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No. 22. PAPIER-ZEITUNG. 551 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme; Mitarbeiterund Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Grossbuchbinderei. (Fortsetzung zu Nr. 21.) In den meisten Grossbuchbindereien befinden sich Drahtheft maschinen. Zweckentsprechender zum Heften von Verleger-Einbänden dürften sich die gleich viel leistenden Fadenheftmaschinen erweisen, die sich jetzt auch allmälig zu verbreiten scheinen. Beide sind so eingerichtet, dass mit ihnen auf Bänder und auch auf Gaze geheftet werden kann. Letzterer Heftstoff dürfte den Vorzug verdienen, da er zugleich als Falz an beiden Seiten des Rückens stehen bleibt, mit an die Buchdeckel geklebt wird und zwischen innerem Buch und Decke ein ziemlich haltbares Bindeglied abgiebt. Diese Gazestreifen machen auch das Einkleben von Kalikofalzen bei kleinen Büchern überflüssig. Auf dem Bild Fig. 1 in vor. Nr. befinden sich die Heftmaschinen auf der Gallerie in der rechten Ecke. Je zwei Maschinen stehen sich mit ihren hinteren Theilen gegenüber, zwischen ihnen liegt die Transmissionswelle, von deren Riemenscheiben sie den Antrieb er halten. Bedient werden die Maschinen von Mädchen, -wie über haupt das Heften stets von solchen ausgeführt wird, auch dann, wenn keine Maschinen vorhanden sind und das Heften mit der Hand erfolgt. In diesem Falle werden die Bücher vor dem Heften an den Rücken mit Sägelöchern versehen, in welche die Bünde vertieft zu liegen kommen. Diese Löcher werden in der Regel mit Hilfe der Einsägemaschine in den Rücken gesägt. In den neuerfundenen recht zweckmässigen Fadenheftapparaten, die ziemlich schnelle Arbeit ge statten, dürften vielleicht Grossbuchbindereien von geringem Umfang einen bescheidenen Ersatz für die theuren Faden-Heftmaschinen finden, im Fall sie der Drahtheftung abgeneigt sind. Allerdings würde diese Art der Fadenheftung auch bei den nächstfolgenden Arbeiten ver schiedene Zeitversäumnisse nach sich ziehen, indem besonders die Bünde aufgeschabt und festgeklebt werden müssen. Auch das Vorsetz machen erfordert mehr Sorgfalt, indem an Stelle der Gaze, welche bei maschinengehefteten Büchern vom Rücken übersteht, bei den handgehefteten zum Halt dienende Shirtingstreifen um den ersten und letzten Bogen geheftet werden müssten. Schon aus diesem Grunde wird bei Ganzleinenbänden die Handheftung im Grossbetrieb kaum mehr anwendbar sein, da infolge der ungemein niedrigen Einband preise jeder nicht unbedingt nöthige Handgriff den Mitbewerb erschwert. Anders ist das dagegen bei Herstellung von Halbfranzbänden. Hier ist die Heftung auf Bindfaden-Bünde entschieden vorzuziehen, da sich die aufgeschabten Bund-Enden beim Ansetzen auf diesen Falz zweck mässiger erweisen, als Shirting- oder Gazestreifen. Die gehefteten, mit Vorsetz versehenen Bücher kommen nun in die Hände derjenigen Arbeiter, welche das Leimen der Rücken be sorgen. Dies sind in der Regel jüngere Buchbinder, denen zur Unterstützung Arbeits burschen oder Lehrlinge bei gegeben werden. Das Leimen geschieht auf übliche Art, nur sind die Einrichtungen zweck mässiger, indem die Tische be sonders zu dieser Arbeit ein gerichtet sind, was in Klein buchbindereien meist nicht der Fall ist. Der Tisch ist in der Regel mit Blech überzogen, der Leimtopf mit einer Rinne verbunden, welche unter der Kante des Tisches hinläuft und den beim Leimen etwa abtropfenden Leim aufnimmt, der von hier aus in der etwas geneigten Rinne wieder in den Leimtopf fliesst. Hierauf kommen die ge leimten Bücher zu den Be schneidern , Abpressern und Schnittmachern. Das Be- Fi8- 3- schneiden geschieht da, wo kein Dampfbetrieb ist, vortheilhaft mit kleinen Hebelmaschinen, da mit diesen schneller gearbeitet werden kann, als mit den gewöhnlichen, schwerfälligen Radmaschinen. Ist dagegen Dampfbetrieb vorhanden, so dürften die neueren, wesentlich vervollkommneten Radschneide maschinen mit Selbsteinspannvorrichtung erheblich bessere Dienste leisten. Die Hebelschneidemaschine (Fig. 3) ist vorwiegend zum Bücher beschneiden und zur Massenarbeit eingerichtet, wurde auch vor Er findung der Selbsteinspannvorrichtung in allen Grossbuchbindereien verwendet und ist noch jetzt da in Gebrauch, wo Dampfkraft felüt. Hat man eine Partie gleich dicker Bücher zu beschneiden, so stellt man den Pressbalken mit Hilfe des Stellrades, welches in dem bogenartigen Gestell unterhalb des aufrechtstehenden Hebels sichtbar ist, in entsprechende Höhe, so dass der Balken nach seitlichem Niederlegen des Hebels fest auf das Buch drückt und dieses ein presst. Hat man dem Pressbalken einmal diese Stellung gegeben, so kann jedes weitere Buch durch einfaches Niederdrücken des Hebels schnell und fest eingepresst werden. Der zweite, seitlich nach links liegende Hebel bewirkt den Niedergang des Messers, und durch Niederdrücken desselben erfolgt der Schnitt sehr rasch. Nachdem Sattel und Pressbalken in die erforderliche Lage gebracht sind, hat dem nach der Arbeiter, welcher sich an der rechten Seite der Maschine aufstellt, nur nöthig, das Buch einzulegen, mit einem Griff den auf recht stehenden Hebel niederzudrücken, wodurch das Buch gepresst wird, und dann mit einem zweiten Griff den nach links liegenden Hebel niederzuziehen, um das Schneiden zu bewerkstelligen. Durch Dampfkraft getriebene Rädermaschinen mit Selbsteinspann vorrichtung arbeiten noch schneller und erfordern keine Kraftanstrengung des Arbeiters. Der Riemen liegt auf der Scheibe hinter dem rechts befindlichen Schwungrade (Fig. 4), welches bei Dampfbetrieb entfernt werden kann. Nachdem der Pressbalken einmal in entsprechender Fig. 4. Höhe dos Buches gestellt ist, kann jedes weitere Buch ohne Stellung des Pressbalkens eingeschoben werden. Der Arbeiter hat nur nöthig, das Buch in die Maschine zu schieben, auf den nuten am rechten Fusse befindlichen Tritt zu treten, und ohne sein weiteres Zuthun erfolgt der Niedergang des Pressbalkens und Messers, das Einpressen und Beschneiden des Buches, hierauf sofortige Lösung des Druckes, Hochgang des Messers und endlich Ausrücken des Werkes und Still stand der Maschine. Nun nimmt der Arbeiter das Buch aus der Maschine, legt ein anderes ein, tritt auf den Fusstritt, und Einpressen und Beschneiden wiederholt sich in gleicher Weise. Somit ist die Leistungsfähigkeit dieser Maschine bei Dampfbetrieb die denkbar höchste. Fehlt dagegen Dampfbetrieb, so muss zum Drehen des Schwungrades ein zweiter Mann verwendet werden. Die Art des Beschneidens der Bücher ist nicht in allen Gross buchbindereien dieselbe. Entweder werden die Bücher zuerst nur an der vorderen Seite beschnitten, dann marmorirt und rund geklopft, oder sie werden sofort ringsum beschnitten und erst dann mit Marmor schnitt versehen und am Rücken gerundet. Im ersteren Fall ist es nöthig, dass sich diejenigen Arbeiter, welche beschneiden, marmoriren und rundklopfen, unmittelbar in die Hände arbeiten, dass also ihre Plätze und Maschinen nahe aneinander stehen, damit kein umständ liches Hin- und Hertragen der Bücher nöthig ist. Der Gehilfe, welcher an der Beschneidemaschine steht, besorgt dann das Be schneiden des vorderen Schnittes und legt die Bücher auf einen Tisch, von welchem sie der Marmorirer sofort wegnehmen kann. Ebenso muss sich der Arbeitstisch oder die Maschine des Rundmachers in