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,0 PAPIER-ZEITUNG. No. 25. Gefärbter Sulfitstoff. Aus Süddeutschland, 20. März. In Nr. 23 ist erzählt, dass bei einer Partie Sulfit-Zellstoff eine Färbung eintrat, welche wie von Anilinviolett herrührend erschien. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschliessen. Aus der Praxis sind mir verschiedene Fälle bekannt, bei welchen aus farblosen Flüssigkeiten beim Krystallisiren violette Färbungen erhalten wurden, die auf Berliner Blau zurückgeführt werden mussten. Im vorliegenden Falle halte ich Anilinviolett für ausgeschlossen, weil es keine violette, sondern eher eine schmutzige Farbe ertheilen und schon mit Wasser, wenigstens theilweise, herausgehen würde. Dagegen ist die Bildung von Berliner Blau viel wahrscheinlicher. Der Chlorkalk wirkt auf das fein vertheilte Berliner Blau bleichend. Berliner Blau ist durchaus nicht so sehr beständig. Wenn Buchen- oder Birkenholz bei der Bereitung mit verwendet worden wäre, oder ein tanninhaltiger Rohstoff, so wäre in dem letzteren Falle eine violette Färbung durch Eisensalze, in ersterem durch andere aus Buchen- oder Birkenholz stammende färbende Körper möglich. Diese Lösung der Frage erscheint aber zu unwahrscheinlich; eher ist Berliner Blau oder Eisentannat als Grund der Färbung anzunehmen. 0. S. Algenschlamm. Algenschlamm ist eine zwar nicht besonders häufige, dafür aber stets gefürchtete Erscheinung in den Holzrinnen der Wäscherei bei Sulfitzellstofffabriken. Er tritt in Form langgezogener, schlangenartig im fliessenden Wasser hin und her schwimmender schleimiger Massen auf, welche an einer Stelle in den Holzrinnen festgewachsen sind, sich von Zeit zu Zeit losreissen und dadurch das Waschwasser selbst verständlich sehr verunreinigen. Da das bei der Fabrikation verwendete Wasser von vornherein selten organische Stoffe enthält, so rührt die Bildung solcher Schlamm ansätze in fast allen Fällen von der Ablauge selbst her. Dieselbe ist, wie bekannt, ungemein reich an organischen Stoffen (diejenige aus Mitscherlich-Fabriken hat meist 9—10 pCt. Trockensubstanz, 2 pCt. Asche und 7—8 pCt. organische Körper) und befördert, selbst wenn sie verdünnt genug und nicht zu sauer ist, die Schimmel bildung sehr. Macht man sie aber z. B. mit Soda oder mit Aetzkalk neutral oder schwach alkalisch, so kann man nach kurzer Zeit, ohne dass man sie vorher verdünnt hat, in ihr das Auftreten von schleimigen Massen, Schimmelpilzen usw. beobachten. Diese Pilze bilden sich aus den zahlreich in der Luft umherfliegenden Keimen, welche in der Ablauge, die ja aus dem Holze sämmtliche organischen Stoffe mit Ausnahme des Zellstoffes aufgenommen hat, eine überaus günstige Nährflüssigkeit finden. Auch in den Rinnen, welche man zur Ableitung der vorher mit Aetzkalk neutralisirten Ablauge in manchen Fabriken angelegt hat, also in der sogenannten »Abwasserreinigung«, habe ich diese schleimigen, grauweissen, mit dem bewegten Wasser hässlich hin- und herfluthenden organischen Gebilde zu beobachten Gelegenheit gehabt, und sie können hier, da die Ablauge ja vorher noch besonders neutralisirt oder gar alkalisch gemacht wird, ganz besonders gut ge deihen. Ihr Auftreten hier ist jedoch,abgesehen von ihrem unappetitlichen Aussehen und davon, dass sie die dahinter befindlichen Wasserläufe verunreinigen können, von keinem schädlichen Einfluss auf die Fabrikation als solche. Man wird sich gegebenen Falles einfach da mit begnügen, sie durch Abkehren mit einem scharfen Besen mecha nisch zu entfernen, damit sie nicht gar zu massenhaft auftreten und etwa die Breite der Abfluss-Oeffnungen erheblich verringern. Etwas Anderes ist es, wenn sie, wie es hier und da vorkommt, in der Wäsche auftreten, denn dort reissen sie sich, wie gesagt, manch mal los und können den Stoff in sehr unangenehmer Weise ver unreinigen, oder das Sieb, wenn sie bis auf dasselbe gelangen, stellen weise verstopfen. Man wird deshalb danach trachten müssen, sie aus der Wäscherei womöglich fernzuhalten, indem sie dort nur schädlich auf den Gang der Zellstoff-Erzeugung einwirken können. Gegen die beim Natron- und Sulfitzellstoff bisweilen vorkommen den Stippenbildungen empfahl vor längerer Zeit (Papier-Zeitung, Jahrg. 1888, Nr. 78) Herr Dr. Müller die Anwendung von Chlor zinklösung, und zwar soll in die Stoffbütte eine Lösung von 11 Chlor zinklauge von 40° Beaum auf 100 kg Wasser und durch dieselben vorher jedenfalls verdünnt, langsam nach und nach zugesetzt werden. Eine solche 40 grädige Zinkchloridlösung ist nämlich schon ziemlich konzentrirt, denn sie enthält etwa 181/2 pCt. Zink. Auf 100 000 kg Zellstoff verbrauchte Herr Dr. Müller 40 kg solcher Zinkchloridlösung, die tropfenweise aus einem höher stehenden Behälter und regelmässig in die Stoffbütte abgelassen wurde. Sie soll weder beim Leimen noch beim Färben schädlich sein und Pilz bildung vollständig verhindern. Ich glaube, dass dieses Mittel seinen Zweck vollkommen erfüllt, und es ist selbstverständlich, dass es, wenn es gegen die Stippen, welche nur einer Pilzbildung im Stoff ihr Dasein zu verdanken haben, mit Erfolg angewendet wird, auch gegen das Auftreten von Algenschlamm in den hölzernen Rinnen und Gefässen der Wäsche vollkommenen Schutz gewähren wird. Der chemisch reine Zellstoff an und für sich bietet keinerlei Nährboden für derartige Pilze, nur im feuchten Zustande und vermöge der in ihm zurückgebliebenen löslichen organischen Beimengungen aus den Ablaugen, gleichviel ob dieselben vom Sulfit- oder vom Natronverfahren herstammen, enthält er die für die Pilze nährenden Substanzen und liefert den pflanz lichen Keimen so die Möglichkeit zu ihrer weiteren Entwickelung. Das von Herrn Dr. Müller anempfohlene Mittel wäre auch nicht besonders theuer, denn man bezahlte beispielsweise, soweit ich mich erinnere, im Jahr 1890 in Breslau im chemischen Grosshandel für 100 kg konzentrirter Chlorzinklösung von 54° Beaum und 25 pCt. Zinkgehalt anfangs 12 M., später 12 M. 50 Pf.; aber dennoch glaube ich, dass es möglich wäre, diese Ausgabe in Sulfitzellstofffabriken wenigstens zu ersparen. Es wäre jedenfalls viel einfacher, in den letzteren das Verfahren der Sulfitstofferzeugung an und für sich so zu leiten, dass keine Schimmelpilze und keine Algenvegetationen sich bilden können, d. h. die im Betrieb bereits vorhandenen Mittel in der Weise zu benutzen, dass solche Schimmelbildungen und schleimige Ansammlungen schon im Entstehen unterdrückt werden. Das beste und einfachste Mittel gegen eine derartige lästige Vegetation, welche besonders in Fabriken, die mit Wassermangel zu kämpfen haben, durch Zurückleiten des schon einmal gebrauchten Wassers hie und da sehr rasch zu wuchern beginnt, hat jede Sulfit stofffabrik in ihrer eigenen Sulfitlauge. Schweflige Säure, sowohl in Gasform als auch in Wasser gelöst, ist nämlich das kräftigste Mittel gegen jedwede pflanzliche Wucherung, und sie wird seit undenklichen Zeiten zu diesem Zweck in Brauereien und Weinkellern, wo man die Fässer durch Verbrennen von Schwefel »ausschwefelt«, benutzt. Auch Gläser, welche zur Aufbewahrung von eingemachten Früchten dienen, hat man früher sausgeschwefelt«; jetzt benutzt man zu diesem Zwecke meist Salicylsäure. Dadurch wurden einerseits die in den Gefässen bereits vorhandenen Keime vollständig vernichtet, anderseits blieben in denselben ganz geringe Mengen von schwefliger Säure zurück, welche von den Geschmacksorganen des Menschen garnicht bemerkt werden, welche aber, indem sie sich in den aufzubewahrenden Flüssigkeiten lösen, ein Entstehen von Pilzwucherungen verhindern. Nur wenn der Wein, wie man sich ausdrückt, »zu stark geschwefelt« ist, be merkt dies der Chemiker bei einer nachträglich ausgeführten Wein analyse durch einen verhältnissmässig zu hohen Gehalt an Schwefelsäure. Die Sulfitlauge muss schon vor der Kochung in ihrer ganzen Zusammensetzung genügende Gewähr dafür bieten, dass zum Schluss schwefelige Säure genug vorhanden ist, um Pilz- und Algenbildungen wirksam zu verhindern. Die am besten geeigneten Vorschriften (3,2 pCt. Gesammt-, 2,2 pCt. freie und 1 pCt. gebundene SOi) hat Herr Dr. Frank schon vor Jahren ausführlich gegeben, und es ist nicht nöthig, dass ich noch weitere Bemerkungen daran knüpfe. Ich habe zwar auch schon mit bedeutend schwächeren Laugen gut garen Stoff gekocht, aber als normaler Betrieb war dies keines wegs zu betrachten, und da bei Verwendung starker Laugen raschere Kochung, sowie höhere Weisse des fertigen Stoffes erzielt wird, ist obige Vorschrift für normalen Betrieb in jeder Hinsicht zu empfehlen. Ist iff der ursprünglichen Lauge nämlich zu wenig freie schwef lige Säure, und versteht der den Kochbetrieb Leitende die dann noth wendige Art und Weise der Behandlung des Kochers nicht, so findet nicht nur ungenügende Aufschliessung dös Holzes, Hart- und Splittrig bleiben des Stoffes statt, sondern der in der Ablauge zum Schluss zurückbleibende Rest an Säure ist, besonders, wenn er, wie es in der Wäsche stets geschieht, noch bedeutend durch Wasser verdünnt wird, nicht mehr genügend, um Pflanzenwucherung von vornherein zu verhindern. Aber auch bei ursprünglich guter, kräftiger Sulfitlauge kann der letztere Fall eintreten, wenn man beispielsweise die Kochung zu weit, bis zum Dunkelwerden und zur Trübung der Lauge getrieben hat. Es kann dann vorkommen, dass solche Ablaugen nur noch Spuren von schwefliger Säure enthalten. Einfache Titrirungen mit Jod sind in allen diesen Fällen genügend, um derartige Fragen voll kommen klar zu beantworten. Nur so nebenbei sei darauf hingewiesen, was ich schon gelegent lich früher einmal hervorgehoben habe, (Papier-Zeitung 1890, Nr. 77, »Waschen der Sulfitcellulose«) dass der Stoff und die Laugen selbst verständlich nirgends mit Eisen oder eisenhaltigen Stoffen in Berüh rung kommen dürfen, um eine nachträgliche Röthung oder Bräunung des Zellstoffes zu verhindern, ein Grundsatz, der in vielen Fabriken auch bereits befolgt wird. Aus allem hier Angeführten geht hervor, dass bei der Waschung von Sulfitstoff das Wasser in der Wäsche stets einen gewissen, selbst verständlich geringen, aber doch merkbaren Prozentsatz an freier Schwefligsäure enthalten muss. Dadurch werden alle Pilze und Algen im Entstehen vernichtet und die etwa dazugekommenen Keime getödtet, ehe sie Zeit gehabt haben, sich zu entwickeln.