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Tier wird widerstandslos, krank und schließlich unfrucht bar. Sobald aber die Gesundheit der Tiere gefährdet wird, dann hört mit dem Moment aber auch jegliche Rentabilität auf. Die Züchtigungsgrundsätze dürfen keineswegs ver nachlässigt werden. Auch bei den Lristungsprüfungen muß nach wie vor verlangt werden, daß die jungen Tiere ihrer späteren Nutzung entsprechend gehalten und ernährt werden. Die höchste Leistungsfähigkeit eines Tieres ist nur bei voller Gesundheit möglich. Und weil dem so ist, so muß mit allen Mitteln angestrebt werden, gesunde Tiere großzuziehen. Das ist aber nur dadurch zu erreichen, wenn den Tieren in der Jugend Gelegenheit geboten wird, ihren Organismus zu stärken und zu kräftigen, und zwar durch einen frühzeitigen Weidegang. Hier auf der Weide, in der freien Natur, finden die jungen Tiere alle die Lebensdedingungen, wie Licht, Luft, Futter, Bewegung usw., die für eine gesunde, gute Entwicklung maßgebend sind. Fortgesetzte KörpergewichtS- ermittlungen, die bereits in frühester Jugend einen Schluß auf gute Futterverwerter ziehen lasten, müssen allerdings während der ganzen Aufzuchtperiode, besonders aber während der Weideperiode, stattfinden. Denn nur dadurch wird der Züchter, wie bereits oben erwähnt, in der Lage sein, diejenigen Tiere ausscheiden zu können, die spätere schlechte Futterverwerter zu werden versprechen. Zum Schluß kann also das, was uns die Kontroll vereinsergebnisse über die Vererbung von Milchmenge, Fettgehalt und Futterverwertung lehren, dahin zusammen gefaßt werden, daß in Zukunft der GebrauLszüchter durch die Kontrolle alle weniger leistungsfähigen Tiere aus seinem Bestände zu entfernen trachten muß, baß der Hochzüchter aber mit Hilfe der Kontrollöereine Bullen zu erzeugen bestrebt sein muß, die in formalistischer Be ziehung den größten Anforderungen genügen, dabei aber aus leistungsfähigen Familien stamme» und somit die Gewähr für eine sichere Vererbung ihrer guten Eigen schaften bieten. Werden diese Ziele stets un Auge be- halten, werden die von der Natur Sorgrzeichnrten Grenzen durch einseitige Steigerung der Leistungsfähigkeit auf Kosten der Gesundheit nicht überschritten, dann wird und muß die Zucht auf Leistung zum Segen unserer ganzen Viehzucht und somit des gesamten Landwirt schaftsbetriebes werden, AssSZe LhesrM. Selbstmord zweier Mädchen. In Halle haben sich Freitag zwei junge, anscheinend den besseren Ständen angeyörende Mädchen in selbstmörderischer Absicht in die Saale gestürzt und find ertrunken. Passanten des Mühl grabens sahen die beiden eine Weile am Ufer umherirren, dann warf die eine Hut, Jackett und Oberkleiser ab, beide umschlangen sich und sprangen in den Fluß, dessen hoch- gehende Wasser sie sofort davonführten. Ein binzu- kommender Spaziergänger stürzte ihnen nach und versuchte, sie zu retten. Er geriet jedoch in einen Strudel und kam in äußerste Gefahr, zu ertrinken. Nur mit Mühe konnte man ihn ans Land retten. Schweres <Sr«be»u«slück an der schlesischen Arenze. Die Zahl der Opfer bei dem Brand in der Grube „Kasimir" beträgt nach Sosnowicer Meldungen 40. Die Katastrophe soll auf mangelhafte Einrichtungen zurück zuführen sein. Das Unglück ereignete sich auf der zweiten Sohle, in der an einer angebauten Strecke das Feuer zu einer Zeit ausbrach, als über 400 Grubenleute dort arbeiteten. Der beißende Rauch drang an die Arbeits stätte, und die Bergleute bemerkten, daß ihr Leben in Gefahr sei. Laute Schreie ertönten: „Rettet euch, die Grube brennt!" Alles stürzte nach dem Ausgang. Die Gefahr war sehr groß; d e Leute war en ihr Handwerks zeug, Kleidung usw. von sich, um schneller laufen zu können. Gleichzeitig ordneten Beamte die Absperrung des Brandherdes an, und dank ihrem energischen Vorgehen konnte das Brandgebiet bald abgesperrt werden. Sämt liche Opfer sind Familienväter. Die Grubenverwaltung verweigert jede Auskunft über das Unglück, die russischen Behörden ordneten die strengste Untersuchung an. Die Grube „Kasimir" liegt zwischen Sosnowice und Granica an der schlesischen Grenze. Liebestragödie. Aus der Wakenitz wurden die zusammengebundenen Leichen eines Soldaten und eines jungen Mädchens herausgezogen. Die Stricke waren mit Tannenzweigen geschmückt. Der Soldat ist ein Musketier VAN der 7. Kompagnie des Infanterieregiments Nr. 162, seine Geliebte eine Arbeiterin aus Bremen. Maffenvergiftu«ge«. In den Wiesdorfer Farbenfabriken wurden, wie aus Mühlheim gemeldet wird, 95 Arbeiter, die sich in einem besonderen Raume aufhielten, um ihr Mittagessen zu verzehren, als sie ins Freie traten, nacheinander besinnungslos. Sechs von ihnen mußten dem Krankenhause zugeführt werden; einer ist bereits gestorben. Folgenschwerer Einsturz eiaes Brücken gerüstes. Infolge Einsturzes eines Brückengerüstes wurden in Kerpen in der Eifel zwei italienische und ein deutscher Arbeiter getötet und mehrere schwer verletzt. Ei«e Tragödie auf de« Dorfe. In Tonadico bei Primör spielte sich ein Vorfall ab, der großes Auf sehen erregt. Die Bäuerin Depaoli erwürgte nachts ihre eigene sechzehnjährige Tochter Francesca, von der sie glaubte, daß sie mit ihrem zweiten Manne ein Liebesver hältnis unterhalte. Als die Mordtat entdeckt wurde, floh die Mörderin und beging Selbstmord. Die Schwester der Ermordeten wurde vor Schmerz wahnsinnig und mußte in eine Irrenanstalt gebracht werden. Eingesandt. (Für diese Rubrik übernehmen wir nur die preßgesetzliche, nicht aber die ideelle Verantwortung.) Was Wilsdruff fehlt. Wilsdruff hat ein schönes Schulgedäusc, eine Zlcrbe der Stadt, mit einer Volksschule. Früher hatten wir eine I. und H. Bürger schule, eine höhere Schule für Postbeamte, Gememde- beamte, Laudwirte, Kaufleute, ei-re Kaudidatsnschule, wo ein Kandidat des höheren Schulfaches für den Besuch einer höheren Schule Vorusterricht gab. Zieht heute Jemand nach Wilsdruff, sei es als Beamter, Privat mann, Fabrikant oder Geschäftsmann, und hat Kinder, so ist dieser schlimm dran. Er muß tief in den Geldbeutel greife», weil er seine Kivder »ach Dresden, Meißen, Nossen, Döbeln, Freiberg, Tharandt oder Potschappel in Sie Schule schicken und in Penstoa geben muß. Das kann mancher nicht erschwingen, daher meidet er Wilsdruff. Da mancher Wilssruffer gern seinen Kinder» etwas mehr lernen lassen möchte, es ihm aber an Geld hierzu fehlt, er auch weder Freistelle« noch Unterstützung erhält, kommt dieser zu der Einsicht: in Wilsdruff fehlt eine Selekta. Die Selekta muß an die städtische Bürger- oder Volks schule «»gegliedert werden und einen eia-, zwei- und drei- jährigen Kursus haben. Der einjährige Kursus soll vom Besuch der Fortbildungsschule befreien. Der zwei- bez. dreijährige Kursus soll die jungen Leute zum Besuche höherer Schulen, zum Eintritt in de« Bureaubeamten- dienst, für mittlere Post- und Bahnbeamte, für Kaufleute, für Beamte für Fabrikkontore, für Landwirte, für Techniker vorbilden. Ausgenommen werden können junge Leute bis zum 17. Lebensjahre. DaS Schulgeld darf nicht so hoch sein, vielleicht für Wilsdruffer 60 Mk., für Auswärtige 120 Mk. — Vielleicht könnte auch ein Kursus (praktische und theoretische Ausbildung) für junge Mädchen, welche sich einem gewerblichen oder kaufmännischen Berufe widmen oder als Beamtinnen ausbilden wollen, äuge- gliedert werden. — Wie würde sich mancher Bürger freuen, Pensionäre nehmen zu können. Mancher Wils- druffer Geschäftsmann würde bei den Einkäufen berück sichtigt werden, die die Eltern auswärtiger Schüler und Schülerisnr« vci ih.en Besuchen in WilLdruff besorgen. Da wird auch mal eingekrhrt. Ihr Wilsdruffer habt ja den Nutzen davon. Oster» steht vor der Tür, jetzt ist es Zeit. D^s fehlt Wilsdruff. Glück aus! Aunst, Wissenschaft un- Literatur. Wochen-Spielpla« der Dresdner Theater. Kgl. Opernhaus: Dienstag geschloffen, Mittwoch Mignon (Volksvorstelluug), Donnerstag und Sonnabend Der Rosenkavalier, Freitag Der Zigeunerbaron, Sonntag Lohengrin, Montag Carmen. Kgl. Schauspielhaus: Dienstag Wallenstein- Tod, Mittwoch Die Kinder, Donnerstag Kriemhilds Rache, Freitag Herodes und Mariamne, Sonnabend Die Liebe vacht, Sonntag Ernst, Montag König Richard H. Außer dem Sonntag nachmittags Aschenbrödel. Residenz-Theater: Dienstag und Freitag Der gelbe Prinz, Mittwoch DaS Mustkantenmädel, Donners tag Taifun, Sonnabend Miß Dudelsack. Anfang abends V28 Uhr. Außerdem Mittwoch und Sonnabend DaS Sonntagskind. Anfang nachmittags V,4 Uhr. Centraltheater: Täglich aöcnds8Uhr die Operette Der Graf von Luxemburg, außerdem Sonntag, Mittwoch, und Sonnabend nachmittags */,4 Uhr das Weihnachts märchen Zeppelinchen» Reise zum Christkind. Viktoria-Salou: Täglich Sprzialttäten-Vorstellung u. a. Rosenlieber gesungen von Juliette d'Art«, Jean Tatzheim mit seinem großen BurleSken-Ensemble, Cuffav- Valma oder Mlle. Ivonne de Forgä in ihrem einzig da stehenden Sensationserfolg „DaS Wunder der Ankleide kunst" und das übrige großartige Jasuarprogramm. Anfang täglich abends 8 Uhr, außerdem Sonntag nach mittags 4 Uhr. Asssener pvs-«ktenb§vse am 20. Januar 1911. 1000 Weizen nm Kock- « « neu feucht » Roggen htes. alt - - » neu * Gerste Brau- - - Futter. - Hafer alt - - neu - Futtermehl l 100 . ll Rotzgenkleie - Wnzenkleie grob - Maiskörner grob - Maisschrot - Heu, alt per Heu, neu - Schüttstroh - Gebundstroh - Kartoffeln alt - - neu - Mk. bis Mk. l-8 Mk. bis Mk. - 187,- 193, 16,40 - 142, 146, 11,60 7,70 154, 7- 8- 7,- 5,40 11,50 10,30 70 70 50 50 50 50 50 85 15,85 85- — 80 80 11,35 5,80 5,25 7,25 8,25 - —,— - —,— 50 —,— » . —50 —- 50 Kilo von Mk. - bis Mk. -141 - - 15,50 - 14,— - 10,70 50 - - - 3,00 - - 3,50 50 - - - 2,25 - - 2,50 50 - - - 1,75 - - 2,— 50 ... - - - — 50 . - - 2,50 . . 2,60 Marktbericht. Meißen, am 21. Januar. Butter, 1 Kilo 2,30 bis 2,40 Mk.; Gänse, Pfund 78-80 Pfg.; Hasen, Stück 3,60-4,00 Mk.; Eier, 1 Stück 10-12 Pfg. Getretdepreise: geringe Qualität mittlere Qualität gute Qualität niedrigst, höchst, niedrigst, höchst, niedrigst, höchst. Weizen alt — — — — — — „ neu — — 18,80 19,00 19,10 19,40 Roggen neu — — 14,30 14,50 14,60 14,70 Gerste - — — — 17,00 17,50 Hafer — — 15,50 15,80 15,90 16,40 Meißner Ferkelmarkt am 21. Januar. Auftrieb 72 Stück. Preis 12-22 Mark. Albamblätter. Die menschliche Natur ist in ihrem tiefen Grunde viel edler, als sie auf der Oberfläche erscheint. W. v. Humboldt. Das Kren; von Keven. Erzählung aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe. Von Franz Wichmann. (Nachdruck verboten.) Ein Gefühl von bitterem Haß und grimmigem Zorn glühte aufs neue in Nazi Pontifesers Brust auf. Auch er, der Verena chethört, war ja ein Fremder, ein Landeckfeind und jede Schuld an ihrem Unglück fiel auf ihn zurück. Am liebsten hätte er seinen Weg unterbrochen und bei dem nächtlichen Ban der Schanzen mitgeholfen; doch erst mußte er den bitteren Kelch der Wahrheit bis zur Neige leeren nnd alles erfahren. Unbemerkt verließ er sein Versteck nnd wanderte, die schäumenden Wasser Des Thinnerbachs in wilder Felsenschlncht zur Seite, seinem Ziele entgegen. Eine ferne Uhr schlug die zehnte Stunde, er kannte den Klang, den dumpfen, grabesschaurigen Ton der Glocke von St. Iakob, der ihn als Kind so oft erschreckt. Und deutlich glaubte er den weißen Turm herüberschimmern zu sehen — wie einen spitzen Finger, der mahnend znm Himmel wies. Jetzt lag es vor ihm, sein Heimatsdorf Latzfons, vereinzelte Häuser, armselig und klein, wie Schwalbennester an den steilen Fels gebaut, mit Holzschindeln gedeckt und die Dächer mit schweren Steinen belastet, damit sie die Gewalt des Sturmes nicht davonführe. Er kannte jede einzelne der niederen Hütten. — Dort, das einzige größere Haus, das sich freier und stolzer über die anderen erhob, war der „Silberne Stern"; sein eigenes Elternhaus lag ihm gegenüber, klein und flach, wie erdrückt von dem Wagnis, sich unter den überhängendeu Felsen hin- aeschmiegt zu habe«. Nazls Eltern waren längst tot, das Haus in fremden Händen. Aus den Fenstern des Gasthauses blitzte noch Licht und verworrenes Stimmengetöse schallte heraus. Das war eine Seltenheit in dem stillen Bergdorf; denn nur an Feiertagen pflegte der Wirt einige Gäste bei sich zu sehen. Offenbar hatten sich die Bewohner zu einer wichtigen Beratung ver- sammelt. An der Schwelle zögerte Nazl einen Moment. Das niedrige, rauchgeschwärzte Gastzimmer war erfüllt von trotzigen Gestalten, die mit Büchsen und Biessern bewaffnet um die runden Tische 'aßen und mit leidenschaftlichen Gebärden lärmten und schrieen. Nazl warf einen Blick durch das Fenster auf der anderen Seite ier Hausthüre. Dort saß eine alte Frau, weißhaarig, mit -rrfaltet« Hände», gefurchte» Wangen, den Rosenkranz und ein Gebetbuch im Schoße nnd mit bebenden Lippen vor sich hinmurmelnd. Er erkannte sie kaum, so hatten Kummer, Sorge und Alter das Antlitz verwandelt, das einst der Tochter so ähnlich gesehen. Nicht bei den tobenden, wild erregten Männem, nur hier konnte Nazl die Wahrheit erfahren. Rasch entschlossen pochte er an die Thür. Keine Antwort erfolgte. Da öffnete er leise und blieb eine Weile vor der Betenden stehen, die ihn nicht zu bemerken schien. ohne Staunen oder Erschrecken: „ Warum seid Ihr zurückgekehrt, i von der das Glück entflohen istl Nazl klopfte das Herz zum Zerspringen; kaum wagte er die Frage zu thuu: „Wo ist Verenas Vater, der Sternwirt, Euer Manu?" „Drüben, wo ewige Freude ist oder ewige Pein, ich werb es nicht." „Blutter Trafoier", sagte er, „darf ich Euch stören?" Sie erhob den müden, leeren Blick, sah ihn an und sagte „Ihr seid es, Ignaz Pontifeser? nm eine öde Stätte zu sehen, Sein feines, vornehmes Wesen, sein Geld stachen uns m die Augen; wir dachten, einen reichen Eidam zu erhalten. Ich leugne nicht unsere Schuld. Aber wäret Ihr damals zur Stelle gewesen, Nazl, als das Verhängnis hereinbrach, Verena hätte sich nicht entschlossen, ins Kloster zu gehen." „Bei Gott, ich hätte sie mich da noch zn meinem Weibe gemacht, Blutter Trafoier, wie ich es jetzt thnn würde, wäre es nicht zu spät." „Mein armes Kind glaubte nicht daran und wähnte alles verloren: die Achtung, die Liebe, das Glück und die Hoffnung. Nur der Glaube an die göttliche Gerechtigkeit war ihr geblieben." Die Augen in Nazls zornverdüstertem Antlitz sprühten Blitze. „Sagt wir, wie alles gekommen, wie der Elende —", die Wut erstickte ihn, er konnte nicht weiter sprechen. Die alte Fran warf einen erschreckten Blick auf seine verstörten Züge: „Nein, fragt mich nichts mehr, Nazl, laßt die Vergangenheit begraben sein, es ist besser so. Menschen sollen nicht richten: der gerechte Vater im Himmel wird es thuu." „Ich beschwöre Euch, Mutter, sagt mir alles!" Mit gerungenen Händen wollte er sich vor ihr auf die Luiee werfen, aber sie wehrte es ihm. ,,Wenn ich es auch wollte, Nazl, ich könnte es nicht. Nur von ihr vermagst Du alles zu erfahren, das Geheimnis ist in ihrer Brust begraben geblieben; sie war zu stolz, davon zu sprechen. Nur den äußerlichen Vorgang teilte sie uns mit. „Er hat mich verraten", war alles, was sie sagte; „mein Leben ist zerstört, laßt mich im Kloster Buße thun und vergessen." Auch die Leute im Dorfe wissen nur, daß der Fremde plötzlich verschwunden war, das Nähere hat niemand gehört." Nazl sah ein, daß es vergeblich war, die unglückliche Mutter länger mit Bitten zu bestürmen, in finsterem Schweigen wendete er sich zur Thür. Angstvoll erhob sich die Alte mit zitternden Gliedern: „Was habt Ihr vor, Nazl?" — „Die ganze Wahrheit muß ich wissen",, rief er, sich entschlossen von ihr losmachend, und stürzte aus dem Zimmer. Draußen hatte sich das finstere Gewölk zerstreut, im blauen Dunkel der Nacht verschwamme» Berge und Himmel, hier und da blinkte matten Scheines ein Stern auf nnd hoch droben stand glänzend und rein die Scheibe des Mondes, mit ihrem duftigen Lichte die gespenstischen Ferner der Dolomiten versilbernd. „Im Jenseits, tot?" — „Er konnte es nicht überleben", erwiderte sie langsam; „wir Frauen haben gröbere Kraft im Unglück." „Nicht überleben — wie, ein Unglück — sprecht doch, Mutter!" „DaS mit der Tochter — „Daß Verena ins Kloster —", kam es über seine zuckenden Lippen. „Nicht das", fuhr sie auf, „0, spät erst hat die Gnade Gottes ihr Herz erleuchtet, ihr den Weg zum Frieden gewiesen. Nein, er erlebte die Schmach —" „Die Schmach!" Nazls Fäuste ballten sich. „Ihr sprecht von jenem —" „Ja, von den: falschen, tückischen Verführer." „Dem italienischen Maler?" „Ja, von dem Schändlichen, der sie verriet " „Verena verraten?!" — Es dauerte eine Weile, bis Nazl weitere Worte fand. Die furchtbare Wahrheit schmetterte ihn fast zu Boden, in seinem Herzen aber schlug eine wilde düstere Flamme auf: der Haß. «Er hat sie betrogen — jener italienische Maler, der ' Die Alte neigte bejahend das müde Haupt: „Der fremde Betrüger, ja. — Ihr habt sie gern gehabt, Nazl, ich weiß, und wir hätten nichts gegen Euch gehabt. Sie wäre heute Euer Weib, wenn jener, dem Gott vergeben möge, sie nicht bethört hätte mit teuflischen Künsten. Sw blendeten auch uns