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»o. 29. PAPIER-ZEITUNG. 611 Elektrische Bleiche. Ueber das elektrochemische Bleichverfahren von E. Hermite brachten wir in den letzten Jahrgängen verschiedene Mittheilungen. Unsere Leser sind daher im allgemeinen über dasselbe unterrichtet. Zur Erläuterung der uns jetzt zugegangenen Darstellungen einer in Betrieb befindlichen Anlage geben wir nachstehend nochmals eine kurze Darstellung des Verfahrens. Die Beschreibung der abgebildeten Anlage erfolgte nach Mittheilungen des Herrn Klincksieck - Laurent in Paris, Rue de Provence 9, Vertreter des Erfinders. Das Hermite’sche Verfahren fusst auf folgender Behandlungs weise: Wenn eine Chlormagnesium-Lösung 5 pCt. Chlormagnesium und 95 pCt. Wasser enthält und in einer geeigneten Vorrichtung »elektro- lysirt« wird, so zersetzen sich gleichzeitig Wasser und Chlor magnesium. Das Chlor, welches aus dem Chlormagnesium, und der Sauer stoff, welcher aus dem Wasser — unter dem Einfluss der Elektro lyse — ausscheidet, vereinigen sich beide am positiven Pol und erzeugen eine unbeständige Chlor-Sauerstoff-Verbindung, welcher eine sehr starke entfärbende Wirkung innewohnt. Der Wasserstoff und das Magnesium gehen nach dem negativen Pol; dieser zersetzt das Wasser und bildet Magnesiaoxyd, während der Wasserstoff oberen Theil an starke, isolirte Bleiköpfe festgelöthet sind. Diese Bleiköpfe stellen den Kontakt her. Die Platin-Rahmen bilden die positiven Elektroden. An den Rahmen befestigte Schabmesser aus Hartgummi halten die Zinkscheiben von Niederschlägen usw. rein. Die Chlormagnesium - Lösung dringt durch ein durchlöchertes Rohr in den Boden des Elektrolysors, strömt zwischen den Elektroden durch, wo sie elektrolysirt wird, und treibt dann der Oberfläche zu, wo sie endlich überfliesst. Die in Figur 2 dargestellte Bleich-Anlage in Cardiff besteht aus 20 Elektrolysoren, die in zwei Reihen auf einer Cementgrube von 15 m Länge, 1 m 85 cm Breite und Im 20 cm Tiefe aufgestellt sind. Jeder Elektrolysor ist durch ein Gummirohr mit einem grossen cylindrischen Behälter verbunden, der an der Aussenseite des Ge bäudes befindlich und mit einer Chlormagnesium-Lösung von 1030 oder 4,5° Beaum Gehalt gefüllt ist. Die Lösung gelangt durch die Gummirohre gleichzeitig in alle Elektrolysoren, wird daselbst elektrolysirt, fliesst an der Oberfläche über in die Cementgrube und wird von da mittels einer Pumpe aufs neue in den grossen cylindrischen Behälter befördert. Auf diese Art wird in den 20 Elektrolysoren ein beständiger Kreislauf unterhalten. Die Menge der solchermaassen in Bearbeitung befindlichen Lösung frei wird. Wird nun in diese Flüssigkeit Pflanzenfaser ge bracht , so ver bindet sich der Sauerstoff mit der färbenden Sub stanz und oxydirt letztere; das Chlor verbindet sich mit dem Wasserstoff und bildet Chlor wasserstoff, wel cher seinerseits mit der in der Flüssigkeit be findlichen Mag nesia eine Ver bindung eingeht und somit das ursprüngliche Chlormagnesium aufs neue erzeugt. Dieser Kreislauf wiederholt sich so lange als der elek trische Strom auf die Lösung, in welcher sich die farbigen Stoffe be ¬ finden, einwirkt. Der Elektroly ¬ sor, Figur 1, besteht aus einem flachen Bottich aus galvanisirtem Gusseisen und enthält zwei Wellen, auf denen Zinkscheiben Fig. 1. angebracht sind, welche die negativen Elektroden bilden. Diese Zinkscheiben drehen sich langsam, und zwischen ihnen stehen von Hartgummi eingerahmte Platin - Blätter oder -Gewebe, die am Fig. 2. beziffert sich auf ungefähr 300 cbm. Hat diese Lösung die ge wünschte und nöthige Wirkungskraft erreicht, so wird sie aus dem grossen cylindrischen Behälter mittels einer zweiten Pumpe in die Bottiche der Papierfabrik geleitet, welche ungefähr 100 m weit von den Elekrolysoren entfernt ist. Aus diesen Bottichen fliesst die elektrolysirte Lösung in die Bleichholländer auf den zu bleichenden Papierstoff. Waschtrommeln heben dann die Lösung aus den Bleichholländern, und eine Röhren leitung von 25 cm Durchmesser führt sie wieder dem grossen cylin drischen Behälter zu, von wo sie den Kreislauf durch die Elektro lysoren aufs neue durchmacht. Hat der Papierstoff den erforderlichen Weissegrad erreicht, so wird ei’, sei es in Abtropfkasten, sei es durch Stoffprossen, von der Flüssigkeit befreit, und diese kehrt dann ebenfalls in den grossen cylindrischen Behälter zurück. Die Lösung muss einen beständigen Ueberschuss von Magnesia enthalten, und der Verlust an Chlormagnesium darf 6 pCt. vom Ge wicht des gebleichten und trocken gedachten Papierstoffes nicht über steigen. Diese Magnesia wird in Cardiff folgendermaassen dargestellt: Oberhalb des grossen cylindrischen Behälters befindet sich in erster Reihe ein runder Bottich mit Rührvorrichtung, worin Kalkmilch bereitet wird, die von da in einen mit einer Waschtrommel ver sehenen Kasten fliesst. Die Wasch trommel, welche mit feinem Draht-