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MM si- MW Beilage zu Nr. 105 Sonnabend K. September 1911. DentsprüÄe für Gemüt ««d Verfr^s. Wohnt Liebe gegen Gott in dir, so wird sie dich zum . Guten stärken; Du wirst die Gegenwart von ihr an Liebe zu dem Näch sten merken. Veteachtung Mm 15. Sonntag «ach Trinitatis. Luk. 13, 37: So gehe hin und tue desgleichen. So hat der Herr Jesus zu dem Schriftgelehrten gesagt, dem er auf seine Frage: „Was must ich tun, daß ich das ewige Leben ererbe" mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter geantwortet hatte. Es sollte d» Nutzanwendung sein, die der Schriftgelehrte aus der Geschichte für seinen eigenen Wandel ziehen sollte. „Gehe hm und tue dergleichen." Ob er darnach getan hat, das wissen wir nicht; aber das wisfin wir, daß dieses Wort im Laufe der Zeit immer w eder seine gewaltige, treibende Kraft bewährt hat. All: die Werke der Liebe und Barmherzigkeit, die in der weiten Christ-nheit getan Worden sind und noch getan werden, um leibliche und geistliche Nöte zu heilen oder doch wenigstens zu lindern, um Armen und Elenden aller Art zu helfen und ihre Lage erträglicher zu machen, um Wunden zu verbinden, Tränen zu trocknen, Verlorene zu suchen und Verirrte heimzubringen, alle diese Werke haben ihren Quellort vornehmlich mit in jenem Herrenwort: „Gehe hin und tue dergleichen", dem er umsomehr Kraft insofern ein gehaucht hat, als er selbst als der barmherzige Samariter ohne Gleichen hingegangen ist in den Tod, um die unter dem Mörder von Anfang gefallene und verblutende Menschheit zu retten und zu erlösen. An seinem Wort, wie an seinem Tun hat sich ein Feuer wahrer, echter Samaritcrliebe entzündet, dem nichts sonst in der Welt an die Seite zu stellen ist, haben unzählige Trieb und Kraft gefunden, ihr Hab und Gut, ihre Gaben und Kräfte, .ihre Zeit und ihr ganzes Leben hinzugeben im Dienste der Brüder und Schwestern. O, daß man in unseren Tagen dafür mehr Augen haben möchte, man würde nicht so abfällig vom Christentum urteilen, als es gar oft geschieht. Freilich die Hauptsache ist, daß das Wort: »Gehe hin und tue dergleichen" auch auf uns seine treibenre Kraft ausubt. Gerade die reiche Liebestättgkeit in der Kirch- Chr'sti bürgt für manche auch die Gefahr in sich, daß sie sagen: „Es wird ja so viel getan für die Not- leidenden, daß es auf meine kleine Gabe, auf meine ge ringe Person gar nicht ankommt. Es sind schon genug solche da, die Helsen wollen und können." Aber die also denken, was tun die im letzten Grunde anderes, als was auch der Priester und Levit in jener vom Herrn erzählten Geschichte getan haben. Nein, lieber Christ, auch du sollst mit in die Arbeit treten und wenn du auch noch so geringes leisten könntest; Gott kann auch das geringste segnen und er sieht nicht auf den Erfolg, den du dabei hast, sondern auf die Gesinnung, aus der heraus du es tust. Darum ist auch immer die Hauptsache, daß du zunächst erbarmend- Liebe im Herzen Haft. Von d-m Samariter heißt es auch zunächst: „Und da er ihn sähe, jammerte ihn sein". Solcher Jammer des Herzens wird dich dann schon zur helfenden Tat treiben, wo sie von dir gefordert wird, wie er jenen dazu getrieben hat, und wird dich auch die rechten Mittel finden lassen, durch welche du helfen kannst; denn die Liebe macht erfinderisch. Nun wohl, so nimm es heute als einen Stachel mit hinein in dein Leben: Gehe hin und tue dergleichen und denke daran, daß der, der gesagt hat: „Was ihr getan habt einem unter diesen geringsten von meinen Brüdern, das habt ihr mir getan", auch das Geringste, was du aus wahrer, rechter Liebe zur Beseitigung der Nöte in dieier Welt tust, zeitlich und ewiglich nicht unbelohnt lassen wird. Aus Sachssn. Wilsdruff, den 8. September. Wie aus Berlin gemeldet wird, hat sich in der Nähe von Hundekehle im Grunewald etwa 100 Meter vo: der Straße entfernt, der etwa 30jäh.ige Kaufmann Walter Zur bervorstehenden Herbst- u. Wintersaison machen wir alle unsere Leser in Geschäftskreisen wieder- holt ergedenst darauf aufmerksam, daß Wz» Mnmn die Seele de; Ische; ist. Es muß ohne weiteres einleuchten, daß nur derjenige auf einen zufriedenstellenden Absatz rechnen kann, der cs versteht, die Güte seiner Waren dem kaufenden Publikum rechtzeitig energisch vor Augen zu führen. Niemand ver säume deshalb, seinem Kundenkreise die neuesten Lager vorräte in unserem Blatte anzukündtgen. Eine wirkungs volle Ausgestaltung der Inserate wird auf Wunsch gern von uns übcrnomme«. Kuh aus Dresdr« erschossen. Kuh hielt, als er die Tat beging, eme Photographie seiner Braut in der Hand und hat an diese einen Abschiedsbrief geschrieben. — In der Altstadt schoß sich Dienstag nachmittag ein 21jähriges Zimmermädchen in selbstmörderischer Absicht eine Kugel in Lie Brust. Man brachte die Schwerverletzte ins Fried- richstädter Krankenhaus. Liebeskummer soll der Beweg grund zu ihrem Vorhaben gewesen sein. Konditor Rädler, Besitzer des Cafe Rädler in Riesa, erlitt vor einigen Tagen beim Rasieren eine kleine Ver letzung im Gesicht. Wahrscheinlich ist etwas Schmutz in die geringfügige Wunde gekommen, denn es trat alsbald Blutvergiftung ein, die den Tod des bedauernswerten Mannes herbeiführte. In Plaue bei Flöha wurde der unverheiratete 27jährtge Süß, aus Annaberg gebürtig, verhaftet. Er wird beschuldigt, sich seit einiger Zeit an Schulmädchen vergangen zu haben. Süß wurde zunächst dem Amts gericht Augustusburg zugeführt. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich am Dienstag vormittag auf dem Hofe des Eisen- und Metallgießerei grundstücks der Firma Iwan L Winkel an der Hans Sachsstraße in Plaue» i. V. Die beiden dort be schäftigten Arbeiter Wilhelm Gerstner und Alfred Dreikorn wollten eine Wand einer alten Stickmaichine niederlegen. Dabei fiel diese, die nahezu sieben Zentner wiegt, vor zeitig um und zerschmetterte den beiden Arbeitern je ein Bein. Tödlich verunglückt ist der 28jährige Hilfsmaschincn- wärter Ernst Goldhan aus Vielau, der im Faikschacht in Bockwa eine am Seilkord gelockerte Schraube wieder befestigen wollte, dabei aber von dem wieder in Betrieb gefitzten Stilkorb erfaßt und herumgeschleudert wurde, so daß er außer mehreren Arm- und Beinbrüchen schwere innere Verletzungen erlitt, die bald seinen Tod herbei führten. Der in Oberleuteus-orf-Rosenthal wohnhafte 28 Jahre alte ledige Bergmann Josef Spivak versuchte sich mit einem Revolver zu erschießen. Die Kugel durch bohrte die Brust in der Herzgegend. Spivak ist im Januar d. I. in einem Kohlenwerke durch herabfallende Kohle schwer verletzt worden und sollte demnächst als lebenslänglich arbeitsunfähig mit 18 Kronen (15 Mark) monatlich pensioniert werden. Die Aussicht auf eine trübe Zukunft hatte ihm die Waffe in die Hand gedrückt. Aurze Lhrsnik. Richter auf dem Heimwege. Ingenieur Richter ist gestern mittag auf der Fahrt von Saloniki in die Heimat in Belgrad eingetroffen. Er steht sehr angegriffen aus und wird voraussichtlich nicht direkt nach Jena fahren, sondern seine Reise noch mehrmals unterbrechen Di- große« Ueberschwemmungen in China. Wir berlchteten bereits wiederholt über die furchtbaren Ueberschwemmungen, von denen China in letzter Zeit heimgesucht wurde. Ein Telegramm der Deutschen Kabelsramm-Gesellschaft aus Shanghai meldet folgende Einzelheiten: Der Jangtsekiang erreichte seinen Höchst stand seit 40 Jahren. Infolge von Deichbrüchen sind die Provinzen Szetchwao, Honon, Hupeh, Hunan, Kiangei, Anhai und Nordkiangsu überflutet. Die Bauern flüchteten in die B rge und höher gelegenen Städte. In Wuhu ist die Lage am schlimmsten. Dort ist das Wasser sechs Fuß hoch. Die chinesische Presse schätzt die Zahl der Gin deutsches Mädchen. Roman von Karl Meisner. 131 (Nachdruck verboten.) »Herr Rechtsanwalt, Sie begehen einen Mord an Meiner Mutter! Seien Sie barmherzig, üben Sie Nachsicht. Sie sehen doch, ein Menschenleben steht auf dem Spiel. Nehmen Sie das Geld, das ich Ihnen biete und ich schwöre Ihnen, daß Sie in wenigen Tagen eine gleiche Summe er halten werden." Wie eine Sklavin, die ihre gefesselten Hände flehend ihrem Gott erhebt, daß er sie retten möge aus der twisten Schmach, so streckte das arme Mädchen zu dem Manne der Gerechtigkeit, dem Advokaten, seine kleinen gefal teten Hände empor. Saffron sah mit faunisch lüsternem Blick das junge Mäd chen an, das sich tiefster Seelenqual vor ihm am Boden Hun kaum merkliches Zucken umspielte seine Mund- nmttel, em loderndes Feuer glomm in seinen Augen auf wie her emem wilden Tier, das sich auf seine zitternde Beute stürzen wul, nm sie zn zerreißen. Bald aber trat der alte starre Ausdruck wieder in sein Gesicht. »Ihre Mutter wird davon nicht sterben," sagte er roh. „Wenn Sw dies aber trotzdem fürchten, so befriedigen Sie meine Forderung mit dem Mittel, das Ihnen zu Gebote lieht-" Er faßte nach ihren Händen und versuchte, die Kniende zu sich emporzuzrehen. „Ich kann nicht, mein Gott, mein Gott, hilf mir!", stöhnte Martha auf. «„So lasse ich dre Wechselschuldnerin auf einem ganz ungenehmen und bequemen Weg in das Schuldgefängnis schaffen oder vielmehr fahren. Mein Wagen wartet unten schon auf sie. Dort hat sie übrigens bessere Pflege, aller dings auf meine Kosten, wie hier bei ihrer liebevollen Tochter," sagte der unerbittliche Saffron mit lauter Stimme, damit auch die Kranke diese schreckliche Drohung hören mußte. „In das Schuldgefängnis!" schrie die Mutter mit ersterbender Stimme. „In das Schuldgefängnis!" wiederholte Martha mit entsetztem Aufschrei. „Nie! Nie wird das geschehen! Kein Mensch wird Hand an Dich legen, Mutter, so lange ich noch einen Atemzug tue." „Ei, ich möchte wissen, wer mich daran hindern könnte," fragte Saffron teuflisch lächelnd. „Ich! Ich werde meine Mutter beschützen," rief Martha, sich wie zur Abwehr vor das Bett der Mutter stellend. „Mein armes Kind," röchelte die kranke Frau, indem sie mühsam eine Hand nach ihrer Tochter ausstreckte, „Du brauchst Dich nicht für mich zum Opfer zu bringen, nur um mein armseliges Leben um einige Stunden zu verlängern. Ich verbiete Dir vielmehr, die Frau des rohen Mannes zu werden, der einen Stein an der Stelle hat, wo andern Menschen warm ein Herz schlägt. Du wirst mein letztes Gebot erfüllen. Laß ihn nur auf sein Recht pochen, die ! Schergen des Gerichts anrufen, — nur eine Leiche wird er ins Schuldgefängnis bringen. Ich fühle es, mein Kind, es geht zu Ende, es dunkelt mir schon vor den Augen. Gott segne und schütze Dich, mein liebes Kind!" „Sprich nicht so, Mutter! Es ist nur die Angst, die Dir solche Gedanken eingibt. Ich weiß gute Menschen, die uns helfen werden. Herr Saffron," wandte sie sich plötzlich an diesen mit festem Ton in der Stimme, „geben Sie mir zwei Stunden Zeit, und ich bringe Ihnen die geforderte Summe auf den Tisch hier aufgezählt." Der Rechtsanwalt stutzte. War es dem Mädchen möglich, die Summe beizubringen — und er zweifelte nicht daran, da ihre Stimme plötzlich zu überzeugend geklungen hatte — lo war sein künstlich aufgebauter Plan gescheitert. DaS durfte unter keinen Umständen geschehen! Forschend warf er einen Blick auf die Kranke, die krampfhaft röchelte. „Noch einige Minuten," dachte er, „dann ist sie tot. Dann mache ich mit der Tochter, was ich will; kein Mensch ist Zeuge und den Schutzmann draußen entferne ich vorher." Laut sagte er dann: „Gehen Sie nur das Geld holen, ob gleich ich nicht weiß, auf was hin ein Mensch Ihnen solch eine Summe geben sollte. Es müßte dann sein, daß Sie" mit höhnischem Achselzucken sah er das Mädchen an. „Und wenn Sie dann nach zwei Stunden wieder- kommen, können Sie ja Ihre Mutter im Schuldgefängnis aufsuchen." „Teufel!" hauchte Martha. „Ein Mensch könnte nicht so grausam handeln. Aber es lebt ein Gott, der uns nicht verlassen wird, der uns schützt vor dem Äußersten." Im Geiste sah Martha schon das leere Bett, wenn sie zurückkehrte. Und wenn die Mntter irr dieser Zeit unter den Händen ihres herzlosen Gläubigers sterben würde? Auch war es doch immerhin zweifelhaft, ob sie die geforderte hohe Summe erhielte. Unter der Wucht dieser Gedanken brach das arme Kind zusammen. „O, nrein Gott, errette«>L Grunde ihrer Seele. Und die Hilfe kam! Leise wurde an die Tnre genopir. rrrgernm onnrre Saffron. Walser, der Bilderhändler, trat ein. „Gott hat mein Flehen erhört," rief Martha aus, „Sie hat der Himmel zur rechten Zeit hergesandt. Gerade wollte ich zu Ihnen, wollte Ihre Hilfe anrufen, wenn nicht der schreckliche Mann dort mich mutlos gemacht hätte. O, helfen Sie, retten Sie uns!" „Was ist denn geschehen," fragte bestürzt Walfer, der^ sich die ganze Szene nicht erklären konnte. „Was will dieses Herr hier und was soll die Polizei draußen vor der Türkis „Alles sollen Sie erfahren, retten Sie unE * « (Fortsetzung folgte