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PAPIER-ZEITUNG. 79 durch eine Abkochung von Schafbeinen gezogen wurde. Nach dem Trocknen bildete sich dann auf der ganzen Oberfläche des Bogens eine feine Haut, welche das Eindringen von Feuchtigkeit verhinderte. Jetzt werden die Fasern im Holländer geleimt, und wenn alle Vorgänge, welche die Faser durchzumachen hat, vorschrifts mässig waren, wird leimfestes Papier erhalten. Die früher übliche Probe auf Leimfestigkeit des Papiers bestand darin, dass eine Stelle desselben mit der Zunge befeuchtet, oder dass versucht wurde, Luft durch das Papier zu saugen. Blieb die Feuchtigkeit kurze Zeit auf dem Papier stehen, so galt das Papier als leimfest, — eine Probe, welche nur noch vereinzelt benützt wird. Die jetzige Leimprobe des Papiers besteht darin, dass auf dem Papier, etwas stärker als man gewöhn lich schreibt, zwei Kreuzstriche # gezogen werden. Bei den sich kreuzenden Stellen darf das Papier nicht durchschlagen, wenn es leimfest ist. Wohl zu unterscheiden vom »Durchschlagen« ist das »Durchscheinen« bei transparentem Papier, auf welches ich später zurückkomme. Die meisten der geleimten Papiere sind in der Masse ge leimt, also im Holländer; nur einige feinere Sorten werden nach geleimt, indem sie nach erfolgter Harzleimung trocken durch eine Lösung von Tischlerleim gezogen werden. Zweck dieser Lei mung ist, dem Papier das Aussehen von Handpapier zu geben, so wie auch seine Leimfestigkeit zu erhöhen. Die Papiere erhalten hierdurch pergamentartiges A ussehen; dünnere Papiere werden stark transparent. Beim Satiniren erhalten die auf der Oberfläche geleim ten Papiere grossen Glanz und Glätte, und eine Oberfläche, welche zum Schreiben nicht angenehm ist. Dieser Missstand ist den meisten Fabrikanten auch bekannt, und solche Papiere werden nur durch starke Pressung geglättet. Neben der Leimsicherheit wird bei ge leimtem Papier auch Festigkeit des Stoffes verlangt, welche jedoch bei Maschinenpapier verschieden ist, je nachdem das Papier nach der Längs- oder Breitseite des Maschinenlaufes geprüft wird. In Zahlen lässt sich die Festigkeit des Papiers ausdrücken, wenn zur Prüfung der Zerreiss - Apparat verwendet wird, welcher jetzt all gemein im Gebrauch ist. Die gewöhnliche Art der Festigkeitsprüfung ist die Reissprobe. Je länger die Fasern sind, welche beim Ein reissen des Papiers hervorstehen, und je grösser der Widerstand ist, welchen das Papier beim Einreissen zeigt, desto fester ist dasselbe. Die Reissprobe muss jedoch aus den angegebenen Gründen nach beiden Richtungen des Bogens gemacht werden. Eine weitere Probe besteht darin, dass das Papier an einer Ecke des Bogens nach jeder Seite einmal scharf umgebogen und eingekniffen wird, worauf man durch einen kurzen Zug nach aussen versucht, die umgebogene Ecke abzu reissen. Je mehr Kraft dazu nöthig ist, um so fester ist das Papier. Sehr häufig wird die Waschprobe für Bestimmung der Festigkeit benützt. Ein Blatt Papier wird in der Hand zusammengedrückt und weich gemacht, dann etwas glatt gestrichen und zwischen den Hän den gerieben, wie beim Waschen von Wäschestücken. Hat das Pa pier die verlangte Festigkeit, so muss es nach der Probe noch ganz sein und darf keine Löcher haben. Welche Probe anzuwenden ist, darüber entscheidet der Zweck, welchen das Papier zu erfüllen hat. Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass mit zunehmender Festigkeit des Papiers das Aussehen leidet, und die Durchsicht durch die längeren Fasern wilder wird. Bei Schreibpapier sind diejenigen Sorten die geringsten, welche grossen Zusatz von geschliffenem Holz haben. Die Leimfestigkeit muss bei allen Sorten die gleiche sein, und Glätte ist bei den ge ringeren Sorten um so mehr nöthig, als diese Papiere Holzschliff enthalten, durch dessen Beimengung die Oberfläche weniger ge schlossen erscheint, so dass, wenn diese Sorte weniger geglättet ist, man häufig mit der Feder sitzen bleibt. Zu grosse Mengen Ausschuss und Erde machen das Papier lappig, und um diese Stoffe unter einander zu verbinden, wird der zugetheilte feste Stoff in der Faser etwas länger gehalten. Diese legt sich auf dem Siebe auf die Oberfläche des Papiers und bleibt, wenn das Papier mangelhaft satinirt ist, beim Schreiben leicht in der Feder sitzen. Durch Zusatz von etwas Stärke sucht man diesem Mangel abzuhelfen. Das Papier erhält dadurch mehr Härte, bleibt aber immerhin für den Schreiber eine Strafe und sollte höchstens für Formulare verwendet werden. Papiere dieser Art bestehen meist aus ungebleichtem Stoff. Sie haben einen Stich ins Gelbliche und führen den Namen Konzeptpapier. Sie sind für Schriftstücke be stimmt, deren Inhalt nur vorübergehenden Werth hat. Für den Zweck, welchen sie zu erfüllen haben, ist Billigkeit das Haupt erforderniss, und durch richtige Verwendung derselben lassen sich immer Ersparnisse machen. Die Beschaffenheit des Konzeptpapiers ist sehr verschieden, und keinesfalls darf die gelbliche Farbe für die Beurtheilung allein maass- gebend sein. Von den preussischen Behörden werden Konzeptpapiere verlangt, die nicht nur grosse Festigkeit haben sollen, sondern auch nur aus Lumpen gearbeitet sein dürfen. Wie die Druckpapiere werden auch Schreibpapiere in holzhaltige und holzfreie getheilt. Alles, was dort über Prüfung und Unter suchungsmethoden gesagt ist, findet auch für Schreibpapier Anwen dung. Zusatz von Erde und Füllstoffen hat bei Schreibpapieren meist den Zweck, das Papier billiger zu machen. Je mehr hiervon im Papier enthalten ist, desto geringer wird aber auch die Festigkeit und Leim Sicherheit. Eine Ausnahme findet bei hochfeinen Papier sorten statt, welchen Blanc fixe zugesetzt wird, um dem Papier hohe Weisse zu geben. Vielfach findet man Papier, welches sich durch Spiegelglanz und Glätte auszeichnet, dessen Durchsicht aber zerdrückt ist. Diese Papiere werden feucht satinirt unter möglichst grosser Pressung. Man hat es hier mit einer Laune der Mode zu thun, welche diese Papiere namentlich zu Briefumschlägen benützt, ohne dass das Schreiben auf denselben angenehm ist, abgesehen von andern Un zuträglichkei ten. Die bisher aufgeführten Schreibpapiere rechnet man unter die geringen Sorten. Die Mittelsorten werden aus Zellstoff und Lumpen gefertigt, und äusser den genannten Eigenschaften müssen dieselben reinere Oberfläche und besseres Aussehen haben. Als früher das Papier nur aus Lumpen angefertigt wurde, war es etwas Gewöhnliches, Papier von 8—9 Pfund aufs Ries zu finden. Nachdem jedoch die Rohmaterialien billiger geworden sind, wiegt das meiste Papier 11—12 Pfund. Mit dem stärkeren Papier sind auch die Klagen über geringe Leimfestigkeit verschwunden. Die Schreibpapiere sind überhaupt den scharfen Stahlfedern und den dünnflüssigeren Tinten angepasst. Häufig findet man Klagen über durchscheinendes oder transpa rentes Papier. Der Grund liegt in fehlerhafter Stoffmischung, wozu hauptsächlich der Sulfitstoff beiträgt. Dieser Fehler wird häufig mit einem anderen, der zu geringen Leimfestigkeit, verwechselt, doch kann man leicht ein sicheres Urtheil fällen, wenn die beschrie bene Seite auf schwarze Unterlage gelegt wird. Schlecht geleimtes Papier lässt die Schrift bezw. Tinte durchschlagen, während bei transparentem Papier die Schrift unsichtbar ist. Mit zunehmder Güte des Papiers werden auch die an dasselbe gestellten Anforderungen mit Bezug auf Reinheit grösser, und in dem gleichen Verhältnisse steigt auch der Preis. Kleine Fehler und Unreinigkeiten, welche bei geringem oder Mittelpapier nicht beach tet werden, geben bei feinem Papier den Anlass zu 5, 10 und 15 pCt. Abzug. Die peinlichste Sorgfalt ist beim Sortiren und Verarbeiten der Lumpen nöthig. Bei diesem Papier werden weniger Anforderungen an Festigkeit gestellt als an elegantes schönes Aus sehen. Bei der heutigen Vollkommenheit in der Fabrikation wird das denkbar Beste und Schönste gefertigt, freilich auch nur gegen den entsprechenden Preis, und wenn das Ausland früher uns in diesen Sorten »über« war, so lag die Schuld nur daran, dass bei uns immer nach dem Billigsten gegriffen wurde, und nur wenn eine Waare aus dem Auslande kam, war man bereit, bessere Preise zu bezahlen. Als das Publikum anfing, ganz allgemein für Papier bessere Preise anzulegen, war die Fabrikation bemüht, auch die fei neren Sorten anzufertigen, in welchen sie heut die Konkurrenz des Auslandes nicht zu fürchten braucht, wenn die Anfertigung dieser Sorten auch nur auf einige Fabriken beschränkt ist. Zeichenpapier wird fast nur aus Lumpen angefertigt. Neben Festigkeit wird von demselben verlangt, dass die Dehnung gleich mässig und so gering als möglich ist. Je nach den verschiedenen Zwecken werden auch die Anforderungen verschieden gestellt. Was langjährige Erfahrung und Uebung hier nützt, sieht man am besten an dem sogenannten Whatman-Papier. Lange Zeit war dieses Papier unerreicht und wird heute noch für bestimmte Zwecke vor geschrieben, wenn auch das deutsche Fabrikat, wie bereits erwähnt, an Güte demselben nicht nachsteht. Alle besseren Zeichenpapiere werden auf der Oberfläche geleimt, für manche wird sogar Bütten papier verlangt. So weit es im Rahmen eines Aufsatzes möglich war, sind die Anforderungen, welche an die gangbarsten Papiersorten gestellt werden, vorstehend beschrieben. Es muss nun jedem einzelnen Papierverbraucher überlassen bleiben, dieselben beim Einkauf des Papiers zu berücksichtigen und sich die nöthige Uebung und Kennt- niss durch eigene Erfahrung zu sammeln. Seitdem die Zahl der Rohstoffe immer grösser wurde, hat auch die Vielseitigkeit des Fabrikats zugenommen, so dass Vorsicht beim Einkauf immer nö- thiger wird. Wenn diese unter Berücksichtigung vorstehender An gaben beachtet wird, dürfte es jedem leicht fallen, das Brauchbare von dem Schlechten zu unterscheiden. M . . .