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kann und dürfe ein Böndler einem Sozialdemokraten seine Stimme geben, und Pflicht sei «S, den Freisinn gegenüber „Gewehr bei Fuß" zu stehm; der Grundsatz sei nicht festzuhalten, den Freisinn unter allen Umständen im Kampfe gegen die Sozialdemokratie herauszuhauen. Die bevorstehenden Kämpfe könnten und würden scharf sein, sie hätten aber auch große Ziele zur Folge: die Nieder- ringung der Sozialdemokratie unter allen Umständen einerseits uvd die unbedingte Sicherung der Monarchie anderseits. Mit den Reichstagswahle»» beschäftigte sich dann noch besonders der Vorsitzende des Bundes, Freiherr von Wangenheim. Er wies auf die schweren Kämpfe hin, die die kommenden Reichstag. Wahlen bringen werden, und verbreitete sich dann sehr eingehend über die Forderungen, die der Bund und die Konservativen im Wahlkampf zu vertreten haben. Der Freisinn ernte jetzt, was er säe. Er verwische die Grenz linie zwischen sich und der Sozialdemokratie, und daran werde er auch scheitern. Der Maste wüste klar gemach werden, daß sie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichte« gegenüber dem Vaterland habe. Im Anschluß an die beiden Vorträge nahm man einstimmig folgende Refolutio« a«: .Die Landesversammlung des Bundes der Land- wirte bedauert lebhaft die Vertiefung der Gegensätze zwischen den Parteien. Sie verurteilt entschieden die Hetze gegen die Parteien, die sich durch die unbeding nötige und, wie die Entwicklung gezeigt hat, ersprieß liche Reform der Retchsfiaanzen ein unbestreitbares Verdienst erworben haben. Sie mißbilligt die Agitation und Arbeit des Hansabundes und des liberalen Bauern bundes, von denen jener Gegensätze zwischen Industrie und Landwirtschaft zu schaffen und zu vertiefen bemüht ist, während dieser die mühsam errungene Einigkeit innerhalb der Landwirtschaft stört. Die Landesversammlung ist nach wie vor bereit zu gemeinsamer Arbeit mit allen schaffenden Ständen und allen wahrhaft nationalen Parteien, sie hofft, daß angesichts der Stärke und der wachsenden Keckheit des gemeinsamen Gegners eine Einigkeit jener Stände und Parteien noch in letzter Stunde erreicht werde; und zwar auf Grund folgender Forderungen: ^Fortführung einer nationalen und wirtschaftlichen Heimatspolitik nach dem Grundsätze der Gleichberechtigung; 2 Aufrecht erhaltung und Ausbau des Zollschutzes unter Wahrung der Parität zwischen Landwirtschaft und Industrie; 3. ent schiedene Bekämpfung der antimonarchischen und deshalb außerhalb der Verfassung stehenden Sozialdemokratie und ihrer Verbündeten; 4. Sicherung der staatlichen Autorität und der monarchischen Regierung gegen alle " die Verfassung zu radikalisieren und die Rechte im Sinne des Bundes einige -d auch der Geheime Hofrat Opitz-Treuen, ocr besonderen Freude darüber Aus druck gab, daß der Bund der Landwirte immer wieder die Gemeinsamkeit der Interessen von Industrie und Landwirtschaft betone. Um 5 Uhr erreichte die Versamm lung ihr Ende. politische Rundschau. WilSdruff, den 24 März. Deutsche» »eich. Die Et«wah»erzahl de- Deutsche« Reiche-. Die Einwohnerzahl im Deutschen Reiche betrug am 1. Dezember 1910 32029890 männliche und 32866991 weibliche Personen; davon entfielen auf Preußen 19845811 bezw. 20310980, Bayern 3375229 bezw. 3501268, Sachsen 2322185 bezw. 2480300, Württemberg 1 191383 bezw. 1244 228, Baden 1059137 bezw. 1082695, Mecklenburg-Schweriu 317884 bezw. 321995, Sachsen-Weimar 204409 bezw. 212757, Mecklenburg. Strelltz 53523 bezw. 52824, Hessen 639214 bezw. 643005, Oldenburg 243825 bezw. 238605, Braunschweig 242739 bezw. 251648, Sachsen-Meiningen 136687 bezw. 142105, Sachsen-Alteuburg 106385 bezw. 109928, Sachsen-Koburg- Gotha 125353 bezw. 131855, Anhalt 161171 bezw. 169876, Schwarzburg-SonderShausen 44194 bezw. 45790. Schwarzburg.Ruoolstadtz 49350 bezw. 51362, Waldeck 3054l bezw. 31182, Reuß ä. L, 34695 bezw. 37921, Reuß j L. 74264 bezw. 78501, Schaumburg-Lippe 23396 bezw. 23254, Lippe 73230 bezw. 77519, Lübeck 56888 bezw. 59645, Bremen 148419 bezw. 150317, Hamburg bezw. 509772, Elsaß-Lotyringeu 964043 bezw. 907659. Die Limgehung der Reichswertzuwach-fteuer ist einer Berliner Baugesellschaft bereits geglückt. Sie verfolgt, wie die „Tägliche Rundschau" milteill, Sie Praxis, Käufe und Verkäufe überhaupt nicht mehr vorzunehmcn, sondern sich nur Vollmachten zur „Verwertung" des Grund stückes geben zu lassen oder zu erteilen. Der jeweilige Bevollmächtigte zahlt bei Uebernahme der Vollmacht eine gewisse Summe als „Sicherheit" au und läd dann raten- weise das, was bet der „Verwertung" hrrauSkommt, an seinen Auftraggeber ab. Hier gilt eS schleunigst einen Riegel vorzuschtcben, damit das Reich nicht betrogen werden kann. Die Tagesration der Heere Europa-. In der „Lettura" berechnet E. Mole, was für den täglichen Unterhalt der große» europäischen Heere erforder- ltch ist. Nach ihm verzehren die Heere der sechs europä ischen Großmächte, die in Frtedenszeiten mehr als drei Millionen Krieger unterhalten, jeden Tag: 45000 Zentner Brot, 80000 Zentner Fleisch, 15000 Zentner Konserven, 6000 Zentner Reis, 1800 Zentner Speck, 1200 Zentner Salz, 1860 Zentner Zucker, 1440 Zentner Kaffee und 7500 Hektoliter Wei«. Dazu kommen daun noch die Kartoffeln und Gemüse. Nach MoleS Berechnung würd«. ein europäischer Krieg den sechs beteiligten Großmächten zusammen eine tägliche Ausgabe von mehr als 150000 Millionen Mark auferlegen. Ausland. Der erste österreichische Dreadnought. Der Stapellauf des ersten österreich-ungarischen Dread noughts, der den Namen Kaiser Franz Josef tragen wird ist im Auftrag der KabinettSkanzlei auf de» 11. Jun festgesetzt worden. Der Kaiser wird dem Stapellaus bei- wohnen, je Ter serbische Prinz Georg zahlung-unfähig. Die seit mehreren Jahren ungelöste Frage der Regelung der Schulden des Prinzen Georg hat nun, da der Prinz mangels eines besonderen Einkommens zahlungSunsähij ist, zu einer offenen Klage gefühlt. Die Erben eines kürzlich verstorbenen, wegen seines Patriotismus hochge schätzten Bürgers namens Svetozar Vukadinovic, der dem Prinzen 12000 Franks ohne Verzinsung vorgestreckt hat, sahen sich gezwungen, zur Erlangung ihres Erbteiles an die Ocffentlichkeit zu appellieren; sie legten den Sachver halt in der Zeitung „Politika" dar. In Hof- und Nc- gieruvgSkreisen macht diese Veröffentlichung einen sehr peinlichen Eindruck. Wochenschau. Der Reichstag hat der italienischen Kammer ein Glückwunschtelegramm gesandt zur Nattonalfeier und auch natürlich ein Danktclegramm erhalten. Die Etatsberatung wurde oft verzögert durch überflüssige Reden, so beim Gesetz über Maul- und Klauenseuche, beim Patentaus- führungSzwang, Reichsverstcherungsamt, Hinterbliebenen- Versicherungsfonds. Im Abgeordnetenhaus! wurde die Beratung deS Finanzetats beendigt, wobei sich die Debatte um Hebung deS Anlethekurses, bessere Versorgung der Altrenstouäre, Beamtenaufbesserungen und andere Dinge drehte. In Humburg wurden ein Engländer und vier Deutsche als spionageverdächtig verhaftet. Der öster reichische Thronfolger will sich nicht an der englischen Krönungsfeier beteiligen, weil seiner Gemahlin die nötige Rangerhöhung versagt ist; im Tatragebirge sind Radium- lager gefunden worden, die eine reiche Ausbeute versprechen. In Wien freut man sich, daß mit dem Kaiser Wilhelm auch die Kaiserin und ihre Tochter kommen wollen. Die italienische Kammer versagte dem Kabinett das geforderte Vertrauensvotum, so daß die Regierung daraus ihre Konsequenzen ziehen muß. Die Engländer sehen in der Erklärung der „Nordd. Allg. Ztg." über eine Verständi- gung zwischen Deutschland und England ein bemerkens wertes Entgegenkommen; dennoch fordert die Regierung im Unterhaus« 44 Millionen für die Flotte, während für die deutsche Flotte nur 22 Millionen gefordert werden. In Tripolis gährt es bedenklich, so daß die Einziehung neuer Steuern nur mit Waffengewalt geschehen kann; die Regierung scheint machtlos zu sein. Der Konflikt mit Italien ist noch nickt erledigt, die Beziehungen zu dem italienischen Konsul sind unterbrochen. Die Franzosen haben ernste Sorgen, weil die Zahl der Militärtaugltcheu weiter zurückgeht, sie trösten sich aber mit der schnell fortschreitenden Organisation ihrer Artillerie und dem glänzenden Fortschreiten der Aviatik. Spanien möchte gern seine Schulden los werden und will jährlich 6'/, Millionen aufwenden zum Aufkauf oder zur Auslosung. Die Portugiesen bekommen ein geheimes, direktes und fakultatives Wahlrecht und ihr Militär ein «eues Militär- strafgesetzbuch, das die Abschaffung der Todesstrafe e»t- hält. Wenn die Briten noch länger ungebärdig sind, so soll die Bagdadbahn nicht nach Koweit gebaut werden, sondern nach einem andern Orte am persischen Golf, wo durch die englischen Interessen natürlich nicht gewinnen würde». Im norwegischen Storthing sind die ersten weid- lichen Abgeordnete«, weshalb eine bestimmte Redefrist fest- gesetzt werden muß. Die UnionSregierung hat von Mexiko die sofortige Freilassung der gefangenen Amerikaner verlangt. Der Präsident will nun endlich seine Kern ruppen loslaflen und damit der Insurrektion ein schnelles Lnde machen; doch scheint man auf beiden Seiten zu Ver- sandlungen bereit, um die Amerikaner am Einschreiten zu verhindern. Wertvolle Diamantenfunde werden aus Ka- nada gemeldet. Die Chinesen geben dem russischen Ulti matum gegenüber nach. Persien ist von Russe» frei; die Regierung will keine englische Anleihe und plant ge- ordnete Verwaltung, unbestechliche Justiz, obligatorischen Unterricht und anderes mehr; selbst die Minister wollen eine Leseprobe ablegen, im Rechnen fühlen sie sich stark. Parlamentarisches. Der Reichstag genehmigte vorgestern die Verlängerung der „Ltx Trimborn" um ein Jahr, und beriet dann den Etat des Reichsamts des Innern in zweiter Lesung zu Ende. Gestern begann man mit der zweiten Lesung des Ko lonialetats. Der dauerhafte Reichstag. Der Seniorenkonvent des Reichstages stellte vorgestern Mittwoch vor der Plenarsitzung einen Arbeitsplan für die laufende Tagung fest u»d besprach die Art und Weise, wie die dem Reichstag vorliegenden Gesetzentwürfe noch erledigt werden könnten. Man hofft, den Etat bis zum 5. April fertigzustellen, in welchem Falle die Osterferien vom 6. April bis zum 2. Mat dauern würden. Sollte es jedoch nicht gelingen, den Etat noch bis dahin fertig- zustellen, so würde der Reichstag bereits am 27. April wieder zusammentreten, um in der Woche bis zum 2. Mai den Rest des Etats zu erledigen. Der Tagungsabschnitt zwischen Ostern und Pfingsten soll vom 2. Mai bis zum 2. Juni dauern. In dieser Zeit soll zunächst die Reichs- verstcherungsordnung mit ihren Einführungsgesetzen er ledigt werden. Am 2. Mai würde dann die Beratung deS elsaß-lothringischen VerfassunzSeotwurfeS beginnen, worauf die Beratungen des dcutsch-schwedische« Handels- vertrage» uvd vielleicht noch des SchiffahrtSabgabengesetzeS folgen würden. Für die Erledigung der Justiz- und Ge- werbeges'tze und der Privatkcanktnverstckeruna soll eine Herbsttagung veranstalret werden, die am 10. Oktober beginnen und bis Mitte Dezember (d!) dauern wü-de. — Für die Tage bis Ostern ist der Arbeitsplan folgender; Am Donncrstag und Freitag dieser Woche sollte der Kolonialttat erledigt werden. Wenn dies gelingt, würde nicht nur der Sonnabend als katholischer Feiertag, sondern auch der darausfolgende Montag sttzungSfret bleiben. Sollte aber der Kolonialetat am Freitag nicht erledigt sein, so würde noch der Montag dazu verwendet werden. Am darauffolgenden Dienstag sollen die Etais der Reichs- etsenbahneo, der Reichsdruckcrei uvd des Reichstages, am Mittwoch den 29. März, die Etats des ReichsjustlzamteS und der Zölle durchberaten werden. Vom Donnerstag, 30. März, bis zum Sonnabend, 1. April, wären die Etat» des Reichskanzlers und des Auswärtigen Amtes zu er ledigen, sodaß am Soonabend, den 1. April, die zweite des ganze« Etats abgeschlossen wäre. Die übrigen Tage bis zu den Osterferien wären dann für die dritte Lesung Lesung des Etats bestimmt. Die Ankündigung einer Herbstsesfion wurde von den Mitgliedern deS Senioren- konventS mit ungläubiger Heiterkeit ausgenommen. Der Se«iore»»ka»ve»t -es Reichstage- einigte sich bäht», eine Herbstlagung des Reichstages zw veranstalten, die vom 10. Oktober bis in den Dezember hinein dauern soll Die Neuwahlen können infolgedessen erst im Januar 1912 stattfinden. Die Schisfahrtsabgaben-Kommiffisn de- Reiazstages erledigte gestern den Abschnitt Elvocrband. Das Er gebnis war die Annahme der Regierungsvorlage mit 14 gege» 12 Stimmen. Im preußischen Abgeordnetenhaufe verteidigte Mimstcipläsiveltt von Bethmann-Hollweg die Stellung der Regierung gegenüber Etsaß-Lothrtngen. Minister von Dallwitz trat für Einführung der Feuer bestattung ein. — Um Ocffauug der höheren Knaben schulen für die Mädchen wird das preußische Abze- oronetenhauS in einer 10000 Unterschriften tragenden Petition ersucht. Die Reich-tagskandidate«. Die Parteien find diesmal viel eifriger und früher an die Aufstellung dec Reichstagskandidaten herangegange« als bei früheren Wahlen. Die Sozialdemokratie ist dabei alle« übrigen Parteien voraus. Bis auf 11 Wahlkreise find schon in alle« Kccisen Bewerber ausgestellt und die noch fehlenden 11 werden wohl auch bald gefunden sein. Die Natioualliberalen haben bis j tzt etwa 160 Kandidaten, die Fortschrittspartei gegen 140, die beiden konservativen Par teien rund 130, das Zentrum etwa 100 genannt. Rechnet noch die von den Polen, Antisemiten und sonstigen man kleineren Gruppe« hinzu, so dürften etwa 1000 Kandt- daturen bestehen. Im Jahre 1907 waren insgesamt rund 1600 vorhanden, doch dürste diesmal diese Zahl noch über schritten werden, da in vielen Kreisen die Parteien, welche früher Hand in Hand ginge», jetzt eigene Kandidaten auf stelle«. So kan« eS kommen, daß in zahlreichen Kressen fünf und auch sechs Kandidaten um den Wahlsieg ringen. Diese au sich durchaus »«erfreuliche Erscheinung wird vielleicht der kommenden Reichstagswahl ihr besondere- Signum aufdrücke«. Hof- und perssnalnachrichten. Das Kaiserpaar wohnte im Kieler Stadtthealer einer Aufführung von Schönherrs Tragödie „Glaube un- Heimat" bei und empfing nach der Vorstellung den Dichter. Sodann reiste es gestern abend von Berlin nach Wien ab. Bei seinem Besuche in England wird eS von der Prinzessin Viktoria Luise und dem Prinzen Joachim be gleitet sein. A«r Stadt Land. Mitteilung« an» d,m Leserkreise für diese Rnbril «hm« wir jederzeit dankbar wtgeg«. WilSdruff, den 24. März. Ftetigion und Weligiosität. Zu de» wichtigsten Merk- malen unserer Zeit gehört ein gesteigertes Interesse sür religiöse Fragen. Nicht nur das Religionsgejchichtliche bewegt die Gemüter. Das vielleicht noch am wenigsten. Denn auch bei der Frage, ob Jesus gelebt habe,- ist es den meisten unserer Gebildeten nicht nur um rein historische Momente zu tun, sondern im Grunde und in der Hauptsache doch nur um die religiöse Bedeutung, die Folgerungen sür den eigenen Glauben. Auch die Massenverbreitung volkstümlicher religionsge schichtlicher Literatur wird sicherlich weniger aus das Konto einer all gemeinen Lust am Geschichtlichen zu setzen sein als vielmehr aus das der religiösen Anteilnahme. Gewiß, man hat zumal in gebildeten Kreisen ein Gesühl sür den nicht zu unterschätzenden Zusammenhang zwischen Geschichte und Religion, aber es geht doch eine starke Neigung, von aller Geschichtsreligion möglichst abzusehen und dafür eine eigene Gegenwartsreligion auf den Schild zu heben. Anstatt des geschichtlichen Christus und eines immerfort an diesem orientierten Christusglaubens,- setzen nicht wenige eine bloße Christus-Idee, und den Ausdruck Reli gion wandelt man lieber in die allgemeinere Bezeichnung Religiosität. Es liegt aus der Hand, daß im letzteren Falle die persönliche Stimmung die Hauptrolle spielt. Die kann natürlich recht vielseitig sein. Aber dasür eignet ihr auch etwas Schwankendes und Fließendes. Allgemeine Religiosität kann es mit romantischen, mystischen, idealistischen und naturalistischen Gefühlen zu tun haben. Sie knüpft an religiöse Vor- stellungskreise an, die allen Zeiten und Zonen angehören, wobei es nichts ausmacht, daß man sich dieser Verwandtschaftsbcziehungen oft nicht im geringsten bewußt wird. Vom älteren und jüngeren Budd hismus wird genommen, oder es spielen platonische Erlösungsgedanlen mit; altgcrmanisches Heidentum wird erneuert, oder man gerät in antike Schwärmereien von dem All-Einen. Besonders diese letztere Nuance gilt heute vielsach als die modernste Religiosität. Selbstverständlich kann man sich auch einem christlich-religiösen Einflüsse nicht entziehen. Aber man möchte das „Dogmatische" ausscheiden. Eine wirklich christliche Religion aber kann gar nicht ohne einen fortwährenden, nachdenklichen Rechenschaftsbericht über sich selber auskommen. Sie hat es eben nicht mit bloßen, nebelhaften religiösen Stimmungen, sondern mit bestimmten Grundsätzen zu tun, die sich auch in bestimmte Aussagen bringen lassen müssen. Der sich selbst behauptende und re gulierende Glaube muß mit innerer Folgerichtigkeit auss „Dogma" zu kommen. Die Rede von einem „undogmatischen Christentum" ist nicht nur eine geschichtliche, psychologische Gedankenlosigkeit. Wer Erns