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WMtt sm UWM Beilage zu Nr. 25. ' Donnerstag. 29. Februar 1912. Derrksprüche für «ewüt ««d Verktavd. Reiche Herzen erleben viel in kurzer Zeit Spielhagen. '«MMMMWWW»MNM»SW»MWWWMWWWMW»MWWWM»^»WWW»MWMM— Die neuen Vorschriften uber^ie Versicherung. (Schluß.) Nach diesen Grundsätzen war daher zu prüfen, ob Dom 1. Januar 1912 ab für die versicherungspflichtigen Personen Marken einer anderen Lohnklasse als bisher zu verwenden waren. Vom 1. Januar ab wurden Zusatz marken zum Preise von 1 Mark ausgegeben. Durch die Verwendung von Zusutzmarken wird der Anspruch aus eine Zusatzrente für den Fall der Invalidität erworben. Jeder Versicherte kann zu jeder Zeit und in beliebiger Zahl Zusatzmarken einer beliebigen Versicherungsanstalt in die Quittungskarte einkleben. III Beschäftig««gsort, Betriebssttz. Die Versicherung hat bei derjenigen Versicherungs anstalt zu erfolgen, in deren Bezirk die zu Versichernden beschäftigt sind (8 1329). Beschäftigungsort ist der Oct. an dem die Beschäftigung tatsächlich stattfindet (8 153). Für Versicherte, die an einer festen Arbeitsstätte (Betriebs- dtenststätte) beschäftigt werden, gilt diese als Beschäftigungs ort auch, während sie außeihalb für den Arbeitgeber einzelne Arbeiten von geringer Dauer ausführen. Das Gleiche gilt für Versicherte, die von einer festen Arbeits stätte aus nur mit einzelnen Arbeiten wechselnd in Be- zirken verschiedener O-ts- oder Landkrankenkassen beschäf tigt werden. Für Veschäftigungsverhältnisse ohne feste Betriebsstätte gilt als Beschäftigungsort der Sitz des Be triebes (8 154). Mitglieder einer Betrtebskrankevkasse müssen auf Antrag des Arbeitgebers bei der Versicherungs- anstatt des Betüebsbcsitzers versichert werden. IV. Gegenstand der Versicherung sind: 1. Invalidenrenten, 2. Altersrenten, 3. Renten, Witwengeld und Waisenaussteuer für Hinterblie bene (Z 1250). Auch kann die Versicherungsanstalt 4. ein Heilverfahren etnlciten, um die infolge Erkrankung drohende Invalidität eines Versicherten oder einer Witwe abzuwenden (8 1269). Witwenrente erhält nur die dauernd invalide Witwe nach dem Tode ihres versicherten Ehemannes. Waisenrente erhalten nur Kinder unter 15 Jahren. Witwerrente erhält nach dem Tode der versicherten Ehefrau nur der erwerbsunfähige Witwer (falls die Ehefrau aus ihrem Arbeitsverdienste den Lebens unterhalt der Familie bestritten hatte), solange er bedürftig ist. Witwengeld erhält die versicherte Witwe nach dem Tode ihres versicherten Ehemannes. Die Waisenaus- steuer wird den Waisen bet Vollendung des 15. Lebens- jahres ausbezahlt. Die bisherige Leistung der Erstat- tung von Beiträgen bei Verheiratungen usw. ist weggefallen. 8 43 Jnvalidenversich rungsgesetzes (Erstattung der Beiträge wegen Bezugs einer Unfallrente) behält Geltung für diejenigen, welche vor dem 1. Januar 1912 durch Unfall dauernd erwerbsunfähig geworden sind. § 44 Jnvalidcnversicherungsgesetzes (Erstattung wegen Todes fall) behält Geltung für die Erstattung der Beiträge von Personen, die vor dem 1. Januar 1912 gestorben sind, v. Verfahren bei Feststellungen der Leistungen. Sämtliche Leistungen der Invaliden- und Hinterblie benenversicherung werden auf Antrag festgestellt. Anträge auf Leistungen sind an das Versicherungsamt zu richten (8 1613) Die Beweisstücke sollen beiliegen. Zuständig ist das Velsicherungsamt, in dessen Bezirk der Versicherte zurzeit des Antrages wohnt oder beschäftigt ist (8 1637). Hat der Versicherte keinen Wohn- oder Beschäftigungsort im Inland, so ist sein letzter inländischer Wohn- oder Beschäftigungsort maßgebend. VI. Marke«. Die Verwendung der Beiträge erfolgt wie bisher durch Einkleben von Marken in die Quittuagskarte. Die Für den Monat März nehmen alle Postanstalten und Briefträger sowie unsere Ausgabestellen und die Expedition noch jetzt Be stellungen auf unsere Zeitung entgegen. Für jeden Staatsbürger ist die Kenntnis der politischen Ereignisse unerläßlich und für jeden Stadt- und Landbewohner unserer Gegend ebenso die Kenntnis der lokalen Ereignisse, der Vorgänge auf wirtschaftlichem und geschäftlichem Gebiete der amtlichen Verordnungen und privaten Publikationen Deshalb Kei« Geschäft, kein Haushalt MR" ohne Lokalblatt! "WS Niemand ohne die Zeitung, die durch großstädtische Zeitungsablezer uiemals ersetzt werden kann, selbst wenn die letzteren zehnmal soviel bedrucktes Papier und noch so' viel scheinbare Vorteile für ihre Abonnenten bieten sollten. Marken müssen entwertet werden. Als Tag der Ent- Wertung soll der letzte Tag desjenigen Zeitraums ange geben werden, für welchen die Marke gilt, während bisher der Tag der Verwendung der Marken als Entwertungs tag angegeben wurde. Der Arbeitgeber entrichtet die Beiträge, indem er bei der Lohnzahlung für die Dauer der Beschäftigung Marken nach der Lohnklasse des Ver sicherten in die Qaittungskarte klebt. Wenn eine Lohn zahlung nicht statlfindet, sind die Marken spätestens bei der Beendigung der Beschäftigung einzukleben. vii. O«tttungskarte«. Die Karte darf nur die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben enthalten und keine besonderen Merkmale tragen. Vor allem darf aus ihr nichts über Führung oder Lei stungen des Inhabers zu entnehmen sein. Der Versicherte hat sich die Quittungskarte ausstellen zu lassen und sie zum Einkleben der Marken rechtzeitig vorzulegen. Binnen zwei Jahren nach dem Tage der Ausstellung soll die Karte zum Umtausch eingereicht werden. Ist dies versäumt, so muß im Streitfall der Versicherte beweisen, daß die An wartschaft erhalten ist. Niemand darf eine Quittungskarte wider den Willen des Inhabers zurückbehalten. VIII. Wechsel der Beschäftig««-. Beschäftigen mehrere Arbeitgeber den Versicherten während der Woche, so zahlt der erste von ihnen den ganzen Betrag Hat weder er noch der Versicherte selbst den Betrag entrichtet, so hat der nächste Arbeitgeber den Beitrag zu entrichten, kann aber von dem ersten Ersatz beanspruchen. Ist der Versicherte gleichzeitig von mehreren Arbeitgebern versicherungspflichtig beschäftigt, so haften sie als Gesamtschuldner. ix. Abzüge. Die Versicherungspflichtigen müssen sich bei der Lohn zahlung (Abschlagszahlungen gelten picht als Lohnzahlung) die Hälfte der Beiträge vom Barlohn abztehen lassen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann näher bestimmen, wie der Beitragsteil Versicherungspflichtiger aus ihrem Entgelt zu erstatten ist, wenn dieser nur aus Sachbezügen besteht oder vom Dritten gewährt wirs. Im übrigen gelten die bisherigen Bestimmungen. X. Nachträgliche Beitragse«tricht««g. Pflichtbeiträge sind unwirksam, wenn sie nach Ablauf von zwei Jahren, falls aber die Beitragsleistung ohne Verschulden des Versicherten unterblieben ist, nach Ablauf von vier Jahren nach der Fälligkeit entrichtet sind. Frei willige Beiträge und Beiträge über die gesetzliche Lohn klasse hinaus dürfen für mehr als ein Jahr zurück nicht entrichtet werden, ebensowenig nach Eintritt dauernder oder vorübergehender Invalidität oder für die weitere Invalidität. xi. Verjährung. Der Anspruch auf Rückstände, soweit solche nicht ab sichtlich hinterzogen sind, verjährt in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit. Anfragen über die Versicherungspflicht bestimmter Personen sind nach wie vor an den Vorstand der zuständigen Versicherungs anstalt zu richten, gegen deren Bescheid auf Anrufen deS Versicherungamts und auf Beschwerde endgültig das Ober- verstcherungsamt entscheidet. Aus Sachsen. Wilsdruff, den 28. Februar. Zur Verhaftung des Landgerichtsrates Dr. jur. Snell in Dresden schreibt man: Die Voruntersuchung gegen Dr. Snell nimmt einen großen Umfang an. Außer Dr. Snell sind auch noch einige andere Persönlichkeiten mit an der Affäre beteiligt Es sind dies namentlich Priva tiers, die gegen hohe Zinsen und Gebühren dem Verhaf teten große Geldsummen verschafft haben. Landgerichts rat Dr. Snell hat rund 60000 Mark Schulden. Aktiven sind überhaupt nicht vorhanden. Auch mehrere Juweliere sind nicht unerheblich geschädigt. Dr. Snell pflegte seine Verehrerinnen stets mit reichen und kostbaren Schmuck- fachen zu belohnen. — In der Nähe des Hochreservoirs des Wasserwerkes Dresden-Trachau wurde Sonntag ein unbekannter, etwa 30 Jahre alter Erschossener aufge funden. Es liegt Selbnmord vor. Ec ist 170 Zenti meter groß, hat blonde Haare, ebensolchen Schnurrbart Der Rurier des Königs. Erzählung aus dem Jahre 1813 von Friedrich Thieme, lös (Nachdruck verboten.) »Sie ersparen dadurch eine große Anzahl von Kilometern und erreichen die Grenze bei Neustadt, statt, wenn Sie über Dresden gingen, in der Gegend von Sebnitz oder Schandau. Auch denke ich, daß man Ihnen dort nicht so sehr aufpaßt als in anderer Gegend, da man annimmt, daß Sie Ihre Route über Dresden zu machen beabsichtigen/ „O, die Gefahr dürfte keinesfalls geringer sein, aber die Hauptsache ist die Kürze des Weges — Ihr Vorschlag ist gut, lieber Freund, ich nehme ihn an/ Vor dem Flüchtling und seinem Führer lagen drei Stunden Nacht. Entschlossen, diese gut zu be nutzen, schonte der junge Bauer Zügel und Peitsche nicht. Seine Vertrautheit mit dem Terrain kam ihm außerdem zustatten. Nicht ein einziges Mal sahen sich die Reisenden ^unruhigt um. Doch mehr und mehr verdrängten die Lichtschimmer des Morgens die willkommene Dunkelheit, immer deutlicher traten die Schatten der Gegenstände hervor und verwandelten sich endlich in diese selbst. Der Sturm hatte nachgelassen, es schneite nicht mehr, nur der schneidende Frost behauptete noch immer seine Herrschaft. „Wo sind wir?" fragte der Hauptmann besorgt. „Wenn ich mich Nicht irre, müssen wir ungefähr in der Gegend von Pulsnitz sem/ „Wie weit haben wir da noch bis zur Grenze?' »Gute vier Stunden in gerader Linie, da die Landschaft aber immer gebirgiger wird, und wir auch den Aufenthalt und etwaige andere Hinder nisse in Betracht ziehen müssen, wenigstens doppelt so viels/ „So nahe — und doch so weit', murmelte Felix ungeduldig. „Soll ich irgendwo halten, damit wir uns wärmen und einen Imbiß nehmen?" — „Ich halte es für zu gefährlich/ „Es ist nur wegen des Pferdes." „Wenn es unumgänglich nötig ist, so tut es — im Notfall steige ich aus und verberge mich einst weilen." „Nicht doch, Herr, Sie müssen ebenso steif gefroren sein wie ich, — meine Beine sind zu Eis erstarrt." „So sucht ein einsames Gasthaus — ein Glas Grog wird unsere Lebensgeister wieder auftauen. Hört Ihr nichts?" „Was denn?" — „Ich höre etwas wie Schellen geläut." „Es wird ein Schlitten sein. Dergleichen be gegnen uns nun, nachdem es Tag geworden, in Menge. Sehen Sie —" In der Tat, ein Schlitten sauste daher, dem Fuhrwerk Hermanns entgegen. Zwei Männer in Pelzen saßen darin, einer derselben winkte dem jungen Bauer, anzuhalten. Dieser brachte sein Pferd einen Augenblick zum Stehen. „Was gibt's?" schrie er hinüber. „Wohin fahrt Ihr?" — „Nach Großröhrsdorf", beschick ihn Hermann aufs Geratewohl. „Wer ist der Herr?" — „Der Doktor aus Pulsnitz." „Nehmt euch in acht — wir sind angehalten und peinlich examiniert worden." — „Wo denn?" — „Etwa eine Stunde weiter unterhalb — an der Talmühle." „Von wem und zu welchem Zweck?" — „Von einer französischen Patrouille. Sie kreisen massenhaft da herum — suchen, glaub' ich, einen Spion." — „Verfluchtes Gesindel — schon gut, dank' Euch, Landsmann." Die Schlitten rasten aneinander vorüber. Kaum war das andere Fuhrwerk außer Gesichsweite, so hielt Hermann hastig an. „Was nun, Herr?" — „Wir müssen die Land straße verlassen und durch den Wald dort drüben fahren." „Wenn es möglich ist." — „O, die Straße scheint breit genug." „Wird es nicht ebenso gefährlich sein?" — „Vielleicht — Ihr sollt mich auch nur noch ein Stück hineinbefördern und dann umkehren — ich komme unter solchen Umständen zu Fuß bester als zu Wagen fort." „Aber Ihr seid total durchfroren!" „Pah, ich lauf' mich bald genug warm —vorwärts, Freund. Hier für alle Fälle Euer Honorar." „Nein, Herr ich nehme nichts." „Seid kein Tor. Ihr habt es redlich verdient/ „Lassen Sie mir die Genugtuung, dem Vater- lande gedient zu haben — ein für allemal, stecken Sie Ihr Geld ein." Der brave Bauer, wendete sich seinem Braunen zu und trieb ihn vorwärts. Am Wege, der nach dem Watte abbog, stand ein junger Mann in der Tracht eines Bauernburschen, sein Bündel auf dem Rucken, wie es schien, des Schlittens wartend. (Fortsetzung folgt.)