Volltext Seite (XML)
166 PAPIER-ZEITUNG. No. 9. bestimmten Industriezweigen eingeräumt, und im Garten wird eine Menge kleinerer Gebäude von einzelnen Fabrikanten und Fabrikanten gruppen errichtet. Die Papierindustrie hat einen hervorragend guten Platz in der langen Seitenhalle rechts vom Hauptgebäude, und wird einen der interessantesten Theile bilden. Eine grosse Füllner’sche Papiermaschine mit zwei Holländern, andere Maschinen zur Papier fabrikation, eine neue Briefumschlagmaschine, Schnellpressen usw. werden daselbst arbeiten. Es versteht sieb von selbst, dass an allen Maschinen Einrichtungen zur Verhütung von Unfällen angebracht sind. Auf das grosse Publikum, welches die Einzelheiten nicht ge nauer studirt, wird das Ganze voraussichtlich den Eindruck einer vollständigen Gewerbe-Ausstellung machen und ebenso belehrend wie unterhaltend wirken. Wenn die Ausstellung auch durch den ihr zur Verfügung gestellten Raum beschränkt ist, wird sie doch durch die vielen im Betrieb vorgeführten Industrie-Zweige und die Vorzüglich keit des Gebotenen voraussichtlich einen mächtigen Anziehungspunkt bilden. Eingangszoll auf Schliff und Zellstoff in Amerika. In No. 2 brachten wir einen Theil der Aussagen, welche Herr Newton aus Holyoke im Sommer 1888 vor einem Ausschuss des Kongresses in Washington über die Verhältnisse des Papierfaches gemacht hatte. Da es von Wichtigkeit für unsern Industriezweig ist, ob und wie wir unsere Erzeugnisse nach den Vereinigten Staaten von Amerika absetzen können, so verdienen auch die Aeusserungen anderer amerikanischer Papier- und Papierstofffabrikanten in dieser Sache unsere Beachtung. Wir entnehmen dieselben einer neueren Nummer von »The Wood Pulp News«. Herr Charles L. Ortmann sagte vor dem Kongress-Ausschuss, es seien 3 oder 4 Sulfitstofffabriken von je 150—200 000 Dollar in Amerika in erfolgreichem Betrieb und einige mit ähnlichem Anlage- Kapital im Bau begriffen. Europa habe dagegen schon etwa 100 An lagen dieser Art. Er hob hervor, dass Verwendung von Zellstoffen die Einfuhr schmutziger und gefahrbringender Lumpen aus Europa überflüssig mache. Das zur Sulfitstoff-Erzeugung erforderliche Holz, sowie Kalksteine seien reichlich in den Vereinigten Staaten vor handen, nur der dazu nöthige Schwefel müsse eingeführt werden und unterliege einem Eingangszoll von zwei Dollar die Tonne. Zur gegenwärtigen Jahres-Erzeugung der Vereinigten Staaten von 1 200 000 Tonnen Papier könnten 200 000 Tonnen Sulfitstoff vortheilhaft ver braucht werden. Herr Geo. K. Russell von Bellows Falls, Vt., stellte grösseres Unheil in Aussicht für den Fall, dass der jetzige Eingangszoll, wie beabsichtigt, aufgehoben, und Holzstoff frei eingeführt würde. Er müsste dann seine Fabriken schliessen, wenn es ihm nicht gelänge, die Arbeitslöhne bedeutend herabzusetzen. Die Bestätigung der Auf hebung des Einfuhr-Zolls sei ein Schlag gegen eine grosse Industrie, durch deren Besteben die Preise der Zeitungs-, Bücher- und Schreib papiere bedeutend ermässigt worden seien. The Muncie Pulp Company in Indiana sagte aus, dass es in den Vereinigten Staaten äusser der ihrigen keine Fabrik gäbe, die Stroh stoff für den Verkauf anfertigt. Das ganze Geschäft darin sei in den Händen der Vereinigten Strohstofffabriken zu Dresden, die in Deutsch land 10 Fabriken und in New York, Nr. 91 Wallstreet, eine Agentur besässen. Die Agentur wurde im Spätjahr 1887 eröffnet und soll etwa 200 Tonnen Stoff monatlich an die Fabrikanten feiner Schreib-, Bücher- und Seidenpapiere zu 41/ und 5 cents das Pfund verkaufen, d. h. zu 85 Dollar die eine und 100 Dollar die andere Sorte, frei Eisenbahn New York. Da diese Agentur beinahe ohne Wettbewerbung ist, und der Einfuhrzoll nur 10 pCt. des Werthes, oder etwa 8 Dollar die Tonne, beträgt, so wächst ihr Geschäft beständig. The Muncie Pulp Company hat bereits 100 000 Dollar in eine neue Anlage gesteckt, liegt in einer Gegend, wo Stroh bisher keinen Werth hatte, und wird also der dortigen Bevölkerung sehr nützlich sein, da sie etwa 80 000 Dollar jährlich für Stroh ausgeben wird. Ausserdem bedarf sie einer Menge Chemikalien, Kalk, Filze usw. von amerikanischer Erzeugung und wird viele Arbeiter beschäftigen. Dieser Industriezweig bedürfe jedoch eines Schutzzolls, und zwar mindestens der Beibehaltung des jetzigen von 10 pCt. des Werthes. Wenn sie diesen Schutz erhalte, sei die Gesellschaft auf Grund vielfacher Anerbietungen in der Lage, noch mehr Fabriken errichten zu können, um inländischen Strohstoff zum Ersatz der aus Indien eingeführten Jute herzustellen. In dem letzten Jahre seien 403 000 Ballen ein geführt worden, die sich zum grossen Theil durch Stoff aus inlän dischem Stroh ersetzen lassen. Es sei beabsichtigt, wenn die neue Anlage vollständig fertig ist, den inländischen Papierfabrikanten zu etwa 80 Dollar die Tonne einen Strohstoff anzubieten, der dem ein geführten besten deutschen von 100 Dollar wenig nachsteht. Herr T. Alfred Vernon aus New York erwähnte, dass der Ein ¬ gangszoll auf Zeitungs-Druck nur 15 pCt., auf Bücher-Papiere 20 pCt. und auf andere Sorten 25 pCt. des Werthes ausmache. Seine Firma habe in der Ivanhoe mill, Paterson, im Staat New York, allein in den Vereinigten Staaten weisses Kopirpapier hergestellt, aber bei dem Versuch mit den Deutschen zu wetteifern, so viel verloren, dass die Fabrik Konkurs anmelden musste und jetzt stillesteht. Sie gehört jetzt der Bank, welche die Hypothek darauf hatte. Obwohl es eine sehr grosse und kostspielige Anlage sei, könne sie nicht wieder in Gang kommen, wenn der Eingangs-Zoll nicht hoch genug gesetzt werde, um einen Ausgleich für die niedrigen in Deutschland, Frankreich und England bezahlten Löhne zu bieten. In Deutschland würden nur 1/5 der amerikanischen Löhne bezahlt, der höchste Lohn in Paterson sei 3 Dollar, und der niedrigste 90 cents für den Tag, während F. Flinsch in Weesenstein bei Dresden 42 und 18 cents täglich bezahle. Der Eingangszoll auf Seiden- und Kopirpapier sollte 50 pCt. des Werthes oder 8 cents auf das Pfund sein. Herr Vernon berichtete ferner, dass deutsche Einfuhrhäuser gegenwärtig gut geglättetes und ge färbtes Papier zu 51/8 cents das Pfund anbieten, welches in den Vereinigten Staaten für 61/2—71/2 cents das Pfund verkauft wird. Der Zoll von 20 pCt. des Werthes auf diese Sorten sollte auf 40 pCt. gesetzt werden. Wir glauben, die letzterwähnten Angaben des Herrn Vernon ohne weiteres als ungenau bezeichnen zu dürfen, so weit sie die in Deutschland gezahlten Löhne betreffen. Ausserdem ist es falsch, wenn Herr Vernon die Ursache der billigeren deutschen Erzeugungen einzig den billigen Arbeitslöhnen zuschreibt, da diese überhaupt nur 10—20 pCt. des Verkaufwerthes ausmachen. Der Erfolg unserer Fabriken beruht vielmehr lediglich in der Sorgfalt, dem Fleiss und der Sachkenntniss, mit der sie geleitet werden. Es ist in Amerika üblich geworden, bei jeder Gelegenheit auf die europäischen Hunger löhne hinzuweisen, und Herr Vernon bediente sich dieser billigen Redensart, um damit den Misserfolg seiner Unternehmung zu er klären. Wir zweifeln jedoch nicht, dass auch im Kongress in Washington Männer genug sitzen, welche in solchen Fragen das Richtige vom Falschen zu unterscheiden wissen. Torfpappen. Altcarbe an der Ostbahn, 26. Januar 1889. Im Anschluss an die Mittheilung des Herrn Carl Eichhorn vom 21. d. M. in No. 8 erlauben wir uns ergebenst initzutheilen, dass auch hier schon im Jahre 1864 oder 1865 Pappen aus Torf auf der Langsieb-, wie auf der Cy- lindermaschine gemacht worden sind Die Torfpappen liessen sich aber nicht einführen, weil sie sehr brüchig und die Herstellungskosten derselben dadurch sehr theuer waren, dass Siebe und Filze stark angegriffen wurden. Ullmann & Comp. Papierfach-Klub in Chicago. Infolge Einladung einer Anzahl erster Firmen vereinigten sich am 23. November 1888 im Palmer house in Chicago 12 Herren des Papierfachs, meist aus leitenden Firmen, zu einem Essen, welches den Zweck hatte, einen Fach-Verein, den Chicago Paper Trade Club, zu bilden. Auf den Speisekarten stand der Wahlspruch: »Handelt wie gegnerische Rechtsanwälte, strebet mit aller Macht vorwärts, aber esset und trinket zusammen als Freunde.« Musikbegleitung erhöhte die gute Stimmung, und der beabsichtigte Verein wurde ins Leben gerufen. Zweck desselben ist: Erzeugung besserer Stimmung, Bekannt werden der Fachgenossen durch gesellige Zusammenkünfte, sowie Gelegenheit zur Besprechung von Fachangelegenheiten. Fabrikanten wie Händler können Mitglieder werden, müssen sich jedoch einer Abstimmung unterziehen. Der jährliche Beitrag ist auf 5 Dollar festgesetzt. Die regelmässigen Zusammenkünfte bestehen in gemein samem Mahl, welches jeden dritten Donnerstag in den Monaten von Oktober bis Mai auf gemeinschaftliche Rechnung eingenommen wird. Präsident ist J. W. Butler, Sekretär J. Fred. Waggoner, Herausgeber von »The Western Paper Trade«, dem wir diese Mittheilungen ent nehmen. Wir haben oft betont, dass das Zusammenkommen der Fach genossen, der Austausch von Erfahrungen und die nähere Bekannt schaft unter einander zur Herbeiführung angenehmer Geschäfts beziehungen wesentlich beitragen. Diese Seite des Vereinslebens ist wohl eben so hoch anzuschlagen, wie die Maassregeln zur Förderung der gemeinsamen Interessen. Unsere Fachgenossen in Chicago haben daher nicht unrecht, wenn sie diese bei uns nebenhergehende ge sellige Vereinigung vornanstellen. Ein kluger Mann vermeidet jeden Wortstreit, wenn keine Aussicht vor handen ist, dass er den Gegner überzeugt.