Volltext Seite (XML)
die Technik und die Maschinen vervollkommnet und dadurch eine höhere Leistungsfähigkeit erreicht; dennoch ist der buchbinderische Farbendruck im Verhältniss zum Buch- oder Steindruck noch ein sehr zeitraubendes Verfahren. Der buchbinderische Farbendrucker ist oft gezwungen, seine Farben wiederholt zu drucken, bevor sie auf dem ungefügen Kaliko decken, oft muss er Umwege einschlagen, so z. B. beim Druck heller Farben auf dunklen Flächen, wo in der Regel erst eine entsprechende Deckfarbe untergedruckt werden muss, bevor die helle Farbe vollständig deckt und vom dunklen Grund un beeinflusst in voller Kraft erscheint. Das alles ist zeitraubend, und der buchbinderische Farbendrucker hat es daher noch nicht annähernd zur Leistungsfähigkeit auch nur eines Handpressendruckers gebracht, Um Schritt mit den übrigen Arbeitern einer vielbeschäftigten Buch binderei zu halten, sind besonders dann, wenn die Herstellung von Buchdecken mit Vielfarbendruck-Verzierungen gepflegt wird, stets mehrere Farbendrucker erforderlich. Erleichtert wird diesen ihre Arbeit durch die neuerfundenen, mechanischen Farbewerke, welche in verschiedenen Bauarten vor handen sind. Dieselben haben den Zweck, das Aufwalzen der Farbe auf die Gravirung oder Pressplatte zu erleichtern und zu beschleu nigen. Statt dass der Drucker die Farbe mit der Handwalze vom Stein aufnimmt und dabei verreibt, wird diese Arbeit ähnlich wie bei den Buchdruckschnellpressen durch eine mechanische Vorrichtung besorgt. Freilich ist der Gebrauch derselben wegen des schwer zu bedruckenden Stoffes nicht unbegrenzt, sondern der Farbendrucker wird noch immer gelegentlich zur Handwalze greifen müssen. Eine Beschreibung dieser Apparate und Maschinen befindet sich im Jahrg. 1888 der Papier-Zeitung. Wie bei den anderen Arbeiten, so findet zweckmässig auch beim Verzieren der Decken die bewährte Arbeitstheilung statt. Es ist nicht rathsam, dass ein Presser die Decke vollständig fertig druckt und sowohl den Gold- Bronze-, wie Farbendruck selbst macht. Der Presser, welcher ohne Unterbrechung vergoldet, wird im Golddruck sicherer sein, als sein Nebenmann, dessen Hauptbeschäftigung der Farbendruck ist. Daher ist es zweckmässig: der im Vergolden Geübte macht auf eine Decke den Golddruck, der im Farbendruck Geübte auf dieselbe Decke den nachfolgenden Farbendruck. Ja, selbst an den einzelnen Farbendrucken einer Decke können sich verschiedene Arbeiter be theiligen, vorausgesetzt, dass die nacheinander zu druckenden Farben nicht aufeinander, sondern nebeneinander zu stehen kommen. In diesem Fall kann jeder Drucker in seine Presse eine Farbenplatte einsetzen, der Vergolder seine Goldplatte. Zunächst macht nach Maassgabe der Vorlage, die natürlich auch hier vorhanden sein muss, jeder Farbendrucker den blinden Vordruck auf die Decke, diese wandert dann zum Golddrucker, der zu seinem Druck keines Vordrucks bedarf. Er giebt die Decke sofort zum Auf trägen des Blattgoldes an das Mädchen, welches diese Arbeit besorgt. Auf Fig. 1 ist dieses Mädchen in der rechten Ecke gegenüber der ersten Vergoldepresse sichtbar, eben beschäftigt, dem Büchelchen ein Goldblatt zu entnehmen und dasselbe auf die Decke zu- legen. Da die Decke keinen Vordruck trägt, so werden zum Aufträgen Papier schablonen benutzt, an denen diejenigen Stellen ausgeschnitten sind, auf welche das Gold zu legen ist. Das Mädchen drückt das aufge legte Blattgold leicht an, damit es nicht wieder von der Decke herunter fliegt, stapelt die Decken — stets die hinteren Deckel aufeinander liegend und die vorderen an beiden Seiten abwechselnd herunterhängend — auf einen Stoss und giebt diesen an den Pressvergolder, der den Gold druck ausführt. Sind die Decken erkaltet, so wird das überschüssige Gold in der Goldabkehrmaschine abgekehrt. Dann wandern die Decken stossweise zum ersten Farbendrucker, welcher seinen Farben druck ausführt und die Decken sofort zur Ausführung des zweiten Farbendruckes an seinen Nebenmann giebt. Auf diese Weise ist es möglich, die Zeit zu sparen, welche zwischen dem Trocknen jedes Farbendruckes verstreichen würde. Allerdings ist es nicht immer statthaft, diese Praxis zu üben, da nicht in allen Fällen der zweite Farbendruck gemacht werden kann, bevor der erste trocken ist. Es kommt eben auf die Beschaffenheit der Farbendruckplatten an. Be deckt der zweite Farbendruck theilweise den ersten, so muss dieser erst trocknen, bevor der zweite ausgeführt wird, da andernfalls der erste wieder abgehoben und auch der zweite verschmiert ausfallen würde. Als Grundirmittel wird entweder verdünntes Eiweiss verwendet, oder, was noch öfter geschieht, der Druck wird ohne jeden Grund ausgeführt, da der Kaliko eine Appretur hat, auf welcher das Gold bei richtiger Hitze gut haftet. Der Vordruck zu den Farbendrucken wird mit stark geheizter Presse ausgeführt; ist die Druckfläche schwer und breit, so wird in der Regel der Druck wiederholt, indem mit dem ersten Vordruck die Narbung weggepresst und mit dem zweiten die zum Farbendruck nöthige, vollständig glatte Fläche erzeugt wird. Soll weisse Farbe auf dunklen Grund gedruckt werden, so ist es in den meisten Fällen nöthig, vorher einen Silberbronzedruck zu machen, auf dem die weisse Farbe nach ein- bis zweimaligem Drucken voll ständig deckt, während sonst mehrere Drucke erforderlich sind. Lässt es die Gravirung zu, so druckt man zuerst Gold, hierauf Bronze, nach dieser die Pass-Farbenplatten und zuletzt die Konturplatte. Bronze druck wird erzeugt, indem eine kräftige Farbe untergedruckt und auf diese in noch feuchtem Zustand Bronze aufgestäubt wird. Bei Aluminium- oder Metall-Druck dient entweder Gelatine oder Rinds blut-Eiweiss als Grundirmittel. Bei kleineren Decken kann der Vorderdeckel und der Rücken zu gleich gedruckt werden, doch ist es dann nöthig, den Höhenunter schied zwischen dem dünnen Rücken und den dickeren Deckeln durch eine Unterlage auszugleichen. Beabsichtigt man, als Unterlage Pappe zu verwenden, so muss der Pappstreifen öfter gewechselt werden, da sich schon nach einigen Drucken diejenigen Stellen, auf welchen die Gravirung auftrifft, so vertiefen, dass sich kein reiner Druck mehr erzielen lässt. Pappunterlagen sind überhaupt wenig zu em pfehlen. Benutzt man dennoch solche, so ist es gut, zu jeder Decke einen besonderen Pappstreifen zu verwenden und denselben mit einigen Leimtupfen an den Einlagerücken festzukleben. Die beste Unterlage ist beim Rückendruck ein Eisenstreifen, welcher die Breite des Einlagerückens hat. Da die Rücken in der Breite stets wechseln, so dürfte es sich empfehlen, einen Satz dünner Eisenstreifen von verschiedenen Breiten anzuschaffen. Die Differenz der Dicke gleicht man dann durch Papierunterlagen aus, die man zwischen den Eisen streifen und den Pressschlitten klebt. Das Schwierigste bei Vielfarbendrucken ist die wirkungsvolle Farbenzusammenstellung. Um diese zu erzielen, ist es in den meisten Fällen nöthig, vorher einige Probedrucke zu machen, was je nach der Art der Zeichnung entweder auf Kalikodeckel oder auch auf Kartonpapier geschehen kann. Wird der bunte Kaliko zugleich als Farbe mit ausgenützt, oder wirkt die Kalikofarbe sonst bestimmend auf das Farbenbild ein, so ist der Druck auf Kaliko nöthig; ist dies nicht der Fall, so kann Papier benutzt werden. Um später die richtigen Farbschattirungen ohne langes Proben wieder zu treffen, macht derjenige Drucker, welcher die Probedrucke fertigt, zugleich sogenannte Farbenskalen. Unter diesen versteht man Abdrucke der einzelnen Farbenplatten auf weisses Papier. Diese Abdrucke werden in der Reihenfolge durch Zahlen bezeichnet, und zugleich wird auf jedem genau angegeben, aus welchen Farben und in welchem Ver hältniss die betreffenden Töne gemischt sind. Mit Hilfe dieser Farbenskalen fällt es dann dem Drucker leicht, den Ton wieder zu treffen. Eben so wichtig ist es, dass von jeder Platte ein Deckenab .druck gefertigt wird, der den Zweck hat, das Einsetzen der ver schiedenen Farbenplatten in die Vergoldepresse zu erleichtern. Das erste Mal hat dieses Einsetzen nach Maassgabe der Konturplatte statt zufinden. Da es indessen nicht immer leicht ist, nach der Kontur- platte einzusetzen, indem die Farbenplatten oft nur kleine Theile des Gesammtbildes bedecken, so benutzt man beim späteren Einsetzen die Einzelabdrücke, welche von jeder Farbenplatte gefertigt wurden. Vertheilt nun der Werkführer die verschiedenen Platten sowie deren Abdrucke und Farbenskalen an die Drucker, so wird es diesen leicht fallen, den Druck genau nach Maassgabe der Probe auszuführen. Mit Hilfe des Plattenabdruckes setzt jeder seine Platte in die Ver goldepresse und macht den Vordruck, falls dieser nicht mit einer grossen Blankplatte über das ganze Druckfeld ausgeführt wurde. Hierauf mischt er nach Angabe der Farbenskala die Druckfarbe auf dem Farbsteine und verdünnt diese entsprechend mit Firniss. Dann walzt er sie mit der Handwalze tüchtig durch, trägt sie dünn auf die Gravur der Platte und macht den Druck. Wird mit Handwalzen gedruckt, so ist als Druckvorrichtung meist die aufschlagbare, am Schlitten in Scharnieren hängende Klappe oder auch die sogenannte Trommel in Gebrauch. Ist die Presse mit selbstthätigem Druckwerk versehen, so fällt die Trommel weg, da alsdann die Vergolde-Platte an der Einschiebeplatte des Presstiegels hängt und dort ohne Zuthun des Druckers mechanisch eingefärbt wird. Sind die Decken vergoldet, mit Farben gedruckt und gründlich getrocknet, so kommen sie zur letzten Abtheilung, derjenigen der Fertigmacher. Diese haben die Aufgabe, die abgepressten Buchblöcke mit den Decken zu verbinden, sie 'einzuhängen«, wie der Buchbinder sagt. Dieses Einhängen findet statt, indem zunächst auf die Rücken der Buchblöcke Hülsen geklebt werden. Unter Hülsen versteht man doppelt liegende, an ihren Enden übereinandergeklebte Papierstreifen von der Breite und Höhe des Buchrückens. Diese Papierstreifen bilden sozusagen flachgedrückte Schläuche, welche genau auf den runden Rücken passen und etwa dieselbe Gestalt haben, wie Cigarren beutel, denen der Boden fehlt. Mit der einen Seite werden die Hülsen auf den Buchrücken geklebt, mit der anderen an den Einlagerücken der Decke, wodurch Buch und Decke am Rücken verbunden werden. (Schluss folgt.)