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2. Beilage zu Nr. 140. Sonnabend, 5. Dezember 1908. ^^^^NNWWWWWWSWWWWSWWWSSMWWWWWWSWSWWSWSMWWWWWWMDWMMWIWWIWWWIMWMWWWWWWWWMMIWM Politik ehe ANndsctz««. Wilsdruff, den 4. Dezember. Deutsches Reich. Der Hofbericht einst und jetzt. Die Abänderung der amtlichen HolbeUchterstattung ist noch nicht vollständig durchgeführt. Der Kaiser hat zunächst die einzelne« Nessons seiner Hofhaltung wissen iMn, daß er wichtige Dinge, die ja auch im Hofleveu häufig genug Vorkommen, nicht mehr erwähnt haben wolle, «renn z. B. ein jüngerer Prinz sich nach Potsdam begibt, um beim 1. Garde-Regiment zu Fuß zu speisen, oder ei» anderer. einem Freunde einen Jagdbesuch abstattet und dabei fünf Böcke schützt, so solle» diese privaten Tatsache« künsttghtn «icht mehr öffentlich bekannt gegeben werde», «ach hat der Kaffer dem Wunsche Ausdruck gegeben, die Zeitungen möchten nicht von sich aus bedeutunzslose höfische Angelegenheiten breitlrrten. Ucber die Regierungs- hauolunge» des Kaisers und alles, waS mit ihnen iummmenhängt, die Vorträge, die er hört usw., wird der Hosbertcht dagegen, wie bisher Mitteilung bringen. U^brr kMzelne Fragen herrschen noch Zweifel. Sagt der Kaffer stch z. B. in politisch bewegter Zeit beim Reichskanzler ium Frühstück an und lätzl noch den Staatssekretär des Aeußern und einen Botschafter hiuzuziehen, so handelt es stch gewltz um eisen polttffch bedeutenden Vorgar g, vielleicht sogar um einen Regierungsakt, da bet solchen Avlässen oft weittragende Entscheidungen getroffen werden. Ob es aber zweckmäßig ist, dieses Frühstück im Hofberichte zu erwähnen, die Teilnehmer eines unwichtigen ahles, aber Oxer wichtigen Beratung aufzuzählen und das Ausland daraus aufmerksam zu m ch^n, daß da etwas vor sich ging, — das erscheint eben zweifelhaft. Je ruhiger, je »entger auffällig das Leben der Monarchen, das ja immer ein politisches Leben ist, sich adspielt, um so bester. Von jetzt ab soll der Hofberlcht dem königlichen literarischen Bureau beS SlaatSmtnistertums (für pr.utzffche Angelegenheiten) und dem Presscderzcrnal des AuS- wärtigeu Amtes (für Angelegenheiten des Reiches) vor- Srlegt und ban» erst — uvgelrennt— veröffentlicht werde«. Von -ew persönliche« Regiment -es Kaisers, da» unter lum Litnifrerlum Hohenlohe besonders florierte, tulwirst der Führer der Fre konservativen, Frhr. v. Zedlitz, folgendes Bild: In dieser Periode lietz die Regterungs» Polirik Stetigkeit und Einheitlichkeit bedenklich vermissen. Die Minister Netzen sich mehr und mehr zu dlotzen Hand, langer« deS La«desherr» herabdrücke«. Minister gingen u»» käme» ohne erkennbaren sachliche« Grund. Nachdem schließlich Miquel m Ungnade gefallen war, hörte die Persöaltche Beziehung zwischen dem König und dem Staals- mimstermm nahezu ganz auf, die Regterungsmaschtne wurde durch Vermittelung des Zivilkavmetls tm Gange nhalten. „Geniale Sache das!" Der Kronprinz und die Kronprinzessin be. »utzlrn voi gestern in Gesellschaft von zwei Damen den sahiplanmätzigen Hochbahnzug, der von Westen .kommend um 12 Uhr 10 Mm. mittags auf dem Leipziger Matze t« BerU» eintrifft. Der Kronprinz und die Kronprinzessin «ahme» an der Haltestelle Sophie-Lhar. lottenplatz in einem vollbesetzten Nichtraucher- Wage» 2. Klaffe Platz. AlS der Zug das Gleis- Dreieck am Potsdamer Platz passierte, machte der Kronprinz seine Gemahlin aus die technische Anlage aufmerksam und bemerkte: „Geniale Sache dasl* Am Leipziger Platz verließen der Kronprinz und die Kron- Prinzessin den Wagen und begaben sich zum Potsdamer Bahnhof. Die Fahrt auf der Hochbahn war durch einen D fekt am Automobil verursacht worden. (Der Kaffer hatte bikavntltch gelegentlich der Eröffnungsfahit einen Hochbahnwagen al» „Bazillenkutsche* bezeichnet. Die Red.) Di- „Dreibundkrisis". Aus Paris wird dem B. T. gemeldet: Mit großer Vorsicht, aber deutlich genug beginnen sich auch die ernsten politischen Blätter mit der Möglichkeit der Auflösung des Dreibundes zu beschädigen. Der dem Ministerium des Innern nahestehende „Rabical" schreibt: „Es ist unmöglich, die letzten Manifestationen «icht mit der Zukunst der Allianz in Verbindung zu bringen, die noch für einige Jahre Jialien an Oestereich und Deutschland fesselt. Die Nachricht von dem Geheimoertrag zwischen Jialien und Rußland ist freilich dementiert worden; aber ist dies Dementi wirklich ehrlich? Hat Italien nicht, indem es ein Arrangement mit Rußland traf, seine Trennung von den Verbündeten für 1912 vorbereiten wollen?" Der „Zeppelin i" kommt nach der Festung Metz Mit dem Luftschiff wird gegenwärtig das auS 25 Mann bestehende Kommando der Luftschiffcrabteilung, das von Berlin nach Friedrichs hafen kommandiert wurde, vertraut gemacht. Der Le kbar^ wurde zu diesem Zweck in alle seine Teile zerlegt. Dle Mannschaft wird ihn zunächst unter der Leitung von In genieuren deS Grafen Z pprlis zusammensetzen und füllen. Bei den daraus folgenden Probe- und Uebungsfahrten werde« von den 25 Man» stets 10 abwechselnd als Be- satzung tätig sein. Unter ihnen befinden sich daher ge lernte Maschinisten und BeobachtungSoffizirre. Sobald diese Luftschiffer-Abteilung mit der gesamte« Bedienung und Führung de» Fahrzeuges vollkommen vertraut ist, wird dieses mit seiner Mannschaft nach Metz verlegt werden. Tod eines deutschen Offiziers in Kamerun. Die „Nords. Allg. Zlg." schreibt: Aus Kamerun wird soeben der Tod des Lculnauts Reuter von der dortigen Schutztruppe gemeldet. Der Verstorbene hat zuletzt den durch die Dumetzation (Ostkamerun an der Mündung der Dnme in den Kadry errichteten Posten be fehligt. Von dem deutschfreundlichen Oberhäuptling der Baturi gegen AuSwauderungsbestrebusgen nach französischer Sette zu Hilfe gerufen, war Leutnant Reuter in den ersten Septembertagen dorthin aufgcbrochen. Während er vom Baturi-Oberhäuptling selbst freundlich ausgenommen wurde, zeigten die dabeisitzendcn Stämme von vornherein eine feindliche Haltung, die den deutschen Offizier zur Umkehr bewogen zu Haven scheint. Offenbar wollte er unangebrachte« Entwickelungen auS dem Wege gehen. Nur dem Rückmarsch zum Kady wurde R'uter in der Nähe dieses Flusses bei dem Orte Belisolo plötzlich hefftig augegrifffen. Zwar gelang eS dem energischen Führer, diesen Angriff zurückzuweise«, ober nicht nur seine schwache Abteilung erlitt bedeutende Verluste (von 17 Soldaten drei Tote, drei schwer- und siebe« leicht Ver wundete), sondern auch Reuter selbst wurde durch eine« Schuß in die linke Seite schwer verwundet. Der mit einer stärkeren Abteilung alsbald an Ort und Stelle geeilte Letter der Dume-Station, Oberleutnant Schipper, der die Oid«u«g in jenem Gebiete schnell wiederherftellte, hielt die Ueberführung des Verwundeten zur Küste unter Leitung des Stationsarztes für nötig. Auf diesem Marsche ist dann Leutnant Reuter, anscheinend infolge des Blutver lustes, seiner Verwundung erlegen. Er war Offizier seit 27. Januar 1902. Am 6. Juli 1907 wurde er in die Schutztr ppe für Kamerun versetzt und traf Ende August 1906 tm Schutzgebiete ein. Die Schutztruppe hat in ihm einen tatst Lnigen und zu den beste» Hoffnungen berechtigenden Offizier verloren. A n s I a n d. Das Stare-recht in Prag. Urber die Einleitung des standrechtlichen Verfahrens und das Verfahren selbst enthält die österreichische Straf- Prozeßordnung die folgenden Bestimmungen: „Die Ver hängung des Standrechts ist bei Trommelschlag »der Trompetenschall zu verkünden, überdies durch Anschläge uns durch öffentliche Blätter zur allgemeine« Kenntnis zu bringen. Die Bekanntmachung hat die Androhung der Todesstrafe auf die Begehung der Verbreche« zu enthalte«, gegen welche das Standrecht verhängt wird. Da» Stand- recht erstreckt sich auf das betreffende Verbrechen, die Mit schuld und jede strafbare Beteiligung an demselben. Der Gerichtshof erster Instanz erkennt als Standgericht in Versammlungen von vier Richtern, von denen einer den Vorsitz führt. Sobald das Standgericht angeordnet ist, st demselben die nötige Mrlitärassistenz beizustellen. Die Verwaltungsbehörde hat dafür zu sorgen, daß am Sitze des SlandgerichtS der Scharfrichter und dessen Gehilfen gegenwärtig seien, und daß der Vollziehung der Todes strafe, falls dieselbe verhängt werde« sollte, kein Hindernis entzcgenstehe. Vor das Standgericht find nur solche Personen zu stellen, welche auf der Tat ergriffen worden sind oder htnfichilich welcher sich mit Grund erwarten läßt, eS werde der Beweis der Schuld gegen sie ohne Verzug hergestcllt werden können. Das Standgericht ist auch zur Aburteilung der ihm eingelieferten Militär Personen zuständig. DaS ganze Verfahren gegen einzelne Beschuldigte ist vom Anfang bis zum Ende vor dem versammelte« Gerichte und soviel als möglich ohne Unterbrechung zu pflegen. Die längste Dauer des Verfahren» wird auf drei Tage festgesetzt. Erkennt das Standgericht den Be schuldigten einstimmig für schuldig, so Hal es zugleich auf die Todesstrafe zu erkennen. Nur wenn bereit» durch Vollziehung der Todesstrafe an einem oder mehreren der Strafwürdigsten das zur Herstellung der Ruhe nötige abschreckende Beispiel gegeben ist, kau« das Standgericht aus wichtigen Milderungsgründen gegen Minderbeteiligte auf schweren Kerker von 5 bis 20 Jahren erkesne». Dieselbe Strafe ist gegen jugendliche Personen u»ter zwanzig Jahren zu verhängen. Gegen die Urteile deS 17 Künstlerötut. Roman von Dera v. Baratowski. Mit immer nagenderem Weh dachte Meißner an die ^^eidestunde. Je mehr seine Leidenschaft für Klothilde ""ichs, desto weniger blieb ihm Sudowskys mühsam unterdrückte Eifersucht, die stets hervorzubrechen drohte, verborgen. Längst hatte er erkannt, daß Bogislaus keinen heißeren Wunsch hegte, als seines Vetters Witwe auf ewig sich zu binden. Als endlich die letzte Hand an das Bild gelegt wurde, ^ante Klothilde: „Vielleicht hätte ich Ihnen wirklich nicht er auben sollen, mich so als Dienerin der Hölle zu malen, v'er ich tat es, um Ihnen den Pfad zum Ruhme zu eb- ..Und dann," fügte sie mit melancholischem Lächeln ü nm, „war, wie ich offen gestehe, auch ein wenig Egois- nis meinerseits dabei im Spiele. Ich möchte nicht, daß r e mich zu schnell vergessen, und dieses geniale Werk n rd immer noch eine gewisse Verbindung zwischen uns repräsentieren, wenn wir auch für ewig geschieoen sind." „Geschieden? Für ewig geschieden?" stammelteerund fühlte etwas wie einen jähen Riß im Herzen. „Weshalb für ewig?" »Mell unsere Wege auseinandergehen." »Ich hoffe, Gut Subowsky wird mir auch in Zukunft unverschlossen bleiben." nicht jedes Band zwischen uns zerrissen sei. Doch, das Grab ist stumm, und keine tröstende Stimme dringt aus seiner Tiefe herauf... Jetzt macht das Leben wieder Rechte an mich geltend. Ich will frei sein und kehre zu meiner ersten Liebe wieder zurück, die ich Wladimir opferte: zur Kunst." „Sie denken daran, wieder zur Bühne zu gehen?" „Warum nicht? Meinen Sie, daß ich bereits zu ver blüht bin, und daß meine Stimme keinen Reiz mehr hat?" „Auf der ganzen Welt würde man vergebens nach einem herrlicheren Weibe suchen, und niemals klang wohl eine Frauenstimme süßer und mächtiger. Warum aber sprechen Sie dann von einem ewigen Abschied? Ich folge Ihnen, wohin Sie sich auch wenden mögen. Sie sind mir unentbehrlich wie Lust und Licht, sind der Quell, aus dem ich alle Begeisterung schöpfe!" Mit seltsamem Ton erwiderte Klothilde: „Muß ich Sie erst daran erinnern, daß Sie eine Braut besitzen?" Er preßte beide Hände an die Schläfen. „Ach ja.. eine Braut.. es ist wahr .. ich habe eine Braut... Aber trotzdem können und dürfen wir uns wiedersehen, verbindet uns doch ein gemeinschaftliches Interesse: die Kunst, der Sie sich ja nun wieder weihen wollen. Muß ich auch auf das Glück, Sie mein zu nennen verzichten, so kann uns doch niemand ein sinniges Seelenbündnis, niemand lebhaften Meinungsaustausch wehren, und das wird Ersatz bieten." „Gewiß steht Ihrer Rückkehr nichts entgegen, doch ich werde dann nicht mehr hier sein." „Und wo sonst?" „Wer weiß!.. Irgendwo in der weiten Welt!" »So denken Sie daran, diesen Wohnsitz zu verlassen?" chäre geschehen, umschlösse er nicht Ruhestätten meines Gatten und meines Söhnchens. festwbosA Mächtige Magnet vermag mich nicht segzuyEen. Ich habe wie eine^ aber wartet ja eine geliebte Braut, welche mir Bogis- laus täglich als Wunder holder Jungfräulichkeit schil dert." „Flora ist in der Tat ein engelreines, anmutiges Kind, doch auch eben „nur ein Kind," weich, nachgiebig. Wachs in meinen Händen. Ich aber lernte jetzt erst einsehen, daß ich nicht der Mann bin, so ein schwaches Wesen zu stützen, sondern vielmehr einer welterfahrenen, Flora gei stig weit überlegenen Gefährtin bedarf, wenn es mir wirk lich vergönnt sein sollte, hohe Ziele zu erreichen." „So banden Sie sich voreilig?" „Leider ja... Ich glaubte das Mädchen zu lieben und empfand doch nur weiter nichts als brüderliche Zunei gung." „Vielleicht war Ihre halbkindliche Braut ebenfalls im süßen Irrtum befangen und erwachte bereits aus dem kurzen Traum." „O nein, aus ihren Briefen spricht wahre, unwan delbare Liebe. Flora ist die Treue selbst. Um dieses Bünd nis zu lösen, müßte ich wortbrüchig werden. Das aber hieße die Last der Selbstverachtung auf mich laden." „Und ich habe mich noch nicht genügend in die Rolle der Versucherin hineingelebt, um Sie zum Bruche eines feierlichen Gelöbnisses verleiten zu wollen. Nehmen wir also Abschied! Die schönsten Träume sind es, die am schnellsten enden." „So soll alles vorbei sein zwischen uns?" „Ja!" „Die Verwandten werden sich Ihrem Entschluß, die ses Gut zu verlassen, entgegenstellen." „Berge und Ströme können mich nichtfesthalten, wenn Fh fort will." „Die Zukunft erscheint mir trostlos grau, denke ich daran, daß unsere Trennung ewig währen soll. Es geht über meine Kraft, mich diesem Schicksalsspruch zu un terwerfen." 155.19 „Nein, Hugo," unterbrach Frau von Sudowsky. „Keine Selbsttäuschung! Alle schönen Phrasen von inniger, rei ner Freundschaft zwischen Mann und Weib gelten nicht für uns. Um daran Genüge zu finden, müßten wir beide kältere Naturen sein. Mein Wahlspruch lautet: „Ent weder alles oder nichts!" Geteilten Besitz verschmähe ich aanet vermag mich nrcht und besonders dann, wenn es sich um ein Menschenherz . n L Verzweifelte gerungen und handelt. Ich verlor, was mir teuer war, und bin frei wie meme ^eben angefleht, mir ein Zeichen zu geben, daß der Bogel in der Luft, sobald ich es lein will. Ihrer