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well Im «Hä. «engen, seibstgcwäölleu Grenzen. Sie waren reich an Arbeit dahingezogen — und sie hatten ihr auch Schätze gebracht! Allerdings lein irdisches Hab und Gut! Sie stählten Zuerst ihre Willenskraft, brachten ihr dann Anerkennung der Vorgesetzten und erweckten >n ihr das Befriedigungsgefllhl, welches Seelenzucht und zielbewußtes Handeln er- zeugt. Immer seltener hatte sie vergangener Zeiten gedacht. — Seit gestern aber, als er schwer in das Krankenhaus gebracht worden Ivar und der Arzt sie mit der Pflege des Verwundeten betraut hatte — waren sie wieder erweckt worden — die Erinnerun gen. Auf der Durchreise durch die Hauptstadt dar eine Tat der Nächstenliebe für ihn ver hängnisvoll geworden! — Das kleine Mäd chen, das er vor dem Tode des Ertrinkens bewahrt hatte — war nur mit dem Schreck davon gekommen. Beim Hinaufreichen des Andes hatte die Strömung ihn jedoch wie- !der erfaßt und ihn mit solcher Wucht gegen das Bollwerk geschleudert, daß er nur mit Igroßer Not den Fluten entrissen wurde — Ium, wie der Arzt glaubte, im Wundfieber- Idelirium zu enden. „Lantus ex" — murmeln die Lippen des I^ievernden. Marthas Seele durchzieht das »Gefühl des Erschauerns! — — — — — Leise ist der Todesengel in den Raum »geschwebt. Ernst blicken die Augen des lTodesboten in das Gesicht des Leidenden. »8u Häupten des Lagers sitzt aber der fTraumgott und zwingt dadurch den Todes- mgel am Fußende des Bettes stehen zu bleiben. „Verweile noch," bittet der Traumgott. „Wozu — seine Lippen riefen bereits?" „Lantus ex — jawohl — aber ich meine, bas Lied ist für ihn noch nicht aus! Gib ihn mir nur eine kurze halbe Stunde Ich ivill seine Seele reisen lassen. Ich glaube, dann wünscht er keine Lebensschlußreise mir dir!" „Wohl es sei! — Spricht er nach Ab lauf dieser Frist wiederum: Lantus ex. so begleite ich ihn hinein!" „Du bleibst bis dahin am Fußende sel bes Lagers?" „Auch das sei dir gewährt! Meine Schwingen werden in der Zeit sein Haupt nicht berühren!" „Ich danke dir!" s Der Traumgott zieht mu Kurt EvelS Seele alsobald auf die Wanderschaft! — Amte nur, denkt dabei der menschenkundige <raumgott: ich will zuerst deinem jetzigen Wunsch Rechnung tragen. Schaue Bilder der Vernichtung! Sieh! — Eine Hütte steht am Rande des schwei genden Waldes im hohen Norden. Fern -?n der Jurta, der Ansiedlung des Jakuten- barnmes hat man sie aufgerichtet. Niedrig hl sie — sie gleicht nur einem hohen Schnee haufen — doch birgt sie ein Elend riesen- kvoß! In ihrem Innern wohnt das Grau- m. Ein Leprakranker haust darin. Jahre- ang schon lebt der Mann da — einsam ver- Essen. — Seine Angehörigen kamen nur ns an dch Hüttentüc. Nicht täglich setzten r iKeselbe Speise und Trank — nein, be brachten ihm Nahrung auf Vorrat. — Lo frittete er sein Dasein und fragte sich oft: ^arum handelst du so? Aber er tat es minoch! Nun befindet er sich im vorgerückten Sta- wm der Krankheit. Er liegt, stumpfsinnig Morden, auf einer niederen Wandbank. Fetzen von Renntierfellen bedecken ihn. Aus dem schwärz gewordenen Gesicht, in dem die Krankheit grausige Verheerungen an Nase, Mund und Augenlidern angerichtet hat — blicken die Augen glanzlos ins Leere. Die auf der Decke liegenden geschwollenen, farb losen Hände greifen in die Luft! — Ein tiefer Seufzer nur entringt sich der schmer zenden Brust, der Kopf neigt sich zur Seite und die Seele aus dem leidenden Körper befreit — folgt freudig dem Todesboten! — „Lantus ex" murmeln die Lippen des Schauenden — dem schon wie in einem Wandeldiorama, das nächste Bild vor die Seele tritt. „Sieh!", spricht der Traumgott aber mals. — Mitternacht ist's im Lande Somali! Ge rade die rechte Zeit, in der die Somali nach Ansicht der Kulturvölker auf verbote nem Wege wandeln. Ein junger Somali schleicht auf dem Grenzgebiet zum Nachbar stamm umher. Er ist nach den Auszeichnun gen seines Stammes lüstern! Die vier Elfenbeinringe am Oberarm, die er für Tö tung eines Elefanten, zweier Elefanten und eines Menschen bisher erhalten hat, genügen ihm nicht mehr. Er ersehnt den eisernen Ring am Handgelenk! Um den zu erlan gen, muß er abermals die Heldentat aus- fllhren: einen Menschen — natürlich nicht seines Stammes — aus dem Hinterhalt ins Jenseits zu befördern! — Schon nähert er sich dem Grenzlager. Der Vollmond leuch tet ihm mit seinem geisterhaften Schein. — Ah — dort liegt der dem Tode Geweihte. Fest hält die Rechte des Somali die tot bringende Waffe — eine Lanze! —. Nun senkt er sie und trifft genau das Herz des Schlafenden- Ein Zucken nur des Liegen den, dann streckt sich die entseelte Leiche zur Totenstarre, Doch der Sieger wehrt auch dieser, denn er muß den Seinen Beweise bringen, daß er es war, der die Seele aus diesem Körper befreite. Er nimmt dem Opfer seiner Begierde die Kleider — er zer stückelt den Körper mit der Lanze zum Fraß für die harrenden Geier. Selbst der kalte Mond vermag das nicht mit anzusehen! Er zieht einen Wolkenschleier vor sein breites, glänzendes Antlitz. „Lantus ex", murmeln abermrus Vie Lippen des Schwerkranken — doch nur zö gernd sprechen sie die Worte. „Jawohl! — das Lied ist aus!" sagt bestätigend der Traumgott. „Schau nur weiter!" In Kandas fleht ein Farmer neben sei nem Wohnhause. Prüfend blicken die Augen hinauf zum Himmel, dem tief dunkle Haufenwollen ein düsteres Gepräge leihen. Die Luft ist schwül. Beängstigend still wird cs im Reiche der Luft, denn die befiederten Bewohner des Luftraumes suchen einen Un terschlupf in bergenden Mauern. Das ist die Stille vor dem Sturm — sagt sich der denkende Mensch und der, welcher die Ge- fahren seiner Heimat kennt, beeilt sich, bei- zeiten ihnen entgegenzutreten oder ihnen zu entfliehen. Diesmal wählt der Hausvater die Flucht und rettet sich mit den Seinen in den unterirdisch angelegten Zyklonkeller, um sich vor dem so sehr gefürchteten Wirbel sturm, dem Tornado, zu retten. Der naht mit donnerartigem Getöse und nimmt sei- neu Weg von Süd gen Nordost. Trichter- ähnliche Staub- und Windhosen jagen vor ihm her. Glänzend erscheinen die Wolken, i aus denen grelle Blitze niederzucken, um die Verwüstungsszenen zu beleuchten, die die gewaltigen Kraftäußerungen und Absonder lichkeiten dieses Vcrnichtungswindes anrich ten. Jetzt kommt er daher — er stößt, saust und wirbelt! — Nichts vermag ihm zu widerstehen — diesmal ist er besonders un ternehmungslustig! Seinen Ansturm kann das Wohnhaus nicht ertragen. Das ganze Gebäude explodiert. — Zitternd hören die im Keller verborgenen Menschen das Krachen, der Farmer seufzt schwer und sein Weib denkt in sorgender Mutterliebe des einzigen Sohnes, der in diesen Tagen heim kehren wollte. Ihr Herz schlägt bang! Ah nend durchzuckt sie die Erkenntnis, er ist unterwegs, ich sehe ihn nicht wieder. — Und sie fühlt recht! — Der Tornado schont nichts, was seinen Weg hemmt! Er bläst auch das Stallgebäude von der Erde, ent führt das Pferd des Farmersohnes, einen Schimmel mit Halfter und Krippe, aus dem Stall und schleudert ihn auf die Schienen eines herannahenden Zuges. Der Zug er scheint ihm begehrenswerter. Er hebt ihn aus den Schienen und wirft ihn in ein be nachbartes Feld. — Ein junger Reisender steht am Fenster, sieht den Schimmel mit schreckensstarren Blicken durch die Luft kom- men, Weitz nun, was daheim geschehen und schließt die Augen in wortlosem Schmerz. Heim — Mutter — lebt wohl! Das ist sein letzter Gedanke! Ins Feld geworfen trifft ein mitleidiges Holzstück seine Schläfe. — Lautlos sinkt er nieder! — Weiter eilt der Tornado. Das Lied ist aus! flüstert leise der Traum gott — aber die Lippen des Fieberkranken wiederholen nicht: Lantus ex. Ein Schau der schüttelt ihn. Ihm widerstehen die Bilder der Vernichtung. Leise fächelt der Traum gott mit seinen Schwingen ihm Beruhigung zu — und spricht dann zuredend: Schau wei ter! — Nur zögernd folgt die Seele diesem Befehl —und sieht: sich selbst als Student — seine blonde Martha; die dicht mit Kapri- folium berankte Laube im Garten des Oheims. — Er vermeint ihre Stimme zu hören. — Die spricht aber so anders wie dazumal, so leid- und sehnsuchtsvoll zu gleich. „Kurt, Kurt, bleibe bei mir!" — „Martha, Martha!", flüsterten da die blas sen Lippen. Der bläuliche Schimmer weich: Von ihnen bei diesen Worten. Die Gnaden- frist der halben Stunde ist vorüber! Dec Todesengel schwebt zum Ausgang mit ern sten und doch freundlichen Blicken den Schlä fer betrachtend. Sich zurückwendend nickt er dem lächelnden Traumgott gütig zu und sagt: „Die Erde hat ihn wieder! Dein Wunsch hat sich erfüllt, nun siehe zu, daß der ihm zum Heil wird." „Er wünscht das Leben jetzt auch," ant wortet beglückt der kleine Traumgott — „und daß es nun ihm das wahre Erdenglück bringt — das verbürgen — ihre Blicke dort! — Sieh nur, jetzt öffnet er die Augen, schau nur, — wie er sie — wie sie ihn anschaut! — Höre, er flüstert: das Lied, es steigt! — Noch hält er die Wirklichkeit für einen neuen schönen Traum! — So — nun schlafe traumlos weiter — schlafe dir Kraft zum Leben. Das Lied es steigt!" so spricht dec Traumgott und schwebt mit dem Todesen gel dem Ausgang zu. Martha sinkt in die Knie. Er schläft fest — traumlos. Die Kri sis ist vorüber! „Das Lied es steigt!", flüsterte sie leise mit bebenden Lippen und glückstrahlenden Augen,