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338 PAPIER-ZEITUNG. No. 17. 145° C haben, während letzterer bei unserm gewöhnlichen Petroleum bei 34° C liegt. Die wissenschaftliche Begründung nnd Erklärung dieses merk würdigen Bleichprozesses liegt mangels genauer vergleichender Ver suche und besonders auch, infolge der Zurückhaltung, welche die englischen Firmen über Einzelheiten des Verfahrens beobachten, noch sehr im Dunkeln. Wenn es auch bekannt ist, dass man schon früher eine Mischung von Terpentinöl und Salmiakgeist zum Reinigen und Bleichen der Wäsche benutzte, und dass auch vergilbtes Elfenbein, mit Terpentinöl benetzt, wieder weiss wird, so ist doch hierbei nicht äusser Acht zu lassen, dass in diesen Fällen das Terpentinöl auf den Sauerstoff der Luft eine ozonisirende Wirkung hat. Bei dem jetzt in England neu eingeführten Verfahren kann aber von einer Mit- wirkung der Luft in den völlig geschlossenen Kochkesseln keine Rede sein, und der Vortragende neigt deshalb zu der Annahme, dass die Wirkung mehr physikalisch ist und darauf beruht, dass das Oel die Fette, Pflanzenwachs und ähnliche Stoffe, welche die Zellfaser einhüllen und mit den anhängenden zum Theil auch lackartigen Farbstoffen verkleben, aufweicht und in Lösung oder doch in Emulsion bringt, so dass die alkalischen Kochlaugen kräftiger einwirken können. Der Umstand, dass für die an Fett oder Pflanzenwachs sehr reiche Espartofaser erfahrungsmässig ein grösserer Oelzusatz nöthig ist, scheint auch für diese Erklärung zu sprechen. Ist diese Annahme aber richtig, so wird der Effekt des Oels bei der in Deutschland weit mehr als in England üblichen Anwendung von Kalk beim Kochen des Stoffes noch vortheilhafter sein, da die Verbindungen von Fett und Kalk, welche in reinem wie in KalkwasSer unlöslich sind, durch die Dazwischenkunft des Oeles von der Faser abgelöst werden und sich in der Flüssigkeit vertheilen, welche letztere dann auf die frei gelegte Faser um so kräftiger wirkt. Vortragender will sich aber für diesen Versuch einer Erklärung nicht verbürgen, da die Thatsache, dass die englischen Fabriken gewisse Oelsorten als besonders wirksam vorziehen, darauf hinweist, dass auch die chemische Zusammensetzung derselben dabei eine Rolle spielt. Als beste Bezugsquelle für das Bleichöl wurde dem Vortragenden eine deutsche Firma, G. M. Bauer in London E. C., 16 Mark Lane, be zeichnet. Auf Anfrage bei diesem Herrn wurde der Preis des Oeles, welches in Fässern von etwa 40 Gallonen = etwa 181 Liter zur Versendung kommt, je nach Fracht auf ungefähr 61/2 Pence die Gallone einschl. Verpackung und in Hamburg gelandet angegeben, was also etwa 12—13 Pf. für das Liter betragen würde. Obgleich nun auf diesen Oelen ein ziemlich hoher Eingangszoll ruht, welcher zu obigem Preise tritt, so wird ein Versuch damit doch nicht kost spielig sein. Auf eine Anfrage des Herrn Kommerzienrath Behrend, ob das Verfahren auch zum Bleichen von Sulfitzellstoff erprobt sei, erwiderte Dr. Frank, dass man ihm in England nur vom Erfolg bei »Woodpulp« gesprochen habe, ob darunter auch Sulfitzellstoff, den die Engländer ebenso bezeichnen, mit gemeint sei, wisse er nicht, jedenfalls könne man einen Versuch hierbei nicht nur ohne Gefahr wagen, sondern damit möglicher Weise auch noch die Schwierigkeiten vermindern, welche jetzt manchmal durch Harzausscheidungen verursacht würden. Gegen letzteren Uebelstand habe man zwar auch noch andere Hilfs mittel, doch wäre dieses, wenn erfolgreich, sicher das einfachste. Bei dieser Gelegenheit wurde von anderer Seite noch bemerkt, dass zur Vermeidung von Harzausscheidung mit Zusatz von gewöhn lichem Petroleum bereits Versuche gemacht seien, die aber keinen Er folg ergeben hätten. Herr Dr. Frank wies auf den grossen Unter schied hin, welcher zwischen dem niedrig siedenden, leichter ent flammbaren Petroleum und den hier besprochenen Oelen in chemischer und physikalischer Beziehung besteht und empfahl, namentlich bei den ersten Versuchen, keine andern als bereits erprobte Stoffe zu nehmen, da man ohnedies mit der Sache noch völlig im Unklaren sei und sich zunächst an die in England gemachten Erfahrungen anlehnen müsse. Er selbst habe bereits Schritte gethan, um weitere zuverlässige Auf klärungen zu erhalten, über die er dann berichten werde. Yaryan’s Verdampfer. Die in No. 100 v. J., Seite 2030, eingehend beschriebene Einrichtung ist nach »The Papermakers Monthly Journal« in Esk Mills, Penicuik bei Edinburgh, in Betrieb und kann dort besichtigt werden. Die mit 7° Twaddel hineingelassene Lauge wird auf 42" T verdampft und dann mit sehr wenig Brennstoff geröstet. Bei einem Aufwand von 401/2 Tonnen Kohlen im Gesammtpreis von 13 Lstr. 18 s. 4 d. und 7 Lstr. 16 s. für Löhne, wurden aus verwendeten 190 Ctr. 70pro- zentiger kaustischer Soda und 512 Ctr. (112 Pfd. engl.) 48prozentiger kalz. Soda wiedergewonnen: 30 Tonnen und 6 Ctr. (606 Ctr.) 48 Soda. Die Kosten der Wiedergewinnung betrugen demnach 14 s. 3 d. auf die Tonne wiedergewonnener Soda, doch ist es auch gelungen, die Kosten auf 13 s. 3 d. herabzumindern. Diese Kosten werden sich selbstverständlich um so niedriger stellen, je weniger Wasser verdampft werden muss, d. h. je weniger die Ab laugen verdünnt sind. In demselben Blatt theilt J. W. Wyatt von Croxley Mills in Watford, England, die Erfahrungen mit, welche er in 4 der bedeutend sten amerikanischen Zellstoff-Fabriken gesammelt hat. Die gebrauchten Soda-Laugen kommen dort mit 5—7" Be und etwa 170° F (77° C) in den Yaryan’schen Abdampfer, verlassen denselben mit 35—40"Be und 140“ F (60° C) und fliessen ununterbrochen in einen der ver schiedenartig gebauten Verbrennungsöfen. Dort brennen sie sofort. Ihre Asche kann, ausgebrannt, sogleich wieder verwendet werden und liefert 48—50 pCt. Natron (Na O2). Die bei der Verbrennung ent wickelte Wärme wird zur Erzeugung von Dampf und Erhitzen der schwachen zum Verdampfen fliessenden Laugen verwendet. Wyatt hebt als besonders leistungsfähig den zur Verbrennung dienenden Drehofen hervor, welcher S. D. Warren & Co. in Cumber land Mills, Maine, Amerika, patentirt ist. Es ist ein etwa 12 Fuss langer eiserner Cylinder von 10' Durchmesser (nach Art der in den Leblanc-Sodafabriken verwendeten), den man innen so ausgemauert hat, dass das Mauerwerk beim Einfluss der Lauge 6" dicker ist als beim Ausflussende, dass also der Ofen innen 6" Fall hat. Die ein tretende Lauge wird durch die Drehbewegung des Ofens mitgenommen, kommt nach oben, fällt tropfenweise durch die Feuergase und ge langt völlig ausgebrannt am andern Ende auf ein endloses Fort bewegungs-Band, von dem die Soda-Asche selbstthätig in die Lösungs- Bottiche befördert wird. Am Ausgangsende steht auch der fahrbare Feuerherd, dessen Gase der Lauge entgegen durch den Drehofen ziehen, dann in einem Röhrenkessel Dampf erzeugen und schliesslich die schwachen Laugen erhitzen. Durch das Drehen des Ofens wird das Umrühren der Lauge und Asche, sowie die verlustbringende Bildung einer Haut auf der Flüssigkeit vermieden. Ein solcher Drehofen hatte bei S. D. Warren & Co. vom 30. Oktober bis 1. Novem ber 1888 täglich 19 506, 21 984 und 23 976 engl. Pfund Soda-Asche geliefert. Durch Zufügung des Yaryan’schen Abdampfers zu dem Dreh ofen sollen die schon geringen Kosten der Wiedergewinnung auf die Hälfte und weniger vermindert worden sein. Von der angewendeten Soda werden 83—90 pCt. wiedergewonnen. Abreisskalender. Aus der Schweiz, 18. Februar 1888. Ich bediene mich eines Abreisskalenders, der mir aus England unent geltlich von einer Firma zugesendet worden ist, bei welcher ich öfters Käufe gemacht habe. Jedes Blatt desselben zeigt, wie die beiliegende Probe, die Firma des Hauses, sowie die Abbildung irgend eines der Gelen Gegenstände, mit denen es handelt, und diese tägliche Erinnerung stellt gewiss eine un- gemein wirksame Reklame dar. Bezeichnend ist aber, dass für die Sonn tage gar keine Blätter vorhanden sind. Der Versender hält es augen scheinlich für gottlos, am Sonntag einen Brief zu schreiben, oder sich über haupt daran zu erinnern, welcher Tag in der weltlichen Zeitordnung es sei. Er springt also gleich z. B. vom 16. auf den 18. Februar; der 17. Fe bruar ist nur frommen Gedanken gewidmet und darf nicht einmal durch das weltliche Geschäft des Abreissens eines Kalenderblattes entweiht werden. Oder hat der praktische Engländer vielleicht nur so geurtheilt: Mein Abreiss kalender wird jedenfalls nur in einem Geschäftslokal verwendet, ein solches besucht der Inhaber am Sonntag doch nie (was für England thatsächlich zu trifft), und da will ich ihm die ganz unnöthige Mühe ersparen, für diesen Tag ein Blatt abzureissen —? G. L. Arbeiterfest. Sonnabend, 23. Februar, veranstalteten die Werkführer, Arbeiter und sonstigen Angestellten der Chromo-, Glacee- und Natur- Kartonpapier-Fabrik von Friedheim & Sohn, Berlin O., Holz marktstr. 53, einen Wiener Maskenball im Schweizergarten, Berlin, vor dem Königsthor, an dem gegen 500 Personen theilnahmen. Obwohl auch viele männliche Charakter-Masken grossen Beifall fanden, trugen doch die weiblichen den Sieg davon. Die zahlreichen Arbeiterinnen der Firma, sowie die Ehefrauen der Arbeiter hatten durch geschmackvolle Anordnung ihrer Anzüge, mit bescheidensten Mitteln, eine so gute Gesammtwirkung erzielt, dass sie mit dem Ein druck zufrieden sein konnten. Nach der »Demaskirung« begann der Rundgang. Dem Zuge voran schritten 6 kleine possirliche Bären, und diesen folgte eine von 4 Herolden getragene Sänfte, auf der als Symbol der Treue und Einigkeit eine junge hübsche Dame mit dem Fabriksbanner thronte, die Herrn Arthur Friedheim einen grossen Blumenstrauss überreichte, während die Musik einen Tusch spielte. Während der Kaffeepause brachte Herr Inspektor Motsch einen Trinkspruch auf die Firma Friedheim & Sohn aus, während ein anderer Redner die grosse Einigkeit, das gegenseitige Vertrauen der