Volltext Seite (XML)
Wochenblatt K WKW und Rmgegen- Amtsblatt I «8. Jahrg Donnerstag, den 20. Mai 1909 No. 56 für die Lgl. Amtshauptmannfchafi Weitzen, kür das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat m WUs^pW sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt Lokalblatt für Wilsdruff, Altta««eberg, Birkenhai«, Blankenstein, Braunsdorf, BurkhardtSwalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, HeldtgSvorz, .ver-Mvwmsk ««»»sers, <« Saufbach, Kefselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach. Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, OberherwSdm f, PohrSdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmtesewalde, Zora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim. Unkersdorf Welstrovv, ^Uidberg Mit der wöchentlichen Beilage „Welt im Bild" und -er monatlichen Beilage „Ansere Heimat". Druck und Verlag von Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für Politik und Inserate verantwortlich: Arthur Zschunke, für den übrigen Teil: Johannes Arzig, beide in Wilsdruff. Erscheint wScheutlich dreimal und zwar DimStagi, Donnerstags und Sonnabends? Bezugspreis vierteljährlich I M«. 30 Pfg., durch die Post bezogen 1 Mk. 54 Pfg. Fernsprecher Nr. S. — Telegramm-Adreste: Amtsblatt Wilsdruff. In sei säte werden Montag-, Mittwoch- und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Josertiouspreis 15 Psg. pro viergespalteue KorpuSzeile, Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag. Auf Beschluß des Stadtgemeinderates ist der am Eingang zum oberen Park gelegene freie Platz (die Eisbahn) zum Spielplatz zür Kinder bestimmt worden, was hiermit bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 18. Mai 1909. S4ik Der Stadtrat. Kahlenberger. Freitag, den 21. Mai 1909, nachmittags 6 Uhr öffentl. ^tadtgemeinderatssitzung. Die Tagesordnung hängt iw Rathause aus. E Wilsdruff, den 19. Mai 1909. Der Bürgermeister. Kahlenberger. politische Rundschau. Wilsdruff, den 19. Mai. Deutsches Reich. Die Abreife des deutfchen Kaiferpaares von Wie«. Auch bei der Abreise des deutschen Kaiserpaares haben die Kundgebungen der Wiener Bevölkerung daß bei solchen Anlässen herkömmliche Maß weit überschritten. Schon von 1 Uhr ab waren am Sonnabend nachmittag die zum Westbahnhof führenden Straßen von einem festlich gestimmten Publikum dicht besetzt. Als die Majestäten nach 2>/z Uhr zum Bahnhof fuhren, erfolgten auf dem ganzen Weg stürmische Huldigungen von über wältigender Herzlichkeit. Kaiser Wilhelm und die Kaiserin dankten unablässig freundlich für die rauschende», sich immer wiederholenden Huldigungen. Am Wcstbahn- Hofe angelangt, hielten die Majestäten im Hofwartesalon mit den zur Abschiedsaufwartung erschienenen Persönlich keiten Cercle. Kaiserin Auguste Viktoria küßte die Erz- Herzogin Maria Anuurciata; Kaiser Franz Josef küßte der Kaiserin die Hand, die sich freundlich lächelnd vom Monarchen verabschiedete. Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Josef küßten einander dreimal Kaiser Franz Joses half der deutschen Kaiserin beim Einsteigen in den Hof- wagen. Die Unterredung des Ministers des Aeußeren Frei- Herrn v. Aehrenthal und deS deutschen Botschafters v. Tschirschky am Sonnabend hat in Gegenwart des deutschen Kaisers in dessen Salon stattgefunden. In Karlsruhe trafen der Kaiser und die Kaiserin Sonntag vormittag 8'/« Uhr ein. Es fand kleiner Empfang statt. Am Bahnhof waren der Großherzog, die Großherzogin, Prinz und Prinzessin Mox, der Preußische Gesandte v. Eiseudecher und Gemahlin und der kommandierende General des 14. Armeekorps Freiherr v. Hoinnigen gen. Huene zur Begrüßung erschienen. Aus der Finauzkommission des Reichstages. In der gestrigen Kommissionssitzung wurde, nachdem der Abgeordnete Paasche trotz wiederholter Aufforderung die Uebernahme des Vorsitzes abgelehnt hatte, Abgeordneter v. Richthofen zum Vorsitzenden der Kommission gewählt. Dann schritt man zur Abstimmung über Artikel 4 der Tabaksteuervorlage. Zunächst ergab sich die Ablehnung mit 13 gegen 13 Stimmen. Der Vorsitzende hatte vorher gegen l 2 gezählt; bei nochmaliger Abstimmung enthielt sich ein Abgeordneter seiner Stimme, so daß nun der Artikel mit 13 gegen 12 Stimmen angenommen ist, und dam'i ist der Gesetzentwurf in der Fassung der Sub- lommlssion angenommen. Der Borsitzende erklärte darauf in Ueberemstlmmung mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Spahn, daß mit dieser Abstimmung die Banderole ab- gclehnt sei. Auf dem Wege zur Einigung? Wie dem Hannoverschen Courier aus Berlin gemeldet wird, haben im Reichstag Verhandlungen zwischen Ver- tretern der Freisinnigen, der Nationalliberulen und der Retchspartei begonnen, welche eine Einigung dieser drei Parteien über ein Steuerprogramm zum Ziele haben. Es sollen dle Konzessionen festgestellt werden, welche die Liberalen bei den indirekten Steuern für den Fall zu machen bereit sind, daß gleichzeitig ein Erbansallsteuergesetz in Kraft tritt. Man hofft durch den Nachweis, daß die Linke zu einer ausreichenden Belastung des Konsums entschlossen ist, die Konservativen zum Nachgeben in der Erbschaftssteuerfrage zu bewegen. Der Reichskanzler hat am Sonnabend und Sonntag in Konferenzen mit den Führern der Blockparteien aus- drücklich erklärt, daß er niemals mit Konservativen und Zentrum wrgen der Finanzreform unterhandelt habe und daß er am Block festhalte. Die Finanzresorm müsse in dirsem Sommer vollständig erledigt werden, schon damit die Bcamtenbesoldungsgesetze in Kraft treten könnten. Die Fahrkartensteuer Vorlage, die der Finanzkommisston des Reichstages zuging, schlägt, wie schon angedeutet, eine Umgestaltung der Fahrkarten- steuer in der Richtung vor, daß alle vier Wagenklaffen gleichmäßig prozentualiter besteuert werden, daß heißt, es wird ein bestimmter Zuschlag erhoben für bestimmte Prcisskalen. Beträge unter 1 Mk. bleiben steuerfrei. Die erste nnd zweite Wagenklaffe wird dadurch von den jetzigen hohen Steuersätzen befreit, die bekanntlich bis zu 8 Mk. für das Billett stiegen. Die Belastung der vierten Klaffe ist an und für sich nicht erheblich, da der Nahverkehr unter 50 Kilometer steuerfrei bleibt. Für die dritte Klasse bleiben 33, für die zweite Klosse 22, für die erste Klaffe 14 Kilo meter steuerfrei. Der Zuschlag beträgt für alle Klassen 3'/, Prozent des Fahrpreises. Für ein Billett im Preise von 20 Mk beträgt also der Fahrkartenstempel für alle Klassen 70 Pfg., während er sonst beträgt 40 Pfg für die dritte, 80 Pfg. für die zweite und 160 Pfg. für die erste Wagenklaffe. Eine Fahrt von Berlin nach Königsberg i. P. kostet heute im Etlzuge vierter Klasse 12 Mk., dritter Klaffe 18,50 Mk., zweiter Klasse 28.50 Mk., erster Klasse 48 Mk. (ix runden Zahlen). In Zukunft soll die Fahrt koste« in der vierten Klaffe 12,40 Mk. Steuer, in der dritten Klaffe 18,60 Mk. (also ungefähr dasselbe), in der zweiten Klaffe 27,90 Mk., in der ersten Klaffe 43,50 Mk. Die Regierung will dem Vernehmen nach der Finanz kommission empfehlen, diesen Vorschlag an Stelle des alten Fahrkartenstempels in das Finanzgesetz aufzunehmen, dadurch würde eine erste Lesung der Fahrkartensteuer im Plenum nicht nötig sein, da es sich um Abänderung einer Steuer handelt, die im Plenum in erster Lesung bereits berate« ist. Luther als Entdecker. Die Kampfesweise der „Germania" wird immer kleinlicher und armseliger. Ueber eine Ansprache des Reichstogsabg. Everling am Lutherdenkmal zu Eis leben, in der u. a. Luther ein Entdecker genannt worden war, spöttelt sie in witzloser Glase: Herr l^ic. Everling sei offenbar ein noch größeres Entdeck-rgeute als Luther und Kolumbus. Ja Wirklichkeit hatte llc. Everling Nach stehendes ausgefüyrt: „Luther ist der religiöse Genius unseres deutschen Volkes gewesen. Er hat eine Entdeckung gemacht und oufs neue rmdicki, daß wir durch Christus einen freien Zugang zu dem ewigen Gott und Vater haben und daß btcscr Zugang uns von keinem Papst oder Priester erst gcöffnkt zu werden brauch! und erst recht nicht geschloffen werden kann. Diese Entdeckung kehlte die Gedanken der Welt um und war wichtiger und einflußreicher als selbst die Entdeckung Amerikas in jenen Zeiten." Man kann verstehen, wenn grade jetzt der Zentrums- presse die Erinnerung an Lulher und seine Erlösungstat unbequem ist. Wer sich an Luther orientiert, muß aller- dings jede Zentrumsherrschast und jedes unnatürliche Bündnis zwischen Uliramontanismus und ProtestanismuS, auf das das Zentrum verschlagen sinnt, verwerfen. Ausland. Alberti streikt. Der ehemalige Justizminister Alberti läßt kein Mittel unversucht, dem Untersuchungsrichter Schou, der sich nun schon di eiviertel Jahr damit abquält, im Labyrinth der Riesenbetrügereien Klarheit zu gewinnen, bas Leben sauer zu machen. Jetzt ist er auf einen neuen Trick verfallen — er streikt. Als ein Abschnitt im Verhör über Albertis Amtstätigkeit, die in letzter Zeit den Gegenstand der Unter suchung bildete, beendet war und ihm die Abschrift des Verhörs nebst den Beilagen überreicht wurde, damit er eventuell Anmerkungen machen könne, geriet Alberti beim Lesen des Schriftstückes in gewaltige Aufregung. Er entdeckte, daß an einer Stelle eine Klammer fehlte, und forderte nun, daß daS ganze Schriftstück noch einmal geschrieben würde, sonst verweigere er jede weitere Auskunft über seine Ministertätigkcit. Der Untersuchungsrichrer ließ die Klammer hinzuiügen und außerdem noch im Protokoll eine vom Gerichtspersonal bescheinigte Bemerkung an- briugen, daß die Klammer vergessen worden wäre. Aber alles vergeblich. Alberti machte mit seiner Drohung Ernst, und das Verfahren wegen seiner Amtstätigkeit ruht nun einstweilen. Jetzt will Alberti ein Schreiben an das Justizministerium senden, worin er von seiner Auskunfts- Verweigerung Mitteilung macht und gleichzeitig ersucht, daß die Gasflamme in seiner Zelle nachts ausgcdreht werde. Ueber diese Flamme bat sich Alberti schon von jeher geärgert^ Die Brauchbarkeit französischer Geschütze. Von zuständiger Seite in Belgrad wird erklärt, daß bei einem Probeschießen mit von der Firma Schneider in Creuzot gelieferten Gebirgsgeschützen tatsächlich einige Mängel festgestellt wurden, die jedoch, was die Brauch barkeit des Geschützes anbetrifft, belanglos sind. Ganz unrichtig sei dagegen die Meldung einiger ausländischer Blätter, daß die Versuchskommtsston festgestellt habe, daß die Verschlüsse bet den Geschützen schlecht funktionierten bezw. daß 20 Prozent der gelieferten Munition als völlig unbrauchbar beanstandet worden wären. — Serbien hat natürlich kein Interesse daran, sein Geschützmaterial als minderwertig hinzustellen. Aus der Türkei. Die türkischen Blätter melden, daß der Sultan bet der Uebernahme der armenischen Denkschrift versprochen habe, tr seiner Eigenschaft als Kalif einen Hatt-i-Scherif zu crlafsen, daß dre Mohamedaner mit ihren armenischen Brüdern in Frieden leben mögen und daß der Islam barbarische Akte, wie sie vorgekowmen seien, verbiete. Der Scheich-ül-Jslam versprich! eine Zirkulardcpesche an die Ulemas zu richten um die Bewegung gegen die Armenier einzudämmen. In Konstantinopel verlautet, daß es gelungen ist, den Exsultan zu bewegen, sein in auswäriigen Banken deponiertes Vermögen dem Staate zu überlassen. Verhandlungen der Regierung mir den betreffenden Banken, sowie die Beratung im Justizministerium über die Wege zur Erlangung des Vermögens sind bereits wieder eingestellt worden. Die Deputiertenkammer überwies eine große Zahl Anträge an Kommissionen, u. a. den Anlrag, die 50000 Pfund die der frühere Sultan für den Bau der Mekka bahn versprochen hatte, ohne sein Versprechen einzulösen, von den im Jildis vorgefundenen Summen zu entnehmen. Mehrere gefangen gehaltene Minister des alten Regimes Und nach Stambul gebracht worben, um vor dem Kriegs gericht verhört zu werden. Nach Meldung von zuständiger Seite haben das zweite und vaS dritte Armeekorps von den im Jildis beschlag nahmten Geldern je 300000 Pfund 5400000 Mark) erhalten! l