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ÜX(LXI.X^LS>Ü »«II I» »II« l^L<>^^sv^>^<s><:>r><s^V»o^v^sv-so-vi<su-vv^v-sr^ Es war eine lange ernsthafte Unterre- diing. Der jüngste Dohnhoff war zum ersten mal wirklich böse auf die Brüder. .Laßt das doch die Mutter bestimmen, wie sie will . . ." Sie wechselten einen bedeutsamen Blick miteinander. . Er fing ihn auf, beglfff langsam und wurde sehr blaß. Schwerfällig erhob er sich, um zu gehen. Aber die Mutter hielt ihn zurück. .Ich wollte ein wenig Wärme und Liebe von dir empfangen," flüsterte sie ihm zu, .aber noch hast du mir nichts gegeben. Da setzte er sich wieder und sagte zu allen Vor schlägen .Ja" und .Amen", obwohl da durch klar auf der Hand lag, daß er später ganz leer ausgehen müßte. Ihm erschien es zur Zeit viel wichtiger, die Qual der Mutter möglichst zu kürzen. Sie redeten hin und her, bis die alte Frau dis Hand hob und sagte: .Gut, holt jetzt den Notar. Ich will euch den Willen tun." So hatten sie also eine klare Zukunft durchgesetzt . . denn sie waren gewiß, daß die streng rechtliche Mutter nach dieser Erklärung keinen Pfennig hinter ihrem Rücken an den Lieblingssohn verschenken würde. Frau Dohnhoff verlor langsam ihre frühere Kraft und Frische. Sie war jetzt zuweilen wunderlich versonnen und nach denklich und die jungen, lustigen Stützen hielten es nicht allzu lange bei der Ein samen aus. Da ging sie eines Tages zu dem kinderreichen Schuhmacher in die Kel lerwohnung und sagte ruhig: „Meister Heinz, Sie haben da ein liebes kleines Mädchen in Pflege. Die verwach sene Maria, meine ich. Wieviel Kostgeld erhalten Sie für das Kind?" Er nannte eine angemessene Summe. .Ich mache Ihnen einen Vorschlag," fuhr sie darauf fort, „Sie überlassen das Kind mir, beziehen aber durch mich weiter die Monatsspende. Ich habe die Kleine sehr gern. Sie ist liebreich und gut zu mir, obwohl ich ihr noch niemals etwas geschenkt habe. Besprechen Sie es mit Ihrer Frau und bringen Sie mir baldigst Bescheid." Dem Meister erschien dies Angebot so verlockend, daß er schon jetzt die Entschei dung traf. Sie hatten ohnehin das schwäch- liche, oft kränkelnde Kind abgeben wollen. Dies war also ein richtiges Geschenk. Er nickte lebhaft. „Soll das heißen, daß Sie einverstanden sind, Meister?" Ja . . . das war der Meister. Aber wer nun wiederum von neuen Schmerzen geplagt wurde, waren die beiden ältesten Söhne. Diesmal aber blieb die alte Frau unerbittlich. „Sie bleibt bei mir und ich werde ihre Zukunft in angemessener Weise sicherstellen. Ich bitte mir aus, daß ferner kein ande rer Nat oder Vorschlag in dieser Sache von Euch erteilt wird . . ." So blieb Maria Kenel also in ihrem Himmelreich, denn nicht anders stellte sie sich das vor, wie das helle kleine Zimmer mit dem weißen Bettchen zur Seite der alten Frau. Zwei volle Jahre sorgte und schaffte die Heranwachsende für ihre Wohl- täterin. Dann kam der Tod und rief die Hochbetagte zu sich und die Söhne umstan den ihr letzte- Lager und hatten ihre eige nen Gedanken. Nur der Jüngste streichelte die kleine Maria. .Wo wirst du nun bleiben, mein Kind." „Ich weiß nicht. Aber mir wird's schvn nicht schlecht gehen. Frau Dohnhoff hat mich lieb gehabt . . ." Trotz dieses festen Vertrauens erschien ihre Zukunft ungewiß. Denn als das Te- stament eröffnet wurde, fand sich Wohl da rin ein Nachsatz zugefügt: „Wer meine treue liebe Pflegerin Maria Kenel zu sich nimmt, versorgt und nicht Not leiden läßt, erhält, so lange er sie hat, mo natlich von den Erben 15 Mark. Dafü«. Haler sie auch zu kleiden und ihre etwaigen Krankheiten zu bezahlen . . ." Die Zeit war teuer und der schwache kleine Körper vermochte nicht viel zu leisten. Niemand bot sich an . . . Da ging Wolfgang Dohnhoff, sobald die Mutter auf dem Friedhof ruhte, zu dem ältesten Bruder: „Wie wäre es Karl, wenn du das Ma riechen zu dir nähmst?" „Wenn ich so wenig zu rechnen ver stände, wie du, mein Lieber, möchte ich viel- leicht diese Dummheit begehen." Da ging er zu dem andern Bruder. „Hans, du hast den großen Garten und das geräumige Haus . . . sollte sich da nicht ein Plätzchen für Mutters Pflegerin finden lassen?" Der verneinte hastig und aufgeregt. ... Nun wußte Wolfgang Dohnhoff woran er war . . . Und plötzlich konnte er nicht anders. Spornstreichs lief er zu Meister Heinz, bei dem die kleine einstweilen wieder unter gebracht war, machte aber hart auf der Schwelle Kehrt und rang die Hände: Nein, nein — ich darf es nicht tun. Ich bin zu arm dazu . . Und stand ein Weilchen in tiefem Sin nen, versuchte zum erstenmal im Leben zu rechnen, kam aber nicht damit zustande, son dern hörte die Worte, die das vertrauende Kind zu ihm gesprochen: — „sie hat mich lieb gehabt . . ." Und war mit einem langen Satz in der kleinen Stube, packte den Meister am Arm. ..Wieviel kostet Wohl so ein Kind wie daS Mariechen monatlich, Meister?" „Mit den 15 Mark, Herr, ist's nicht ab getan, denn sie braucht zu manchen Zeiten eine Pflege. Aber vielleicht legi die Stadt etwas zu?" „Darüber würde meine Mutter sehr traurig sein. Das Mariechen hat so viel geweint, bis die Verstorbene sich schriftlich verpflichtet hat, ganz für sie zu sorgen. Da rauf ist denn der Magistrat sehr gern einge gangen." „Das wußte ich noch gar nicht," sagte der Meister bestürzt „und ich kann sie auch nicht mehr lange behalten. Weihnachten kommt mein Junge auf Urlaub von den Soldaten, da muß sie fort sein . . ." Noch einen Augenblick sann Wolfgang Dohnhoff nach. Dann sagte er rasch: „Bit ten Sie Ihre Frau, daß sie die wenigen Habseligkeiten des Kindes zusammenpackt. Ich nehme sie in mein Haus." Seine Frau hatte kein Wort des Vor wurfs für das, was er getan. Sie legte leicht die Hand auf Mariechens Kopf und sagte still: „Gelt, Kind, schmal genug wird's manch mal werden, aber, nicht wahr, zu einein Weihnachtsbäumchen wird es doch lohnen." Und Mariechen nickte und hatte einen seltsamen Glanz in den Augen, wie ihn die Menschen haben, wenn sie ein schöne- Ge heimnis in sich tragen. Vor dem lieben Christfest erkrankten die beiden Buben heftig am Scharlach. Dec Arzt muhte kommen, teure Arzneien und Stärkungsmittel aller Art angeschaffi wer- den und als endlich der Christabend mit Glanz und Schimmer über die Erde schritt . . . ward Wolfgang Doh.choff inne daß er diesmal seiner Familie keine Tanne an zünden konnte . . . Es dämmerte bereits Die Kinder preß ten die Gesichter an die überfrorenen Schei ben und starrten hinaus, als müsse von dort das Wunder mit Licht und Gold zu ihnen kommen. Nur das Mariechen lief in ihr Kämmerlein, und suchte aus dem alten hohen Kasten, der ihre Wäsche barg, etwas hervor. Ihr Gesicht glühte und ihre Hände zitterten, als sie in das immer noch uner hellte Zimmerchen trat. Wolfgang Dohn hoff und seine Frau saßen beieinander aus dem Sofa und sagten, wie um ihre Schmer zen zu ertöten: „Die Kinder sind gesund geworden — ist das nicht Weihnachtsfreude genug?" Gewaltsam zwangen sie sich zu einem Lächeln, als das Mariechen etwas hervor- stotterte. Nur langsam begriffen sie den Sinn ihrer Worte. „Ich kann Ihnen etwa? schenken .... Als meine alte gute Großmutter Dohnhoff sterben wollte, hat sie mich gerufen und mir dies gegeben. „Wer dich zu sich nimmt, soll belobnt werden." hat sie gesagt Ich habe es mir so oft wiederholt, daß es ganz gewiß stimmt. „An dem ersten Christabend den du bei ihm weilst, gibst du ihm dies in meinem Namen. Vorder kein Wort. Das versprich mir. . ." Und ick habe nichts ge sagt," meinte sie stolz und bändigte ein klei nes Predigtbuch aus. das Wolfgang Dohn- hoff genug in seiner Mutter Händen ge sehen hatte. Und es wurde ihnen werb nachtsfroh zu Sinn Die Lampe wurde an- gezllndet und sie schlugen das Evangelium mit der frohen Botschaft auf . . Aber es war seltsam . . die Blätter blieben zusammen. Sie mußten gewaltsam mit dem Messer voneinander getrennt wer den — —. Als daS endlich gelungen war, stießen ste einen Schrei aus, dem ein Jauchzen solare. Zwischen den sorglich zusammengeklsk- ten Blättern lagen 6 neue Tansendmark- scheine und von der Mutterhand em Zenei chen: . . . Ich bin gewiß, daß du. mein lieb-r Wolfgang, das Mariechen zu du nimmft Siehe, ich verkündige dir große Freude . " Als die Kinder Vom Fenster herabftie- gen, weil die Eltern gar so sonderba, st'll blieben, wurden sie gewahr, daß die wein ten . Ganz langsam begriffen ste daß r-otz dieser Tränen die WeihaachtSfreude gekom men sei . . « Ainnspniicst". « Armut heißt uicht Schätze misten, Armiit heißt nicht Geld vettebien, Armut heißt: entbehren müsten, Was wir tief im Herzen hehlen Dir Trauer wird durch Trauern nicht Seebers Durch Trau« wird di, Trauer zum Genuß. *