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Wo. 42. PAPIER-ZEITUNG. 895 Unfälle in Papierfabriken in 1888. Bericht der k. k. österreichischen Gewerbe-Inspektoren. Im Lauf des Berichtsjahres wurden 4068 Gewerbebetriebe mit 265 393 Arbeitern seitens der Gewerbe-Inspektoren besucht; davon entfallen auf die Papierindustrie 164 Betriebe; 21 waren davon ohne Motoren. In den verbleibenden 143 Anlagen wurden verwendet: 118 Dampfmotoren mit 3201 Pferdekräften; 193 Wassermotoren mit 14 527 Pferdekräften; 2 Gasmotoren mit 12 Pferdekräften. Die Gesammtzahl der in den 164 Anlagen verwendeten Arbeiter betrug 10 537, und zwar 6480 männliche und 4057 weibliche. Die selben vertheilen sich nach Altersklassen wie folgt: 12 bis 14 Jahre alt 3 männl., 4 weibL, 14 „ 16 „ „ 268 „ 232 „ über 16 „ „ 6209 „ 3821 „ Die Zahl der den Gewerbe-Inspektoren zur Kenntniss gekomme nen und von ihnen nach ihrer Veranlassung und Art verfolgten Un fälle beträgt 3718. Die Gesammtzahl ist grösser als die im Vorjahr verzeichnete, nichtsdestoweniger bleibt sie unzweifelhaft weit zurück hinter den wirklich vorgekommenen Unfällen. Davon kommen auf die Papierindustrie 163 Unfälle. Nach den Objekten, welche die Unfälle verursachten, entfallen auf: Dampfkessel und Dampfapparate 8, Motoren 2, Transmissionen 21, Maschinen zur Holzbearbeitung 24, Maschinen zur Verarbeitung sonstiger Materialien 11, sonstige Ma schinen und maschinelle Vorrichtungen, wie: Schleifsteine, Präge werke, Pressen, Walzen usw. 30, Fahrstühle, Aufzüge und Hebe werkzeuge 3, Fahrzeuge, Transport von Gegenständen 9, Fallen von Gerüsten, Leitern, Treppen, Ausgleiten u. dergl. 18, Herabfallen bezw. Umfallen von Gegenständen 11, Abfliegen von Splittern 1, Verbrennen durch siedende Flüssigkeiten 9, andere Gegenstände und Vorrich tungen 16. Art der Verletzungen: Verletzungen des Kopfes 7, des Gesichtes 10, der Finger 59, der Hände und Arme 35, des Oberkörpers 7, des Unterkörpers 11, der Füsse 11, Verbrennungen 8, innere Verletzungen 2, Getödtete 13. Im Lauf des Berichtsjahres wurden Erlasse und Handhabung zweckmässiger Vorschriften, wie Einführung geeigneter Sicherheits vorkehrungen vielfach gegeben. Die Schaffung von Schutzvorkehrungen erfuhr kräftige Förderung durch die in Aussicht stehende zwangsweise Unfallversicherung, weiterhin durch den Umstand, dass Vergehen gegen die Sicherheit des Lebens während des Berichtsjahres wieder holt Gegenstand gerichtlicher Verhandlungen bildeten, und deren Er gebnisse durch die Presse veröffentlicht wurden. Von den Unfällen des Papiergewerbes sind folgende bemerkens- werth: In einer Pappenfabrik sollte der Hadernkocher entleert werden, und der Werkführer und ein Arbeiter waren damit beschäftigt, den mit 8 Schrauben befestigten Mannlochdeckel abzuschrauben. Als 5 Schrauben gelüftet waren, flog der etwa 100 kg schwere Deckel ab, zum Glück ohne jemanden zu treffen. Der Werkführer, der Ar beiter und ebenso 3 anwesende Arbeiterinnen wurden durch den aus strömenden Dampf und den herausgeschleuderten heissen Papierbrei mehr oder weniger erheblich verbrüht. Eine dieser Arbeiterinnen sprang in der Verwirrung durchs Fenster 41/2 m tief herab und er litt hierdurch noch innere Verletzungen. Bei mehr Vorsicht wäre wohl dieser Unfall, der unter Umständen viel schlimmer hätte aus fallen können, nicht vorgekommen. Durch Ausserachtlassung einer seinerzeit vom Gewerbe-Inspektor verlangten Schutzvorrichtung erlitt in einer Pappendeckelfabrik der Werkschmierer den Tod, indem er durch Ausgleiten in ein nicht ge sichertes Zahnradgetriebe stürzte. Der betreffende Fabriksleiter wurde vom zuständigen Gericht wegen Uebertretung gegen die Sicherheit des Lebens unter Anwendung ausserordentlicher Milderungsgründe zu sechswöchentlicher Gefängnissstrafe verurtheilt. Die Familie des Verunglückten erhielt von dem Fabrikbesitzer einen Betrag von 100 Gid. Ein Lehrling in einer Papierfabrik kroch ohne jeden Auftrag, lediglich um ein Stück Papier vom Filz abzustreifen, unter die Papier maschine und gerieth mit der Hand zwischen die Trockencylinder; da diese zum Glück leer liefen (nur mit 4 Touren, damit die Filz tücher nicht verbrennen) und der Maschinist auf den Hilferuf sofort die Dampfmaschine abstellen konnte, kam der Unbesonnene mit einem Armbruch davon, der nach 2 Monaten geheilt war. Schlechter erging es einer jungen Arbeiterin einer Pappenfabrik, welcher durch Unvorsichtigkeit beim Trockencylinder der linke Arm bis zum Achselgelenk ausgerissen wurde. Die Fabrik glaubte mit Zahlung der dreimonatlichen Spitalkosten genug gethan zu haben und war nicht zu bewegen, für diese Arbeiterin eine weitere Unter stützung zu gewähren. In einer Papierfabrik zerbrach während des Abhebens vom Wagen ein Schwefelsäureballon, und dessen Inhalt verbrannte einen Arbeiter, der nicht mehr Zeit zum Abspringen gefunden hatte. Ein Arbeiter verunglückte tödtlich in einer Papierfabrik durch muthwilliges Durchkriechen unter dem rotirenden Treibriemen, wobei er von demselben erfasst und an die Riemenscheibe gedrückt wurde. Eine bei einer mit Dampf betriebenen Presse im Papiersaal einer Papierfabrik beschäftigte Arbeiterin wollte, während die Presse im Gange war, ein kleines Stück von einem Pressdeckel, welches sich abgelöst hatte, entfernen. Hierbei wurde ihr die Hand so gequetscht, dass dieselbe vollständig gebrauchsunfähig wurde. Beim Schmieren des Antriebzahnrades des Hadernkochers einer Papierfabrik gerieth ein Arbeiter, indem er nach der vom Getriebe erfassten Schmierbürste gegriffen hatte, mit der rechten Hand in dieses Getriebe und erlitt komplizirte Knochenbrüche an drei Stellen, welche die vollständige Gebrauchsunfähigkeit dieser Hand zur Folge hatten. Ein bei der Papiermaschine beschäftigter Arbeiter kam, als er einen Filzstreifen auf eine Riemenscheibe auflegen wollte, mit dem rechten Bein in die Transmission und erlitt einen Bruch beider Knochen des Unterschenkels. In einer Papierfabrik verunglückten zwei Arbeiter, welche an dem in einer Nische unterhalb des Maschinenhauses befindlichen Wasserabscheider eine Ausbesserung vorzunehmen hatten, infolge der Einwirkung plötzlich zustiömenden Dampfes. Der eine erlag schon am nächsten Tag den Brandwunden, während der zweite zwar auch schwer, aber in geringerem Maass verletzt, durch längere Zeit arbeitsunfähig und in ärztlicher Behandlung war. Wie festgestellt wurde, war vor Beginn der Ausbesserungsarbeiten die aus dem gemeinsamen Kesselhaus in die Zellstofffabrik führende Dampf leitung ordentlich abgesperrt worden. Allein einer der Kesselheizer hatte, um seinen Dampfkessel mit dem Injektor zu speisen, das ge schlossene Absperrventil seines Kessels zur Dampfleitung eigen mächtig geöffnet. In erster Linie war also die Unvorsichtigkeit dieses, infolgedessen strafgerichtlich verurtheilten Kesselheizers die Ur sache, dass der Dampf in die früher abgesperrte Leitung gelangte, und an dem geöffneten Wasserabscheider herausströmte, als die zwei Verunglückten dort beschäftigt waren. In zweiter Linie wirkten hier aber auch noch andere Umstände mit; nämlich einmal, dass die Kesselheizer seit der Abstellung der Dampfmaschine in der Zellstoff fabrik abgelöst wurden, ferner, dass im Augenblick, wo der Kessel heizer seine eigenmächtige Handlung vornahm, die auch mit der Ueberwachung der Ventile betraute Aufsichtsperson nicht im Kessel haus anwesend war. In dritter Linie kommt noch der Umstand in Betracht, dass die Leitung an der Stelle beim Wasserabscheider kein Absperrventil besass, und auch keinerlei Signalvorrichtungen zur raschen Verständigung zwischen Fabrikräumen, Maschinenhaus und Dampfkesselanlage bestehen. In einer Papierfabrik erblindete ein Mann, welcher bei starkem Magnesiumlicht Qualität und Farbe der fertigen Papiersorteu zu untersuchen und zu kontrolliren hatte. Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren-Gewerbes, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Schreibmappen mit Farbenbildern. Die Firma Lask & Mehrländer in Breslau bringt Schreibmappen in Grossfolioformat in den Handel, welche je 8 Blatt verschiedenfarbigen Löschkartons enthalten und mit steifen, biegsamen Umschlägen aus Lederpappe versehen sind. Auf den vorderen Deckeln dieser Umschläge sind Farben druckbilder angebracht, welche Soldatengruppen verschiedener Waffen gattungen, Jagdscenen usw. zur Anschauung bringen. Die Bilder sind sorgfältig ausgeführt - und in etwa 30 verschiedenen Mustern vorräthig. Die rückseitigen Deckel sind mit dunklem gepresstem Glanzpapier überzogen, der Rücken mit Kaliko. Vermöge ihrer zweckmässigen und hübschen Ausführung erscheinen die Mappen für praktischen Gebrauch gut geeignet, und namentlich die mit Soldatenbildern versehenen dürften in Garnisonstädten guten Absatz finden. Briefmappen mit Farbenbildern werden in ähnlicher Aus stattung von derselben Firma gefertigt. Sie bestehen aus grösseren, festen, hübsch bedruckten Briefumschlägen, von welchen jeder 5 weisse gerippte Briefbogen nebst zugehörigen Umschlägen enthält. Auf der Mappe ist je ein Farbendruckbild mit Soldatengruppen angebracht, so z. B. Garde-Kavallerie, Garde-Artillerie, Garde-Schützen und Garde-Jäger. Die Briefmappen sind zum Zehnpfennigverkauf bestimmt.