassen, und dass die an und für sich geringe Gebühr am Schlüsse des Jahres zu einem ganz ansehnlichen Betrage aufläuft. Einsender dieser Zeilen hat deshalb bei allen seinen Lieferanten, mit Rück sicht auf die Kosten und auf die Erfolglosigkeit, die gedachte Werthangabe sich verbeten und bringt vorkommendenfalls die Bahngebühr dem Ver sender in Anrechnung. Wie sehr er mit seiner Anschauung im Recht ist, beweisen folgende Vorkommnisse: Eine Sendung Papier, deren Eintreffen mit Schmerzen erwartet wurde, blieb ungewöhnlich lange aus. Im Frachtbrief war das Interesse an der rechtzeitigen Lieferung mit einem ansehnlichen Betrage versichert, und der Frachtzuschlag dafür mit 20 Pfg berechnet. Auf erhobene Beschwerde wurde festgestellt, dass die Sendung rechtzeitig eingetroffen sei, dass aber ein Beamter die Begleitpapiere verlegt oder sonstwie verzögert hatte. Da dieser, ein schmalbesoldeter Mann, die Entschädigung hätte aus seiner Tasche zahlen müssen, so blieb nichts übrig, als die Beschwerde zurückzuziehen. Ein am 17. September in W. als Eilgut aufgegebener Korb mit 30 M Interesse-Deklaration kam erst am 20. hier an. Die Entfernung beträgt etwas über 200 Kilometer und wird mit dem Personenzuge in ungefähr 5 Stunden, mit dem Schnellzuge in noch kürzerer Zeit zurückgelegt. Die Verspätung wurde bahnseitig zugegeben. Da ein berechenbarer Schaden nicht vorlag, sondern nur ein äusserst unangenehmes, tagelanges Harren auf die ausbleibende Sendung, so wurde, um den Schein zu vermeiden, als wolle man aus dem Vorkommniss Vortheil ziehen, kein Anspruch auf die ver sicherten 30 M., sondern nur auf die bezahlte Fracht erhoben Auch dieser bescheidene Anspruch wurde mit folgendem Bescheide abgewiesen: »Auf das gef. Schreiben vom 19. v. Mts. tbeilen wir Ihnen ergebenst mit, dass nach dem Bericht der hiesigen Eilgut-Verwaltung die in dem anliegend überfolgenden Frachtbrief bezeichnete Sendung Ihnen am Vormittag des 20. September zugeführt worden ist. Die Lieferungszeit lief am 19. dies. Mts. ab Die Versäumniss beträgt mithin weniger als 12 Stunden. Nach § 70 des Betriebs-Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands hat jedoch die Eisenbahn bei Eilgütern ohne Schadennachweis erst bei einer mehr als 12 stündigen Lieferfrist-Ueberschreitung einen bestimmten Fracht- theil als Entschädigung zu erstatten. Wir lehnen deshalb den erhobenenEntschädigungs-Anspruch ergebenstab.« M. Mikroskopische Papier-Untersuchung. In seiner bekannten Arbeit über mikroskopische Untersuchung des Papiers (siehe Jahrg. 1888, Seite 164)empfahl Herr W. Herzberg als wirksames Mittel zur Auflösung des Papiers und Freilegung der einzelnen Fasern behufs mikroskopischer Untersuchung die Abkochung desselben in einer 1 bis 2 prozentigen Natronlösung und nachheriges Zerreiben des Papierbreies in einem Porzellanmörser. Der Verfasser hat inzwischen ein neues Zerkleinerungsverfahren ermittelt, welches noch bessere Ergebnisse liefert und seit etwa Jahresfrist in der Papierprüfungsanstalt zu Charlottenburg ange wendet wird. Er beschreibt dasselbe in Heft 3 der »Mittheilungen aus den Königlichen Technischen Versuchsanstalten« folgendermaassen: Die zur Erlangung einer guten Durchschnittsprobe möglichst aus ver schiedenen Bogen einer Papiersorte, oder wenn nur ein Bogen vorhanden ist, an verschiedenen Stellen desselben entnommenen Stücke werden in etwa 1/ 1 Wasser, dem 5 ccm konzentrirte Natronlauge zugesetzt sind, unter bestän digem Umrühren so lange gekocht, bis das Papier zergangen ist. Der Papier- brei wird dann in einen Trichter gebracht, der unten durch ein sehr fein maschiges Sieb (sogenanntes 1000-Maschensieb) verschlossen ist, um die Natronlauge ablaufen zu lassen. Der zurückbleibende Brei wird noch mehr mals mit Wasser übergossen, um die anhaftende Natronlauge zu entfernen, welche die spätere Färbung der Fasern durch Jodlösung verhindern würde. Die in dem Brei nun noch vorhandenen klumpigen Theile müssen auf mecha nischem Wege zerkleinert werden. Dies geschah früher durch Verreiben derselben im Porzellanmörser. Das jetzt zu diesem Zweck angewendete Ver fahren ist indessen einfacher und erreicht den Zweck in kürzerer Zeit und in wesentlich vollkommenerer Weise. Man bringt den Brei in eine mit weitem Halse versehene Pulverflasche von etwa 400 ccm Inhalt, die ungefähr zu 1/, mit kleinen böhmischen Granaten und zur Hälfte mit destillirtem Wasser gefüllt ist. Bei tüchtigem Durchschütteln des Breies mit den Granaten lösen sich die Fasern leicht von einander los, und man erhält einen nur aus ein zelnen Fasern bestehenden klaren Stoff, der sich zum Mikroskopiren vortrefflich eignet und sich in leichtester Weise auf dem Objektglas zertheilen lässt. Die verwendeten böhmischen Granaten sind zu einem verhältnissmässig billigen Preise zu beschaffen; bevor man sie in Gebrauch nimmt, sind sie je doch gründlich zu reinigen, weil sich in den vorhandenen Rissen und Höh lungen vielfach Unreinlichkeiten abgesetzt haben. Auch die Flasche ist jedesmal nach Gebrauch zu reinigen, damit etwa zurückbleibende Fasern keinen Grund zu Irrthümern geben. Zu dem Zwecke wird der Papierbrei abgegossen, die Flasche von neuem mit Wasser gefüllt, tüchtig durchgeschüttelt, wieder entleert und so fortgefahren, bis in dem nach dem Umschütteln über den Granaten stehenden Wasser keine Fasern mehr bemerkt werden, was meist schon nach dem fünften Entleeren der Fall ist. Gestatten es die Umstände nicht, die Flasche sofort nach dem Versuch zu reinigen, so empfiehlt es sich, sie bis zum Rande mit Wasser zu füllen und unter Wasser aufzubewahren. Es wird dadurch vermieden, dass einzelne Fasern antrocknen und die späteren Prüfungen beeinflussen. Sind die Flaschen lange in Gebrauch und werden sie, wie z. B. in der Versuchsanstalt, viel benutzt, so müssen sie gelegentlich durch neue ersetzt werden, weil sie allmälig matt und schliesslich undurchsichtig werden, in dem die scharfen Kanten der Granaten nach und nach die Innenfläche des Glases ritzen und dessen Trübung herbeiführen. Im Anschluss hieran und angesichts wiederholt zu Tage ge tretener irriger Anschauungen macht der Verfasser darauf aufmerk sam, dass die durch Jod-Jodkalium oder Jod und Schwefelsäure be wirkten Unterschiede in der Färbung der verschiedenen Papierfasern keine unbedingt sicheren Merkmale für den Ursprung der Fasern bieten. Wenn auch Jod-Jodkaliumlösung (20 ccm Wasser, 2 ccm Glycerin, 1,15 g Jod, 2 g Jodkalium) der Regel nach die Lumpen fasern braun, die verholzten Fasern gelb, und die Zellstofffasern gar- nicht färbt, so kommen doch auch farblose Lumpenfasern und braune Zellstofffasern vor. Die künstliche Färbung soll das mikroskopische Bild dem Auge angenehmer machen und die Unterscheidung kennzeichnender Einzel heiten erleichtern; sie reicht aber nicht aus, um den Ursprung der einzelnen Fasern mit Sicherheit erkennen zu lassen. Hierzu ist ein gehende Kenntniss des anatomischen Baues der einzelnen Pflanzen fasern unerlässlich. Farbenänderung des Papiers durch erhitzte Glättwalzen. Eine auffällige Farbenänderung des etwas stark gebläuten Pa piers wurde beobachtet, als dieses mit einem Rollkalander geglättet wurde, dessen eine Stahlwalze etwas stärker erhitzt war. Das Vor kommen zeigte sich bei zwei verschiedenen Papiersorten, welche beide nur aus Lumpen, mit einem Zusatz von Ausschuss, gearbeitet waren, wovon die stärkere Sorte, von ungefähr 125 g das Quadratmeter, einen grossen Stärkezusatz hatte, während die schwächere, von etwa 35 g auf das Quadratmeter, einen Zusatz von 5 °/ Stärkemehl erhielt. Zum Nüanciren wurde Ultramarin genommen. Das Papier wurde auf der Papiermaschine, wie üblich, gefeuchtet und blieb an einem Orte liegen, wo eine Temperatur von 15 0 herrschte, so dass nach 3—4 Tagen die Rollen gleichmässig durchzogen waren. Die Beach tung dieser Angaben ist für später von Interesse. Die Papiere zeigten beim Verlassen der Papiermaschine und beim Aufrollen der gefeuchteten Rollen gleichmässige Farbe, das stärkere auch auf beiden Seiten gleiche Tiefe. Sobald man die starke Erhitzung der einen Stahl walze beim Satiniren bemerkte, wurde der Dampf abgestellt. Da dieselbe Sorte früher auch schon mit erhitzten Walzen geglättet wurde, ohne dass das Papier eine Aenderung zeigte, so wurde dem Glätten des Papieres keine besondere Beachtung geschenkt, bis sich beim Sortiren zeigte, dass eine Seite des Papieres heller als die andere war. Als man jetzt beim Kalander mehr auf die Arbeit achtete, zeigte sich auch, dass das Papier gerade an den Stellen, an welchen der Dampf wegen zu starken Erhitzens der Stahlwalze abgestellt werden musste, auf der Seite, welche auf der erhitzten Walze lag, in der Farbe verblasst war, während die Farbe sich der ursprüng lichen um so mehr näherte, als die Walze sich während der Arbeit wieder abkühlte. Das Papier, welches ohne erhitzte Stahlwalze geglättet wurde, zeigte auf beiden Seiten gleiche Farbe. Bei der schwächeren Papiersorte ging diese Farbenänderung auf beiden Seiten des Papiers durch, so dass man hier die Aenderung auf der Schnittfläche sehr deutlich bemerken konnte, wenn das Papier im Stosse lag. Bei den Bogen, welche zu stark erhitzt waren, zeigte sich die Schnitt fläche verblasst. Wie die Stahlwalze sich allmälig abkühlte, wurde auch die Farbe der verblassten Schnittfläche wieder bläulicher. Der direkte Anlass zur Aenderung der Farbe im Papier konnte nur im Erhitzen desselben liegen. Da aber bei der Herstellung dieselben Chemikalien und Farben und in gleicher Weise verwendet waren wie früher, so lag die Frage nahe, weshalb frühere Machungen dieses Vorkommen nicht zeigten. Die Hitze allein konnte das Ultramarin nicht zersetzen, da das Papier sonst auf den Trockencylindern schon die Farbenänderung hätte zeigen müssen, was, wie bereits angegeben, nicht der Fall war. Man könnte daher nur annehmen, dass das Papier während des Lagerns eine Umsetzung seiner Stärke erfuhr, welche sich unter Einwirkung der Feuchtigkeit und der Wärme so zersetzte, dass sich neben anderen auch milchsaure Salze bildeten. Wurde nun das Papier ohne Einwirkung von Hitze geglättet, so griffen die milchsauren Salze das Ultramarin nicht an, wurden aber selbst gespalten, als man das Papier beim Glätten erhitzte. Die Milchsäure wurde dabei frei, und diese ist kräftig genug, um das leicht zersetzbare Ultramarin, also die Farbe, zu zerstören. Es ist räthselhaft, warum der Vorgang weder früher noch später wieder beobachtet wurde, und es wäre jedenfalls erwünscht, dass der Erscheinung auch anderwärts Aufmerksamkeit geschenkt würde. M...