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Kohlenarbeiter und ein Metalldreher die Friedrich August- Medaille in Bronze und vierzehn weitere Angestellte das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit. Namens aller Ausgezeichneten dankte Direktor Fischer, der auf die Anhänglichkeit der Beamten und Angestellten hinwies, die der Gesellschaft Gedenkblätter und Botivtafeln gewidmet hatten, und übergab dem 20 Jahre alten Bootsmann Kliemann aus Loschwitz die silberne Lebensrettungs medaille. Die Gesellschaft hat 30000 Mk. bewilligt, die an die Beamten und Angestellten wie an die Pensionäre, die Witwen und Waisen verstorbener Angestellter zur Aus zahlung gekommen sind. Am*;* LH-AnLL. Von der eigenen Frau ermordet. In der Habsburger Straße in Berlin wurde am Freitag früh der Portier Heike in seiner Wohnung mit durchschnittener Schlag ader tot aufgefunden. Auf dem Sofa lag, ganz mit Blut besudelt und besinnungslos, seine Frau, die Lysol getrunken hatte. Vermutlich hat sie ihren Mann aus Eifersucht mit einem Rasiermesser ermordet. Sie liegt im Krankenhause hoffnungslos darnieder. Tod durch Hochfpannungsenergie. Ein furcht barer Unfall ereignete sich in Cossanay (Schweiz) auf dem Platz, wo der Zirkus Trust L Ricono ausgestellt werden sollte. Während man mit der Montage des Zirkus be schäftigt war und mit Hilfe eines Drahtseiles den Haupt mast aufrichten wollte, kam dieser einem elektrischen Hoch- spannungSkabel von 12000 Volt zu nahe. Von den Arbeitern wurden fünf durch den elektrischen Schlag auf der Stelle getötet, zwei schwer verletzt. Die fünf Ge töteten sind Italiener und Familienväter von drei- und vierjährigen Kindern. Sie waren auf die Gefahr auf- merksam gemacht worden und trotzdem sehr leichtsinnig vorgegangen. Zu einem blutige« Zusammeustotz kam es in Jtri (Provinz Caserta) zwischen den sardinischen Erd arbeitern an der neuen Bahnlinie Rom—Neapel und der Bevölkerung, die die Sardiner glühend haßt. Es wurde mit Revolvern und Messern gekämpft. Das Eingreifen der Polizei war vergeblich. Die Schlacht endete erst, als zahlreiche Verwundete und mehrere Tote den Boden be deckten. Militär ist entsandt worden. Bei einem Eiienbahnuuglück 2« Personen getötet. Nach Drahtmeldungen aus Derwood (Minne sota) fand dort eia furchtbarer Zusammenstoß von zwei Güterzügen statt, wobei 20 Personen getötet worden sind. Vermischter. * Da- „Zwei-Kin-er-Lystem" iu Berlin. Wie der .Inf." mitgetetlt wird, wird der Geburtenrück gang in den Großstädten am besten dadurch gekennzeichnet, daß nach den amtlichen statistischen Zahlen in Berlin bereits die Durchführung eines „Zwei-Kinder-Systems" nachgewtesen werden kann. Im Jahre 1880 waren noch ein Drittel sämtlicher Geborenen vierte bis sechste Geburten, während im Jahre 1906 die vierten bis sechsten Geburten nur ein Fünftel aller Geburten betrugen. In den letzten Jahren nehmen die Erstgeburten und Zweitgeburten ver hältnismäßig den größten Raum ein. Im Jahre 1880 betrugen die ehelichen Erstgeburten nur 18.5 v. H, die Zweitgeburten 20 v. H-, die Drittgeburten 18 v. H., die vierten bis sechsten Geburten 32 v. H. und spätere Ge burten noch 12 v. H- Im Jahre 1906 war nicht nur die Gesamtzahl der Geburten überhaupt erheblich zurück gegangen, sondern das Verhältnis innerhalb dieser Zahl hatte sich auch sehr zugunsten der Erst- und Zweitgeburten verschoben, die allein zusammen fast 60 v. H. sämtlicher Geburten beanspruchten. Also nur 40 v. H. wurden von den späteren Geburten eingenommen. Die Familie», in denen nur ein Kind vorhanden war, waren um 33 v. H. gewachsen. Ueber den Rückgang in den Gesamtgeburten geben folgende Zahlen Auskunft: Im Jahre 1910 kamen auf 1000 Personen der durchschnittlichen Berliner Be- völkerung im Monat Januar 25,56 Geburten; im selben Monat des Jahres 1905 23,48 Geburten und 1909 nur 22,37 Geburten. Einen ähnlichen Rückgang hatten sämtliche Monate zu verzeichnen, so hat z. B. der Juli des Jahres 1900 25,26 Geburten aufzuweisen, während der gleiche Monat deS Jahres 1905 nur noch 22,79 und des Jahres 1909 nur noch 22,01 Geburten aufzuweisen hatte. Die geringste Geburtenziffer war in allen Jahren im Monat Oktober zu verzeichnen. Im Jahre 1900 wurden nämlich in diesem Monat nur 23,37 Geburten auf 1000 Personen gezählt, im Oktober 1906 21,09 und im Oktober 1909 20,12. Die anderen Großstädte, wie Bres lau, Hamburg, Hannover, Essen, haben weniger große Geburtsabnahmen aufzuweisen. * Zeitrechnung in der Schlafstube. Von einer besonders erfahrenen Ehefrau lassen sich die .Braunschw. Neuesten Nachr." wie folgt über die .Zeitrechnung in der Schlafstube" berichten: Kommt mein Mann des Nachts nach Hause Und macht Lärm in seiner Klause, Dann kann ich ganz sicher gehn: .Es ist zehn!" Aber wenn er mehr, als üblich, Sagt: .Guten Abend!", freundlich, lieblich, Wenn er scherzt und wenn er lacht: .Mitternacht!" Wenn er aber leise, leise — In ganz ungewohnter Weise — Stumm sich legt mit Not und Müh: .Dann istS früh!" Der Fachmann des .Posener Tageblattes" auf diesem Gebiete erwidert darauf: Kommst spät du oder früh, Gib dir nur keine Müh, — Wenn .Sie" auch zu die Augen macht, — .Sie wacht!" Auflösungen der Rätsel aus voriger Nummer. Zahlenrätsel: HI'NOl'LSä.L Silbenrätsel: Erntefest, Imkerei, Granate, Eschenbach, Nahum, Selim, Ilmenau, Nordwind, Natter, Irene, Stralsund, Tomate, Erbsenbrei, Nasenring, Edelmarder. Die Anfangsbuchstaben von vorn nach hinten und die Endbuchstaben von hinten nach vorn ergeben: Eigensinn ist Energie der Dummheit. Wissen Sie schon? Ein Bahnzug, der mit der Geschwindigkeit von 96 Kilometern in der Stunde fährt, kann auf 365 Meter zum Stillstand gebracht werden, bei 80 Kilometer Ge schwindigkeit schon auf 151 Meter. Legt er nur 48 Kilo meter in der Stunde zurück, so ist er schon bei 91 Meter zum Halten zu bringen. Im Alter zwischen 35 und 45 Jahren sterben nur fünf Juden gegen acht Personen von anderen Religions gesellschaften oder Raffen. China und Japan erzeuge« durchschnittlich im Jahre 12500 Tonnen (zu 1000 Kilogramm) Seide. Larven von Insekten, die man 24 Stunden lang in einer Röhre mit Radium eingeschlossen hatte, starben binnen zwei bis drei Tagen ab. Neumexiko hat eine große, 48 Kiliometer lange und 16 Kilometer breite Wüstenei, die durchweg aus glänzendem Gips, dem sogenannten Marienglas, besteht. Horch, Bubi! Jetzt kommt Mama mit Tante Anna. Charade. Die Erste beschert uns Albion, Die beiden Letzten bestimmen den Ton. Wer darin ist, dem scheint die Welt Von roseurotrm Licht erhellt. DaS ganze aber bedrückt uns schwer, ES ärgert uns alles rings umher. Woher dies Ganze kommt? Ein Hauch, Ein Blick, ein nichts erregt eS auch. LSsnuge« ix Nächster Nummer. Marktbericht. Meißen, am 15. Juli. Butter, 1 Kilo 2,50 bis 2,60 M!.; Gänse, Pfund 85 Pfg.; Hase«, Stück Mk.; Eier, 1 Stück 8 Pfg. Getreidepreise: geringe Qualität mittlere Qualität gute Qualität niedrigst, höchst. Niedrigst, höchst, niedrigst, höchst. Weizen - - - - 20.40 20,80 Roggen — — — — 17,— 17,30 Gerste — — — — — — Hafer — — 18.60 18.80 18,90 19,30 Meitzner Ferkelmarkt Wege« Seuche«gefahr ausgefalle«. Nossener proönktenbZrse am 14. Juli 1911. 1000 ka Mk. bis Mk. i-8 Mk. bis Mk. Weizen um 75/76 - - 201,- 206,- 85 17,10 - 17,50 - nm 70/74 ' ' — —,— 85—,— - Roggen htes.7i/72 - - 166,- 170,— 8013.20 - 13,50 - - 68/70 - O , —,— 80 —- Gerste Brau- - - . 70-,-. . Futter- , B , < 70 - F— Hafer neu - B ' —, 50 , » - alt -169,- 182,- 50 8,45 - 9,10 Futtermehl l 100 - 16,25 go 8,50 - —,— » ll » - 14,75 —,— 50 7,50 - Ro^genkleie - - 12,- 13,50 50 6,25 - 7,— Wetzenkleie grob - - 11.75 —, 5,75- 6,— Maiskörner grob - - —,— - - 50 - 8,75 Maisschrot - - —,— —5y — — . 9,75 Heu, alt per 50 Kilo v n Mk. 3,- biS Mk 3,50 Heu, neu - 50 - » 2,50 » » 3- Schüttstroh 50 - . 2,50 - - 2,80 Gebundstroh - 50 - - 2,— - - 2,50 Kartoffeln alt - 50 - « — - « 3,— - neu - 50 - - — - - —— GftrNek wükrt am längste«. Roman von Willibald Hildebrandt. 28 Die Einrichtung dieses als Wohn- und Schlafzimmer zugleich dienenden Raumes war die denkbar einfachste, denn hier in dieser weltabgeschiedenen Gegend, wo die ersten Anfänge der Entwickelung zur Kultur sich erst zeigten, gab es durchweg keinen Komfort, selbst der Be triebsleiter wohnte nicht viel besser. Zwar war von Mr. Rüdiger schon die Erbauung von Beamten- und Arbeiter- Häuser geplant, aber dieser Plan war noch nicht zur Ausführung gekommen und bis dahin mußten sich alle in die Verhältnisse fügen. Ein spekulativer Kopf hatte in der Nähe des Werkes ein großes Speisehaus erbaut, dort erhielt man was in erster Linie für des Leibes Not durft notwendig war, auch einige Läden waren schon vor handen, dieses Viertel war also der erste Anfang der zukünftigen Stadt und ringsherum sollten dann die an deren Gebäude errichtet werden, denn das Werk erwies sich als sehr ausdehnungsfähig. Jetzt waren bloß Ba racken vorhanden, in denen notdürftig Unterkunftsräume eingerichtet worden waren. Dementsprechend bestand also auch Georg Heines Logis nur aus einem einzigen Raum, in welchem er durch die Ausnahme seines ehemaligen Lehrkollegen noch sehr beengt worden war. Eine Lagerstatt für jeden, ein Tisch und einige Stühle und noch einige einfache Gegenstände, die für schweres Geld erkauft worden waren, bildeten die ganze Einricht ung. Unter dem Bette des Buchhalters stand eine kleine Holzktste, die mit einem Hängeschloß versehen war, darin Hewahrte er liebe Andenken, die Briefe aus der Heimat und seine nicht unbedeutenden Ersparnisse auf; es war leichtsinnig von ihm, aber in seiner Lertrauensseligkeit hielt-kr sie hier gut aufbewabrt, zumal er noch keinem Menschen ein Sterbenswörtchen davon erzählt hatte, au- szer eben seinem Freunde, dem er doch vertrauen zu kön nen geglaubt. Diese Kiste zog jetzt Reinhold aus dem Versteck hervor; es kostete ihm keine große Mühe, das Schloß zu öffnen, hastig wühlte "er in den wenigen Hab seligkeiten, bis er ganz unten am Boden einen schweren mit Münzen gefüllten Leinwandbeutel fand. Triumphierend hielt er ihn einen Augenblick in die Höhe und prüfte seine Schwere mit der Hand. Das Resultat schien ihn zu befriedigen, denn er schmun zelte: „Für den Notfall reicht es, mein Junge; Du bist wirklich ein braver Kerl, daß Du bei Zeiten gespart hast! Haha!" Er schloß die Kiste wieder, nachdem er die darin aufbewahrten Sachen wieder etwas geordnet hatte, da mit nicht auf den ersten Blick zu erkennen war, daß ein Unberufener den Inhalt durchwühlt hatte, dann fchob er sie wieder an ihren früheren Standort zurück; zum zweiten Male hatte Reinhold einen schändlichen Raub an dem ehemaligen Lehrkollegen und seinem jetzi gen Freunde begangen, ohne sonderliche Gewissensbisse darüber zu empfinden. Das erste Mal hatte er ihm seine Ehre geraubt und jetzt seine mühsam erworbenen Erspar nisse. Mit einem höchst zufriedenen Lächeln auf seinem nicht unschönen Antlitz schickte er sich an, das Gemach zu ver lassen. Unter der Türe warf er noch einen Blick zurück und rief lachend aus: „Es wird wahrlich auch höchste Zeit, dieses Loch mit einem angenehmeren Aufenthalt zu vertauschen. Lange ge nug hat es gedauert, daß ich wahrlich ein Narr wäre, wollte ich noch länger warten." Damit warf er die Türe krachend hinter sich zu und schleuderte langsam seiner Arbeitsstätte zu; er hatte noch Zeit, da er heute früher ahs Honst aufgestanden war. Wie er in die Nähe des Verwaltungsgebäudes kam, sah er, wie Georg Heine aus der Türe trat, begleitet von Mr.s Rüdiger, der noch immer auf ihn einredete, während der junge Mann wie einer, der von schwerem Kummer be drückt ist, den Kopf hängen ließ. Bei diesem Anblick hemmte Reinhold einen Augenblick seine Schritte und Bestürzung malte sich auf seinen Zügen. „Was hat denn der so früh schon da zu suchen — doch was habe ich da für dumme Gedanken, wird aus seinem Spaziergang da vorbeigekommen sein und der alte Geizhals, für den der Tag nicht früh genug be- gmnen kann, wird ihm schnell einen Auftrag erteilt haben." Reinhold trat schnell hinter einen großen Haufen Ge stein, um weiter zu beobachten, offenbar hatten ihn die beiden noch nicht bemerkt. Als er aber nun sah, wie Mr. Rüdiger seinem Buchhalter freundlich die Hand reichte und dieser dann langsam dem Gebäude zuschritt, wo das Kontor sich befand, schien er beruhigt zu sein, denn auch er ging nun weiter nach dem Gestellungsplatz der Arbeiter. 19. Kapitel. Dem Tage, an welchem Georg Heine so frühzeitig eine Unterredung mit Mr. Rüdiger gehabt hatte, folgte eine finstere, mondlose Nacht mit umwölktem Himmel, an welchem nur gelegentlich auf einen Augenb lick ein einzelner Stern zum Vorschein kam und dann wieder verschwand, als schäme er sich seiner Kühnheit. Ein scharfer Wind pfiff und obschon es nicht regnete, so erinnerte der doch immer dichter werdende Nebel daran, daß es besser sei, ein wasserdichtes Obdach aufzusuchen, als sich dem Spiel der miteinander streitenden Elemente preiszugeben. Es war schon spät und Niemand in der Nähe der Baracken sicht- bar, allenthalben schien man sich zur Ruhe begebeH zu haben, als eine einzelne Gestalt, die sich unter vorsichtigem) Umschauen mit verstohlenen Schritten weiter bewegte, ü