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Nett tü> SUä. L^^l^i^L^l-w^vwllii-b^öchIr^LL^L-L^L^ü^)^ (lnter clem Kanner äer ^iebe. Roman von A. Seyffert-Klinger. (Fortsetzung.) s agdas schivarzblaue Augen sahen Z" d^n Lichtletten empor, die sich i^7 von Banin zu Bauni zogen, lieber ihnen schiminerteu die Sterne in all der Pracht eines wannen Sommerabends, und das Weiße Mondlicht mischte sich mit den bunten Flammen der Glaslämpchen und mit denen der Lam pions. Der gräfliche Park erstrahlte in wahr haft märchenhafter Beleuchtung, und in die ser blendenden Lichtfülle lustwandelten schöne Frauen und ordengeschmückte Herren. Duf tige Schleppen rauschten über den Kies, Seide und Atlas knisterte, schöne Augen strahlten um die Wette mit köstlichen Edel steinen, und manches nur lose geknüpfte Band mochte unter dem Einfluß der stark duftenden Blumen und der bezaubernden Feststimmung zur Fessel sürs Leben werden. Die Gräfin trug ein lichtblaues Seiden kleid und Weiße Sternblumen im dunklen Haar. Eine leise Wehmut lag wie ein un definierbarer Hauch über ihrer Erscheinung, auf dem schönen Gesicht vermißte man das Not der Freude. Schon nach den ersten Worten, die leise und zögernd von ihren Lippen kamen, wußte Theo, daß unter den Spitzen und dem seidenen Mieder ein Mutterherz bange und sorgenvoll klopfte. „Wäre doch Herbert bei uns geblieben, klagte sie, „ex brachte ein gewaltiges Vorur teil gegen die frühere Künstlerin und deren Tochter mit, aber Magdas süße Kindlich keit besiegte im Fluge alle Einbildung, und die beiden wurden die besten Freunde. Nun ist er fort, und das arme Kind ohne Schutz." Magwitz wußte nicht, was er von die ser Einleitung denken sollte. - „Der beste Schutz des jungen Mädchens ist ihre Mut ter," entgegnete er nachdrücklich. Beatrice seufzte, es war, als wolle sie noch etwas hinzufügen, aber sie zögerte. Der Freiherr war bedeutend jünger als sie, und wenn er auch dem Hause Sternfeld eng be freundet war, sie kannte ihn erst seit wenigen Tagen und wußte nichts von ihm. Er bemerkte recht Wohl ihr Verstummen, wenn er auch die Ursache ihres auffälligen Verhaltens nicht ergründen konnte, „Und wenn die Mutter eines Tages fehlte," seufzte die Gräfin. Magwitz ließ den erstaunten Blick über die festlich geschmückte anmutvolle Erschei nung der jungen Frau gleiten, sie prangte in frauenhafter Fülle und Gesundheit, die klaren Augen deuteten durchaus nicht auf ein geheimes Leiden. „Ueber diesen Punkt mögen Sie sich be ruhigen, gnädige Frau," beschwichtigte er mit tiefem Ernst, „Magda und ich haben so. eben eine Art Freundschaftsbündnis ge schlossen. Ich werde ja nur wenige Wochen hier bleiben, aber auch wenn ich erst fern bin, für Magda erreichbar sein. Und sollte sie je in die Lage kommen, des Trostes und der Hilfe eines bewährten Freundes zu be dürfen, so bin ich zur Stelle, daraus dürsen Sie sich verlassen." „Magda wird in die Lage kommen," klang es wie ein Hauch an sein Ohr. Der Freiherr war bestürzt, aufs Peinlich ste berührt. Was bereitete sich hier vor? Graf Sternfeld war nur noch ein Schatten seiner selbst, er und die schöne junge Frau Paßten zusammen wie eine taufrische Rose und ein verdorrter Grashalm. Er wußte es jetzt, die Gräfin wollte den alternden Gemahl verlassen. Hier betrach tete man sie mit mißtrauischen vorurteils- vollcn Blicken, und während man Magda init aufrichtiger Herzlichkeit cntgegenkam, verhielt man sich der früheren Schauspiele rin gegenüber reserviert und kühl. Sic stand ganz allein in diesem Kreise kleindenkender hochmütiger Menschen, sogar der eigene Gatte stand ihr dem Anschein nach fern. Und draußen in der Welt würde man sie wie einen schmerzlich vermißten Liebling emp fangen, ihr in Fülle entgegenbringen, wo nach ihr heißes Herz so sehnsuchtsvoll ver langte. Sie war eine tugendhafte Frau, jener zarte, undefinierbare Hauch, der nur reinen Frauen eigen, umschwebte sie in sanfter Verklärung. „Und dennoch, trotz allem ist die Frau verpflichtet, in dem selbstgewählten Kreise, im Hause des Gatten, bei ihrem Kinde aus zuharren." Er hatte die wenigen Worte mehr zu sich selbst gesprochen, gegen seinen Willen waren sie ihm über die Lippen ge kommen. Beatrice zuckte zusammen, aber energisch schüttelte sie den feinen Kopf. „Verurteilen Sie mich nicht so ohne wei teres, ich befinde mich in einem tragischen Konflikt, aus dem der Ausweg schwer zu finden ist. Der Selbsterhaltungstrieb for dert, daß ich gehe. Ich würde das Kind mit mir nehmen, aber Sternfeld hängt mit ganzer Seele an ihr, darum bringe ich ihm das Opfer und lasse Magda zurück." . „Und — weiß jemand um Ihren Plan?" „Niemand. Man würde mich ja nicht fortlassen. Zu Ihnen habe ich. im festen Vertrauen gesprochen. Ein Edelmann wird eine Frau nicht verraten." Während dieser flüsternd geführten Un terhaltung lächelte der schöne Mund der Schauspielerin, und die dunklen Augen, in denen sich das Weh einer verängstigten und gemarterten Seele spiegelte, hielt sie tief gesenkt. In den Gängen wogte es von lachenden, medisierenden Menschen und mancher neu gierige und neidvolle Blick streifte das Ge sicht der Gräfin, auf dem die Farbe wie ver blassendes Abendrot lag, so matt und im Schwinden begriffen. Worüber mochte sie nnt dem vornehmen Offizier sprechen? Warum blieb er so lange an der Seite der verheirateten Frau ? Es waren so viele hübsche Mädchen und Frau en hier, die von Herzen gern in seiner Ge sellschaft gewesen wären. Wie taktlos war es von der Gräfin, ihn an ihre Seite zu fesseln. Er schien das selbst zu empfinden, denn er sah nichts weniger als amüsiert aus. Magwitz hatte alle Mühe, seinen Unmut zu verbergen. „Sie hätten mich in dieser Angelegenheit nicht zum Vertrauten machen dürfen, gnädige Frau," zürnte er, „ich hin tergehe ja meinen väterlichen Freund, wenn ich schweige." „Und dadurch, daß Sie mich verraten, könnten Sie nichts ändern, nichts bessern, Herr von Magwitz, keine Macht der Welt wäre imstande, mich hier zurückzuhalten, > Also lassen Sie den Dingen ihren Lauf. Ich schenkte Ihnen mein Vertrauen nur im Interesse meiner Tochter, Ihr Urteil oder Ihre Bemühungen, meine Absicht zu ver eiteln, könnten hier nichts mehr ändern. Es ist alles reiflich erwogen. Mein Mann ver sündigt sich an mir, daß er mich mit eiser ner Faust von meinem Wirkungskreise fern hält, also habe ich das Recht zu fliehen. Die im Bauer gefangene Nachtigall ent weicht auch, wenn sie einen Durchschlupf fin det. . . Aber da kommt Freund Nömplcr!" Ein strählendes Lächeln erhellte plötzlich ihre Züge. „Wie amüsieren sie sich, Dietrich — gut? O, das freut mich, und für Stern seid ist es der schönste Lohn sür unendliche Mühe, seine Gäste heiter und angenehm zu sehen." „Er hat das alles famos gemacht!" lobte der Major, welcher in Galauniform erschie nen war, „raffiniert ersonnen, das Ganze. Alt und jung ist wie berauscht, das feuert zur Nachahmung an, demnächst werde ich ein ähnliches Fest veranstalten. Sie blei ben doch hier, Magwitz, ich rechne auf Ihre Hilfe." „Außerordentliche Ehre, Herr Major, kann leider über die Dauer meines Aufent halts hier nichts Bestimmtes sagen, habe auf unbestimmte Zeit Urlaub erhalten und kann jeden Tag zurückgerufen werden." „Werden ja sehen!" nickte Nömpler, „die Musik intoniert soeben die Polonaise, darf ich die Ehre haben, gnädigste Gräfin?" Die Paare ordneten sich. Der Freiherr suchte nach Magda, ohne sie finden zu kön nen. Graf Sternfeld hatte Militärmusik be stellt, sür die Kapelle war eine Estrade er richtet, von dort aus klangen die schmettern den und rauschenden Weisen elektrisierend durch den alten Park, bis in die entlegen sten Gänge hinaus. Der Graf führte mit einer älteren Dame von hohem Adel die Polonaise an. Man kannte sich seit Menschengedenken und hatre nichts vor einander zu verbergen, nichts, bis zu der Zeit, wo eine junge Gräfin hier eingezogen war, eine Bürgerliche, welche man bis zur gegenwärtigen Stunde noch nicht anerkannt hatte. Aber wer wollte sich heute durch den Ein dringling die Stimmung verderben lassen?! Man ignorierte die „Schauspielerin" so viel als möglich, und genoß die Stunden. Zu bedenken, daß man durch ein solches Verhalten auch Sternfeld schädigen könne, das fiel keinem ein. Und doch war es so. Ein freundliches Entgegenommen, zutrau liche Worte, die ihr bewiesen hätten, daß man sie bereitwillig in den exklusiven Kreis mit aufnehme, hätten Beatrices Groll, ihre Sehnsucht nach den Brettern gemildert, ihren Zorn gegen diese ganze hochmütige Gesellschaft entwaffnet, und es hätte Wohl noch alles gut werden können. Aber ihr überlegenes Lächeln, ihre wun derbare Schönheit und der unnachahmliche Charme in ihrem Wesen forderten mehr denn je zu Neid und spitzen Bemerkungen heraus. Man tauschte sie flüsternd, aber sie gingen von Mund zu Mund ünd die Wir kung machte sich in dreisten Blicken und nicht mißzuverstehcndem Mienenspiel bemerkbar. Magwitz beobachtete mit heimlichem Grimm diese Taktlosigkeiten, konstatierte aber zu seiner großen Genugtuung, daß dis Gräfin sie nicht beachtete. In der Tat weilten Beatrices Gedanken