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No. 98. PAPIER-ZEITUNG. 2165 gemäss und dem Fabrikanten nicht unlieb ist, da er vorzugsweise Schreib und Konzeptpapiere fertigt. Da jetzt immerhin noch ein Ueberschuss von schwefelsaurer Thonerde vorhanden ist, so bin ich neugierig, wie die demnächst erfolgenden Unter suchungen auf freie Säure ausfallen werden, denn die zuletzt erzeugten Papiere sind einem chemisch - technischen Laboratorium zur Prüfung überwiesen worden, und ich hoffe, über die Ergebnisse in Bälde berichten zu können. S. Berichte unserer Korrespondenten. Aus Amerika. Chicago, November 1889. Von den interessanten Seiten am Amerikaner ist eine der inter essantesten sein weiter Blick und die Leichtigkeit, mit der er sich, gewissermaassen mit Sack und Pack, aus einem vorhandenen Zustand hinaus- und in einen vollständig neuen hineinzudenken vermag. Liefert schon der Politiker, der meist vor oder doch unmittelbar nach dem Amtsantritt eines neuen Präsidenten sich bereits wieder allen Ernstes in die Angelegenheiten der nächsten Wahl vertieft, ein sprechendes Beispiel hierfür, so geschieht es, noch klarer hervor tretend, — und jedenfalls wesentlich nachahmenswerther — vom Industriellen und Techniker. Diese letztere Thatsache tritt in ganz besonderer Schärfe in die Erscheinung bei den weitgehenden Vorkehrungen, die getroffen werden, um Chicago die Weltausstellung zu sichern. Obwohl es sich streng genommen einstweilen nur darum handeln kann, dem im Dezember zusammentretenden Kongress solche Garantieen zu bieten, welche das Bundesprotektorat und die Bundeshilfe gerechtfertigt erscheinen lassen, so sehen wir gleichwohl einen grossartigen, allumfassenden Apparat von Arbeit, Genie und Energie in so rastloser Thätigkeit, als ob die Bundeszusage längst beschlossene Sache und das Unternehmen im vollsten Gange wäre. Da es in der Natur des Amerikaners liegt, mit einem Schlage äusser den bekannten zwei Fliegen womöglich noch eine dritte und vierte zu treffen, so galt es auch hier weniger, sich um die Aus stellung zu bewerben, als sich dieselbe unter allen Umständen zu erringen, koste es was es wolle. Durch die imposante finanzielle und ausstellungstechnische Machtentfaltung, die das mit ungeschwächter Kraft fortschreitende Werk der Vorarbeiten darstellt, will man nicht nur dem Bundeskongress im engeren und der ganzen Welt im weiteren Sinne in unwiderstehlicher Weise imponiren, sondern gleichzeitig die Anstrengungen der übrigen Bewerbungsstädte lahm legen und in der sicheren Voraussicht des Sieges so vollständig gerüstet dastehen, dass die definitiven Arbeiten im engsten Anschluss an die planmässigen Vorarbeiten rasch ins Werk gesetzt und in mancher Beziehung doppelte Kosten erspart werden können. Wenn nicht alle Zeichen trügen, so wird dieser geniale Feld zugsplan in der That Chicago zum Siege verhelfen. New York, das einen Garantiefonds von 10 000 000 Doll, geplant hatte, ist mit seinen Zeichnungen noch nicht über die zweite Million hinausgekommen, und es klingt wie Kapitulation, wenn der erst himmelhoch jauchzende New Yorker »Herald« in einer seiner jüngsten Nummern die Frage erörtert: »Wollen wir wirklich die Ausstellung in New York haben?« Demgegenüber hat Chicago nicht allein die in Aussicht ge nommenen fünf Millionen in Monatsfrist aufgebracht, sondern ist auf bestem Wege, beim Zusammentritt des Kongresses auf einen vollgezeichneten und zum Betrag der ersten Rate einbezahlten Garantiefonds von zehn Millionen Dollars (40 Millionen Mark) hin weisen zu können. Wie stark alle Schichten der Bevölkerung von der Bewegung erfasst wurden, beweist die Thatsache, dass allein die Geschäftsreisenden der Stadt eine Viertelmillion Dollars zeichneten, und sich verpflichteten, weitere Einhunderttausend von ihren aus wärtigen Kollegen zu sammeln. Die Setzer der »Chicago Tribune« übernahmen allein 10 000 Doll, und die Arbeiter-Organisationen zusammen eine Million. Gross ist die Zahl von Fabrikarbeiterinnen, die 1 bis 2 Aktien zeichneten. Was nun die übrigen Vorarbeiten betrifft, die über zwanzig verschiedenen Unterausschüssen übertragen sind, so dürfte das Folgende von Interesse sein: Der Ausschuss für die Veranstaltung eines Weltkongresses empfiehlt unter den grossen Fragen, die in einer derartigen Zu sammenkunft »von Staatsmännern, Juristen, Finanzmännern, Männern der Wissenschaft, der Gelehrsamkeit, Lehrern und Geistlichen« zur Erörterung gelangen sollen: »Die Ausführbarkeit einer gemeinsamen Sprache zum Gebrauch im Handelsverkehr der civilisirten Welt«. Ferner: »Internationales Verlagsrecht und gesetzliche Sicherung des geistigen Eigenthums«. (Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt!) Der Ausschuss für den Entwurf des Bundesgesetzes zur Ab haltung einer Weltausstellung in Chicago macht u. a. folgende Vorschläge: 1) Der Präsident der Vereinigten Staaten soll durch das Staats ministerium eine bezügliche Proklamation und eine Einladung zur Betheiligung an alle Völker der Welt erlassen. 2) Alle auswärtigen Ausstellungsgegenstände sollen frei von Zoll und allen bundesamtlichen und staatlichen Inlandgebühren Ein gang zur Ausstellung finden. Falls diese aber verkauft werden, um im Lande zu bleiben, sollen sie den Zollgesetzen der Vereinigten Staaten unterworfen, und die Umgehung dieser letzteren Bestimmung strafbar sein. 3) Zu solchen Zwecken, welche mit der Zufuhr fremdländischer Güter in Zusammenhang stehen, soll eine Summe bis zu 50000 Doll, bewilligt werden. Dem Aktenmaterial des Finanz-Ausschusses ist zu entnehmen, dass die Geschäftswelt ausserhalb Chicago’s so allgemeine und gross artige Anerbietungen zur Zeichnung von Ausstellungsaktien macht, dass die Leiter der Bewegung mit weiland Adolphe Thiers ausrufen können: »Unsere Hilfsquellen sind unerschöpflich«! Der Ausschuss für auswärtige Propaganda hat in der Nacht vom 11. auf den 12. November in der Stadt New York heimlicherweise 4000 Riesenplakate mit den Worten »Weltausstellung Chicago 1892« auf brandrothem Papier an den Strassenecken ankleben lassen. Der Pressausschuss hatte ein Cirkular an sämmtliche Zeitungen der Welt in Aussicht genommen, war aber besonnen genug, sich einstweilen bloss an die inländische Presse zu wenden. Dem Organisations-Komitee gehen zahlreiche Vorschläge von Privat personen zu, in welchen die verschiedensten, oft ungeheuerlichsten, wo nicht kindischen Ideen ausgesprochen werden, wie die Pariser mit ihrem Eiffelthurm, der den Amerikanern gar gewaltig imponirte, übertrumpft werden könnten. So will Einer einen Erdglobus von solch riesigen Dimensionen herstellen, dass die Weltausstellungsbesucher auf demselben umherspazieren können. Ein Anderer schlägt vor, eine Rutschbahn von solcher Höhe zu bauen, dass man in einem Rutsch nach den grösseren Städten der nordamerikanischen Windrose zu schlittern vermöchte. Ueberhaupt giebt sich neben der bewussten und besonnenen Arbeit der leitenden Geister eine Auffassung der grossen Idee kund, die deutlich erkennen lässt, dass die Massen des amerika nischen Elements weder viel Erfahrung im Weltausstellungswesen, noch ein tieferes Verständniss für die ungeheure Tragweite eines solchen Unternehmens besitzen. Von um so grösserer Wichtigkeit ist es daher, dass der Mayor, d. i. Bürgermeister, von Chicago, der an der Spitze der Bewegung steht, nicht nur ein durchaus gediegener Mann, sondern ein bedeutender Ingenieur ist. Es spricht sehr zu seinen Gunsten, dass er bereits die Zeit für zu kurz hält, wenn der Bundeskongress nicht sofort nach seiner Eröffnung in die Berathung der Ausstellungsbill eintreten sollte. Die Aussichten, dass eine Welt ausstellung einmal rechtzeitig fertiggestellt werden könnte, sind somit sehr gering. • G. Kraft. Trusts. Nachdem die amerikanischen Untergerichte schon entschieden hatten, dass die Vereinigung einer Reihe von Geschäften zur Ver hinderung des freien Wettbewerbes ungesetzlich sei, hat jetzt auch der Supreme Court von New York in gleichem Sinne geurtheilt. Es scheint, dass von einer Reihe von Firmen ein Zucker-Trust gebildet worden war, der Antheils-Scheine ausgab. Es ist nun entschieden, dass konzessionirte Firmen, also Aktiengesellschaften u. dgl., ihre Konzession verlieren, d. h. sich auflösen müssen, wenn sie sich in Amerika solchen Trusts anschliessen. Es wird als ein Verbrechen erklärt, wenn Trusts gebildet werden, um die Bedürfnisse der Bevölkerung durch Beseitigung des Wettbewerbes zu vertheuern. Konzessionirte Gesellschaften haben nicht das Recht, sich an der Schaffung solcher Monopole zum Schaden der Gesammt-Bevölkerung zu betheiligen. Diese Entscheidung des New Yorker obersten Ge richtshofes ist noch nicht endgiltig, da noch eine höhere Instanz angerufen werden kann. Nach amerikanischen Blättern ist aber nicht zu bezweifeln, dass der höchste Gerichtshof die vorherige Entscheidung bestätigen wird. Neu hinzugetretenen Abonnenten der Papier-Zeitung stehen die früher erschienenen Lieferungen von Hofmann's Handbuch der Papierfabrikation, gegen Einsendung der Bezugsquittung und Zahlung von M. 1.— für jede Lieferung excl. 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