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Gevkraloberst v. Pl'sien, Geveraladjutavt des Kaisers, feiert sein 50 jähriges Miliiärdievstjubilävm. Karl Hagenbeck, der Inhaber des Stcllinger Tier parkes, wurde vom Kaiser persönlich zum preußischen Kommerzienrat ernannt. Sir Robert Hart, der ehemalige Generalinspektor des Zollwesens von China, ist gestorben. Aus Stadt und Land. Mitteilungen aus dem Leserkreise sür diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 22. September. Geschichtsforschung und religiöse Weborzeugung. Die allerneueste Luther-Biographie stammt aus der Feder eines ge lehrten Jesuiten, des Innsbrucker Prosessors Hartmann Grisar. Von katholischer Seite ist sie als „ein ganz überragendes Meisterwerk historischer und psychologischer Ergründung" angesprochen worden, und die protestantische Kritik rühmt die vornehme Ruhe dieses Werkes, das förmlich dazu geschrieben sei, „die Reputation der katholischen Luther-Geschichtsschreibung wieder herzustellen". Also ein Versuch, bei aller Wahrung des katholischen Empfindens, einem Luther noch anders und besser gerecht zu werden, als es in dem ultratendenziösen Buche des Dominikaners Denifle geschah. Es ist nicht das erste Mal, daß auch katholisch-religiöse Ueberzeugung dem deutschen Resormator eine gewisie Bewunderung entgegenbrachte. Das klassische Beispiel hat ja Döllinger geliefert. Je niehr er sich in die Geschichte des 16. Jahr hunderts versenkte, umso anerkennendere Worte sand er sür „diesen Titanen der Geisterwelt". Nicht, daß er die „Macht und Stöcke der Resormation" einfach mit der Persönlichkeit Luthers in eins gesetzt hätte; aber er gab doch „Luthers überwältigende Geistesgröße und wunderbare Vielseitigkeit" unumwunden zu, und er meinte: „Es hat nie einen Deutschen gegeben, der sein Volk so intensiv verstanden hätte, und wiederum von der Natur so ganz ersaßt, ich möchte sagen, von ihr eingesogen worden wäre, wie dieser Augustinermönch zu Witten berg; Sinn und Geist der Deutschen war in seiner Hand wie die Leier in der Hand des Künstlers". Umgekehrt haben protestantische Geschichtssorschcr häufig ein sehr feines Verständnis sür katholische Werte und Persönlichkeiten bekundet; erinnert sei nur an Karl von Hases allseitige Würdigung des heiligen Franz von Assisi, Leopold von Rankes Geschichte der Päpste, und Albert Hanas Kirchengefchichte Deutschlands. Der abgeklärte und innerlich vornehme Forscher wird auch bei solchen geschichtlichen Entwickelungen, die ihm nach der kon fessionellen Seite hin unerquicklich erscheinen, und die er von seiner anderen Ueberzeugung aus klar und scharf kritisiert, doch niemals nur einseitig die Skandalchronik ausspüren und breit treten. Selbstver ständlich kann es auch bei dem wissenschaftlichsten Historiker eine eifes- kühle, absolute Voraussetzungslosigkeit nicht geben. Sein Urteil wird immer irgendwie von einem Weltanschauungsmomente beeinflußt sein, und bei der Betrachtung des speziell Religionsgeschichtlichen kann der persönliche, religiöse Glaube am allerwenigsten ausgeschieden werden. Gleichwohl kann man sich das wahren, was Karl Sell in seinem ausgezeichneten Buche über „Katholizismus und Protestantismus" als „die volle Weite eines universalgeschichtlichen Horizontes" bezeichnet hat. Eine besonders schwierige Sache ist die Erforschung der Anfänge der christlichen Religion. Und zwar nicht bloß wegen des bruchstück- artigen Charakters der zur Verfügung stehenden Quellen. Daß Jesus eine geschichtliche Persönlichkeit gewesen ist, das kann trotz Bruno Bauer und Drews auf historisch-kritischem Wege unschwer bewiesen werden. Aber was dieses Jesus eigentlichstes Wesen und Wollen war, und waS seine letzte und tiefste religiöse Bedeutung ist, mit einem Worte, ob und wie der Mann von Nazareth als der Christus, Messias oder Herr zu sassen sei, darüber kann die Geschichtsforschung als solche keinen endgültigen und zwingenden Ausschluß geben. Hier entscheidet nur ein Willensakt der religiösen Erfahrung, ein Glaube, für den das geschichtlich Gewesene ganz gewiß von grundlegender Be deutung ist, der aber letzten Endes aus seinen eigenen, unmittelbaren Quellen Leben und Weisheit schöpft — zur Lösung des Christus- Problems . . . — Der Sächsische Landtag wird, wie mau uns aus Dresden schreibt, nunmehr am Dienstag, den 7. No« vember, eröffnet, worauf am 8. November die erste Sitzung und am 9. November die feierliche Eröffnung im Restdeuzschlofse folgen. Voraussichtlich wird die Tagung infolge der bevorstehenden Reichstagswahlen eine v er- wöchentliche Unterbrechung erfahren. — Landeslotterie. Die Ziehung der 5. und letzten Klaff; der 160. König!. Sächs. LandeSlottcrie findet in der Zeit vom 4. bis mit 26. Oktober statt. In dieser Klasse kommen bekanntlich die höchsten Hauptgewinne zur Ausspielung. So u. a. das große Los im Betrage von 500000 Mark und Gewinne von 200000, 150000 und 100000 Ma,k. sowie am letzten ZiehungStage die Prämie von 300000 Mark, die an diesem Tage mit auf den zuletzt gezogenen höchsten Hauptgewinn fällt. — Ansteckende Tierikrankheiten in Sachsen. Nach dem amtlichen Bericht der Königlichen Kommiisston für das Vcterinärwesen über die am 15. September 1911 im Königreiche Sachsen herrschenden, ansteckenden Tier, krankheiten wurden festgestellt: a) Milzbrand in 1 Gehöft in Dittmannsdorf (Amtsh. Freiberg), zusammen in 8 Gemeinden und 8 Gehöften (am 31. August 1911: in 5 Gemeinden und 6 Geh.): b) Rauschbrand in Frankenthal (Amtsh. Bautzen); c) Maul- und Klauenseuche in 1 Geh. in Freiberg, zusammen in 247 Gem. und 707 Ged. (231 Gem u. 549 Geh); 6) Räude der Pferde in 1 Geh. in Leipzig; e) Rotlaus der Schweine in 1 Geh. in Koielitz (Amtsh. Großenhain) (3 Gem. u. 3 Geh); l) Schweine« leuche einschl. Schweinepest in 5 Gem. u. 6 Geh. (4 Gem. u. 5 Geh ); e) Geflügelcholera in 1 Geh. in Freiberg, zusammen in 19 Gem. u. 22 Gey. (9 Gem. u. 10 Geh.); d) Hühnerpest in 1 Geh. in Borsdorf (Amtsh. Leipzig), (2 Gem. u. 2 Geh.); i) Brustseuche der Pferde in 3 Gem. u. 6 Geh. (3 Gem. u. 7 Geh); K) Rotlausseuche der Pferde in 2 Gem. u. 2 Geh. (2 Gem. u. 2 Geh.); h Gehirnrückenmarkseutzündung der Pferde in 24 Gem. u 24 Geh (19 Gem. u. 20 G-h.) — Herbst. Von allen Jahreszeiten kommt uns der Herbst, der am 24. September seinen kalendermäßigen Anfang nimmt, am überraschendsten. Ec ist alljährlich oa, ehe stchs man versteht. Während man auf dm Frühling wochenlang mit Sehnsucht wartet, während Sommer und Witter ganz unbemerkt eintreten, erweckt gerade die Tat sache, daß es „schon wieder einmal Herbst ist" alljährlich neues Staunen. Vielleicht ist der Grund hierfür darin zu suchen, daß wir gerade den Sommer, die Sonnenzelt des Jahns, so ungern entbehren möchten, und daß uns dieser selbst bei langanhaltender sommerlicher Witterung immer noch nicht lang genug erscheint. Wie dem auch sei, mit der Tatsache des Herbsteintritts müssen wir uns wohl oder übel abfinden. Im übrigen hat auch der Herbst seine Eigenschaften, die ihn uns lieb und wert machen. Allerdings hat die Länge der Tage in wenigen Wochen ganz erheblich abgenommen, und eine weitere ständige Abnahme der Tage steht uns noch bevor. Auch ist in den Nachtstunden die Temperatur zeitweilig schor, etwas kühl, und Wiesen und Felder werden bald Wieser reichlicheren Morgentau tragen. Gerade der frühere Ein tritt der Dunkelheit bringt jedoch auch wieder anheimelnde Momente mit sich. Früher als sonst wird abends die Lampe angezündet, um die sich die ganze Familie in trautem Kreise versammelt. Dem Landmann, der bis zum Eintritt der Dunkelheit rüstig auf dem Felde gear beitet und geschafft hat, wird der Heimweg doppelt lieb, wenn ihm schon von weitem der Helle Lampenschein de» Weg zu seinem Heim weist. Nach eingenommener Abend. Mahlzeit wird dann die Pfeife angezündet, die lang ent behrte oder vrrnachläistate Zeitung kommt wieder zu Ehren, und draußen auf der Tenne oder im warmen Stall pro- biert irgend einer der Knechte die neu erstandene Zieh harmonika, in deren melodische Klänge der Chor der übrigen singend eiufällt. Der Städter aber, der an einem Herbstabeud ein Dörfchen durchwandert, spürt von allem diesen ein wundersames Gefühl von Hstmatfrieden durch seine Brust fluten. Im übrigen bringt der Herbst mit seiner reichen Wein-, Obst- und Feldfruchternte immerhin noch eine tüchtige Arbeitslast mit sich, wie er andererseits mehr als irgend eine sonstige Jahrrszelt den Segen der Natur für die Arbeit eine« ganzen Jahres in Hülle und Fülle schenkt. Und auS allen diesen Gründen soll uns auch der Herost ein g:ru gesehen Las. sUr. Bald ist auch er vorüber, und wer zu leben versteht, wird sich be- mühen, vorher noch soviel als möglich von seiner Schön- heit und seinem Reichtum zu erhaschen. — Die Presie. Wenn wir zu diesem etwas heiklen Thema au dieser Stellt das Wort ergreifen, so sind es nicht Beweggründe merkantiler Konkurrenzart, die uns die Feder in die Hand drücken. Denn jede Zeitung erfüllt einen gewiss?!, kulturillen Missionszweck, den man ihr nicht absprechm darf, mag er sich auch noch so sehr nach rechts oder lirks halten. Aber diese Kulanz hindert uns nicht, einem U-belstande zu Leibe zu gehen, der sich besonders im letzten Jahrzehnt immer breiter und breiter wacht. Das ist die leidige Angewohnheit des verehrten Leserkreises auf Kosten der heimatlichen Presse dec Großstadtpresse immer mehr Tür und Tor zu öffnen. Niemals aber wird die Großstadtpresse dem, der es mit der Heimat gut und ehrlich meint, die Heimatpreffe voll und ganz ersetzen könnm. Ebensowenig kann es die Lokalpresse der Nach- barbezirk-, obwohl fie verschiedentlich in unseren Bezirk durch Gratislieferung während ganzer Monate etnzudringen versucht. Von den ideellen und ethischen Gründen, die doch gewiß schwer ins Gewicht fallen, wollen wir hier ganz schweigen. Nur das rein praktische Moment soll hier zu Worte kommen. Alles das, was die engere Heimat deS Abonnenten, der nicht Großstädter ist, angeht, muß die fremde Presse geringer beachten, in verkürzter Form bringen. Alle jene Ereignisse, dir den Ortseingeseffenen interessieren, leiden in der Registratur dieser Presse; nur die Lokalpresse kann hier voll und ganz Befriedigung schaffen, denn sie ist es ja in erster Linie, die die Jnterefle» der engeren Heimat schützt und fördert, Lie die berufene Vertreterin dieser Interessen ist. Deshalb, verehrter Leser, sei dir namentlich jetzt beim Quartalswechftl auch klar, daß nur die Heimatpresse allein dir das zu geben vermag, waS du zu verlangen hast. „Bist Du ein warmherziger Lokalpatriot, so mußt Du die Zsitung Deines Heimat platzes durch Rat und Tat, durch Abonnement und Inserat unterstützen. Denn, indem Du Deine Heimat- Presse, das „Wilsdruffer Wochenblatt" (Amtsblatt) unter stützest, dienst Du den gesamten Interessen Deiner engeren Heimat: Wer eine Hstmat hat, der pflege sie treu und gut auf jedem Wege!" — Die zweite Strafkammer des Kgl. Landgerichts Dresden verhandelte gegen den Fuhrwecksveityer Eouard Amon Adam aus Grumbach wegen Unterschlagung. Der Angeklagte brauchte G>:ld und bat deshalb eine ihm be freundete Frau um 200 Maik. Diese gab ihm ihr Spar kassenbuch über 1100 Mark Einlage. Adam soll unbefugt 900 Mark abgehoben und sich hierdurch der Unterschlagung schuldig gemacht Haden. D:r Angeklagte wurde kosten los frrigesprochen, da er das Geld zum größten Teil zurückgezahll hat und die Frau erklärte, sie sei damit einverstanden gewesen, daß er einen höheren Betrag abhebe. — Am Sonntag nachmittag hielt der unter der be währten Leitung des Herrn Gutsbesitzers Zschoche stehende König!. Sächs. Militärverein Neukirchen eine außer ordentliche Versammlung im Kr-tzlÄmarftHen Gasthofe in Neukirchen ab, die sich eines guten Besuches, auch von auswärtigen Kameraden zu erfreuen hatte; galt doch gerade diese Versammlung den demnächst zum Militär eintrcffenden Rekruten, von denen sich von Neukirchen und Umgegend viele etngefunden hatten. In markigen Worten begrüßte der Herr Vorsitzende die Erschienenen, worauf Herr Kamerad Kirchschullehrer Müller in seiner längere» Ansprache die jungen Kameraden zu ermahnen verstand zu Gottesfurcht, Königstrcue und Vaterlandsliebe. Zum Schluß wies Rwner noch hiu auf die Bedeutung des deutschen Soldatenliedes. Lauter Beifall lohnte die Aus führungen des Redners. — Durch einen unglücklichen Zufall ging am Freitag voriger Woche in der achten Abendstunde das Grundstück des Bäckermeisters Töpfer in Reinsberg in Flammen auf. Die in gesegneten Umständen befindliche Ehefrau Töpfers, welche deS öfteren von Schwinoelanfällen be troffen wird, war damit beschäftigt, vom Boden deS HauieS Futtermittel zu holen. Dabei wurde sie von einem Anfalle überrascht und fiel mit der brennenden Petroleumlampe, welche sie in der Hand hielt, hin. Die Lampe zerbrach, bas O-l entzündete sich und verursachte den Brand. Die Frau kam ohne Schaden davon. Gin deutsches Mädchen. Roman von Karl Meisner. (Nachdruck verboten.) Die Dame nahm eine Kerze vom Kamin, trat zur be zeichneten Wand und beleuchtete ein kleines Bild, das in kostbarem Goldrahmen dort hing. Unwillkürlich folgte ihr Martha mit den Blicken. Plötzlich fuhr sie zusammen. Täuschten sie ihre Augen? Langsam trat sie näher. „Mein Gott, welche Überraschung," flüsterte sie in freudiger Rührung. „Das ist eine Landschaft aus Deutschland, sagte mir Walser, aus der Pfalz am Rhein. Sie ist nach der Natur gemalt. Nicht wahr, das Bild ist entzückend? Es muß eine liebliche Gegend dort sein. Walser versprach mir, noch einige Bilder dieser Art zu besorgen, sie sind selten und finden rasch Liebhaber. Aber was ist Ihnen denn, Fräulein? Sie weinen ja schon wieder. Wecken diese Bilder Er innerungen an Ihre ferne Heimat?" „Gnädige Frau," sagte Martha schluchzend, „für dieses Bild haben Sie fünfundzwanzig Pfund bezahlt?" „Ja! Der Preis ist noch gering; in kürzester Zeit werden diese Bilder viel mehr kosten." „Fünfundzwanzig Pfund für ein Bild, von meiner Hand gemalt! O mein Gott, ich danke Dir" — wie im Ge bet faltete sie ihre kleinen Hände — „der gute Walser findet also doch seine Rechnung und ich lebe nicht von seinen Wohltaten. Gnädige Frau, diese Nachricht macht mich glücklich, ich danke Ihnen von Herzen dafür. Nun bin ich vollkommen sür die Angst entschädigt, die ich törichterweise auSgestanden habe." Martha erzählte kurz ihr Verhältnis zu Walfer und sprach ihr glückliches Empfinden aus, für die vielen Gut täten, die sie empfangen, sich durch ihre Arbeiten dankbar erweisen zu können. So gerührt jede andere Frau über diesen schönen Herzenszug der Künstlerin gewesen wäre — Frau Moogh blieb ihrer teuflischen Rolle unerschütterlich treu. „Ist es möglich, Sie sind die Künstlerin, der wir diese entzückenden Gemälde verdanken?" „Ja, ich male sie nach den Skizzen meines seligen Vaters, die er mir hinterlassen." „Nun, so müssen Sie wohl noch länger mit meiner Ge sellschaft vorlieb nehmen, denn ich werde bei Walfer längere Zeit verweilen, um von Ihnen zu hören. Vielleicht sind Sie auch so liebenswürdig, mir einige Skizzen Ihres ver storbenen Vaters zu zeigen und mir, wenn Sie ausgeführt sind, zu überlassen. Walfer fordert dann sicher keinen höheren Preis, trotzdem die Bilder jetzt ständig im Werte steigen." „Ich verspreche Ihnen von Herzen gern, gnädige Frau, Ihnen die Skizzen zu zeigen und dann nach Ihrem Wunsche zu malen. Ich will recht fleißig sein, damit Herr Walfer die Bilder Ihnen bald abliefern kann." „Jetzt aber will ich zunächst Zie abliefern, liebes Fräu lein," scherzte die schreckliche Frau in furchtbarer Zweideutig keit. „Der Wagen wartet unten schon die ganze Zeit. Der arme Kutscher wird bei diesem Wetter sich nicht sonderlich wohl fühlen auf seinem hohen Sitz." Martha war so glücklich über das, was sie eben gehört, daß sie jeden Argwohn fahren ließ. Rückhaltlos vertraute sie der Dame, die sie als zu jener Klasse von Menschen gehörend betrachtete, die man in England als sonderbare Kunstenthusiasten und Sammler nicht so selten findet. Auch ihre Künstlereitelkeit war erwacht — sah sie doch ihr Bild in kostbarem Rahmen im Salon einer anscheinend kunst verständigen Dame hängen — hörte sie doch, welch verhält nismäßig hoher Preis dafür gezahlt wurde. Auf einem andern Wege, wie auf dem ihres Ein tritts, verlieb Martha mit ihrer Begleiterin das Haus hoffnungsfreudig und vollkommen beruhigt. Ja, ihre ge sunde Jugend forderte ihre Rechte und Martha sagte: lächelnd: „Ich bin froh, wenn ich zu Hause bin, ich habe rechtschaffenen Hunger bekommen." „Aber, liebes Fräulein, warum sagten Sir mir denn nicht ein Wort davon! Ich bin untröstlich, Ihnen nicht etwas vorgesetzt zu haben." „Wir sind ja jetzt bald daheim, und außerdem macht sich das Hungergefühl erst jetzt bemerkbar." Die alte Magd leuchtete wieder mit einer Kerze. Martha drückte ihr an der Türe ein ansehnliches Geldstück in die Hand. Auf der Straße stand wartend der Wagen, sein Lenker ging im hohen Schnee auf und ab. Martha und ihre Begleiterin stiegen ein und schlossen den Schlag. Der Kutscher, der sich am Pferde zu schaffen gemacht, trat jetzt an den Schlag und schloß ihn noch ein mal, aber nur auf der Seite, auf welcher Frau Moogh Platz genommen hatte. Diese sagte lächelnd zu dem Mädchen: „Ter Kutscher hätte uns auch beim Einsteigen behilflich sein können, aber er ist gewiß in übler Laune wegen des langen Wartens." „So werde ich ihn trösten und am Ende der Fahrt ein besonderes Trinkgeld geben," erwiderte Martha in fröh lichster Stimmung. Kaum hatte der Kutscher, dessen Gesicht durch einen hohen Pelzkragen völlig verdeckt war, auf seinem Sitz sich niedergelassen, als Saffron eil'gst herzutrat. „Weißt Du, wohin Du fahren sollst", fragte er.? tzNein, die Damen haben mir noch nichts gesagt und ich vergaß, danach zu fragsn." „Du fährst meine Frau und Tochter nach dem India- Square, verstanden?" sagte Saffron mit verstellter Stimme. „Sehr wohl, Herr." Der Wagen rollte fast lautlos über den Schnee, selbst die Tritte deS Pferdes verhallten geräuschlos in der weichen, weißen Masse. (Fortsetzung folgt.)