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Welt tm Vila. dnter clem Kanner cler I^iebe. Roman von A. Seyffert-Klinger. -y (Fortsetzung.) 9 ch möchte Sie gern von dieser nn- seligen Leidenschaft geheilt sehen," sagte er mit freundlichem Ernst, „ich danke Ihnen aber Herzlia) für Ihre aufrichtigen Worte, Ba ronin, möchte Sie aber bitten, in Ihrem Vertrauen noch weiter zu gehen. Nennen Sie mir den Namen des Mannes, um wel chen Sie soviel leiden. Betrachten Sie mich als Ihren alten erprobten Freund." Aber sie schüttelte den Kopf. „Was Sie verlangen, ist zu ungewöhnlich. Mein Ge heimnis gebe ich nicht preis. Und vielleicht — wer weiß, — es kann sich alles noch zum Guten wenden." Sie hoffte noch, die Törin! Oder konnte der trotzige Mensch, der Fabrizius sich viel leicht doch noch eines anderen besinnen? Wenn er nicht das Versprechen gegeben hätte, Fabrizius sein Erbe zurückzuschaffen, so wäre er abgereist, ohne die Villa noch einmal zu betreten. Aber das gegebene Wort wollte und mußte er einlösen. Und darum bekämpfte er seinen Verdruß nnd verabschiedete sich, als sei nichts geschehen. Als er sich schon in der Nähe der Aus gangstür befand, glaubte er seinen Namen zu hören, wie ein Hauch klaug er an sein Ohr. Helma war ihm nachgegangen. Bittend sah sie ihn an aus den braunen Augen, die früher nur gelacht hatten. „Sie kommen doch wieder, Herr Kunert, nicht wahr? Sie dürfen mir nicht böse sein, sonst fühle ich mich ganz verlassen." „Ich komme wieder," entgegnete er kurz, und stülpte seinen Panama auf. Helmas Freundlichkeit berührte ihn noch fataler, als ihr abweisendes Verhalten. Er spielte hier eine Rolle, die ihn gegen sich selbst auf brachte, und wünschte sich weit hinweg. — Freiherr von Magwitz war noch dabei, an Herbert zu schreiben und ihm die zer rütteten Verhältnisse auf Mosbach klarzule gen, als der Bries, den er vor länger als zwei Wochen an den Freund abgesandt, mit dem Vermerk „Adressat nicht aufzufinden," zurückkam. Was hatte das zu bedeuten? Der Frei herr ließ sich sogleich bei Magda melden, um ihr hiervon Mitteilung zu machen. Das junge Mädchen empfing ihn wieder in ihrem hübschen Salon, ihre Wangen waren ge rötet, ihr ganzes Wesen atmete frohe Erwar tung. „Ich habe soeben an Direktor B. ge- schrieben," berichtete sie lebhaft, „der Brief kann mit dem Schreiben an Herbert zusam- men fort, ich bin aufs höchste gespannt, was der Direktor mir antworten wird " Magwitz teilte ihr nun mit, daß auf Herberts Beistand nicht zu rechnen sei und fürchtete, diese Nachricht werde Magda sehr traurig stimmen. Aber sie yob nur wie in heimlichem Trotz den Kopf höher. „Wir werden auch ohne ihn fertig werden, Herr von Magwitz, mag denn alles hier zusammenbrechen, ich nehme Papa mit mir und werde ihn hegen und behüten. Es ist, als seien mir Schwirr. gen gewachsen, seitdem ich weiß, daß ich un behindert mein Ziel verfolgen kann — durch Ihre Güte — ich will es Ihnen nie ver gessen." „Sie wissen ja, Magda, wie glücklich es mich macht, Ihnen helfen zu können. Und nicht wahr, Sie erlauben mir, in B. all abendlich zu einer Plauderstunde zu kommen und im Theater mich an Ihren Erfolgen zu erfreuen. Jetzt müssen wir scheiden. Ich möchte nicht bleiben, um Zeuge der Ver siegelung zu sein. Wenn Sie eines Bei standes bedürfen, so wird Major von Rümp ler, Onkels bester Freund, Ihnen jederzeit gern raten und helfen." „Sie wollen fort —" Magda war ganz bestürzt — „aber so sehr Sie mir als Freund fehlen werden, ich sehe ein, daß es sein muß ... Ob ich meinem Vater schon jetzt Mitteilung von dem, was ich vorhabe, mache, oder ob ich warte, bis alles entschie den ist?" „Warten Sie noch. Wenn sich ihm kein anderer Ausweg mehr bietet, und er ganz auf Ihre Hilfe angewiesen ist, wird er sich leichter fügen. Jetzt würde er energischen Einspruch erheben. Er ist ohnehin unglück- liat genug darüber, daß die Gräfin gegen seinen Willen gegangen ist." „Ich will jetzt zu ihm, ihn zu trösten suchen. Der arme liebe Papa, mir tut er so unendlich leid." Mit einem Händedruck schieden sie. An sich dachte Magda nicht. Ihr ganzes Den ken war jetzt darauf gerichtet, den Vater zu stützen und Sorge zu tragen, daß er nicht völlig zufammeubrach unter der Wucht des Geschickes. Von ihrem Salon schritt sie in das trauliche Boudoir und dann in das reizende Schlafgemach. Zärtliche Mutterhände hatten dieses mollige Nest eingerichtet, die Möbel waren hier weiß lackiert und mit Malereien verziert, denen drollige Motive aus der Kin derwelt zugrunde lagen. Alles war zart und eigenartig, und was die Hauptsache, sie konnte es aus dein Zusammenbruch retten, b:auchte sich von keinem der ihr liebgewor denen Möbel zu trennen. Sie ging auf den Fußspitzen ins Neben zimmer, da lag ihr Stiefvater mit weitge öffneten Augen, das Fieber einer wilden Verzweiflung glühte ihr daraus entgegen. Sie legte ihre,' Kopf an seine Brust und streichelte sein kaltes Gesicht. „Nun fasse wieder Mut, lieber, einüger Vater, es wird alles besser werden, als Lu jetzt glaubst, man hat mir mein gesamtes Mobiliar gelassen." Er stöhnte laut auf. „Himmel, sei barm herzig, laß mich sterben." „Väterlein", beschwichtigte Magda, „rege dich nicht wieder so maßlos auf, suche dich mit der Notwendigkeit abzufinden. Sieh, du bist nun aller Sorgen ledig, wir werden ein neues Leben beginnen. Der Freiherr Hilst uns, er hat mir eine Summe anver traut, mit deren Hilse wir über die ersten Monate hinwegkommen." „Ich will Theos Geld nicht, ich rühre nichts davon an!" widersprach er heftig, „lieber den Tod, als von Almosen leben!" „Auch ich möchte nicht von Almosen leben," erklärte Magda ernst und bestimmt, „aber ein Darlehn anzunehmen, mit dessen Hilfe ich mir eine Existenz gründen kann, verbot mein Stolz mir nicht." Der Diener meldete Fräulein von Nömpler. Magda küßte ihren Stiefvater und sprach noch tröstend auf ihn ein. Dann eilte sie fort, uni Leonie zu begrüßen. Wortlos, in tiefer Erschütterung standen sich die jungen Mädchen zuerst gegenüber. Dann öffnete Leonie weit die Arme, und Magda, nachdem sie kaum merklich gezögert hatte, warf sich hinein. „Magda, diese ernste Stunde bringt uns näher als alle geselligen Freuden es hätten tun können, wir sagen uns von nun an „Du", nicht wahr? Ich hatte dich immer lieb, Kleine, nur anfangs war ein so alber nes Vorurteil in mir, das ich jetzt heiß be reue. Nicht wahr, wir sind Freundinnen, und keine Macht der Welt soll je diesen Bund zerstören. „Ich danke dir, Leonie," Magda sprach um vieles gelassener als die begeisterte Leonie, aber die Freude leuchtete doch aus ihren Augen, „und von Herzen gern nehme ich deine Freundschaft an, sobald ich dir mein Geheimnis verraten habe, und du noch derselben Meinung bist, wie vorher . . . Ich gehe zur Bühne, damit erfüllt sich mir ein brennender Wunsch. Nur darf Papa vor läufig nichts erfahren, ich muß ihn lang sam darauf vorbereiten." „Was du auch beginnen magst, Magda, es wird immer gut, immer das Rechte sein. Leonie küßte die neugewonnene Freundin herzhaft, „nun aber mach' dich fertig, Papa wird gleich hier sein, um den Onkel einzu laden, vorläufig bleibt ihr dann bei uns, und es soll eine herrliche Zeit werden." „So herzlich diese Einladung mich er freut, folgen können wir derselben leider Nicht, liebste Loni; wir gehen schon morgen nach Berlin. Ich bin noch im Besitz einer bedeutenden Summe, die Mama mir vor ihrer Abreise schenkte" — diese kleine Ab weichung Von der Wahrheit glaubte Magda sich gestatten zu dürfen — „und die uns auf Jahr und Tag hinaus vor jeder Sorge schützt. . . Hoffentlich sehen wir uns dann bald einmal in der Hauptstadt." „O, das gibt's nicht, aus der Abreise morgen kann nichts werden, wir haben sckon Zimmer für dich und den Onkel aufs be haglichste hergerichtet, ihr müßt kommen, Magda, wenn ihr uns nicht sehr böse machen wollt — da höre ich schon den Wagen, das ist Papa!" Magda eilte Herrn von Römpler ent gegen, und führte ihn in ihren reizenden Salon. „Vor diesen Räumen machten die Ver treter des Gesetzes Halt!" erklärte sie mit ruhigem Ernst, „ich darf mein Eigentum mit mir nehmen, Herr Major. Es ist immerbin ein kleiner Trost in all dem bitteren Leit." Der Major zog das junge Mädchen mit sanfter Güte an sein Herz und berührte mit den Lippen flüchtig ihre reine Stirn. „Ich denke. Sie selbst, mein teures Kind, sind der innigste, schönste Trost für meinen armen, beklagenswerten Freund." Sternfeld hatte nicht geglaubt, diesen Tag zu überleben, und nun das Furcht bare geschehen, ihm unwiederbringlich alles entrissen war, der Sitz seiner Väter und all die wettvollen alten Sachen, an denen sein Herz hing, nun beruhigten sich langsam die überreizten Nerven und kein wüster Traum störte in der kommenden Nacht seinen Schlaf. Berner hatte nun also seinen Willen durchgesetzt, den Grafen Sternfeld ruiniert,