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No. 83. PAPIER-ZEITUNG. 1807 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Mittelalterliche Buchbindekunst. (Schluss zu Nr. 81.) Einen wesentlichen Bestandtheil der Ausstattung des mittelalter lichen Buches bilden die Beschläge und Schliessen. Die Beschläge bestanden ursprünglich meist nur aus glatten, halbkugelförmigen Buckeln in den Ecken und in der Mitte des Deckels, die denselben vor Reibungen schützten. Im 15. Jahrhundert jedoch wurde aus dem Mittelbeschlag nicht selten eine Rosette, in deren Mitte sich der gratia plena dominus tecum«. Die Buckel sind manchmal gerippt, sechs-, auch achteckig, oben nicht allein rund, sondern auch flach. Wie sehr manchmal solche Beschläge in Anspruch genommen wurden, zeigt ein Buch im Germanischen Museum, bei welchem die hohlen Buckel theilweise durchgewetzt sind. Je nach Grösse des Buches hatte ein solches eine, zwei, auch drei Schliessen. Dieselben sind meist in der Weise hergestellt, dass am Rande des Rückdeckels ein Schnitt in den Lederbezug gemacht, in diesen der Lederstreifen der Schliesse eingeschoben und dann mittels eines kleinen, auf dem Deckel aufgelegten Stückchen Messing bleches durch einige Nägel befestigt wurde. Am andern Ende des Lederstreifens war die Spange angenietet, die oft nur aus einem zweiten kleinen Stückchen Messingblech bestand, das vorn umge bogen war und damit in das Oehr des Haftbleches des oberen Deckels, das ebenfalls mittels einiger Stiftchen auf demselben be festigt war, eingriff. Das Oehr wurde häufig einfach dadurch gebildet, dass das Haftblech vorn umgebogen und ausgeschnitten wurde, später wurde manchmal durch die ausgeschnittene Umbiegung ein Stiftchen gesteckt. Die hierzu verwendeten Messingbleche sind mit eingepressten Blumen, Ranken, Thieren, Sternen, Madonnen usw. geschmückt, zeigen auch häufig Buchstaben und Inschriften, be sonders »ave maria«. Offenbar wurde von den Messingschlägern dieses Blech in langen Streifen gefertigt und mit bildlichen Darstellungen oder Inschriften versehen an die Buchbinder ver kauft, welche je nach Bedarf und ohne Rück sicht darauf, ob sie etwa eine zusammenhängende Inschrift oder eine Darstellung durchschnitten, passende Stücke davon abtrennten. Es wurden aber auch schon bald besondere Schliessen ge fertigt, deren Spange oft in eine fischschwanz artige Form ausging, damit sie fester an den Lederstreifen angenietet werden konnten. Statt des beweglichen Lederstreifens wurde dann auch, namentlich bei werthvolleren Einbänden, ein Scharnier angebracht. Der Schmuck dieser Schliessen, denn ganz glatt sind sie selten, zeigt öfters dieselben Motive, welche die Beschläge zieren. Es gab aber auch einige hiervon abweichende Verschlüsse. So hat das Germanische Museum einen Einband, der nicht nur vorn zwei Schliessen, sondern auch oben und unten eine solche hat. Dann lief manchmal, namentlich bei älteren Ein bänden, ein längerer Riemen vom Rückdeckel bis in die Mitte des Vorderdeckels, um hier mit einem an seinem Ende befestigten Oehr von Messing in einen auf dem Deckel stehenden Zapfen einzugreifen und den Verschluss des Buches auf diese Weise herzustellen. Ein Ein band zeigt zwei solche, vom Rück- zum Vorder deckel gehende Schliessen und dazwischen in der Mitte noch eine dritte, die entgegengesetzt, von vorn nach dem Rückdeckel geht. Wieder ein anderer Verschluss findet sich bei Einbänden, bei welchen der verlängerte Rückdeckel nach vorn zweimal umgebogen und dadurch eine Klappe gebildet ist, die über einen Theil des Vorder deckels geht Diese Klappe ist vorn an ihrem Rande der Länge nach mit einem schmalen, in der Mitte durchlochten Messingstreifen be schlagen, durch welches Loch beim Zumachen ein ebenfalls durchlochter Zapfen erscheint, in welchen ein auf dem Streifen befestigtes Häk chen greift, wodurch das Buch fest verschlossen wird. Fig. 37. Buckel erhob, während die Buckel an den Ecken von den um die Kanten derselben gebogenen Beschlägen aufgenommen wurden. Meist sind diese durch Pressung hergestellten, oft sehr schön ge formten und kräftig entwickelten Beschläge mit stilisirten Blüthen und Ranken geschmückt; oft laufen die Spitzen derselben in schön stili- sirte, gebuckelte, wohl auch gravirte Lilien aus. Sind die Beschläge durchbrochen, so sind sie meist roth oder blau unterlegt. Die inneren Seiten der Beschläge sind häufig spitzenartig ausgezackt. Manche enthalten besondere Darstellungen, wie die Zeichen der vier Evan gelisten, (Fig. 37) das Lamm Gottes, Maasswerkfenster, einzelne Buch staben u. a. Am Rande der Ecken laufen Inschriften wie »ave maria Zur Bücherausstattung gehören auch noch die bei manchen Werken an einzelnen Blättern befestigten »Ohren«, die das Aufschlagen und Umblättern erleichtern sollen. Solche Vorrichtungen kommen ziemlich oft vor; die vornehmsten derselben bestehen aus kleinen geflochtenen Lederknöpfen, dann finden sich einfache Lederschleifen oder solche von Pergament, endlich solche von Papier. Als Lese zeichen ist manchmal am oberen Kapital eines Buches ein ganz schmaler Streifen feinen Leders befestigt. Betrachtet man den mittelalterlichen Einband, der auch Mönchs- band genannt wird, als Ganzes, so muss anerkannt werden, dass die Einbände in der Regel dem vorzüglichen Material, das sie um-