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PAPIER-ZEITUNG. 1976 No. 90. Heftfaden unabhängigen Faden nach sich ziehend, auf der andern Seite der Maschine anlangt. Nun schnellen die Nadeln zurück, die Heftfaden ziehen sich straff und umschlingen dabei den Faden des Schiffchens. Ist der erste Bogen geheftet, so erfolgt eine seitliche Verrückung der Nadeln, und letztere stechen ungefähr 1 cm abseits in den zweiten Bogen ein. Wird Heftband angewendet, so wird dieses dabei vom Heftfaden umschlungen, indem die Nadeln beim ersten Bogen links neben dem Heftbande, beim zweiten infolge der Nadelverrückung rechts neben demselben einstechen. Das Heften geht beim zweiten Bogen genau so vor sich, wie beim ersten, nur dass das Schiffchen jetzt entgegengesetzt von links nach rechts schiesst, beim dritten Bogen wieder von rechts nach links, und so fort. Die Grundzüge der Heft weise sind demnach folgende: Der Faden, welcher vom Schiffchen nachgezogen wird, liegt im Innern durch den ganzen Bogen hindurch von Fitzbund zu Fitzbund. Ferner zieht sich der ganze Faden des Schiffchens vom ersten Bogen des Buches hin durch bis zum letzten und verbindet sämmtliche Bogen zu einem zusammenhängenden Ganzen. Um dieses fortlaufende Uebergehen des Schiffchenfadens von einem Bogen zum andern zu ermöglichen, musste der Erfinder zu einem etwas gewaltsamen Mittel greifen, das jedoch keineswegs grossen Nachtheil bringt. Die Bogen werden nämlich beim Einstechen der Nadeln durch zwei verstellbare Messerchen zu gleich oben und unten bis an den Fitzbund mit kleinen Einschnitten ;— -e “I b Fig. 9. versehen. Durch diese Einschnitte kann der Schiffchenfaden einer seits von aussen nach innen in den Bogen gelangen, anderseits von innen wieder nach aussen treten und so von Bogen zu Bogen über laufen, ohne beim späteren Beschneiden des Buches einer Beschädi gung ausgesetzt zu sein. Abb. 9 zeigt, wie der Faden läuft. Bei a tritt er durch den aufgeschlitzten Bogen ein, zieht sich innen, wie die punktirte Linie andeutet, durch denselben, tritt bei b wieder zum Schlitze heraus und geht ebenso in den zweiten Bogen über, um auf der andern Seite zu dem Einschnitte a' wieder aus- und in den nächsten Bogen überzutreten. Dei 1 Schiffchenfaden verbindet wohl, die einzelnen Bogen unter einander, aber er steht mit den Heftbändern, welche sich über die Rücken des Buches .ziehen, noch nicht in Verbindung. Diese herzu stellen ist nun der Zweck des Heftzwirns, welcher mit den Nadeln verarbeitet wird. Der Heftzwirn greift zuerst an der einen Seite des Bundes in das Innere des Bogens, umschlingt dort den Schiffchen faden, tritt durch dasselbe Nadelloch wieder nach aussen, um dann nach erfolgter Verrückung der Nadeln über das Heftband wegzugreifen und an der andern Seite desselben in das Innere des zweiten Bogens zu treten, wo der Schiffchenfaden ebenfalls umschlungen wird. So heftet die Maschine, abweichend von der Handheftung, mit zwei Fäden, stellt damit jedoch eine Verbindung der Lagen her, welche gleich fest ist, wie die gewöhnliche Handheftung mit einem Faden. Selbst das Verfitzen der Bünde ist vorgesehen, obgleich es auf etwas andre Weise vor sich geht, als bei der Handheftung. Soll das Verfitzen — d. h. das Umschlingen der Fäden an den Fitzbünden — von der Maschine ausgeführt werden, so muss sie mit zwei Schiffchen aus gerüstet sein, wodurch sich der Preis etwas erhöht. Das Umschlingen der Fäden an den Fitzbünden geht dann auf die Weise vor sich, dass Schiffchen 1 den Faden vom ersten auf den dritten Bogen u. s. f. über führt, Schiffchen 2 einen zweiten Faden vom zweiten Bogen auf den vierten, vom vierten auf den sechsten u. s. f. Jetzt ziehen sich also zwei Fäden durch das Buch hindurch, von denen der eine die Bogen der geraden Zahl, der andere die Bogen der ungeraden Zahl unterein ander verbindet. Indem nun aber Schiffchenfaden 1 vom ersten zum dritten Bogen übertritt, überspannt er zugleich den schon gehefteten zweiten Bogen mit; ebenso überspannt Schiffchenläden 2, indem er aus dem zweiten Bogen in den vierten tritt, zugleich den schon ge hefteten dritten Bogen, und indem sich dieses wechselseitige Ueber- spannen fortlaufend wiederholt, werden sämmtliche Bogen an den Fitzbünden unter sich verbunden, ähnlich, wie es beim Verfitzen mit der Hand geschieht. Sind sämmtliche Bogen des Buches auf das Heftzeug geheftet, welches sich von den Rollen u abwickelt, so wird ein Klötzchen n eingeschoben, worauf die Heftung des nächsten Buches beginnen kann. Das Einschieben des Klötzchens hat den Zweck, die einzel nen Bücher von einander zu trennen und den nöthigen Raum für das an beiden Buchseiten überstehende Heftzeug oder die Bünde zu schaffen. Diese müssen bekanntlich an jedem Buch einige Centi- meter hinten und vorn überstehen, um das spätere Befestigen der Buchdeckel zu ermöglichen. Die fertig gehefteten Bücher liegen Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Buchheftmaschinen. (Fortsetzung zu Nr. 88.) Die Drahtheftmaschine, welche einen theilweisen Umschwung in der Grossbuchbinderei hervorbrachte, war eigentlich immer nur eine Erfindung der Noth. Der Erfinder derselben hatte den Draht jeden falls nur deshalb als Heftmaterial gewählt, weil er die Schwierig keiten erkannt hatte, welche sich der Erfindung einer vollkommenen Fadenheftmaschine entgegenstellten. Obgleich er mit seiner Draht heftmaschine ein Ergebniss erzielt hatte, das ihn vollkommen- befrie digen konnte, stellte er sich doch noch die schwierige Aufgabe, auch eine gleich gute Fadenheftmaschine zu bauen. Unverdrossen beschäf tigte er sich jahrelang mit der Lösung einer Aufgabe, an welcher sich bereits Männer wie Singer, Wheeler & Wilson u. a. fast ergeb nisslos abgemüht hatten. Herr Brehmer ist jedoch ein glücklicher Erfinder. Im Jahre 1885 wurde die Buchbinder weit durch -die Nachricht überrascht, dass es ihm gelungen sei, eine tadellos arbeitende Fadenheft- Fig. 8. maschine zu erfinden, welche in demselben Jahre der Oeffentlichkeit übergeben wurde. Dieselbe sorgfältige Ausarbeitung, welche den Drahtheftmaschinen ihren schnellen Erfolg sicherte, zeichnete auch die neue Erfindung aus. Mit Brehmer’s Fadenheftmaschine (Fig. 8) kann man auf Heftbänder, auf Gaze und auch auf Bindfaden heften. Der Antrieb erfolgt durch eine Stufenscheibe, welche wie bei Drahtheftmaschinen durch Klauen-Eingriff in und äusser Betrieb gesetzt wird. Beim Titel blatt beginnend, wird der erste Bogen des Buches geöffnet über einen Sattel e gelegt und fest an die links befindliche Anschlagleiste x ge drückt. Ein Druck des Fusses auf die Bewegungsstange c setzt die Maschine in Thätigkeit, und der Sattel schwingt mit dem Bogen bis unter die Nadeln. Letztere, welche den Heftfaden von den oben be findlichen Spulen l entnehmen, sind den Nadeln der Nähmaschinen ähnlich und haben das Oehr an der Spitze, wo auch der Zwirn ein gefädelt ist. Sie versenken ihre Spitzen tief in den Falz des Bogens und bilden im Innern desselben eine Schlinge, welche dadurch ent steht, dass sich die Nadeln schnell wieder etwas zurückziehen, doch nur soweit, dass sie immer noch in der Breite des Schiffchens in das Innere des Bogens hineinragen. Nun tritt das rechts sichtbare Schiffchen h in Thätigkeit. Es schiesst nach links in den Bogen, trifft dort auf die Nadeln und zwängt sich je zwischen der Nadel und dem locker abstehenden Heftfaden hindurch, bis es, einen vom