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PAPIER-ZEITUNG. 2047 No. 93. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel, Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Buchheftmaschinen. (Schluss zu Nr. 90.) Schröders Fadenheftapparat ist bereits in Nr. 22 von 1886 beschrieben worden. Dennoch muss ich den Mechanismus nochmals erklären, nicht nur aus dem Grunde, weil derselbe während der dazwischen liegenden Zeit vervollkommnet wurde, sondern auch, weil zwei später zu erwähnende Apparate die Schröder’sche Erfindung als Grundlage haben. Der Apparat (Fig. 10) besteht aus Metall und kann auf den Tisch aufgeschraubt werden. Unterhalb befindet sich ein viereckiger Rahmen, dessen rechte und linke Seite mit Zahn stangen versehen sind. In diese Zahnstangen greifen Zahnräder ein, welche an jeder Seite mit einem Handrädchen versehen sind und einen die Mitte ausfüllenden eisernen Querbalken tragen. Durch Drehen der Handräder kann dieser Balken nach Belieben hoch oder tief gestellt werden, da sich die mitdrehenden Zahnräder auf den gleichartigen Stangen auf- und abrollen. Der Eisenbalken ist auf seiner oberen Seite mit Löchern versehen, in denen fünf lange Heft nadeln ruhen, die am vorderen Tischtheile des Apparates durch gleich liegende Löcher laufen. Schraubt man den Balken hoch, so treten und schlitzt jeden Bogen, den man hochnimmt, sofort vor dem Heften. Den geschlitzten Bogen öffnet man, steckt ihn mit den Sägelöchern I so auf die Nadeln, dass diese innen hervorstehen, ergreift hierauf den Heftzwirn und legt ihn von oben bis unten durch den Bogen, so dass er den Häkchen der Nadeln zugekehrt ist. Nun schlägt man die der Brust zugekehrte Hälfte des Bogens über die Nadelhaken zurück auf den Tisch des Apparates. Dadurch kommt der Bogen hinter die Nadeln zu liegen, während letztere die Einsägelöcher aus füllen. Der Heftfaden wurde jedoch von den Häkchen der Nadeln festgehalten und umschlingt letztere, welche nun zwischen Bogen und Faden liegen und ebenso umheftet sind, wie bei Handheftung der Bundfaden. Der Heftzwirn tritt, wie die Abbildung zeigt, je oben und unten an Stelle der Fitzbünde aus den aufgeschlitzten Bogen hervor und geht an derselben Stelle in den nächsten Bogen über, der auf gleiche Weise geheftet wird. Je mehr man aufheftet, desto höher werden die Nadeln mit Hilfe der unteren Stellschrauben gestellt. Sind auf diese Weise die Nadeln vollgeheftet, so fädelt man in die unten befindlichen Gehre derselben Bindfäden und zieht diese durch die Einsäge löcher hindurch. Dadurch entstehen die Bünde. Bessere Bücher kann man auch heften, ohne die Fälze der Bogen aufzuschlitzen oder zu raspeln. Dann fädelt man den Heftfaden in eine Nadel und sticht ihn bei dem einen Fitzbunde hinein, legt ihn durch das Innere des Bogens über die Nadeln weg und sticht am anderen Fitzbunde wieder heraus. Dabei können die Fitzbünde auch um schlungen werden. Den ersten und letzten Bogen mit dem Vorsetz muss man natürlich besonders aufheften. • Der Vortheil, den die Maschine bietet, liegt weniger in der Güte, als in der Schnelligkeit der Heftung. Die Mehrleistung gegen Handheftung ist ganz erheblich. Wäh rend man dort alle Heftbünde einzeln umstechen muss, legt man hier einfach den Faden durch den Bogen und kippt diesen über die Nadeln weg. Allerdings hat man die Vorarbeit des Schlitzens und die Nacharbeit des Bündedurchziehens zu be rücksichtigen. Trotzdem kann mit dem Apparat viel schneller geheftet werden, als mit der Hand, wenn auch die Leistung der Brehmer'schen Fadenheftmaschine nicht annähernd er reicht wird. Leider kann mit Bezug auf Güte der Arbeit nicht das Gleiche gesagt werden, denn es ist wohl für keinen Fach mann zweifelhaft, dass die Heftung auf der Heftlade mehr Gewähr für dauerhafte Arbeit bietet. Von allen kleinlichen Aussetzungen abgesehen, erscheint vor allem das Durch ziehen der Bünde bedenklich, da es hierbei leicht vorkommen kann und' wohl auch vorkommt, dass der Heftzwirn, der mit Rücksicht auf den Zwang des Durchausheftens überdies etwas dünn gewählt werden muss, reisst. Reisst er nicht, so ist doch zu befürchten, dass er sich bei der etwas gewaltsamen Arbeitsweise lockert und die einzelnen Doppelblätter nicht mehr fest genug anzieht. Doch sind das Befürchtungen, deren Eintreffen bei vorsichtiger Arbeitsweise wohl vermieden werden kann. Im Ganzen genommen hat Herr Schröder mit seiner Erfindung der Kleinbuch binderei auf jeden Fall einen grossen Dienst erwiesen. Als Schröder seinen Apparat baute, benutzte er dabei die Hilfe des Schlossermeisters Reitz in Breslau, welcher die Eisentheile lie ferte und später die Apparate fertigstellte. Jetzt liefert Reitz ebenfalls Heftapparate, welche sich im Ganzen nicht viel von dem Schröder'schen unterscheiden und nur in Einzeltheilen abweichen. Die Nadeln stehen hier in festen Löchern, die Bogen müssen dem nach genau nach dieser Löcherstellung eingesägt werden, zu welchem Zweck ein die Entfernung anzeigender Vorreisser mitgeliefert wird. Dor Tisch ist etwas verlängert und besteht aus Holz. Auf demselben befindet sich ein Eisengestell, das die Zwirnspule trägt, wobei der Faden nicht von unten nach oben, sondern von oben nach unten gezogen und in das Buch gelegt wird. Ferner ist der Schlitzapparat etwas abweichend gebaut. Im vorigen Jahre trat Herr Grundig in Breslau (jetzt in Leipzig) mit einem Fadenheftapparat auf, welcher sich in seinen Grundzügen an den Schröder’schen anlehnt, jedoch eine Vervollständigung desselben darstellt. Der Vorgang des Heftens ist im wesentlichen derselbe. Wichtig ist der Umstand, dass am Grundig’schen Apparat das nach herige Durchziehen der Bünde wegfällt, indem diese Arbeit durch einige Handgriffe sofort beim Heften mit verrichtet wird. Darin liegt ein nicht zu unterschätzender Werth. Grundig’s Fadenheftapparat bildet, wie umstehende Fig. 11 zeigt, ein tischartiges Gestell. Am Vordertheil des Tisches befinden sich die mit Häkchen versehenen Bundnadeln, welche jedoch nicht in Löchern stecken, sondern nur eingeklemmt sind, so -dass sie beliebig seitwärts gestellt werden können. Einsägen der Bücher nach feststehenden Lö chern ist also nicht nöthig. Der Bindfaden, welcher die Bünde er- Fig. 10. die Nadeln entsprechend über den Apparat hervor, schraubt man ihn tief, so senken sich auch die Nadeln. Letztere sind an ihrem oberen Ende mit kleinen Häkchen versehen, welche den Zweck haben, beim Heften den Faden festzuhalten und von der Innenseite des Bogens nach aussen zu ziehen. Das zu heftende Buch muss am Rücken eingesägt werden und zwar so tief, dass die Nadeln in die Sägelöcher passen. Früher waren die Nadeln feststehend, und die Löcher mussten genau in der Nadel entfernung des Apparates eingesägt werden, ein Nachtheil, der vom Erfinder jetzt beseitigt ist. An den neueren Apparaten sind sowohl am Tisch wie am Träger sechs durchlochte Eisenklötzchen verschieb bar angebracht, und die in denselben steckenden Nadeln können be liebig nach den eingesägten Löchern des Buches gestellt werden. Der Heftzwirn" wickelte sich bei den älteren Apparaten von einer rechts auf dem Tische befindlichen Spule ab. Jetzt ist unter dem Apparat eine Büchse angebracht, in welcher sich der Zwirn in Knäueln befindet, eine Aenderung, welche gestattet, den billigeren Knäuelzwirn zu verarbeiten. Ferner ist ein Ritzapparat beigegeben, mit dem die Bogen je oben und unten im Falz aufgeschnitten wer den. Derselbe ist auf Fig. 10 links auf dem Tische sichtbar und be steht aus einem Brettchen mit zwei stellbaren Messern, zwischen denen der geöffnete Bogen durchgezogen wird. Zeitschriften und ähnliche aus dünnen Bogen bestehende Bücher können auch am Rücken bis zum Fitzbunde aufgeraspelt werden, wodurch das um ständlichere Schlitzen wegfällt. Das Heften geht nun folgendermaassen vor sich: Nachdem die Bücher eingesägt sind, stellt man die Nadeln des Apparates in genauer Entfernung der Sägelöcher und schraubt den Nadelträger so tief, dass die Nadeln nur wenig , über den Tisch des Apparates vorstehen. Das zu heftende Buch legt man vor sich auf den Tisch. Ist der Rücken nicht schon aufgeraspelt, so stellt man den Schlitzapparat neben sich