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WchMM k MW Beilage zu Nr. 6l Sonnabend, 27. Mai 1911. Lenksprüche für Gemüt ««» VerA«»v. Wenn du Gott wolltest Dank für jede Lust erst sagen, Du fändest gar nicht Zeit, noch über Weh zu klagen. Ans SsMe«. WilSdrnff, den 26. Mai. Herrn Oberbürgermeister Dr. Beutler ist es vor gestern gelungen, eine Einigung zwischen den Chauffeuren und der Dresdner Automobil-Droschken«Gesellschaft herbeizuführen. Die Gesellschaft hat in eine nicht un erhebliche Lohnerhöhung der Chauffeure eingewilligt und hie früheren erprobten Chauffeure am vorgestrigen Tage wieder in Dienst gestellt. — Der unter der Leitung des Komponisten Alexander Kostolski stehende Moskauer Synodalchor, bekannt als der berühmteste russische Kirchen« chor, wird am 29., 30. und 31- Mai im großen Festsaal der Hygiene-Ausstellung in Dresden mit einem reichen, chronologisch-systemtischen Programm auftretcn. — An- Mlich des Geburtstages Sr. Maj des Königs sprach im Festaktus der Klemisch'schen Handels- und höheren Fort bildungsschule Dresden (Moritzstr. 3) der Direktor über das Thema: Gedanken über die Entstehung und Ent wicklung des Handels. Die durch Orgelvorträge (Herr Organist Eckardt), Gesang (Königshymne von Karl Rei necke) rwd Deklamationen (Frl Zölln". Schüler Förster) verscho Feier endete mit er m dru^a, auf den Landesherrn, das Herr Lehrer Hofmann ausdrachle, vo rauf gemeinschaftlich die Sachsenhymne gesungen wurde. Kürzlich fand im Hotel „Zur grünen Tanne* in Zwiekau unter Leitung des Kreishaoptmanns Dr. Frau stadt eine vom Mulden- und Göltzschverein von zahl reichen Lriebwerkbefitzern an der Mulde und Göltzsch, sowie von Vertretern der Städte Auerbach, Falkenstein, Mylau, Schneeberg und Zwickau und einiger vogtländischer Landgemeinden besuchte Versammlung statt. Nach einem Bortrage des AmtshauptmannS Dr. Wimmer Schwarzen- berg und nach lebhafter gegenseitiger Aussprache wurde vom Mulden, und Göltzschverein beschlossen, die nötigen Schritte zur Bildung einer Zwangsgenossenschaft für die Errichtung von Talsperren im Gebiete der Zwickauer Mulde zu ergreifen; eS soll zunächst der Bau einer Tal sperre bei Muldenberg vorgesehen »erden. Hierfür wurde ein Ausschuß gebildet. Außerhalb dieses Ausschusses werden die Abgeordneten der Muldentalineressenten die Frage der Errichtung weiterer Talsperren im Mulden« gebiete bearbeiten. Im altenburgischen Dorfe Breitenhain hatte der Gcmeinderat, in dem die Sozialdemokraten die Mehrheit haben, eines Sozialdemokraten zum Gemeindevorsteher gewählt. Landrat und Ministerium haben jedoch die Be stätigung verweigert, mit der Begründung, daß der Ge wählte die Gewähr, daß die Angelegenheiten der Gemeinde nach den für die Staatsverwaltung maßgebenden Grund sätzen geleitet würden, nicht gehen könne, da er sich als Anhänger der politischen Bestrebungen betätigt hat, die sich gegen die bestehende Staatsordnung richten. TtzrsiriL. Doppelmord. In Boragk bei Altenau ist Diens tag früh eine schwere Mordtat verübt worden. Der Schweizer Müller aus Strehla a. Elbe gebürtig, erschlug mit einem Beste die Witwe Heinrich und deren Tochter. Der Mörder hatte mit dem jungen Mädchen ein Liebes verhältnis unterhalten, das von der Mutter nicht gebilligt wurde. Aus A-rger und Rache hierüber hat Müller die furchtbare Tat verübt. Das Mädchen war sofort tot, die Mutter ist im Laufe des gestrigen Tages gestorben. Der Mörder ist flüchtig. Da er sich in der Kreinitzer und Zeithainer Gegend aufhalten soll, wurden Dienstag und Mittwoch die Wälder von der Gendarmerie abgesucht. Berhafteier Defraudant. Der seit dem 26. April d. I. nach Unterschlagung von etwa 800000 Mark flüch tige Baumeister Beutzen aus Berlin ist in New Aork ver haftet worden und befindet sich auf der Rückfahrt nach Deutschland, wo er sich vor dem Strafrichter zu verant- wort>n haben wird. Ucber 20V üvv Mark unterschlagen. Die Unterschlagungen des vor einigen Tagen verhafteten städtischen Kassierers Klever in Mühlheim an der Ruhr sind bedeutend höher als anfangs angenommen wurde. Sie belaufen sich auf über 200000 Mark. Sie begannen schon vor fünf Jahren. Die letzten Unterschlagungen von 45000 Mark beging der Verhaftete am 10. April. Der Barme»? Blumentag brachte rund 31000 Mark Reineinr b «Hweres urrgtück aus orm Lruppenuvuugs- platz ENenborn. Wie aus Köln gemeldet wird, er eigneten sich auf dem Truppenübungsplatz Elsenborn in der Nähe der französischen Grenze am Dienstag zwei schwere Unglücksfälle. Ein Dragoner des 7. Regiments nahm einen der neuen Zünder der Artillerie, den er ge funden hatte, mit in die Baracke. Dort explodierte der Zünder in Gegenwart zweier Kameraden. Alle drei Soldaten sind sehr schwer verletzt. Einer liegt im Sterben, die Sprengstücke sind ihm in den Leib gedrungen. Einem zweiten wurde die Hand abgerissen, und ein dritter verlor ein Auge. — Der zweite Unglücksfall ereignete sich bei dem Kölner Artillerie-Regiment Nr. 59. Dort explodierte eine Granate im Rohr. Einem Vizewachtmeister der Reserve drang ein Sprengstück in den Leib; er wurde tötlich verletzt. Einem anderen Soldaten wurde ein Arm abgerissen und mehrere andere erlitten schwere Ver wundungen am Kopf. D-u Kameraden mit einem Hammer er schlage«. Aus Le Nans wird den Blättern berichtet: Im Lager von Aurore überfiel ein Reservist einen Ka- meraden, mit dem er wegen eines Urlaubs Streit gehabt hatte, in seinem Zelt und erschlug ihn mit einem Hammer. Der Verbrecher wollte flüchten, doch wurde er von Ka meraden deS Erschlagenen gefaßt und ins Gefängnis ge bracht. Einige Minuten später machte er seinem Leben durch Erhängen ein Ende. Nach dem «euutz van Sauerampfer Shu» liche» Blättern find in Bergrrichenstein im Bezirke Schültenhofen in Böhmen sechs Kinder unter gräßlichen Schmerze» gestorben. Streik der Wiener Schneider. Aus Wien wird gemeldet: 600 der „Vereinigung der Herrenkundenschneider* angehörige Firmen, welche über 6000 Stückmeister be schäftigen. gingen am Mittwoch der Aussperrung vor, weil die Arbeitnehmer nach Ansicht der Unternehmer bei einer Firma mutwillig streiken. Wtsel-Ecke. Preisrätsel - Losung. Hortensia 8 r e a r in k k o o e L j s O k r H. k o r n 8 e u a t o r II i s t o r i e n Es gingen im ganzen 84 richtige Lösungen ein und zwar aus Wilsdruff 27, Grumbach, Sachsdorf und Kaufbach je 5, KeffelSdorf und Klipphausen je 4, Hühn- dorf, Herzogswalde, Mohorn uno Lampersdorf je 3, Weistropp, Kleinschösberg, Röhrsdorf, Lora, Limbach und Helbigsdorf je 2, Braunsdorf, Unkersdorf, Zöllmen, Ullendorf, Taubenheim, Seligstadt, Neukirchen, Deutschen bora, Birkenhain und Hartha je 1. Gezogen wurde Nr. 73 mit der Aufsch. fi: M.rtba Gauernack, Klipp hausen. Gewinn: Novellen vo L Mch. 2. 3. 4. 5. Wa«d-lrätf-l. Teil des Kopfe». Fahrzeug. Zahlwort. Einfriedigung. Ordnungsbegriff. Charade. Seh' ich den kleinen Burschen an, So sag' ich mir, das wird ein Mann! Sein Herz ist heut das Eine ganz. Die Augen haben klaren Glanz. Sein Antlitz ist das Andere zwar, Doch zeigts schon Kraft und Stolz fürwahr. Den wird das Leben prächtig ziehn. Kommt Ein» zum Andern, nennst du ihn. Da» in der obersten Reihe stehende Wort soll zu den anderen Wörtern abgewandrlt «erden, indem jedeS- mal ein anderer der vier Buchstaben geändert wird. Lösungen in nächster Nummer. Auflösungen der Rätsel aus voriger Nummer. Bilderrätsel: Burgunderwein. Wortsptelrätsel: n) Ast, Horn, Arm, Aß, Bart, EiS, Rumpf, Ran, Sau. 8) Rast, Ahorn, Darm, Paß, Abart, Reis, Trumpf, Iran, Esau. — Radpartie. feurige Wien. Historische Erzählung von Wilhelm Müller. L6 Fortsetzung. Nachdruck verboten. Es war dieselbe Frau, auf deren Kopf ein Preis von sechstausend Pfund gesetzt war. Und wohl so man chem von denen, dec jetzt laut in diesen Jubelruf mit emstinimte, hatte noch bis vor wenigen Stunden nach diesem Bltttaeld gelüstet. Mjt Kränzen, Fahnen und bunten Flitter wurden die H^ser geschmückt und von den Höhen flatterten Fabien mit dem königlichen Wappen und den ver- schlungeuen Namen von Karl und Henriette Maria: die Kirchenglocken erklangen und läuteten feierlich das Siegesixst ech. — — — — — — — — — - n dem einfachen Häuschen der Schwester des alten Forsters begann ein unaufhörliches Kommen und Gehen von Personen: die Spitzen der Stadt stellten sich auch bald ein, um der schwer geprüften Frau ihre tiefste Ehr furcht zu bezeugen und ihr Schutz anzubieten. Henriette Maria, wieder jeder Zoll eine Königin, nahm jetzt mit derselben hoheitsvollen Würde und Gelassenheit ivie in ihrem Palast zu London diese Hul digungen entgegen. Das Summen und Brausen von der Stadt herauf verstummte plötzlich wieder; die Glocken einer Kirche nach der anderen verstummten und die gerade bei der Königin anwesenden Personen, wie diese selbst, schauten erstaunt auf. Auf alle Fälle hatte sich ein neuer Zwi- scheniall ereignet und unter dem Vorwandte, sich nach dem BorgesaIlenen zu erkundgten, verließen die meisten Besucher die KönM^ Der alte Förster, welcher sich unter oer freudig ^Mgten Menschenmenge draußen in den Straßen der Stadt befunden hatte, kam verstört, mit wirrem Haupt- und Barthaar in das Zimmer der Kö nigin gestürzt und aanz die Degenwart der noch anwe senden Personen übersehend, erzählte er. daß soeben ein Bote in die Stadt gesprengt sei. dec die Nachricht von der völligen Niederlage des königlichen Heeres und zu gleich die Kunde gebracht habe, wie die siegreichen Par- lamentstruppen das ganze Land ringsum überschwemm ten und wie Esser sich der Stadt nahe, um die Königin gefangen zu nehmen. Dieser plötzliche Wandel, dieser gräßliche Hohn des Glückes schien selbst den Mut der Königin zu brechen. Nit Verzweiflung rief sie aus: „Verlasset mich alle, selbst die, welche bisher treu zu mir gehalten haben. Ich will Niemand in mein Unglück mit hineinziehen, denn mir kann hier auf Erden kein Nensch mehr helfen, keine Rettung ist mehr für mich möglich." Die meisten Personen verließen bei diesen verzweif- lungsoollen Worten der Königin auch schleunigst das Gemach, wie die Ratten das sinkende Schiff; nur Mar got und der Förster blieben bei ihr zurück. „Noch glaube ich, daß es einen Menschen gibt, der uns retten kann", beschwichtigte Margot ihre Herrin. „Ich gebe noch nicht alle Hoffnung auf und vertraue auf ihn." Die Königin blickte erstaunt auf Margot und auf ihrem Gesicht waren deutlich die Zeichen des Zweifels ausgedrückt. „Wer ist es, von dem Du glaubst, daß er mich noch retten könne?" fragte sie mit unsicherer Stimme. „Es ist derselbe, dessen Stimme uns in jener ent- etzlichen Nacht in dem eiwamsn Hause im Walde recht zeitig warnte," flüsterte Margot. „Und so wie damals die Warnung noch zu rechter Zeit kam, so hoffe ich auch, daß diese Hilfe noch rechtzeitig kommen wird." Die Königin streckte beide Hände wie beschwörend aus und rief: „Nein, dieser Mann kann und.wird,.mich nicht ret ten, denn er hasset mich, wie ich ihn Haffe. Nie wird die zwischen uns klaffende Gruft sich überbrücken lassen, darum ist die Hoffnung auf seine Hilfe nur Wahn sinn." „Wohl glaube ich, daß er Dich haßt, edle Gebieterin, aber sein Haß reicht nicht hin, um uns beide verderben zu lassen. Er wird, so wie ich ihn kenne, feurige Kohlen auf dem Haupte von Englands Königin sam meln." Henriette Maria warf einen langen forschenden Blick auf ihre treue Dienerin, unter dem diese leicht errötete. „Er liebt Dich?" fragte sie. Margot schüttelte schmerzlich das Haupt und flüsterte noch leiser als vorher: „Er hat wohl niemals geliebt; alle weichen Gefühle seines Herzens erstürben ih n schon als K ad, bei seines Vaters Tode, und dennoch hosf. ich, daß er uns retten wird." „Weißt Du denn, wo er weilt?" forschte die Kö nigin weiter. „Ich weiß es nicht," entgegnet? Margot; „wenn ich es wüßte, hätte ich ihn längst- aufgesucht und ihn zu unserer Rettung aufgefordert. Aber es ist mir. als könne er gar nicht ferne sein, als umsch vebe uns sein Schatten wie ein schützender Geist. Ich will längst entsch wundene Zeiten heraufbeschwören und der Stimme meines Her zens folgen. Als wir noch Kindee waren, er und ich, da umschlang uns ein inniges Freundschaftsband. Wenn ich ihn sprechen wollte, dann stellte ich nah Verabred ung eine Rose vor mein Fenster und ec kam, sobald er dieses Zeichen gewahrte. So will ich es jetzt auch tun, vielleicht erinnert er sich dieses Zeichens und seiner Bedeutung noch nach all den langen Jahren." Die Königin schwieg; was sollte sie antworten.