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PAPIER-ZEITUNG. No. 53 pondirende Isotherme, welche den nördlichen Theil vom Staate Michigan schneidet, geht in Kanada in einem ungeheuren Halbkreise bis zum 60. nördlichen Breitengrade nach Osten hinauf. Wie ist es möglich, dass die Aussenwelt bisher so wenig vom Dominion of Canada wusste? Die Erklärung ist nicht schwer: Alles Land gehörte bis 1870 der Hudsons-Bay-Compagnie, und alle An gestellten dieser ehrenwerthen Körperschaft können mit Moltke um den Preis der Schweigsamkeit konkurriren. Die Schotten waren zu erst hier. Was das für tüchtige Geschäftsleute sind, beweist zur Genüge der Umstand; dass Juden in Schottland nie haben festen Fuss fassen können. Schotten werden sich kein schlechtes Ansiede lungsgebiet aussuchen. Die ehemaligen Beamten der Hudsons-Bay- Comp. haben hier grosse Vermögen erworben, besonders beim Bau der Eisenbahnen. Krupp könnte davon etwas erzählen. Reichthum und Luxus wachsen zusehend; das Geld wird hier meist mit Landspekulation »gemacht«. Die erleichterten Verbindungen bringen jetzt nicht nur die Yankees, sondern auch die »Canucks« schaarenweise nach »Jurrup«; der Kanadier hat aber den Vortheil, wie erwähnt, dass er meist auch französisch spricht. Die Franzosen haben auch eine Dampferlinie, aber mit verzeih lichem Stolz kann ich konstatiren, dass die Hansa-Linie heuer in 5 Wochen schon mehr Dampfer hier hatte, als sonst in 3 Monaten. Die Politik der konservativen Ottawaer Regierung ist ganz schutzzöllnerisch, obgleich eine starke Freihandelspartei besteht. Von den Zolleinnahmen werden aber die hohen Gehälter eines stattlichen Beamtenheeres bezahlt, daher ist an einen Wechsel so bald nicht zu denken. Die Eisenbahnen sind nicht Staatseigenthum, wie in Australien und Neu-Seeland, sondern Privat-Unternehmungen. Der Telegraph gehört auch Privatgesellschaften, nur 800 Meilen Eisenbahn, die I. C. R. = Inter Colonial Railroad, von Levis, gegenüber Quebec, bis Halifax, gehört dem Dominion, arbeitet aber unter dem Raub system oft mit Verlust. Die Kanäle dagegen gehören dem Staat. Die Einnahmen des »Dominion« gestalten sich für 1890-91 wie folgt: Zölle 23 500 000 Doll. Branntwein-, Cigarren- u. Tabaksteuer ... 7 000 000 „ Verschiedenes (Post, Kanäle, Landverkauf usw.) 8 700 000 „ Zusammen: 39 200 000 Doll. Die Ausgaben belaufen sich auf 36 700 000 Doll, so dass Mr. Foster, unser Finanzminister, hofft, mit einem Ueberschuss von 2 500 000 Doll, glänzen zu können. Die Politik der Regierung ist darauf gerichtet, die Privat-Eisen- bahngesellschaften reichlich mit Staatsmitteln zu unterstützen, denn das veranlasst die Bauern zur Abgabe regierungsfreundlicher Stimm zettel. Die Staatsschuld Kanadas beläuft sich auf 238 671 145 Doll. Der neue Tarif brachte verschiedene Veränderungen. Es zahlen jetzt: künstliche Blumen 25 pCt., alles Gedruckte von Stahl- und Kupferplatten (sogenannte Blanks) 35 pCt., Arbeits-, Schreib-, Hand schuhkästchen usw. (Fancy Work) 35 pCt., Gold- und Silberschaum papier (Blattmetall) 30 pCt., Lederpappe und künstliches Leder 3 Cents das engl. Pfd., flüssiger Leim und flüssiges Gummi arabicum (Mucilage) 30 pCt., Gemälde, Stahl- und Kupferstiche 20 pCt., Blei stifte 35 pCt., photographische Trockenplatten 9 Cents der Quadrat fuss, Albumin-Papier, chemisch präparirt 25 pCt., Schieferstifte 25 pCt., Handtaschen, Börsen- und Brieftaschen 35 pCt., Bindfaden baum wollene 1 Cent das engl. Pfd. und 25 pCt. Bindfaden zum Binden von Getreide-Garben, Jute, Manilla, Sistal, Manilla und Sistal gemischt 25 pCt., alle andern Sorten 30 pCt. Wer falsche Rechnungen einreicht, setzt sich der Gefahr aus, dass die Waaren einbehalten werden, er selbst aber noch zu mindestens 500 Doll. Strafe bezw. Gefängniss verurtheilt wird. Wer hier in Kanada auch nur unausgefüllte Rechnungsformulare (Blanks) von seinen Geschäftsfreunden in Besitz hat, kann bis zu 500 Doll, ge straft werden oder hat 2—12 Monate im Gefängniss zuzubringen. Gegen Anfänger geht man ziemlich rücksichtslos vor, dafür sorgen schon die altangesessenen Geschäfte. »Germany is becoming more and more a manufacturing country!« ist jetzt der allgemeine Klageruf. Rollen- und Ballen-Packbretter und Latten billiger als die gebräuchlichen aus Föhrenholz liefern als Specialität Traun & Co., Hamburg. (48170 Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen der Papier- und Schreibwaaren-Industrie, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Brillant-Kleister. Zahlreiche an uns gerichtete Anfragen haben bewiesen, dass bisher ein zuverlässiger Klebstoff für Pergamentpapier fehlte. Der Brillantkleister der Firma E. E. Preuss in Breslau, Malergasse 30, soll diese Lücke ausfüllen. Die von uns im Kleinen angestellten Klebversuche fielen befriedigend aus und lassen vermuthen, dass der Kleister auch bei gewerblicher Verwerthung seiner Aufgabe entsprechen wird. Er hat das Aussehen frischen Stärkekleisters, ist aber konsistenter, anscheinend auch klebkräftiger und haltbarer als dieser. Nach Versicherung der Fabrik hält er sich monatelang ohne sauer zu werden oder »umzuschlagen;« darf aber nicht mit Eisen in Berührung kommen. Zum Aufstreichen benutzt man daher nicht blechgefasste, sondern mit Schnuren gebundene Pinsel. Als weitere Vorzüge des Brillantkleisters rühmt die genannte Firma, dass er frei von Alkalien und Säuren ist, zarte Papiertöne nicht verändert und zu einer wasserhellen elastischen Schicht eintrocknet. Er soll sich besonders auch zum Grundiren von Papier eignen, das lackirt werden soll. Beim Kleben von Pergamentpapier wird er unverdünnt ver wendet, bei andern Arbeiten können 50 bis 75 pCt kaltes Wasser zugesetzt werden. Es wird empfohlen, den Brillantkleister nur ganz dünn aufzustreichen. Merkzettelrolle. Die Verwendung von Rollenpapier für unter geordnete Schreib- und Verbrauchszwecke gewinnt immer weiteren Boden. Rollengestelle mit Abreissvorrichtung werden nicht allein zur Aufnahme von Pack- und Klosetpapier, sondern auch, wie die in Nrn. 16 und 49 besprochenen Apparate beweisen, für solche Zwecke eingerichtet, für welche man früher Blocks verwendete. Die Möglichkeit, die Grösse des abzureissenden Zettels genau dem jeweiligen Bedarf anzupassen, lässt die Benutzung von Rollenpapier zweckmässig und sparsam erscheinen. Die Anregung zur Herstellung solcher Rollengestelle ging von Amerika aus, und auch die beiden nebenstehend ab gebildeten Formungen sind amerikanischen Ursprungs. Beide sind bestimmt, auf Tisch oder Pult ihren Platz zu finden und Gelegenheit zum Abreissen von Auftrags-, Nach- richts- und son- Fig. 1 zeigt eine standfest gebaute, reich ausgestattete, Fig. 2 eine leichtere, einfachere Formung. In beiden Fällen ruht die Rollenaxe in Schlitz lagern; als Abreiss vorrichtung dient bei Fig. 1 ein be wegliches, durch Fe derdruck gegen eine Schiene pressbares Messer, bei Fig. 2 eine feststehende Schiene. Auch in dieser Form werden die Rollen-Apparate voraussichtlich rasch zu »Standards- Artikeln für Schreibstubenbedarf werden. Englisches Trauer-Postpapier. Unter Bezugnahme auf unsre Mittheilung über englisches Trauer-Postpapier in Nr. 48, Seite 1133, theilt uns die Firma Theyer & Hardtmuth in Wien mit, dass sie Trauerpapiere der beschriebenen Art schon seit geraumer Zeit anfertige. Eine uns vorgelegte Musterschachtel veranschaulicht das Erzeugniss der Wiener Firma. Briefbogen und -Umschläge sind in Kleinpostformat aus feinem starkem sahnfarbigem Briefpapier ge arbeitet und zu je 50 Stück in einer schwarz überzogenen Schachtel untergebracht, deren Deckel in Silberprägung die schräggestellte Inschrift trägt: »Mourning Note Paper«. Auch die vorstehenden schrägen Kanten der Boden- und Deckelplatten sind mit Blattsilber belegt.