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WMlltt für MW Sonnabend, 25. März 1911 - Auszeichnungen und zwar die silberne Medaille den Groß« knechten auf hiesigem Rittergut«: Franz Nestler und Paul Burkhardt, die 17^ Jahr, sowie das Diplom der Arbeiterin Therese Müller, Tanneberg, die 24 Jahre auf dem Ritter« gut in Arbeit standen. Sämtlichen ausgezeichnete» Arbeitern wurden von ihrem jetzige« Dieustherrn, Rittergutspächter Kelling namhafte Geldgeschenke auSgehändigt. Zu Beginn der reichhaltigen Tafel feierte Herr Pfarrer Möckel-Tanne« berg unseren erhabenen König als de« bewährte« Freund und Förderer der Landwirtschaft und ließ seine Worte in ein begeistert aufgenommrneS Hoch auf St. Majestät auSklingen. Dem Kreisverein Dresden, speziell seinem verdienstvollen Vorsitzenden galt daS sodann vo« Herrn RittergutSpachter Kelling.Tanneberg auSgebrachte Hoch, dasjenige des Herr» Geheimrat Andrä dem Vereiusvor« sitzenden Herrn Poppe sowie dem Ehrenvorsitzenden Herrs von Schönberg-Pöttiug. Ferner toasten die Herren Pfarrer Teufer-Neukirchen auf die Neudekorierten u«d Pfarrer Weber-Limbach auf die Damen und Herr von Schönberg« Pötting auf die zahlreich aus Fern und Nah erschienenen Gäste. Herr Pfarrer Müller-Bellmen dankte für die freundliche Einladung; sein Gruß galt den lieben, alten Bekannten aus Tanveberg, und derjenige des Herrn Kantor Leonhard-Bellmen der lieben Tanneberger Jrrgesd, an deren Spitze dem anwesende« Herrn Leutnant von Schönberg-Pöttiug. Lebhaften Beifall fand das sodann gesungene, sinnig verfaßte Tafellied. Herr Oekonomierat Lessing-Zella entbot Gruß uns Glückwunsch des Nachbac- vereius Nossen, ebenso Herr Kantor Hientzsch-Deuschenbora vom Brudcrverei» Deutschenbora Genannter gedachte auch in beredter Weise der Verdienste deS Vereinskassterers und ältesten Mitgliedes Herrn Heide. In das zum Schluß vom Vorsitzenden auf seinen Stellvertreter, Herr» Pfarrer Möckel ausgebrachte Hoch wurde freudig cingestimmt. Ein fröhlicher Ball, von reizenden Kottillon-Ueberraschnngen, u. a. einer Schneeballschlacht unterbrochen, hielt die Teil nehmer noch manche Stunde bis zum Schluß der erhebeu« den Feier beisammen. — Die „Elbtal-Abendpost" schreibt: Zu dem Ei«- bruch i» den Gasthof Oberwartha wird uns vom Ge« meindedieuer zu Oberwartha mit dem Ersuchen um Be kanntgabe geschrieben, daß der in Nr. 66 geschilderte Vorgang nicht den Tatsachen entspricht. Von der Straße auS könnte überhaupt niemand in die Gaststube hinein« sehen, da der Gasthof hoch liege. Auch würde« die Knechte im Klostergut nicht vo« ihm geweckt, da diese verheiratet sind uuv sicht im Gute schlafen. Der Ge meindediener habe wohl im Laden ei« mattes Licht ge sehen, das sei aber gleich wieder verschwunden. — Dies zur Rechtfertigung des Einsenders. — Eine neue Kolonie von Ein- und Zweifamilien. Häusern soll dort, wo die sogenannte „Semmeringbahn", die Eisenbahnlinie Dresden—Possendorf, de« Ort Birkigt in einer ausgedehnten Schleifenfahrt umfaßt, erstehen. Sie wird erbaut von der bekannte« Firma Baumeister Richard Schreiber i« Dresden-Löbtau. Das Tcrrai« liegt in gesunder freier Lage, geschützt von de« benach barten Höhe«, die man mit Collmbrrg (Günthers Busch) und Wmdberg bez ichnet. ES ist zu erreichen i« zwei Minute» von Haltestelle Potschapwl Birkigt auS. Aus Studt und Eand. Mitteilungen aus dem Leserkreise siir diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 24. März. (Fortsetzung aus dem Hauptblatte.) — LSt«re. Der morgige Sonntag Lätare, d. h. freue dich, hat von jeher eine besonder Bedeutung gehabt In katholischen Gegenden heißt er Rosen-Sonntig, weil der Papst an ihm die goldene, mit Brillanten besetzte Rose weiht, die er Fürstinnen zum Geschmk zu machen Pflegt. Im Schlesischen, in der Pfalz, im Odenwald und Neckar- tal führt dec Sonntag Lätare die Bezeichnung „L-ommer- Sonntaa" und wird in diesen Gegenden heute noch die Zeremonie deS „SommersingenS" oder „Todaustrazens geübt. Es ist dies ein Ueberrest der von den Noldslave« und Germanen gemeinsamen Feier des FmMtzSeinz^es. Aus den Gesängen, die an diesem Tage di- Feiern begleiten geht hervor, daß mit dem Tod der Winter versinnbildlicht wird In Schlesien ziehen am Sonntag Läla:e die --Sommerkinder" von HauS zn Haus und bitten um ein Geschenk, indem sie ein BerSchen singen. So lautet eins unter den verschiedenen folgendermaßen: „Den Tod haben wir ausgetrieben, Den lieben Sommer bringen wir wieder. Den Sommer und den Maien, Der Blümlein mancherleien. Hätten wir den Tod nicht ausgetrieben, So wäre er dies Jahr hinnen geblieben". Das sog. Todaustragen ist noch Sitte ia der Pfalz, in Hessen, im Riesengebirge, in Mähren, Oesterreich, Tirol rc Man trägt dabet eine häßliche Strohpuppe herum, die den Winter darstellen soll; diese stirbt nach dem Umzuge de» Wasser- und Feuertod. Eine ehrenvollere Bestattung wird dem Winter tu anderen Gegenden durch einen Umzug von Kindern zuteil, die einen geschmückten Tannenbaum mit sich führen. , E* seht auf Ostern! Ja mehrere« Schau- fenstern tauchen in der denkbar reichhaltigsten Auswahl die altbekannten Ostereier auf. Die aus heidnischer Vor zeit übernommen Sitte, die ersten Eier deS Frühjahrs in buntem Schmucke der Götti» dieser Jahreszeit zu opfern, hat im Laufe der Jahrhunderte zu einer Ostcrindustrir von weitestgehevder Form geführt. Nebe« dem einfachen Zucker, oder Schokoladenei steht ma« heute besonder- in Juwelierläden und ähnlichen Geschäfte« auch Ostereier, die für de« Mtttelstandsangehörigen de« Wert einer Jahres einkommens repräsentiere«. Eigenartig ist eS auch, daß die eiligangS erwähnte Sitte, die is grauer Vorzeit nur in Deutschland heimisch war, sich z. Zt. auf alle Kultur« Nationen der Welt ausgedehnt hat. — Weidenkätzchen, die jetzt an alle« Bächen und Waldraincn in vollem Flor stehen, sind ein aparter Zimmerschmuck. Bestäubt man dieselben mittels eines Handbesens ausgiebig mit einem reichlich durch Spiritus verdünnten Sptrituslack, so halten sie sich, ohne Wasser in eine Vale ges<tzt, das ganze Jahr hindurch unverändert, ohne daß die Kätzchen sbfallen. — Aerztlicher Sonntagsdienst von mittags 1 Uhr ab: Herr Dr. med. Bartcky. - An der landwirtschaftlichen Schnle zu Meisten wird sich zum 1. Ottober 1911 ein bedeutsamer W-chiel vollzieh'n. Der verdienstvolle Direktor, Professor Adolf Endler, der länger als 30 Jahre mit anerkanntem Erfolg an dieser Anstalt tätig gewesen ist und sich großer Beliebtheit im weiten Kreisen erfreut, hat sich leider aus Gesundheitsrücksichten genötigt gesehen, seine Pensionierung ,u beantragen, die vom Verwaltungsrat unter Anerkennung der großen und bleibenden Verdienste EndlerS genehmigt wnrde^ dekorierten Saale der Tanne, ber-er Gasthofes eröffnete Sonntag, den 19. März 1911, nachmittags V,6 Uhr, der Vorsitzende des Landwirtschaftl. Vereins zu Taaa-berg, Herr Gutsbesitzer Poppe, die Festversammlun« anläßlich des 75jährigen Bestehens des Vereins, begrüßte die Erschienenen, an deren Spitze die Herren Amlshauptmann Freiherr v. Oer, Meißen, Amts richter Dr. Schaller, Wilsdruff und Geh. Oekonomierat Andrä, Braunsdorf. Redner hob hervor, daß es dem Verein vergönnt sei, heute das seltene Fest des 75jährigen Bestehens zu feiern, verlas sodann ein eingegangenrS Glückwunschtelegramm von dem z. Z. in Licgnitz weilenden Fräulein Frieda von Schönberg-Pölling, und gedachte der Verdienste des kürzlich verstorbenen Oekonomierat Wander ung, Neukirchen, dessen Andenken die Anwesenden durch Erheben voll den Plätzen ehrten. Hierauf hielt der lang, jährige Ehrenvorsitzende Herr Rittergutsbesitzer von Schön berg-Pötling auf Tanneberg ein längeres, mit großem Fleiß von ihm bearbeitetes Referat aus der Vergangenheit des Vereins, das viel Interessantes aus der gute« alten bis herauf in die neueste Zeil bot; reicher Beifall lohnte den Bortrag Der Herr Amtshaoptmann brachte hierauf dem Jubelverein als einem noch rüstige« Greise seine Glückwünsche zugleich mit dem Ausdruck der Hoffnung oar, daß es demselben vergönnt sein möze, noch weiter zum Woble des Einzelnen wie des Ganze« zu blühen und zu gedeihen. Gern habe die Köoigl. Staatsrezsierung dem Anträge des Vereins auf Auszeichnung einiger in Treue bewährter landwirlschaftlicher Arbeiter aus hiesiger Gegend stattgegebe» und mit Freuden entledige er sich seines Auftrages, dem Arbeiter Wilhelm Friedrich Müller auS Tanneberg, welcher ca. 25 Jahre auf hiesigem Ritter gut arbeitet, und der Arbeiterin Auguste Amalie Hammer- «üller aus Dittmannsdorf das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit zu überreichen. Weiter ergriff Herr Geh. Oekonomierat Andrä das Wort, dankte als Vor- sitzender des Kreisvereins Dresden für die ergangene Einladung, der er als ehemaliges Mitglied des Vereins, dem sei« Glückwunsch gelte, mit Freuden gefolgt sei. Es sei ihm die willkommene Aufgabe zuteil geworden, dem um das lasdwirtschaftltche Vereinswese« hochverdienten Herr« von Schönberg Pölting auf Tanneberg die bronzene Medaille im Namen des Kreisvereins zu überreichen. Sichtlich erfreut hierüber stattete der Neudekorierte hierfür seinen Dank ab, mit der Versicherung, dem Verein auch in Zukunft seine Kräfte zur Verfügung stellt« zu wollen. Geheimrat Andrä überreichte sodann ebenfalls im Auftrage deS Kreisvereins unter anerkennenden Worten weiter« 171 In den Morden. Novelle von Madeleine Kragl). Uebertragung von Heinrich Hesse. (Nachdruck verboten.) Indessen hatte Tor seine Kaltblütigkeit wiedererlangt. Als sie die Stelle erreichten, wo der Fjord breiter wurde, gelang es ihm, das Tier zu bändigen — er brachte es zum Stehen und suchte den Weg zu erkennen, der zu dein Pfarr- Hause führte und seiner Meinung nach nicht mehr weit ent fernt sein konnte. Es herrschte ein tiefes, unendliches, feierliches Schweigen... Aengstllch horchten Tor und Augott ... Doch kein Ge räusch schlug an hr Ohr kein Echo hallte zu ihnen herüber . . . alles schwieg in stummem Drohen „Sie werden überlegt haben und umgekehrt sein" sagte Tor. Doch er flüsterte diese Worte nur leise ... mit einem Zittern .. . und sein Blick irrte furchtsam den Verfolgern entgegen . . . Da plötzlich ... ein knirschendes, kreischendes Geräusch lief hin über das Eis . . . langsam und schleppend . . . von einem Ufer zum andern vibrierend . . . mit dein Ton einer Violinsaite, die jäh zerreißt. „Das Eis kracht. . ." flüsterte Augott entsetzt. Und schutzsuchend schmiegte sie sich an den Geliebten ... - Tor suchte das Pferd mit einem „Holla!" anzutreiben da» Trer hatte noch die Kraft, ein oder zwei Schritte zu Ee die Mähne schüttelte. Dann aber kamen zwei kleine Dampfstrahlen aus seinen Nüstern, und es brach tot zusammen. N N^emenr Sprunge war Tor aus dem Schlitten und "and m oen dem armen Tier und versuchte es aufzurichten. Doch ach . . . alle Hilfe war vergeblich. Der treue Diener hatte alles erschöpft, was ihm noch an Kraft und Leben ge blieben, um seine Herren zu retten — er hatte soeben seine letzte Fahrt vollendet. Auch das junge Mädchen war ausgestiegen, und ihre Hand streichelte sanft die noch dampfende Flanke des tapferen Opfers. Ingeborg hatte ihr dieses Tier immer empfohlen, obgleich es seines hohen Alters wegen nur noch schwache Dienste leisten konnte. Und nach dem Tode der Mutter hatte Augott das edle Tier in ihre Obhut genommen — mit liebevoller Fürsorge, für die es ihr soeben gedankt, indem es sein Leben für sie hingegeben. Mit Tränen in den Augen beugte sie sich über diesen toten Freund, und Tor stand er griffen und mit bewegtem Herzen neben ihr. Da zog das Ahnen eines großen Unglücks durch ihre Seele . . . und das bleiche, noch mit grauen Nebeln ver schleierte Firmament schien keine Hoffnung für sie zu haben . . . Als endlich die Morgenröte ergliihte, fanden sie den Weg zum Pfarrhause, und sich bei der Hand haltend, er reichten sie es noch vor Mittag. Sie begegneten erstaunten Gesichtern, denn es war gar nicht Sitte, daß ein junger Mann und ein junges Mädchen so wie sie zu dem Pastor ginge», selbst wenn sie ein - unlösliches Band knüpfen wo ltcn. Gewöhnlich ging der Bräutigam zuerst, und die Braut kam ganz verschämt in einiger Entfernung hinter Augott hatten soeben erst eine Todes fahrt überstanden, und Finsternis und Angst ließen sie auch jetzt noch nicht an alle jene Kleinigkeiten denken, denen man allgemein im Leben Wert beilegt. So Hand in Hand wußten sie, daß mit der Ehe ein neues Dasein für sie beginnen würde — ernst rind zugleich arm. Allein sie wußten auch, sie würden in ihrer gegen seitigen Zuneigung das wahre Glück finden und würden mit vereinten Kräften alle Prüfungen nnd alle Entbehrungen tragen können. Und diese Gewißheit befestigte ihren Mut, iudem sie ihnen neue Hoffnung gab. Uebcr alles dies hatten sie nachgedacht. Sie dachten aber auch zugleich, welch einen Ausgang diese Nachtfahrt über das Eis wohl für die beiden Brüder gefunden, und sie fragten sich, wie sich die Dinge auf Lukne wohl abgespielt haben mochten. Doch erst am nächsten Tage erhielten sie Nachrichten. Die beiden Brüder waren nicht auf den Pachthof zurück gekehrt, und niemand wußte, was aus ihnen geworden. Lars Björn mochte die Kissen noch so wild in die Küche schleudern und das Stroh aus seinem Bett reißen, er mochte alle, die sich ihm näherten, noch so sehr mit roten, ent zündeten Augen anstarren — es blieb ihm nur das Be wußtsein, daß sein bestes Pferd und sein bester Schlitten mit Aumond und Niels verschwunden waren . . . j§in tiefes, unergründliches Geheimnis lag auf diesem Ereignis. Das Krachen des Eises, das Tor und Augott gehört, hatte nicht nur die beiden Ufer des Fjord getrennt — es hatte auch das Scheiden des Winters und das Kommen des Frühlings verkündet, und nach den ersten Tagen des Eisgangs folgten die Wasser ihrem früheren Laufe. Doch als der Wind von neuem wieder frei über den Fjord hin brauste, trieb er zwei Leichname auf den Strand — es waren Aumond und Niels, die sich in der höchsten Umarmung des Todes so eng umschlungen hielten, daß niemand ihre Arme zn lösen vermochte. (Fortsetzung folgt.)