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MM, L »UM und Amgegenö Amtsblatt Pfg- Schlag. No. 66. > 68. Jahrg Dienstag, den 13. Ium 1S0S Jnjeilat« werden Montag-, Mitwochs nnd Freitag? bis spätestens 12 Uhr angenommen. für die Kgl. AmLshaugtmannschäft Mettzen, kür das Kgl. Amtsgericht und den Stabtest m Wilstreug sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Thscsn^ Lokalblatt für Wilsdruff, Altta»«eberg, Btrke«haix, Blankenstein, Braunsdorf, BurkhardtSwalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, verzog»»«»- am «anZoerg, v»»—--.. Kaufbach, Keffelsdorf, Klci«schö«berg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, OberhermSdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Keffelsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Mit der wöchentlichen Leilage „Welt im Vild" und der monatlichen Leilage „Anseve Heimat". Drilck und Verlag von Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für Politik und Inserate verantwortlich: Arthur Zschunke, für den übrige» Teil: Johannes Arzig, beide in Wilsdruff. Erscheint wScheotlich dreimal und zwar DieuStag«, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mi. 30 Pfg., durch die Pofi bezogen 1 Mi. 54 Pfg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. JuserttonsPreis 15 Psg. pro vtergespalteue KorpuSzetl«. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag. Politische Rundschau. Wilsdruff, den 14. Juni. Deutsches Reich. Die Finanzminister der Bundesstaaten, die zur Beratung der Rrichsfinanzreform sich in Berlin versammelt hatten, haben nach dem „L.-A " ihre Arbeiten beendet. Die vom Reichsschatzamt auSgearbeitcte« Ent würfe, betreffend eine Erbaafallsteuer und betreffend mehrere Aenderungen des Stempclstcuergesetzes (Börseusteuer), wur den genehmigt, dagegen wurde von der Einbringung einer Reichswertzuwachssteuer beim Reichstage Abstand ge- uommen. Die von der Finanzkommisston des Reichstages beschlossene Kotierungssteuer wurde abgelehnt. Bezüglich der sonstigen Vorschläge der Kommission (Steuer auf Par- fümerien, Zündhölzer, Glühkörper usw.) sollen die Be schlüsse des Reichstages abgewartet werden, in dieser Be ziehung hatte das Reichsschatzamt eigene Entwürfe nicht ausgearbettet. Ueber die Einzelheiten der beschlossenen Vorlagen wird Stillschweigen beobachtet. Die Genehmi- gung der finanzministeriellen Beschlüsse durch den Bundes rat ist nur noch eine Formsache. Die Vorlagen werden am Montag abend im Reichstag verteilt werden. Die Sitzung dauerte mit einer 3 ^stündigen Mittagspause von 10 Uhr früh bis 9 Uhr abends. Die Meldung, der sächsische Finanzminister Dr. Rüger habe an den V:r- Handlungen nicht teilgeuommeu, ist nach den „L. N. N." ein Irrtum. Neue Steuervorschläge. Einem Berliner Telegramm der „Köln. Zig." zufolge schlägt die Regierung als Ersatz für den durch Aenderung der Erbanfallsteuer eintretendcn Ausfall die Besteuerung der Feuerverstcherungspolicea mit */, pro Mille vor. Der Ertrag hieraus wird auf 40 Millionen veranschlagt; ferner soll eine Erhöhung der Wechselstempclabgaben auf Wechsel, die länger als'drei Monate umlaufen, und eine Schecksteuer (der Postscheckverkehr bleibt frei) vorgesehen sein. An Stelle der Wertzuwachssteuer soll eine Steuer auf den Umsatz an Grundstücken mit */z geplant werden. Wie es heißt, stimmen die verbündeten Regierungen der Parfüm- steuer zu, deren Ertrag auf 8 Millionen Mark geschätzt wird. Fürst Eulenburg ist, wie Berliner Blätter hören, nicht auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft, sondern aus eigenem Antrieb nach Berlin zurückgekehrt, nachdem ihm mitgeteilt worden war, daß er in Gastein von einem Berliner Kriminal kommissar beobachtet werde. Sein Verteidiger, Justizrat Wronker, war von seiner Rückkehr benachrichtigt worden. Weiter wird noch zu der Abreise des Fürsten von Gastein gemeldet, daß sie wider den Rat der Aerzte er folgte, weil auch der Schein einer Fluchtabstcht vermieden werden sollte. Jetzt will Fürst Eulenburg innerhalb des Deutschen Reiches ein Sanatorium aufsuchen, vielleicht in der Nähe von Berlin, um der Staatsanwaltschaft möglichst nahe zu sein und sich ibr jederzeit zur Verfügung stellen zu können. Für die Verhandlung ist eine besondere Schwurgerichtssttzung in Aussicht genommen. Fürst Eulenburg konferierte am Freitag mit seinem Verteidiger Wronker und stellte sich im Einverständnis mit ihm der Staatsanwaltschaft zur Verfügung. Zunächst wird der Fürst einige Tage in Berlin verweilen und sich dann nach Liebenberg begeben. Harden über Holstein. In dem neuesten Hefte der „Zukunft" widmet Maxi- miltan Harden dem verstorbenen Geheimrat von Holstein einen längeren Artikel, in welchem er ihn gegen verschiedene Angriffe in Schutz nimmt, die in der Presse gegen den Heimgegangenen laut geworden sind. Wir möchten nur kurz die Darstellung erwähnen, die Harden von zwei wich- Ligen Episoden aus der Amtszeit des Herrn von Holstein gibt. Die Gegnerschaft der Familie Bismarck gegen ihn soll Herr von Holstein allein oder doch in der Hauptsache darauf zurückgeführt haben, daß Herbert Bismarck ihm einen guten Teil der Schuld an der'Nichterneuerung des Rückverstcherungsvertrages mit Rußland deigemeffen habe. Holstein selbst sei, so führt Harden aus, ein Gegner der Nichterneucruna gewesen. Er habe deshalb, als der Reichskanzler Caprivi die Ablehnung des russischen An- gebot»? auf Verlängerung des Vertrages betrieb, seine Mitwirkung in jeder Form abgelehnt und „die Frage", das soll wohl heißen die Akten, an den Kanzleidirektor ohne ei« Gutachten, beziehungsweise ohne Einwendungen weitergegeben. Als der Staatssekretär Graf Herbert Bis- marck an dem betreffenden Tage in das Amr gekommen sei, sei die Ablehnung des russischen Anerbietens bereits beschlossen gewesen. Darauf habe Graf Herbert Herrn von Holstein die heftigsten Vorwürfe gemacht mit den Worten: „Sie konnten diese Dummheit doch verhindern. Aber Sic scheinen mich ein bischen zu früh für einen toten Mann zu halten!" Herr von Holstein habe geantwortet, daß er nicht die Macht hätte, den Reichskanzler an der Ausführung seiner Absicht zu hindern. Graf Herbert aber, der gerade mit der Verhinderung dieser Absicht seine Laufbahn habe abschließen wollen, habe Herrn von Hol stein diese Passivität nicht verziehen. Ueber die Entstehung der Krüger-Depesche gibt Harden folgende Darstellung: Am 3. Januar 1896 sei der Kaiser mit militärischem Ge folge in die Reichskanzlei gekommen und habe gefordert, daß „für die Buren sofort etwas geschehe". Fürst Hohen- lohe und Herr von Marschall hätten darauf den Kolonial direktor Kayser mit der Abfassung der bekannten Depesche beauftragt; Herrn von Holstein, besten Aufgabe das von Amts wegen gewesen wäre, hätten sie absichtlich nicht hinzugezogen, in der Befürchtung, er würde ,am Ende explodieren und aus dem Amte laufen". Als Holstein von der vollendeten Tatsache hörte, habe er in Hellem Zorne die Hände zum Himmel erhoben und gesagt: „Ohne an die Hilfe befreundeter Mächte zu appellieren", das heißt doch deutlich, daß wir gegen England zu haben wären! Wie konnten Sie diesen Satz durchlassen?" Der Staatssekretär habe erwidert, Holstein würde daS begreifen, wenn er wüßte, was geplant gewesen sei und was mit einem solchen Kompromiß hätte verhindert werden müssen. Herr von Holstein sei ferner auch stets dagegen gewesen, die Angelegenheit der Bagdadbahn als Reichssache zu be- handeln. Die Mission des Generalobersten von der Goltz. Das Pariser „Petit Journal" beschäftigt sich mit dem Einfluß der militärischen Erziehung der türkischen Offiziere durch die deutschen Instruktoren. Es läßt den hohen Eigenschaften des Generalobersten von der Goltz-Pascha Gerechtigkeit widerfahren, will aber in seiner Berufung als Vizepräsident des obersten Kriegsrates eine beabsichtigte Demütigung der Offiziere de« 3 Armeekorps und Mahmud Schefkct-Paschas im besondern erblicken, ohne deren Bei stand die jungtürkische Verfassung ein toter Buchstabe geblieben wäre. Denn es sei wohl möglich, daß dem muselmännischen Generalstab in den deutschen Geueral- stabsoffizieren unbequeme Rivalen erwüchsen. Jedenfalls brauche Frankreich der jungen Türkei nicht seine Ansicht über die germanophile Tendenz seiner HeereSreform zu verhehlen. Die Türkei vertraue ihre Finanzorganisation einem Franzose« an, da Frankreich das Land der An leihe« sei, und stelle an die Spitze des Heeres, daS die künftigen Anleihen verschlingen würde, deutsche Führer. Frankreich würde diese Artigkeit nicht vergessen. Die Arbeit an den Zeppelin-Luftschiffen. Wie aus Friedrichshafen gemeldet wird, werden die Reparaturen an dem Luftschiff „2. II", das bei Göppingen stark beschädigt wurde, rascher beendet sein, als anfänglich angenommen wurde. Ja spätestens 3 Wochen werden wir das Luftschiff wieder in den Lüften sehen. Die Reparaturen können deshalb so rasch zu Ende geführt werden, weil viele Teile von dem im Bau begriffenen Frankfurter Ausstellungsschiff „2. III" Verwendung staden können, so soll z. B. die ganze Spitze diesem Schiff entnommen werden. An der Fertigstellung beider Luft schiffe wird übrigens fieberhaft gearbeitet. Es besteht die Möglichkeit, daß „2. III", das Ausstellungsschiff, die Reise nach Berlin machen wird. Der Besuch in Berlin soll bekanntlich Ende August statlfinden. Bis dahin soll auch die Frankfurter Ausstellung mit dem Luftschiff be- schickt werden. Es ist nun leicht möglich, daß das Luft schiff Berlin besucht und auf dem Rückweg in der Frank furter Ausstellungshalle landet. — Nicht ausgeschlossen ist auch, daß auf der Rückfahrt von Berlin Dresden ein Besuch gemacht wird. Vow Streik der städtische« Arbeiter i« Kiel. Die sämtlichen noch in den städtischen Betrieben be schäftigten Arbeiter sind vo« den Streikenden zur sofortigen Einstellung der Arbeit gezwungen worden, so daß vorgestern nur noch 150 von auswärts zugezogene und eine Reihe neuer Arbeiter beschäftigt wurden, die sich freiwillig ge meldet hatten. Am Freitag abend sammelten sich in der Nähe der Straßenreinizungsanstalt 5000 Menschen, darunter viel Frauen und Kinder an, wobei auch mit Steinen geworfen wurde. ES war der Polizei unmöglich, gegen die Menge irgend etwa? auszurichte». Als alle gütlichen Versuche nichts fruchteten, ging die Polizei mit gezogenem Säbel im Sturmschritt gegen die Menge vor. Ein Steinhagel antwortete den Polizeimannschafteu. Schließlich wurde die Menge doch zurückgedrängt. Aus einer Reihe von Häusern deS Arbeiterbauvereins wurden die Polizisten von neuem mit Steinen, Ascheeimeru und Bierflaschen beworfen. Jetzt ging die Polizei zum zweiten mal energisch gegen die Menge vor. Die Laternen der Straßen waren inzwischen böswilligerweise ausgedreht worden, sodaß fast völlige Dunkelheit herrschte. Ein wildes Durcheinander erhob sich. Nach stundenlangen Schlägereien verlief sich schließlich die Menge. Viele Leute sind durch Säbelhiebe verwundet worden und mußten in den Sanitätswachen Hilfe in Anspruch nehmen. Vorgestern morgen erließ der Polizeipräsident eine kategorische Auf forderung, unbedingt Ruhe zu halten. Inzwischen find noch mehrere Arbeitswillige von auswärts eingetroffen, so daß die städtischen Betriebe nicht gestört sind. Mitzhanvlung eines Fortbildungsschülers durch zwei Kapläne war der Gegenstand einer Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht II in München. Zwei Kapläne aus Murnau in Oberbayern haben einen 16 jährigen Friseurlehrling und Fortbildungsschüler mißhandelt, weil er nach einer Ver säumnis der christlichen Lehre eine Prügelstrafe von ihnen nicht hinnchmen wollte. Beim nächsten pflichtmäßigen Be such des Gottesdienstes wurde nun der Lehrling von dem im vollen Ornat vom Altar herabkommenden Kaplan mit Faustschlägen traktiert. Zu einer weiteren Züchtigung holte der Kaplan dann einen AmtSbruder auS dem Wirts haus Beide rissen den Lehrling aus der Kirche in eine Schulstube, wo fie ihn über eine Bank legten. Der eine hielt den Lehrling fest, während ihm der andere 25 Hiebe mit einem spanischen Rohr versetzte. Der als Sachverständiger vernommene Stadtschulrat Schmidt-München erklärte in der Verhandlung die dem Fortbildungsschüler widerfahrene Züchtigung für ganz unzulässig. Der Vorfall sei „eine Schande für da« ganze bayrische Schulwesen". Es sei keine Bestrafung, sondern eine verabredete Mißhandlung gewesen. Im Sinne des Anklägers, der auf eine beträchtlich höhere Geldstrafe plädierte, wurde Benefiziat Fischer wegen zwei Vergehen gegen das Amt zu 150 Mk. Geldstrafe und der Kaplan Beh wegen Körperverletzung zu 60 Mk. Geldstrafe verurteilt. Ausland. Das österreichische Abgeordnetenhaus lehnte nach längerer Debatte die ruthenischen Dringlich keitsanträge betr. die sprachliche Gleichberechtigung der galizischen Gerichtsbehörden ab. Die Rede des Justiz- miuisterS Hochenburger, welcher erklärte, daß zu allgemeinen Weisungen kein Anlaß sei, da dir kompetenten Faktoren notwendigenfalles belehrend und sogar rügend eingreifen, rief stürmische Proteste der Ruthenen hervor. Das Haus verhandelte sodann den Dringlichkeitsantrag des Tschechen Stransky, der sich dagegen verwahrte, daß der Rektor der böhmischen Technik in Prag, Bertl, der bei der vorjährigen Immatrikulationsfeier eine Rede hielt, durch welche die Professoren und Hörer der deutschen Hochschulen sich be leidigt fühlten, und welcher sich dem gesellschaftlichen Boy kottbeschlusse der tschechischen Techniker Prags gegen den dortigen Statthalter Grafen Coudenhove angeschlofs en hatte,