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No. 18. PAPIER-ZEITUNG. 435 wünscht, der kaufe eine reine Kopirtinte und verwende für die nicht zu kopirenden Schriften eine besondere Buchtinte. Was den Farbstoff der Tinten anlangt, so hat man bei Beur- theilung desselben zu unterscheiden zwischen solchem, der in der flüssigen Tinte bereits fertig gebildet ist, und solchem, welcher sich erst in den Schriftzügen auf dem Papier nach und nach entwickelt. Zur ersteren Kategorie gehören z. B. die in vielen Tinten enthaltenen Theerfarbstoffe, zur letzteren u. a. die Eisenverbindungen der Gallus- substanzen, welche das Nachdunkeln der Eisengallustinten bedingen. Die Theerfarbentinten enthalten nur fertig gebildeten Farbstoff, sie behalten daher ihre vorläufige Färbung, das ist diejenige, mit welcher sie aus der Feder fliessen, auch auf dem Papiere bei, während sämmt- liehe Gallus- und die meisten Blauholztinten neben diesem, dem vorläufigen Farbstoff, noch Substanzen enthalten, durch deren Ver einigung beim Eintrocknen auf dem Papiere ein weiterer, der nach trägliche Farbstoff, hinzukommt. Beide zusammen bilden den Ge- sammtfarbstoff, der die endgiltige Färbung bedingt, welche die Schrift züge solcher Tinten nach einiger Zeit auf dem Papier annehmen. Während die Schreibtinten nur soviel Farbstoff zu enthalten oder zu entwickeln brauchen, als nöthig ist, um genügend intensive und für die betreffenden Zwecke hinreichend widerstandsfähige Schriftzüge zu liefern, muss in den Kopirtinten Vorrath davon nicht nur für die Schriftzüge des Originals, sondern auch für diejenigen der Kopieen vorhanden sein. Deshalb sind die Kopirtinten in der Regel kon- zentrirter als die Schreibtinten. Eine scharfe Grenze zwischen beiden lässt sich jedoch unmöglich ziehen, denn bis zu einem gewissen Grade ist auch jede Schreibtinte kopirfähig. Im allgemeinen soll eine gute Kopirtinte die folgenden Eigen schaften mit einer brauchbaren Schreibtinte gemein haben. (Vgl. die Broschüre: „Die Eisengallustinten. Grundlagen zu ihrer Beurtheilung“ von Osw. Schluttig und Dr. G. S. Neumann. Dresden v. Zahn und Jaensch, 1890. S. 7). Sie soll: 1) eine klare, filtrirbare Lösung, keine Suspension darstellen; 2) leichtflüssig sein und längere Zeit bleiben, d. h.: leicht aus der Feder fliessen, weder stocken noch tropfen oder auf dem Papiere breitlaufen; 3) längere Haltbarkeit im Glase besitzen, d. h. im Tintenfasse a) nur langsam geringen Satz, b) auf der Oberfläche keine hautartigen Ausscheidungen, keinen Wandbeschlag und nie Schimmel bilden; 4) an einer guten Feder nur einen geringen lackartig glatten, nicht aber locker krustenartigen Ansatz erzeugen; 5) nicht zu sauer sein; 6) keinen stark hervortretenden Geruch besitzen; 7) eine intensive Farbe haben, die sowohl in der Flüssigkeit als auch auf dem Papiere längere Zeit erhalten bleibt; 8) gutes Papier nicht allzusehr durchdringen; 9) Schriftzüge liefern, welche nach der Kopie-Entnahme nicht klebrig sind. Betreffs der unter 8 und 9 angeführten Eigenschaften ist hinzu zufügen, dass die kombinirten Schreib- und Kopirtinten, welche laut Etikette auch als Buchtinten benutzbar sind, weder gutes Papier völlig durchdringen, noch klebrige Schriftzüge liefern dürfen, auch dann nicht, wenn letztere nicht kopirt werden. Bei Beurtheilung der Kopir tinten im engeren Sinne, sowie der Umdruck-Kopirtinten muss man berücksichtigen, dass die Beschaffung ihrer Schriftzüge auf nach folgende Kopie-Entnahme berechnet ist! Die Schriftzüge einer Tinte z. B., die 6—8 Kopieen liefern soll, müssen so grosse Mengen Farb stoff enthalten und soviel davon bei Berührung mit feuchten Gegen ständen, wie feuchtes Kopiepapier oder feuchte Hand, an diese abgeben, dass sie schwach klebrig erscheinen können. Dasselbe gilt in noch höherem Grade von den Hektographentinten. Nichtklebrigkeit kann man hier nur von schon kopirten Schriftzügen verlangen. Ebenso schlagen im allgemeinen stark kopirfähige Tinten durch dünnere Papiere mehr durch als nicht oder nur wenig kopir fähige. Hierbei ist aber die Beschaffenheit des Papieres, bezw. die richtige Wahl eines geeigneten Papieres für eine bestimmte Tinte, von wesentlicher Bedeutung. Hierüber mögen an dieser Stelle einige Bemerkungen Platz finden. Wir haben wohl nicht nöthig, eine Schilderung von dem Zu stande zu geben, in welchem vor nicht zu langer Zeit die weitaus grösste Menge der Papiere infolge Preisdrückerei, Anwendung gering- werthiger Surrogate, Beschwerung durch Füllstoffe usw. gerathen war. Derselbe ist allgemein bekannt und zur Genüge in der Papier-Zeitung besprochen worden. Das Gleiche gilt von der Wandlung zum Bessern, welche sich hierin vollzogen hat, dank dem Vorgehen des Heraus gebers der Papier - Zeitung, Herrn Carl Hofmann, dessen in den Jahren 1882 und 1883 erfolgte Schritte die Einführung amtlicher Papiemormalien und die Errichtung der Papier - Prüfungsanstalt zur Folge hatten. Der zwischen reinen Lumpenpapieren und jenen geringwerthigen Papiersorten hinsichtlich Struktur und Zusammen setzung bestehende Unterschied musste natürlich auch Verschieden heiten in der Wechselwirkung zwischen Papier und Tinte in dem Verhalten der Schriftzüge auf dem Papier bedingen. Besonders auffallend trat das beim Durchschlagen und bei der Kopirfähigkeit der Tinte hervor. Seitdem aber auch die Prüfung der Leimfestigkeit des Papieres methodisch geregelt wurde (vgl. Papier-Zeitung 1884, S. 625 und Herzberg, Papier-Prüfung, S. 79), ist Papier jetzt wieder überall in vorzüglicher Qualität zu angemessenem Preise zu haben, und das Publikum gewöhnt sich allmälig daran, mehr als früher auf Reinheit, Dauerhaftigkeit und Dichtigkeit desselben zu achten. Leider legt man aber allgemein noch zu wenig Werth auf das geeignete Verhältniss von Papier zu Tinte, speziell, zu Kopirtinte, und schiebt häufig die Schuld für Misserfolge der Tinte zu, wo sie das Papier treffen. Zu Schriften, die kopirt werden sollen, sollte Jedermann nur Papier wählen, das erstens der Manipulation des Kopirens gegenüber ge nügend widerstandsfähig und zweitens frei von Substanzen ist, die verändernd auf die Tinte einwirken. Man bedenke, dass durch den Druck in der Kopirpresse die durch die Nässe des Kopirpapieres aufgelöste Tinte nicht allein nach oben in das Kopirpapier, sondern auch nach unten in das gleichfalls dadurch feucht gewordene Schreib papier gepresst wird! Daher benutze man hierfür auch kräftiges und dichtes Papier. Hingegen wende man dünnes und geringeres nur zur Herstellung einfacher Schriftstücke an, die nicht kopirt werden sollen, und schreibe dann mit einer Buchtinte, nicht etwa mit einer Kopirtinte. Lockere und rauhe Papiere saugen die Tinte so stark auf, dass sie nur schwach kopiren kann, und dass die Kopirfähigkeit der Schrift züge bald aufhören muss. Das Gleiche gilt von solchen Papieren, die zu viel mineralische Bestandtheile enthalten. Bereits vor 11 Jahren wurde in der Papier-Zeitung (1879, S. 860) hierauf aufmerksam gemacht. Wie der betr. Artikel berichtet, wurde das Verhalten von Theerfarben-, Blauholz- und Gallus-Kopirtinten gegenüber 41 verschiedenen Papier sorten untersucht und gefunden, dass zunächst solche Papiere tadel lose Kopieen lieferten, die nicht mehr als 2 pCt. Asche ergaben, dass von den gefüllten Papieren (2—10 pCt. Aschengehalt) die schwerspath- haltigen bessere Ergebnisse lieferten, als die thonerdehaltigen, und dass besonders ein Ultramaringehalt schade. Noch schlechtere Kopieen gaben die Papiere mit mehr als 10 pCt. Aschengehalt; die schlechteste Kopie lieferte die Postkarte. Zu diesen Angaben ist aber noch ergänzend zu bemerken, dass auch die Beschaffenheit der Oberfläche des Papieres, wie oben her vorgehoben, eine grosse Rolle spielt. Auf gut satinirten Papieren werden die Schriftzüge am längsten kopirfähig bleiben, weil hier die Tinte zum grossen Theile auf der Oberfläche bleibt und der Feuch- tigkeit des Kopirpapieres mehr zugänglich ist, als wenn sie in den Poren des Papieres zwischen den Fasern eingelagert ist. Dafür wird aber, besonders bei Entnahme mehrerer Kopieen, auf der Oberfläche des Schreibpapieres umsoweniger Tinte Zurückbleiben, je glätter es ist. Bestandtheile des Papieres, welche die Säure der Tinte neu- tralisiren, also basisch reagiren, werden die Kopirfähigkeit — be sonders wenn Gallus-Kopirtinte vorliegt — beeinträchtigen, sauer reagirende aber verlängern. Umgekehrt wird frisch geschriebene Tinte auf ersterer Papiersorte dunkler beim Kopiren Zurückbleiben als auf letzterer. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss übt auch der Bleich prozess bei den Papieren auf ihre Kopirfähigkeit aus, worauf wir in unserer Schrift über Eisengallustinten (S. 88) hingewiesen haben. So zeigte es sich z. B., dass eine Blauholz-Kopirtinte, die sogenannte violette Kopirtinte, beim Kopiren ihrer Schriftzüge auf einem weissen Papiere viel dunkler zurückblieb, als auf einem gelben. Beide Papiere waren säure- und chlorfrei, gehörten zur Papierklasse I, Stoffklasse I und Festigkeitsklasse I und unterschieden sich nur dadurch von ein ander, dass das weisse stärker gebleicht war als das gelbliche. Betonen möchten wir noch, dass manche Papiersorte gute Dienste leistet bei Anwendung von Blauholz - Kopirtinte, aber versagt, wenn man das darauf mit Gallus-Kopirtinte Geschriebene kopiren will, und umgekehrt. Der Unterschied im Verhalten beider Tinten wird be dingt durch ihre völlig verschiedene chemische Zusammensetzung, sodass die Bestandtheile gewisser Papiersorten derart auf beide Tinten arten einwirken können, dass sie die Kopirkraft der einen befördern, während sie die der andern beeinträchtigen. Man verwerfe daher nicht von vornherein eine Tinte, weil sie auf einem gerade vorhandenen Stück Papiere nur mangelhaft kopirt, sondern prüfe sie erst, wenn ihr Verhalten im übrigen befriedigt, auch auf andern, möglichst reinen und gut geglätteten Papiersorten. Geschäfte, welche grössere Mengen Papier und Kopirtinte ver brauchen, sollten beim Einkäufe dieser Waaren nicht versäumen, das wechselseitige Verhalten der betreffenden Muster zu einander zu prüfen,