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WkMMiMMlß Beilage zu Nr. 1. Dienstag 3 Januar 1911. EI»WMSMM*E>W«»«VI«kyM«r«»«LWMWWWWM»WWMWWWWWWWWWI«WM!M«WW»WMWM>MW«M«««I«»«WIIIWMW«W Denksprüche für Gemüt und Verstand. Auch den vertrautesten Freund verschone mit deinem Geheimnis, Forderst du Treue von ihm, die du dir selber versagst? A«K Wilsdruff, den 2. Januar. Die Tombola der Presse-Redoute Gold und Silber, die am Dienstag, den 10. Januar in sämtlichen Räumen des städtischen Ausstellungspalastes in Dresden statt findet, wird diesmal ganz besonders reichhaltig ausgestattet sein. Den 1. Hauptgewinn bildet ein Piantno aus der Hofpianofortefabrik von Förster-Löbau im Werte von 1000 Mk Der 2. Hauptgewinn ist eine Vergnügungs- reise mit der Woermann-Lini? von Hamburg nach den Kanarischen Inseln oder nach Neapel und zurück. Der 3. Hauptgewinn ist eine Nordlandsreise im Werte von 350 Mk , hieran schließen sich noch «eitere Hauptgewinne und zwar ein Fahrrad der Schladitz-Werke, eine Fern fahrt, gestiftet vom Kgl. Sächs. Verein für Laftschiffahrt, eine Jahreskarte der Sächsisch Böhmischen Dampfschiff fahrtsgesellschaft uiw. — Freitag nachmittag in der fünften Stunde sprang von der Loschwitz-Blasewitzer Brücke ein junges Mädchen in die Elbe und verschwand in den Fluten. Bei der Dunkelheit waren die Rettungs versuche erfolglos. Eine Kalb-Mißgeburt brachte am Mittwoch vormittag eine Kuh eines Baudaer Gutsbesitzers zur Welt. Das Monstrum, daS tot geboren wurde, zeigte zwei Köpfe, die sich gegenseitig zugewrndet sind, sechs Beine, und zwar vier Vorder- und zwei Hinrerbeine und am Hinterteile zwei Schwäne. Die Kuh hat die Gebu t glücklich über standen und lebt noch. Die Mißgeburt ist nach Dresden an die Tierärztliche Hochschule eingesandt worden. Der in einem Gehöfte ganz allein wohnende Witwer Wilhelm Schaal in Bockendorf, in der Umgegend be kannt als Drainierer, war seit mehreren Tagen nicht ge- sehen worden. Deshalb forschte man in seiner Wohnung nach ihm. Ein schrecklicher Anblick bot sich den Suchenden dar. Schaal lag in einer Ecke des Schlafzimmers, nur mit dem Hemd bekleidet, mit blutigen Knien, an Gesicht, Händen und Füßen mit Kalkspuren von der Wand be- haftet, tot auf dem Rücken. Die ganze Verwüstung in dem Schlafraume, eine Blutlache neben dem Bette und ein abgeschossenes Teschin deuteten auf Selbstmord und heftigen Todeskampf hin. J-n Leipziger Vorort Engelsdorf hatte sich nach dem Tode ihres Mannes vor etwa drei Wochen die Witwe Braun aus der Wohnung entfernt, und erst jetzt ist es gelungen, die total entkräftete Frau in einer Felo- scheune zwischen Sommerfeld und Althan aufzufinden. Die bedauernswerte Frau hatte sich tief im Stroh ver steckt und nur von Krautblättern gelebt. Mittels Wagen wurde sie in ihre Behausung transportiert. Freitag früh V-4 Uhr brach im Tischlereigebäude des an der Dresdnerstraße in Chemnitz gelegenen Werkes „Chemnitz" der Hannoverschen Maschinenbau- Aktiengesellschaft Vorm. Egestorfs «in Brand aus, der in wenigen Stunden das ganze dreistöckige und 40 Meter lange Gebäude einäscherte. Sämtliche Tischlereimaschinen und Vorräte wurden vernichtet. Der Schaden an ver lorenen Modellen ist für die Fabrik unberechenbar. Der Betrieb kann voraussichtlich aufrechterhalten werden. Beim Feueranmachen gossen die 11 (!) und 14 (l!) Jahre alten Söhne des Gutsbesitzers Schreier in Wasch- leithe Petroleum (!) in die Flammen. Die Flasche explodierte natürlich sofort, und das brennende Petroleum ergoß sich über die beiden, die entsetzliche Brandwunden erlitten. Ein Uederfall wurde am 2. We'hnachtsfeiertag von zwei jungen Burschen in den Bärensteinanlagen in Plaue« i. B. auf ein auswärtiges junges Mädchen Verübt. Letzteres, eine Arbeiterin aus Oelsnitz, hatte in einem Automatenrestaurant die Bekanntschaft eines Burschen gemacht und begab sich mit ihm gegen 8 Uhr abends nach dem Bärenstein spazieren. Dort versuchte der unbekannte Mensch, dem Mädchen Gewalt anzutun, und als es sich wehrte, sprang ein zweiter Bursche, der sich versteckt ge halten hatte, herbei. Das Mädchen verteidigte sich aber heftig gegen die beiden Rohlinge durch Umsichschlagen mit dem Schirm, der ihr schließlich nebst ihrer Handtasche entrissen wurde. Mit den geraubten Sachen flüchteten die Burschen. Wie Bürgermeister Dr. Polster in der Sitzung der städtischen Kollegien in Retcheubach mitteilte, ist der Bau einer elektrischen Straßenbahn geplant, die zunächst die Städte Reichenbach, Mylau und Netzschkau unter einander verbinden und später durch das Göltzschtal nach Greiz weitergeführt werden soll. Die Staatsregierung steht diesem bedeutsamen Projekte sympathisch gegenüber. Die allgemeinen Vorarbeiten sind im besten Flusse. Was lehren die bisherigen Erfahrungen über die Milchkontroüvercine. Von Dr. Tannert, Direktor der Landwirtschaftlichen Winterschule zu Schmiege! (Pros. Posen). n. Der praktische Landwirt ist nun meist gar nicht in der Lage, die Kontrolle seiner Tiere regelmäßig und exakt durchzuführen, da ihm wohl häufig die notwendige Zeit für die Probeentnahme und die theoretische Vor bildung für dir Fettbestimmungen und Futtcrberechnungen fehlt, und vor allen Dingen die erhaltenen Resultate nur für ihn selbst, für andere aber doch nur bedingten Wert haben würden. Um aber eine einwandfreie Kontrolle zu besitzen, schließen sich eine Anzahl von Landwirten zu Kontrollvereinen nach dänischem Muster zusammen, in denen durch die Kontrollassistenten dann eine Kontrolle für jedes einzelne Tier ausgeführt wird. Wie rasch diese im Jahre 1895 zuerst in Dänemark gebildeten Milchkontrollverelne sich emgebü-gerl, welche rasche Verbreitung sie all,einem gefunden haben, erhellt aus der Tatsache, daß in Dänemark 1907 bereits 448, in Schweden (der erste wurde 1898 in Hvilau ins Leben gerufen) 1907 459, in Norwegen 1907 140 solcher Vereine bestanden. Der erste deutsche Kontrollverein wu de nach dänischem Muster 1897 in der Provinz Schleswig-Holstein gegründet. Ende 1908 war die Zahl in Deutschland bereits auf 207 gestiegen, in Preußen allein auf 170. Die Gesamtzahl der Ende 1908 in diesen Vereinen unter Kontrolle der relativen Leistung stehenden uühe betrug für Preußen allein 71747, für ganz Deutschland aber 88296. Die Kontrolloereine haben es sich zur Aufgabe ge stellt, die Erträge aus der Viehzucht, besonders aus der Milchviehzucht, nach Möglichkeit zu steigern. Dieser Aufgabe suchen diese Vereine nun dadurch gerecht zu werden, daß sie in möglichst einwandfreier Form die absoluten Leistungen der einzelnen Tiere zu gewinnen trachten und ferner danach streben, die Leistungen im Verhältnis zu dem den Tieren verabreichten Futter, also die relative Leistung festzustellen. Der Wert der Kontrollvereine liegt also zweifelsohne darin, daß durch dieselben die Leistungsfähigkeit der einzelnen Tiere ermittelt wird und daß auf Grund der Jahresergebniffe die zuchttauglichen Tiere festgestellt werden. Die Kontrollvereine würben wohl aber kaum die Verbreitung gefunden haben, die ganze Kontrolltäligkeit würde wohl kaum den großen Umfang angenommen haben, wenn nicht von vornherein gewisse Beziehungen zwischen den Kontrollvereinen und Zücht rvereinigungcn bestanden hätten, denn ge ade dieses Zusammengehen hat ohne Zweifel die Grundlage für eine zielbewußte Tätigkeit gegeben. Aus der Umfrage von Dr. Hermes („lieber den gegenwärtigen Stand usw.", „Mitt der D. L.-G." 11/1909) geht wenigstens die erfreuliche Tat sache hervor, daß in fast allen Fällen die eben erwähnte Zusammenarbeit zwischen Kontrollvereinen und Züchter vereinigungen besteht. Die Art dieses Zusammenwirkens ist allerdings recht verschieden. Entweder sind die Mit glieder der Kontrolloereine zugleich Angehörige von Züchtervereinigungen, deren Kontrolltiere von der letzteren Vereinigung angekört und in deren Herdbuch eingetragen werden oder dir Mitglieder d r Kontrollvereine muffen gleichzeitig einer Herdbuchgesellschaft angehören. Vielfach benetzen die Beziehungen zwischen den beiden Organisationen darin, daß die von den Kontrollvereinen einwandfrei nachgewiesenen Leistungen in die Herdbücher eingetragen werden, daß die Züchtervereiuigungen den Kontrollvereinen teilweise finanzielle Unterstützung gewähren oder aber dadurch, daß tue Zuchtinspektoren der Züchtervereinigungen die Aufsicht über die Kontrollassistenten ausüben und bei der Verwertung und Nutzbarmachung der Ergebnisse der Kontrollvereine entscheidend Mitarbeiten. Bei dem oft noch nicht genügend entwickelten Verantwortlichkeitsgefühl der meistens noch sehr jungen Kontrollassistenten, die zum größten Teil sofort nach ihrer Entlassung aus einer niederen landwirtschaftlichen Lehranstalt diesen Beruf ergreifen, ist diese Aufsicht auch unbedingt nvtwendig. Wenn die Ergebnisse der Kontrolloereine einen vollen Nutzen gewähren sollen, dann ist das nur möglich, wenn die wirklich festgestrllten Leistungen der Tiere bei der Zuchtwahl bestimmend sind. Der Leistungsfähigkeit und dem Abstammung-nachweis muß eine größere Rolle ein- geräumt werben, wie dies früher der Fall war, als die Tiere nur mit dem Auge beurteilt wurden. Entspricht Kei Sonnenuntergang. Littauischer Roman von M. von Wehren. k>1) (Nachdruck verboten.) Von der Laterne hell beleuchtet, stand auf der Erhöhung über ihnen das Kind, gcisterbleich. Ihre großewvon der Augst unheimlich belebten Augen starrten Moses unverwandt an und drohend streckte sie ihre Land ans den Lumven cmvor. „Das Schicksel, die Lene, wo kommt sie her? Es ist ihr Geist, den mir der böse Engel schickt, um mich zu verderben." Mit wahnwitzigem Ausdruck sah Moses immer auf sie hin. Diesen Augenblick benutzte Vitzthum und schüttelte seinen Feind ad. der nun mit Hilfe der andern, die herzneilteu, wie vorher seine Gefährten, geknebelt, gebunden und für immer unschädlich gemacht wurde. Die Littauer, um die man sich nicht bemüht hatte, waren fast alle durch das dichte Buschwerk ent schlüpft. Noch immer stand Magdalene, die Laterne in der Hand haltend, wie ein Bild von Stein und beleuchtete die schaurige Szene. Wie abwesend blickte sie auf ihren Peiniger, der mit den Zähnen knirschte und Lästerworle ausstieß; oann löste sich die kleine Hand, die Laterne fiel klirrend auf den Boden, sie aber schrie auf und brach ohnmächtig zusammen. * * * Wunderbar klar ging die Sonne auf und beleuchtete das Geburtstagskind, welches hinter den Brokat-Gardinen des uralten Ruhelagers sanft und süß schlief. Die Tante zog oanz leise die Vorhänge auf und beobachtete die Kleine. Es war «i>, reizendes Bild, dieser Ausdruck der Unschuld in dem Kindergesicht mit den Grübchen in den Wangen, die langen dunkeln Wimpern weit über den Augensternen liegend nnd eine Hand in den wirren Locken vergraben. „Du lächelst im Schlaf, mein Liebling", flüsterte die alte Frau, „träume weiter Dich hinein ins neue Lebensjahr nnd mögen Gottes Engel bei Dir stehen und Dich bewahren vor Unglück und Kummer. Lache wieder so heiter wie früher, Du herziger Wildfang; ich will Dir nicht länger zuwider sein, wenn auch unser Wunsch unerfüllt bleibt. Man darf dem Herrn dort oben nicht vorgreifen in seinem Walten, darum geschieht uns schon recht, wenn es anders wird, wie Dein Onkel und Deine Tante so sehr gewünscht haben." Karl giebt sich schon zufrieden, wenn er sieht, daß ihr Herz ihm nicht gehört; er liebt sie zu sehr, um nicht entsagen zu können. Nein, unser Herzblatt soll nicht unglücklich werden. Was in meinen schwachen Kränen steht, will ich dazu beitragen, ihren Wunsch zu erfüllen. Wie sollte ich es auch ertragen, wenn sie sich grämte nnd elend fühlen würde! Das könnte mein Ende be schleunigen. Ob sich Nomberg bald ihr erklären wird? Er sieht sie immer io traurig an und ist so ungleich in seinem Benehmen ihr gegenüber. Bald schäkert, neckt er sich mit ihr nnd ist fast ausgelassen heiter; dann kommen Stunden, wo er in ihrer Gegenwart immer vor sich hin brütet und gar keine oder verkehrte Antworicn giebt. Was hat der Mann? Warum hat er sich in der kurzen Zeit so verändert? Ist ein Hinderungsgrund da? Vielleicht ist er verlobt, verheiratet? Das wär« ja geradezu furchtbar! — Ich könnte ihn hassen, wenn er so mit dem Kinde gespielt, wie ein Verräter sich heimtückisch in ihr Herz geschlichen hätte, um sie dann auf immer unglücklich zu machen. Stimmt das aber mit seiner Art ihr gegenüber? Ist er nicht stets der zurückhaltende Lehrer und Freund geblieben? Wie ein Vater bat er sie behandelt, nicht wie ein Liebhaber. Vielleicht ein Opfer trauriger Verhältnisse, denen er nicht Kraft genug besaß, Widerstand zu leisten — aber leichtsinnig — falsch und schlecht, wie ein Abenteurer und elender Mädchenjäger — ist er niemals! — Nun, Gott wird alles schlichten zu seiner Ehre, ich beuge mich in Demut vor seinen uuerforschlichen Rat schlüssen ! Hast Du aber ein schweres Schicksal uns zugedacht, Herr, lasse es mich allein tragen, Herr, schone meinen Liebling!" „Ach, Mamsellchen, trautstes Mamsellchen, was ist das aber schön!" rief Suse und stürzte ins Wohnzimmer, wo die Tante mit Ancka den Kaffeetisch besorgte. „Nein, über Platte! DaS ist doch ein prächtiger Mensch, was kann der alles machen! Kommen Sie geschwind hinein! Mit dem Kaffee hat das noch Zeit, die schlafen, glaube ich, alle noch. Sie müssen sich das ansehen, Mamsell, so etwas ist noch nicht dagewesen." Die Tante setzte alles hin, was sie dem Kaffeeschrank entnommen, und folgte der alten Köchin, die sich in schier exaltierten Ausrufen erging, als beide nun in das Putzzimmer traten, wo für Mamsell Aiose aufgebaut war. „Sehen Sie nur, wie im Walde, soviel Tannenbäume bat er bergeschafft! Tann der Altar und die Treppe ganz mit Moos belegt und da oben das Transparent mit dem schönen Glückwunsch. Wie natürlich die Engel gemalt sind, die das blaue Band mit Sternen über dem Kopfe halten, wirklich als wollten sie mit dem schönen Spruch fortfliegen. Wo hat Platte blos die Blumen her?" „Ja, Suse", meinte die Herrin, wobei statt der Freude eine Wolke das liebe Gesicht überzog, „es ist schön und sinnreich ausgedacht, mich stimmt es aber traurig. Ich weiß nicht, für ein siebzehnjähriges Mädchen finde ich es eigentümlich, solch einen Aufputz zu machen. Der Altar mit den vielen Blumen nnd der breiten Moostreppe sieht aus als wie zum Aufstellen eines Sarges bestimmt." „Mein Gott, Mamsell, was sprechen Sie dal ES kann einem angst werden." „Es macht auch auf mich keinen heiteren Eindruck, Suse. Dir vielen Tannen und Blumen riechen nach Begräbnis." „Ach wo doch, Mamsell! Eigentlich mehr nach Weih nachten, besonders wenn die Lichter cmgesteckt sind. Er macht ja alles dunkel, der Platte." „Na, meinetwegen; schlafen die beiden Herren noch?* „Nein —, denke» Sie mir, die sind noch garnicht aus dem Walde zurück und den Friede haben sie auch wieder mitgeschlcppt, obgleich er loch immer nicht recht gesund ist. Ich sorge mich schon recht darum und der alte Herr geht auch schon ganz verzagt umher und guckt sich die Augen aus." (Fortsetzung stM) s