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war, hatte er noch Feuer im Leibe; heute ist er ein frostiger Mummelgreis Er hat schlecht Haus gehalten mit seiner Lebensglut und seine Kalorien verpufft in den eisigen Weltraum. Auch für unsere Erde kommt einst der Tag, an welchem das letztere höhere Lebewesen, vor allem der letzte Mensch, dahinsterben muß in eisiger Einöde — Götterdämmerung! Wohl muß dieses Erstarren und Ersterben mit Natur notwendigkeit eintreten, in Jahrmillionen natürlich; aber auch vor diesen letzten Tagen des Menschen auf Erden können unvorhergesehene Ereignisse kommen, die nicht eine Folgeerscheinung des Aelterwerdens der Erde sind, sondern in Leränderungen der Erdstellung zur Sonne ihren Grund haben und eine sehr rasche Vereisung herbeiführen. Das letztgenannte Ereignis ist bereits mehrmals ein getreten, so lange die Erde „steht" und hat auch seine Merkmale in unserer Gegend zurückgelassen. Das war die große europäische Eiszeit. Es ist eine höchst merkwürdige Erscheinung, daß in der Geschichte unserer Mutter Erde ganz regelmäßig heiße und kalte Zeiten abgewechsclt haben. Als die Erde noch jung war, d. h. sich erst von ihrer Mutter, der Sonne, abgelöst hatte, war sie ein glühend heißer Feuerball. In unermeßlichen Zeiträumen kühlte sie sich so weit ab, daß sich an ihrer Oberstäche eine erstarrende Kruste bilden konnte — die ersten Gesteine. Aber schon in ihrer vor geschrittenen Jugendzeit hat sie eine böse Staupe über standen, die erste Eiszeit. Das war damals, als bei uns im Plauenschen Grunde ein großer See sich ausbreitete, in dem riesengroße „Scheuergräser" (Schachtelhalme Cala- miten) wie Bäume wuchsen und die Bergflüsse vom variscischen Restgebirge die Baumstämme herbeiwälzten, die heute von uns als Steinkohlen ins Ofenloch geschoben werden. In jener Zeit riesengroßer Sümpfe müssen ge waltige Gletscher große Teile der Erde mit ihrem Eis panzer bedeckt haben, selbst solche, wo heute die Palmen grünen und farbenfrohe Papageien ihr lustiges Gekreisch erschallen lasten, z. B. in Indien und Ceylon. Später ändert sich das Bild. Es wird wieder wärmer. Im warmen Jurameer tummeln sich riesige krokodilartige Ungeheuer, wie wir sie aus dem Jurakalkschiefer von Solenhofen kennen, den wir alle in unserem Hause haben als — Streichschalen. Damals erhob sich der erste Vogel auf Erden in die warme, sonnendurchflutete Luft, der wunderliche Archaeopteryx mit dem Wirbelschwanz, dem gezähnten Schnabel und den freien Greiffingern. Auch in der Kreidezeit wars heiß bei uns. Damals plätscherten die Strandwellen eines großen Meeres über unsere heimatlichen Fluren. Der Sandstein des Land berges uud der Sächsischen Schweiz und die Pläuerkalklager an den Elbufern, die wir am besten am Niederauer Bahn tunnel sehen, wurden von jenem Meere als Schlamm (Pläner) oder Ufersand (Sandstein) abgesetzt. Darnach wirds wieder kälter. Alle die schlangen haften, krotodilartigen Drachengestalten, die die Wärme brauchten als Lebenselement, sterben fast plötzlich (cum §rano 8gli8) aus. Dafür treten die ersten großen Land säugetiere aus dem Morgenrot der Schöpfung hervor: Pferde, Tapire, Schweine, Elefanten rc. Schließlich bedeckt eine ungeheure Eisdecke unser Vaterland. Die große europäiscde Eiszeit beginnt ihr Schreckensregiment. „Ich bin der Tod" brüllt sie über unsere Heimatflur und was nicht weicht in weiser Furcht muß erliegen dem großen Lebensfeind Kälte. Und wieder wird es wärmer. Das Eis, die Kälte weichen; das Leben siegt und triumphiert über den Tod. So sind wir zur Gegenwart gekommen, die uns schätzungsweise 400000 Jahre von der letzten Eiszeit trennt und für die Zukunft haben wir sonnige Zeit mit Palmen und immergrünen Sträuchern zu gewärtigen; so wenigstens kündens uns die Gelehrten. Ueber die Entstehungsursache der großen Eiszeit gibt es eine ganze Reihe verschiedener Ansichten Keine von ihnen hat sich bisher allgemeines Ansehen erringen können. Darum und wegen des knapp bemessenen Raumes wollen wir sie hier nicht ins Feld führen. Auf jeden Fall trat bei uns eine erhebliche Erniedrigung der Temperatur ein. Auf den skandinavischen Bergen viel ungeheuer viel Schnee. Die Last drückte schwer, der Schnee wurde zu Gletschereis. Das Eis rutschte langsam zu Tale und erreichte die Küsten der Nord- und Ostsee. Da die Ostsee damals ziemlich flach war, konnten die Eismassen nicht abbrechen (kalben), sie sanken auf den Grund, wühlten ihn auf und schoben immer weiter vor. Da von oben her immer mehr Eis hinzukam, die Gletscher aber nicht abschmolzeA so kroch das Eis schließlich auf die norddeutschen Küstengestade und überzog ganz Deutschland mit einer Eisdecke, die bei Leipzig noch an 300 m stark war. Aber doch fand diese gewaltige Jn- landeisdecke in Sachsen ihr Südende. Hier schmolz das Eis ab und seine Schmelzwasfer bildeten weite Seen und lagerten viel kalkartigen Schlamm ab. Wir können in Sachsen ziemlich genau die Grenze der Vereisung feststellen. Sie verläuft über Zwickau, Chemnitz, Augustusburg, Freiberg, Wilsdruff, Pirna, Schandau, Bautzen, Zittau, Sonach erreichte das Eis gerade in unserer engsten Heimat sein Ende. Darum wird sich ein genaues Studium der eiszeitlichen Ablagerungen bei uns sehr lohnen. Die Eismafsen schoben vor sich her riesige Mengen von Gesteinstrümmern, die sogenannte Stirnmoräne. Aber auch unter dem Eise wurde Schutt fortgeschoben, die Grund moräne. Wo diese ins Eis eingefrorenen Gesteine über Bergkuppen oder Felsen gingen, schliffen und kratzten sie tiefe Linien ein in die feststehenden, vom Eise glatt gehobelten Gesteine. Darum ersehen wir an diesen Gletscherschliffen oder Schrammen die Richtung der Bewegung der alten Gletschereismassen. Für unsere Gegend sind die Moränenmassen von größter landwirtschaftlicher Bedeutung. Da das Eis ge waltige Blassen silurischer Kalke aus dem Norden mit sich brachte, auch sehr kalkreiche Gesteine aus der Kreideformation, so wurde in unserer Gegend das wichtige Kalksubstrat in reichem Maße abgesetzt. Das geschah auf folgende Weise. Die Gesteine wurden auf dem Grunde des Eises zer rieben. Die untenhin fließenden Schmelzwasser setzten in den Schottermassen die feine Substanz ab, die dann von Stürmen ausgeblasen wurde. So bildeten sich gewaltige Lagen eines kalkreichen Lehmes, der den Namen „Löß" führt. Einen sehr großen Aufschluß finden wir unterhalb Weistropp bei Wildberg neben der großen Ziegelei. Dieser Lößboden bildet einen sehr ertragfähigen Untergrund unserer Felder. Es ist nun wohl nicht weiter befremdlich, daß wir in der Wilsdruffer Gegend zuweilen Steine finden, die nur in Schweden, Gotland oder Norddeutschland Vorkommen. Sie sind vom Eise hierher gebracht und beim Abjchmelzen hier liegen gelassen worden. Daß die Eiszeit große Verände rungen in der Verbreitung und Artbildung der Pflanzen und Tiere hervorgerufen hat, ist ja ohne weiteres verständ lich. In welcher Weise das bei uns geschah, davon hoffe ich später zu erzählen. Nicht unwesentlich ist die Tatsache, daß nicht fort während das Eis bis hierher reicht. Es gab eine Zeit, in der es weit zurückging, in der luftige Stürme über unser Sachsenland fegten und mit den gewaltigen Sand- und Kalkmassen der Grundmoräne des zurückgewichenen Jnland- gletschers eine Steppe schufen, die bald von charakteristischen Steppentieren besiedelt wurde. Unsere engere Heimat weist einige wichtige Vorkomm nisse auf, die uns viel von der Eis- und ihrer Folgezeit erzählen. Es find 1. Der Sumpfmergel von Cotta bei Dresden, 2. Der Kalktuff von Röhrsdorf und 3. Der Kalktuff von Robschütz Ueber das erste Vorkommen wollen wir uns in der nächsten Nummer unterhalten. A. Bohland. Familienchroniken. „Als erstes Hausbuch soll in dem Bücherschrank des deutschen Hauses die handschriftliche Familien chronik stehen." Riehl. Es ist keine Frage, die Bande der Familie lockern sich. Neben anderen Gründen dieser: Man kennt die Geschichte der eigenen Familie nicht. Wer waren unsere Ahnen? Wir wissen es nicht. Ja, es gibt Gesellschaftskreise, die sich schämen würden, von ihren Vorfahren als ehrbaren Handwerkern zu sprechen. Gäbs doch mehr solcher alten Tanten, von deren einer Emil Frommel erzählt, daß sie in Verwandtschaftssachen das Familienorakel war und jedem, der sich in dem Heere von Onkeln und Tanten, Vettern und Basen nicht zurecht fand, mit einer schallenden Ohrfeige in den Stammbaum der Familie hineinhalf. Familienkunde hat einen hohen Bildungswert. Wir sehen durch die Familiengeschichte „wie durch ein kleines Guckfensterlein" hinein in die Welt-, Kultur- und Sitten geschichte, und „Geschichte wird einem beigebracht, man weiß nicht wie". Bei solcher Beschäftigung mit Familienkunde atmen wir nicht bloß geschichtlichen Sinn, sondern wir be finden uns dabei im Land der Poesie. Es sind Feierstunden der Seele, da wir die vergilbten Blätter entfalten. Wir sehen die festen, geraden Persönlichkeiten unserer Väter Vorbeigehen, und ihr Gruß stärkt unsere Seele. Es weht etwas wie sittliche Zucht aus ihren Niederschriften hervor. Und wir sehen Gottes Wunderwege in den Tagen unserer Väter, das beruhigt uns in unseren Nöten und stärkt den Glauben. (Nähere Ausführungen gibt in prächtiger Weise Blankmeisters „Familienchronik" siehe unten). Wie ist eine solche Chronik anzulegen? Es gilt, alle Familienerinnerungen zu sammeln, zu sichten, aufzubewahren und zu lebendigem Besitz der Familie zu machen. Frommels alter Rektor hielt einmal beim Schulfest eine Rede übers Sammeln: Es gäbe Besseres und Bleibenderes zu sammeln als Vogeleier und Schmetterlinge, die vom Ungeziefer bald zerstört würden; die Geschichte von Vater und Mutter, von den Großeltern u. s. f. solle erforscht, da solle gesammelt werden. Kirchenbücher und Chroniken, Gemeindeakten, Familienanzeigen, Adreßbücher, Steuer- und Bürgerlisten gilts zu benutzen. Vergilbte Papiere, Briefe, Stammbücher, Testamente, Tagebücher, Hochzeits» und Leichencarmina, alte Familienbilder, Silhouetten, Stiche, Photographien des Stammhauses, Sticke und Urväterhausrat ist zu sammeln. Dann gehts ans Sichten! In Mappen und Kisten wirds geordnet und zusammen in einer alten Truhe aufbewahrt. Nun aber kommt die Hauptsache: die geistige Verarbeitung des gesammelten und gesichteten Materials. Es muß ein Stammbaum hergestellt werden; er ist das Gerippe der Familiengeschichte. Fleisch und Blut der Familiengeschichte wird in die Familienchronik geschrieben. Sie muß bis zur Gegenwart heraufgeführt werden, d. h. auch das eigene Leben muß darin beschrieben stehen. Was gäb man wohl um eine Selbstbiographie von der Hand eines unserer Ahnen! — Diese Familiengeschichte muß endlich zu lebendigem Besitz gemacht werden. Am Sylvester an Familientagen- unseren Kirmesfesten, an Winterabenden, Familiensestlichkeiten u. s. f. sollen die Kästen entleert, die Mappen geöffnet werden; da wollen wir vereint sein mit unseren Vorfahren, wollen ihrem Erdenwallen folgen, und ein Hauch der Ewigkeit mag uns umwehn! Kühn«. Ahnen sind für den nur Nullen, Der dazu als Nulle tritt; Steh' als Zahl an ihrer Spitze, Und die Ahnen zählen mit. Wilh. Müller. Fr. Blanckmeister: I. Die Pietät und Mc Pflege in Volk und Haus. (Chr. Beller, Stuttgart.) Fr. Blanckmeister: 2. Familienchronik. (A. Strauch, Leipzig.) Der Herr Verfasser gab zu weitgehendster Benutzung seiner Werke Erlaubnis. Herzlichen Dank! Die Familie Leutritz in Klipphausen nach den Kirchenbüchern von ZLöhrsdorf. I. Nachdruck verboten. Vor einiger Zeit ging durch verschiedene Blätter die Nachricht, daß in absehbarer Zeit, nach Herstellung der er forderlichen Räume, die alten Kirchenbücher in das Haupt staatsarchiv nach Dresden abgeliefert werden müßten. Wenn nun auch die Gründe für diese Maßregel sehr be achtlich sind — Schutz vor Feuersgefahr, Erleichterung der Familienforschung usw. — so bedeutet sie dock für die Ge meinden, insonderheit die Landgemeinden mit seßhafter Be völkerung, wo zahreiche Familien seit Jahrhunderten ihren Besitz festgehalten haben, einen schweren Verlust. Um seiner Gemeinde nun wenigstens einigen Ersatz zu bieten, hat Verfasser die alten Kirchenbücher einmal gründlich durchgearbeitet; zuerst ein vollständiges doppeltes alphabetisches Register bergestellt und nun mit dem Versuch begonnen, unter Zuhilfenahme der alten Kirchrechnungen, die Geschichten der einzelnen Familien zusammenzustellen, um so allmählich eine vollständige Ortsgeschichte zu erhalten. Von welchem Werte solche Arbeiten sein und von welchem Erfolge sie begleitet sein können, mag die Geschichte der Familie Leutritz in Klipphausen zeigen. Bemerkt sei, daß das Tauf- und das Totenregister in Röhrsdorf von 1558 an, das Trauregister von 1586 an geführt ist. Die Nachrichten über die Familie Leutritz (bis 1671 fast ausschließlich Leuteritz, 1671—1721 Leuderitz, seit 1721 Leutritz geschrieben) reichen bis 1558 zurück. Im Anfang sind die verwandtschaftlichen Beziehungen unklar, doch ist mit Sicherheit anzunehmen, daß der Stammvater des Ge schlechts Matthäus Leuteritz war, der 1566 starb. Außer von ihm und seinen Angehörigen berichtet das Kirchenbuch von folenden dieses Namens: 1. Jacob Leuteritz aus Pegerau, verheiratet sich am 26. September 1584 mit Margaretha geb. Trasse aus Röhrsdorf 2. Merten Leuteritz, Winzer in Pegerau; seine Tochter Estrina verheiratet sich am 17. November 1600 mit Johannes Merten in Röhrsdorf. 3. Ambrosius Leuteritz aus Wurgwitz; seine Tochter Gertraud heiratet am 17. November 1586 Abraham Steffen in Röhrsdorf. 4. Martin Leuteritz in Wildberg, jedenfalls ein Ver wandter der Klipphausener Familie, verkauft 1600 an die Kirche zu Röhrsdorf 37- Pfund Wachs, das Pfund zu 6 Groschen. 5. Johannes Leuteritz aus Limbock, verheiratet sich am 10. Februar 1636 mit Martha Rudloph, der Tochter des Schenkwirtes in Klipphausen. 6. Peter Leuteritz, Halb Hüfner in Hintergersdorf; seine Tochter Maria heiratet am 1. Juni 1670 Michael Fehr mann in Röhrsdorf. 7. Andreas Leuteritz, Sohn des Michael Leuteritz, Gärtners in Limbach, verheiratet sich am 27. November 1721 mit Rosine Gründlich aus Röhrsdorf. Inwieweit bei diesen verwandtschaftliche Beziehungen zu der Famile Leutritz in Klipphausen bestehen, wäre durch Nachforschungen in den Kirchenbüchern der betreffenden Pfarrämter, soweit solche vorhanden sind, nachzuweisen. Doch nun zur Klipphausener Familie selbst. I. Matthäus Leuteritz. Da, wie bemerkt, das Geburtsregister erst 1558 beginnt, so sind wir für die erste Zeit zum Teil auf Vermutungen angewiesen. Doch lassen sich aus verschiedenen Bemerkungen mit ziemlicher Sicherheit folgende Ergebnisse seststellen. Matthäus Leuteritz stirbt am Mittwoch nach Pal marum 1566.