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2116 PAPIER-ZEITUNG. No. 96. Mitscherlich-Patentstreit. In dem Prozess, welchen Herr Prof. Dr. Mitscherlich gegen die Zellstofffabrik Unterkochen wegen Vertragserfüllung führte, entschied das Kgl. Oberlandesgericht Stuttgart, dass die beklagte Zellstofffabrik dem Kläger die laut Vertrag in der Reichsbank hinterlegten 10 000 M., zuzüglich 6% Zinsen vom 15. Juli 1884 an, zu zahlen habe. Wir theilten dieses Urtheil in Nr. 10 von 1888, Seite 178, mit. Gleichzeitig wurde bestimmt, dass die vertragsmässig festgesetzte Abgabe bis zum 28. Oktober 1884 — dem Tage der Nichtigkeits erklärung eines Theils des Mitscherlich-Patents Nr. 4179 — gezahlt werden müsse. Professor Mitscherlich hatte volle Vertragserfüllung gefordert, welche ihm eine Abgabe von 2 M. für jede 100 kg lufttrockenen Zellstoffs dauernd sicherte, und die Vorinstanz hatte ihm auch diese im § 4 des Vertrages vereinbarte Abgabe zugebilligt, solange der Vertrag noch zu Recht bestehe. Professor Mitscherlich suchte nun nach eingetretener Rechtskraft des Stuttgarter Urtheils seine weitergehenden Ansprüche durch einen neuen Prozess durchzusetzen und begründete seine Klage mit der Behauptung, die Ansprüche in den beiden Prozessen seien grund sätzlich verschieden. Während der erstere das vertragsmässige Entgelt gefordert hätte, habe der zweite den Zweck, den objek tiven Verkehrswerth der fraglichen Leistungen als Vergütung zu fordern. Der erste Prozess habe sich auf die Preisabrede der Kontrahenten in ihrem Vertrage gestützt; und da diese durch das Urtheil des Oberlandesgerichts für unanwendbar erklärt wurde, solle der zweite Prozess, ohne Berufung auf den Vertrag, eine Entschä digung nach Grundsätzen der Billigkeit fordern. Die Civilkammer des Landgerichts Ellwangen, bei welcher dieser zweite Prozess anhängig gemacht wurde, wies die Ansprüche des Klägers kostenpflichtig ab. Auch die beim Oberlandesgericht zu Stuttgart eingelegte Berufung wurde, ebenfalls unter Verurtheilung des Berufungsklägers in die Kosten, durch Urtheil vom 17. Oktober 1889 abgewiesen. In den Gründen heisst es: 1. Wie in dem Vorprozess festgestellt wurde, besteht der Vertrag vom 28. März 1883 auch nach der Vernichtung des Patents des Klägers zu Recht, und die Leistungen desselben, um welche es sich im vorliegenden Prozess handelt, sind auf Grund jenes Vertrags gemacht worden, beziehungsweise zu machen. Es kann daher bei diesen Leistungen überhaupt nur ein Entgelt auf Grund des angeführten Vertrags in Frage kommen, da dieser für eine anderweitig zu bestimmende Gegenleistung der Beklagten keinen Raum lässt. Dass dieses Entgelt auf einem besonderen thatsächlichen und rechtlichen ausserhalb des Vertrags vom 28. März 1883 gelegenen Vorgang beruhe, hat der Kläger nicht darzuthun vermocht. Ein solcher Vorgang kann auch in seiner Klagebegründung nicht gefunden werden, vielmehr enthält diese Be gründung bloss eine unrichtige Folgerung aus dem diesseitigen Urtheil in dem Vorprozess. Durch jenes Urtheil ist nämlich rechtskräftig entschieden worden, dass der Kläger nach der Vernichtung seines Patents für seine durch dessen Bestehen nicht bedingten Leistungen aus dem Vertrag vom 28. März 1883 die in diesem bedungene Vergütung zwar nicht in vollem, aber in verhältniss- mässig auf dieselben entfallenden Betrag beanspruchen dürfe, dass aber der Kläger, welchem der Beweis der Grösse des Antheils an jener Vergütung obliege, diesen Beweis für einen höheren Betrag als von 10 000 M. nicht erbracht habe und daher mit seiner Mehrforderung abzuweisen sei. Damit ist ausgesprochen worden, dass nur der vertragsmässige Preis, folgeweise nicht der objektive Werth den Maassstab für die Berechnung der Vergütung des durch die Vernichtung des Patents des Klägers nicht be rührten Leistungen desselben zu bilden habe. Letzteres ergiebt sich auch daraus, dass das Gericht der Anschauung der in dem Vorprozess vernom menen Sachverständigen, es könne sich nach dem Fallen des Patents des Klägers nur um eine objektive Werthschätzung der auf ein nicht patentirtes Verfahren sich beziehenden Leistungen handeln, in seinem Urtheil keine Folge gegeben, sondern den aus dem Willen der Kontrahenten ermittelten Mindestbetrag der vertragsmässigen Vergütung in der Höhe von 10 000 M. zuerkannt und jede weitergehende Forderung schlechthin abgewiesen hat. Aus letzterem Grund ist es auch unrichtig, wenn der Kläger glaubt, dass ihm durch den Ausdruck »Mindestbetrag« in dem Urtheil des Vorprozesses die Geltendmachung einer Mehrforderung für seine Leistungen vorbehalten werden sollte; vielmehr besagt jener Ausdruck nur, dass dem Kläger nach Absicht der Kontrahenten als Antheil an der vertragsmässigen Vergütung kein geringerer Betrag, als der von 10 000 M., gebühren solle, woraus selbstverständlich nicht folgt, dass der Kläger einen höheren Betrag anzu sprechen habe. 2. Der Anspruch des Klägers ist auch, abgesehen von letzterer Ein rede, unbegründet. Der Grundsatz, dass für entgeltliche Leistungen der objektive Werth derselben zu entrichten sei, kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Kontrahenten nicht einen Preis für jene Leistungen verabredet haben. Ist letzteres der Fall, so haben die Kontrahenten zu erkennen gegeben, dass der vertragsmässige Preis, welcher erfahrungsgemäss, namentlich wenn die Leistungen keinen Marktpreis haben, oder wenn der wirthschaftliche Erfolg derselben ein unsicherer ist, sich häufig mit dem objektiven Werth der Leistungen nicht deckt, allein entscheidend sein soll. Ist nun für mehrere Leistungen ein Preis festgesetzt und ein Theil dieser Leistungen unmöglich geworden, so kann, auch wenn die Kontrahenten für die übrigen Leistungen keinen besonderen Preis verabredet haben, von dem Leistenden nicht der objektive Werth derselben als Vergütung gefordert werden, denn die Sub- stituirung dieses Werthes an die Stelle des vertragsmässigen Preises würde aus dem angeführten Grunde nicht dem muthmaasslichen Willen der Kon trahenten entsprechen. Vielmehr geht solcher nur dahin, dass der auf die übrigen Leistungen entfallende verhältnissmässige Antheil des für sämmtliche Leistungen bedungenen Entgelts den Preis für die ersteren bilden solle. 3. Eventuell will der Kläger den Werth der der Beklagten gemachten Leistungen kondizieren, weil er der letztem nur in der Voraussetzung, dass für diese Leistungen der vertragsmässige Preis bezahlt werde, geleistet habe, die Preisabrede aber durch das Urtheil im Vorprozess hinfällig geworden und daher der Vertrag insoweit wegen nicht erschöpfender Preisbestimmung ungiltig sei, dass Kläger somit die Leistungen ohne Grund gemacht habe. Allein der Kläger hat der Beklagten in Erfüllung des Vertrags vom 28. März 1883 geleistet und kann daher nach den bei zweiseitigen Verträgen geltenden Grundsätzen, solange der Vertrag zu Recht besteht, nicht das Geleistete zurückfordern, sondern nur auf Erfüllung des Vertrags gegen die Beklagte klagen. Dies hat der Kläger in dem Vorprozess gethan, und er ist mit seinem Anspruch auf ein den Betrag von 10 000 M. übersteigendes Entgelt rechtskräftig abgewiesen worden. Steht aber hiernach fest, dass die Beklagte jene thatsächlichen Leistungen zufolge der dem Kläger obliegenden Verpflichtung empfangen hat, so ist die Kondiktion des Klägers verfehlt, und es bedarf nicht mehr der Untersuchung, ob die Beklagte etwa durch die Leistungen des Klägers bereichert erscheint. 4. Der in weiterer Linie angestellten Klage auf Unterlassung der Be nützung des dem Kläger unter Nr. 4179 Z. 2 patentirten Verfahrens für die Zwecke der Cellulosefabrikation steht die Einrede der Beklagten ent gegen, dass der Kläger der letzteren diese Benützung in dem Vertrag vom 28. März 1883 gestattet habe. Wenn der Kläger hierauf replizirt, dass die Beklagte den Vertrag nicht erfüllt habe oder erfüllen wolle, sofern sie die vereinbarte Gegenleistung nicht entrichte, so wird diese Replik durch die Duplik der Beklagten entkräftet, dass sie den Vertrag durch die Bezahlung des dem Kläger für seine gesammten Leistungen, darunter auch für die Benützung jenes Verfahrens, in dem rechtskräftig gewordenen Urtheil des Vorprozesses zuerkannten Entgelts erfüllt habe. 5. Hiernach war in der Hauptsache und gemäss § 92 Abs. 1 Civil- Prozessordnung im Kostenpunkt wie geschehen zu entscheiden. Kochen der Lumpen. Aus der Praxis. Nichts rächt sich bei der Fabrikation mehr, als eine schlechte Kochung der Lumpen, weshalb derselben alle Aufmerksamkeit ge schenkt werden muss. Schon beim Füllen des Hadernkochers ist darauf zu achten, dass derselbe vollkommen gefüllt wird. Bei etwa ungenügender Menge einer Lumpen-Sorte thut man gut, diese durch eine ähnliche zu ver vollständigen, da die Kosten nicht verändert werden, ob einige Gentner mehr oder weniger im Kocher sind. Die Hauptsache ist aber, dass zu einer bestimmten Sorte ge nügend frischer Kalk genommen, dass der letztere richtig aufgelöst, und dass unter entsprechendem Druck genügend lange gekocht wird. Die Auflösung des Kalkes lässt in manchen Fabriken zu wünschen übrig, es werden zu kleine und hohe Gefässe verwendet, so dass der Kalk beim Auflösen theilweise »ersäuft«. Am besten sind flache grosse Kisten oder Kufen, in denen der Kalk, in nicht zu grosser Menge flach ausgebreitet, mit Wasser lang sam abgelöscht werden kann. Ist aller Kalk breiig, so wird unter stetem Aufrühren weiter verdünnt, bis das Kalkwasser über einen Ausschnitt am Kopftheil läuft. Diese Anordnung hat den Vortheil, dass man immer Wasser zu laufen lassen kann, ohne befürchten zu müssen, dass unaufgelöste grössere Kalktheile mitgehen. Von dem Ueberfall weg leitet man die Flüssigkeit durch einen ab- und aufsteigenden Sandfang, welcher die gleichen Dienste leistet wie ein langer flacher, dabei nur ganz wenig Raum einnimmt und sich bequem durch seitwärts angebrachte Holzzapfen reinigen lässt. Nach Verlassen des Sandfanges lässt man das Kalkwasser noch durch ein Sieb in den Kocher, der mindestens zur Hälfte damit ge füllt werden sollte. Um sich hierüber zu vergewissern, ist es gut, einen der Laugen ablasshähne, welche in der Höhe der Achse angebracht sein müssen, zu öffnen, so dass das Wasser, wenn es diese Höhe erreicht hat, ausläuft und dem Arbeiter anzeigt, dass der Kocher zur Hälfte mit Kalkmilch gefüllt ist. Der Wasserzufluss wird dann eingestellt, und der Rest der Flüssigkeit in der Auflöskufe durch Ueberschöpfen in den Sandfang in den Kocher gebracht. Nachdem der Kocher gleichmässig verschlossen ist, wird derselbe in Gang gesetzt und Dampf zugelassen. Die Kochzeit ist erst als angefangen zu rechnen, wenn der Dampf die richtige Spannung hat, und es ist darauf zu achten, dass das Kochen möglichst gleichmässig und ohne Unterbrechung vor sich geht. Rückschlagventile sollten an keinem Kocher fehlen, dieselben müssen jedoch öfters nachgesehen