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Hrlt im v11 <l L<>v-7>v<>L<>L^>!>v!>VL<>!?d!XdL^>L^IXdtXdL<>8^2<2^S8»- Fußboden und murmelte aus halbgeöffneten Lippen: „Wohin fährst du denn, zu Anka?" „Erzählst mir ja auch nicht, wo du hin- willst — aber jetzt wollen wir ein bissel lustig miteinander plaudern und gib mir mal deine Patschhand. Ich glaube, die werd' ich mir wohl noch verdient haben. Also — bist du bereit?" Er streckte sie ihr hin. Aber sie zog erst ganz langsam ihren Handschuh an. „Siehst — du könnt'st abfärben ——" sagte sie heiter. Sie blickte naiv auf: „Und nun erzählst mir alle tollen Streiche, die du wieder ausgeführt hast —. Wieviel Leute und Bräute hast' denn inzwischen ange führt?" „Ich lasse sie einmal zusammenkommen und stelle sie dir nachher alle vor — —" Da sah Milly, wie dem hübschen Mädchen eine Träne an dem Augenlid hing. Ob sie her- «ögefallen war? Vielleicht direkt auf die Männerhand? Sie setzten sich jetzt nebeneinander. Sie hielten ihre beiden Hände ineinander. Es sah, innig aus. Milly blickte auf das Men- schenpaar hin. Staunend und lächelnd. Ob er das war? Um dcssentwillen der Vater gesagt: „eher schieß ich dich tot -" Na, Milly Grittberg ging das nichts an. Sie versank in Gedanken, in strenge, selbst betrachtende Gedanken. Sie sah nicht mehr den Wald und die Berge, sie hörte nicht, wie der Bach über sein Felsenbett Polterte. Sie dachte nach. Eine ganze lange Weile. Sie zog Schlüsse über ihr zukünftiges Leben, über die Menschen, mit denen sie in ganz nahen Verkehr treten sollte. Da war das Pfarrhaus Günther Nud- recht — Sie überraschte sich selber bei dem Gefühl wie entsetzlich ihr dieser Mann einst gewesen war. Wie scharf er sie damals als Kind ge tadelt hatte. Hatte sie den Tadel verdient? Ja. O ja, bejahte sie sich selber. Pfarrer Rudrecht hatte Gründe dafür gehabt. Zahl lose. Milly nahm das Gedächtnis immer mehr zu Hilfe über sich, über das tägliche Leben klar zu werden, welches ihrer im Pfarrhause zu Tirschnitz harrte. Die Kinder hatten so guten Eindruck auf sie gemacht und sie würde ihren eigentlichen Charakter schon bald herausfinden. In diese Konzentration der Gedanken drang es in Millys Ohren: „Nimm mir's nicht übel, aber sonderlich taktvoll war's net von dir — das sind keine Torheiten mehr, Nichardel, das sind Schlech- igkeiten, ich kenn' und schätz' dich gewiß, aber — — mit dem Geschöpf da spazieren zu fahren " „Es war nur eine knappe Stunde " verteidigte sich das Nichardle und setzte hin zu: „Wenn ich dich jetzt so allerliebst vor mir sehe, dann möcht' ich mir an den Kopf greifen und mich selber fragen, warum ich der Melitta habe so öffentlich den Hof ge macht." „Soll ich mich etwa dafür bedanken, daß d's net heimlich gemacht hast? So red' doch Richarde!." „Frage nicht solchen Unsinn." „Na ja, wenn dus hättest heimlich getan, wär' ich jetzt deine angetraute Ehefrau und da möcht ich mir vielleicht jetzt an den Kopf greifen und mich fragen, wie ich so ein' gren zenlose Dummheit bnü' begehen können, freilich wie ich dich jetzt so mit allen Vor zügen neben mir sitzen hab', wärst du schon etwas Erstrebenswertes." Der Mann lachte bedeutsam und 'sagte, eins gewisse Erregung verbergend: „Na, da erstrebe mich doch, Biunla." „Wie du wieder die Sach' wickelst nein, man kann keine harmlose Bemerkung machen. Du sollst inir bloß klipp und klar sagen, was du gemeint hast mit der Me litta. Wirst du sie heiraten?" „Ist sic noch immer deine Freundin? So red' doch Mensch?" „Ich gab ihr, was ich hatte mich selbst aber nicht!" „Geh nur du — geh nur, ich glaub dir doch nicht!" Da rollte der Zug über die Brücke, die Tetschen und Bodenbach eint. Milly Grittberg ordnete sich den Hut, zog die Jacke über, die Handschuhe. In diesen: Moment erst schien sich das seltsame, streit lustige Menschenpaar der Gegenwart einer Fahrtgenossin bewußt zu werden. Und da stand der Zug auch schon. Nun grüßre der Herr Milly doch, als er aus dem Abteil stieg. Und seine Begleiterin war einen Moment ganz betroffen, dann flüsterte sie: „Ich weiß wirklich nicht Fräulein, ob wir Hübsches oder Häßliches vor Ihren Ohren geredet haben, aber gewiß haben S' daraus geschlossen, daß ein trauriges Geschick über uns waltet —" - Sie sah aber gar nicht traurig aus, sie kletterte ganz lustig, von seiner Hand gehal ten aus dem Wagen und sagte: „Ja so Richarde!, eigentlich hätten wir allen Grund, was Vernünftiges zu Mittag zu essen. Findst du das nicht auch in der Ordnung, daß wir da beisammenbleiben —" Er erwiderte nichts. Er sah Milly groß an. Sie stand noch auf dem Trittbrett. Er reichte ihr die Hand. Es wäre direkt unhöflich gewesen, wenn sie sie nicht genom men hätte. „Ich danke Ihnen," sagte sie. „Adieu, Fräulein! Glückliche Weiter reise!" sagte Bianka. Milly neigte grüßend das Haupt und sah den Davonschreitenden nach. In der wirklichen Tiefe ihrer Seele dachte sie: Er ist einer von den Menschen, deren Eindruck man zeitlebens behält. Fräulein Kamilla Grittberg hatte es sich leicht vorgestellt von ihrem Chef auf der Stelle die Entlassung zu erhalten. Er war aber mit einem leichten Schrcckensschrei zusammengefahrcn und hatte dann einen großen Folianten unsanft zusammengeklcwvt und zwischen Furcht und Hoffnung höflich gesagt: „Ich bin bereit. Ihnen mehr zu zahlen, als die Firma Ihnen zahlen will, wegen der Sie mir den Stuhl vor die Türe setzen." Fräulein Grittberg berichtete was sie zu tun beabsichtigte und der Chef antwortete ihr mit einer Stimme, die beinahe gellte: „Wußten Sic denn Ihren Urlaub zu nichts Besserem auszunützen, als sich als Ksnder- muhme zu verdingen. Sie . . . ? Meine beste Zeichnerin! Sie!? Von der wir eher erwarteten, daß Sie einmal zur Künst lerin heranrellen würden —!" Kamilla Grittberg zuckte zusammen. Einen kleinen Augenblick duckte sie das Gesicht, dann drehte sie es dem alten Herrn. der auf seinem Schreibsessel saß, mit Würde zu. „Herr Ditmarschen, ich bin überzeugt, in das Gefühlsleben eines Kindes eindrin gen, kleinen Eigentümlichkeiten, die sich in seinem Blute regen, feste Formen und Schönheit geben, ist auch eine Kunst." „Na ja, dann konzentrieren Sie sich nur auf diese Kunst." „Warum verspotten Sie mein ehrliches Wollen?" „Weil Sie mir leid tun! Weil ich weiß, daß alle Mädchen Stunden haben, in denen sie ihr Gefühlsleben als Frau, als Mutter ausleben möchten. Ja doch, ich kann's Ihnen nicht verdenken, Frau Pastor ist ein ganz schöner Titel . . . garnicht zu ver achten . . ." „Herr Ditmarschsn! !" Ihr stieg das Blut in den schlan- .ken, feinen Hals, daß er rot anlief, ' genau so rot, wie nachher das ganze Gesicht. (Fortsetzung folgt.) Rönig vsn Vueussen genannt cker „Grosses Eine Lebensbelcuchtung zum 2l)0j ihr. Geburtstag von K. von Linz. Die Größe zwingt nicht aus die Knise So mühelos erstand, Die fern von Schmerzen und von Fehl Nur jene, die sich selbst bezwang Sich selbst zum Opfer bracht' . . Die bleibt des Deutschen Stolz und Ehr' Seal Stern in dunkler Nachl! Diese fast unbekannten Verse des toten Dichters Heinrich von Kleist strahlten als Motto über jenem Abschnitt der Geschichte, welcher am 24. Januar 1712 mit dem Au genblick begann, als dem König Friedrich Wilhelm dem Ersten und seiner Gemahlin, der Prinzessin Sophie Dorothea von Han- ! nover ein Sohn geboren wurde. Wenn ! Frau von Nocoulle, seins spätere Erziehe- rin, im vertrauten Zwiegespräch mit der i weichen, künstlerisch beanlagten Königlichen Mutter, klagend in die Worte ausbricht: i „Warum ist er nicht wie sein Vater," so meinte sie damals noch nicht den gewaltigen . Unterschied in Wesen und Art, der sich im i Lause der Jahre immer schärfer heraus- bildete und der schließlich Zu jener unaus bleiblichen Entfremdung führen mußte, sondern sie wehklagte über die außerordent liche Zartheit des'Kindes, dessen regsamer, niemals müder Geist schon damals auf Kosten des kleinen Körpers wuchs. Frau Won Nocoulle war es auch, die den Prinzen mit jener Weichheit und übertriebenen Zartheit umgab, die er später unter heißen Schmerzen ablegen mußte. Als sich König Friedrich Wilhelm der Erste, nachdem er Zeuge geworden, wie sein kleiner Sohn beim Anblick eines bösen, von einem Jäger erschossenen Hundes in Krämpfe verfiel, seiner Erziehung bemächtigte, da war in dem reichbegabten Knaben bereits so viel Weiches und Künstlerisches festgewachscn, dotz es Brüche und Schmerzen in Mena«