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PAPIER-ZEITUNG. 808 No. 38. Zusammenstellung der Unfälle für 1888 nach den Betriebsarten. Anzahl Betriebsarten. der Unfälle. Albumfabriken 7 Buchbindereien 36 Buntpapierfabriken 74 Bilderbogenfabriken 2 Bilderbücherfabriken..... 2 Cartonnagenfabriken 23 Contobücherfabriken 15 Couvertfabriken . .- 18 Cartonpapierfabriken 9 Dütenfabriken 12 Dachpappenfabriken 57 Etuifabriken 7 Fabriken lackirter Oelpapp- 13 Galanteriewaarenfabriken ... 1 Gewehrpfropfenfabriken ... 1 Kupferdruckereien 1 Lithographische Anstalten... 2 Lithographie u. Steindruckereien 77 Lichtdruckereien 2 Luxuspapierfabriken 77 Papierwaarenfabriken .... 27 Anzahl Betriebsarten. der Unfälle. Puppenfabriken 2 Photographische Anstalten . . 1 3 Papierhülsenfabriken 2 Papierausstattungsfabriken . . 4 Papprahmenfabriken 2 Papierwäschefabriken .... 3 Photographiebilderfabriken . . 1 Pergamentpapieifabriken ... 11 Papierfassfabriken 7 Papierspulenfabriken 1 Notendruckereien 8 Sand-u. Schmirgelpapierfabriken 2 Spielkartenfabriken 2 Spielwaarenfabriken 1 Spitzen Papierfabriken 2 Steindruckereien 56 Tapetenfabriken 39 Telegraphenrollenpapierfabriken 2 Schreibmappenfabriken .... 1 Oeldruckbilderfabriken .... 13 626 Entsch ädigungen. Mit Bezug. auf Zubilligung der Entschädigungen bemerkt der Bericht Folgendes: »Bei einem sehr grossen Theil der Fälle wird Entschädigung schon bei Verletzungen gewährt, welche so geringfügig sind, dass in Wirklichkeit eine Verminderung der Arbeitsfähigkeit nicht zu Tage tritt, und die Verletzten nach dem Unfall für denselben Lohn weiter arbeiten; wie vor dem Unfall. Die Folge hiervon ist, dass solche Verletzte aus dem Unfall selbst nicht einen Ersatz für geringeren Lohnbezug erhalten, sondern dass sie Vortheil aus dem Unfall ziehen, indem sie zuzüglich der Rente, welche ihnen zu gebilligt wird, eine höhere Einnahme als vorher beziehen. Dies findet ins besondere in den Fällen statt, in denen der theilweise Verlust eines Gliedes, z. B. der theilweise Verlust eines Fingers oder dergleichen die Folge der Verletzung ist. Der Genossenschaftsvorstand sieht sich aber genöthigt, auch in solchen Fällen eine Entschädigung festzustellen, da nach der fest stehenden Praxis des Reichsversicherungsamtes auch dann, wenn eine Ver minderung der Arbeitsfähigkeit zur Zeit nicht zu Tage tritt, eine Entschädigung zugebilligt werden muss, falls nur die Möglichkeit vorliegt, dass später unter veränderter Arbeitsgelegenheit eine Verminderung der Erwerbsthätigkeit sich geltend macht; denn es komme darauf an, ob die Erwerbsfähigkeit gemindert sei, nicht ob zur Zeit thatsächlich dem Verletzten ein Schaden erwachsen ist. Wir selbst vermögen diesen vom Reichsversicherungsamt festgehaltenen Grundsatz nicht für richtig zu erachten, da nach § 5 des Unfallversicherungs gesetzes vom 6. Juli 1884 den Gegenstand der Versicherung der Ersatz des Schadens bildet, welcher durch Körperverletzung oder Tödtung entsteht, unserer Ansicht aber ein Schaden eist dann vorhanden ist, wenn eine that- sächliche Verminderung des Erwerbs eingetreten ist. Trotzdem fügen wir uns bei Erlass der Feststellungsbescheide der erwähnten Ansicht des Reichs versicherungsamtes, da andernfalls unsere Bescheide zweifellos in der Be- rufungs- oder Rekursinstanz abgeändert werden würden. Wir würden aber eine Klarstellung des Gesetzes für ausserordentlich wünschenswerth erachten, welche dahin ginge, dass für so geringfügige Verletzungen eine Entschädigung nicht gewährt zu werden braucht, so lange nicht eine wirkliche Verminderung in dem Erwerb des betreffenden Verletzten naehgewiesen wird. Wir sind der Ansicht, dass hierdurch den Genossenschaften ein so grosser Theil der Rentenzahlungen erspart werden würde, dass anderseits bei grösseren Unfällen oder bei gänzlicher Erwerbsunfähigkeit die Rente höher bemessen werden könnte, als das Gesetz' es jetzt gestattet. Hierdurch würde die Unzufrieden heit vermieden werden, welche heut vielfach unter den Arbeitern dadurch entsteht, dass der Eine Rente erhält, ohne dass er irgend welche Einbusse in seinem Vermögen erlitten hat, während einem Andern nicht die volle Entschädigung für seinen Verlust, sondern im Höchstbetrage nur 663/3 pCt. seines wirklichen früheren Verdienstes zugebilligt werden darf.« Die Summe der im Jahre 1888 gezahlten Entschädigungen beträgt 33 161 M. 15 Pf. In diesem Betr age sind die aus den Vorjahren stammenden und im Jahre 1888 weiter gezahlten Renten inbegriffen. Hieraus erklärt sich die bedeutende Steigerung der Summe gegen das Vorjahr, in welchem dieselbe 19 721 M. 61 Pf. betrug. Auf die einzelnen Sektionen wie folgt: Sektion I Sektion II ... . Sektion III ... . Sektion IV ... . Sektion V . . . . Sektion VI ... . Sektion VH. . . . Sektion VIII . . . vertheilen sich diese 33161 M. 15 Pf. ... 8 538 M. 44 Pf. ... 1 684 „ 29 „ ... 7 267 „ 14 „ ... 4007 „ 33 „ ... 1 449 „ 94 „ ... 5314 „ 93 „ ... 2540 „ 50 „ . . . 2 358 „ 58 „ Summa 33 161 M. 15 Pf. Diese 33161 M. 15 Pf. setzen sich zusammen aus: Kosten des Heilverfahrens mit 1 359 M. 13 Pf- Kur- und Verpflegungskosten im Krankenhause 1 736 „ 10 „ Renten an Ehefrauen der in Krankenhäusern untergebrachten Verletzten 31 „ 79 „ Renten an Kinder der in Krankenhäusern untergebrachten Verletzten 31 „ 88 „ Beerdigungskosten 212 „ 70 „ Renten an Wittwen 1 279 „ 15 „ Abfindungen an Wittwen im Falle der Wiederverheirathung 534 ,, — » Renten an Kinder 1010 „ 28 „ Abfindungen an Ausländer 450 „ — „ Renten an Verletzte 26 516 „ 12 „ Summa 33 161 M. 15 Pf. An Ascendenten Verletzter oder Getödteter war nichts zu zahlen. Die Kosten für Unfalluntersuchungen und Feststellung der Entschädi gungen betrugen 1246 M 49 Pf. Gefahrentarif und Fragebogen. Auf Grund des Beschlusses der Genossenschaftsversammlung vom 4. Fe bruar v. J. ist ein neuer Gefahrentarif aufgestellt und nach demselben die Einschätzung der Betriebe für das Jahr 1888 vorgenommen worden. Dieser neue Gefahrentarif unterscheidet sich grundsätzlich von dem bisher in Gel tung gewesenen. Während der frühere die Gefahrenziffern nach den Be triebsarten verschiedenartig bestimmte, ist jetzt die einzelne Maschine und die Zahl der an derselben beschäftigten Arbeiter maassgebend. Der Vorstand hofft auf diese Weise zu einer gerechteren Art der Einschätzung gelangt zu sein, indem es möglich war, die individuellen Verhältnisse des einzelnen Be triebes mehr in Berücksichtigung zu ziehen. Die Arbeit der Einschätzung selbst ist hierdurch freilich komplizirter geworden. Mit Rücksicht auf den neuen Gefahrentarif hat auch der Fragebogen eine Umgestaltung erfahren. Schiedsgerichte. Im Jahre 1888 ist gegen die Feststellungsbescheide in 42 Fällen seitens der Verletzten Berufung eingelegt worden. Von den eingelegten Berufungen sind 18 seitens des Schiedsgerichts zurückgewiesen worden, in 10 Fällen ist dem Anträge des Verletzten auf Erhöhung der Rente stattgegeben, 2 Fälle sind durch Vergleich beendet, während 12 Sachen noch schweben. An Schiedsgerichtskosten sind seitens der Genossenschaft 1839 M. 68 Pf. ge zahlt worden. In 10 Fällen ist gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts der Rekurs an das Reichsversicherungsamt eingelegt worden, und zwar in 7 Fällen seitens des Verletzten, in 3 Fällen seitens des Genossenschafts Vorstandes. Von den vom Verletzten eingelegten 7 Rekursen sind 5 zurückgewiesen worden, während in 2 Fällen eine Abänderung des schiedsgerichtlichen Urtheils zu Gunsten der Verletzten ergangen ist. Von den seitens des Genossenschaftsvorstandes eingelegten 3 Rekursen sind 2 noch in der Schwebe, während 1- Rekurs zurückgewiesen wurde. Unfallverhütun g. Besondre Aufmerksamkeit wurde den Vorkehrungen zur Verhütung von Unfällen zugewendet. Der Vorstand hat einen Ingenieur angestellt, der als Beauftragter der Genossenschaft die Aufgabe hat, die einzelnen Betriebe gründlich zu besichtigen und etwaige Mängel zu rügen. Der angestellte Vertrauensmann, Herr W. Bersch, begann seine Thätigkeit am 1. Dezember 1888. Er nahm zunächst Revisionen in den Sektionen I, H, HI, V und VIII vor und hat im ganzen 155 Betriebe verschiedenster Art besichtigt. Sein Bericht lautet wie folgt: Ergebnisse der Besichtigungen. Im allgemeinen fand der Beauftragte bei den Betriebs-Unternehmern volles Verständniss und lebhaftes Interesse, und infolgedessen auch be reitwilliges Eingehen auf die von ihm theils als nothwendig, theils als wün schenswerth erachteten allgemeinen und besondern Einrichtungen zur Ver hütung von Unfällen. Wohl ist der Beauftragte nicht selten mit einer gewissen Kühle und mit einem bisweilen sogar nicht zu verkennenden Misstrauen empfangen worden, weil man in ihm im ersten Augenblick nicht den Berather, son dern vielleicht den spähenden Polizisten zu erblicken glaubte. Jene vor gefasste Meinung wurde jedoch meist sehr bald im Laufe des gemeinsam ausgeführten Rundganges beseitigt. Was die Ausführung der durch die Unfallverhütungs-Vorschriften der Genossenschaft verlangten Einrichtungen und Maassnahmen anbetrifft, so stellte sich allerdings heraus, dass in der grossen Mehrzahl der Betriebe noch vieles, in nicht wenigen Betrieben noch alles zu thun übrig bleibt. Allerdings wur den in allen Sektionen Betriebe angetroffen, die durch ihre besonderen Ein richtungen zum Schutz der Arbeiter gegen Unfälle, wie durch ihre Anlage überhaupt als mustergiltig hingestellt werden können. Im allgemeinen haben die grösseren Betriebe für umfassende und sachgemässe Schutzeinrichtungen mehr gethan als die kleineren. In keinem Fall gewann der Beauftragte den Eindruck, als wäre jener oft auftretende Mangel an gebotenen Schutzeinrichtungen auf Gleichgiltig keit, Absichtlichkeit oder schlechten Willen zurückzuführen. Eine nicht geringe Zahl der Betriebs-Unternehmer erklärte offen, dass sie nicht gewusst hätten, in welcher Weise die durch die Unfallverhütungs-Vorschriften ge forderten Schutzeinrichtungen im besondern Falle bei ihnen auszuführen wären, dass sie schon lange darauf gewartet hätten, von einem Sachver ständigen der Genossenschaft hierüber Rath und Aufklärung zu erlangen, und dass sie lediglich im Hinblick auf ihnen durch unsachgemässe Ausfüh rungen später möglicherweise erwachsende doppelte Kosten die betreffenden Einrichtungen lieber ganz unausgeführt gelassen hätten. Als Maassstab für Beurtheilung eines Betriebes und für- die demselben