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30 PAPIER-ZEITUNG. No. 2. In Frankfurt a. M. scheint dagegen die Ablass - Ertheilung mehr Anklang gefunden zu haben. Die verbreiteten Tageszeitungen »Intelligenz- blatt«. Generäl-Anzeiger!« und »Kleine Presse«' brachten seitenlange Aufzählungen von Personen, die meist der guten bürgerlichen Gesell schaft anzugehören scheinen, und die sich »losgekauft« hatten. Der Vorstand des Vereins der Papier- und Schreibwaarenhändler zu Frankfurt a.. M. veröffentlichte daher eine Erklärung, in welcher er auf die Schattenseiten der in zweifellos löblicher Absicht empfohlenen Maassregel hinwies. Obschon wir in früheren Jahrgängen mehrfach Ausführungen ähnlicher Art zum Abdruck brachten, geben wir nachstehend den In halt des an den Vorstand des Armenvereins zu Frankfurt a. M. ge richteten Schreibens wieder, weil dasselbe sich durch klaren Gedanken gang und würdige Sprache auszeichnet und daher den Fachgenossen in anderen Städten, welche zu gleicher Abwehr genöthigt sind, als Vorbild dienen kann: Von einer Mehrzahl der hiesigen Schreibmaterialien-Händler wurde bei dem Vorstande des Vereins der Papier- und Schreibwaaren - Händler zu Frankfurt a. M. der Antrag eingebracht, bei dem hiesigen Armenvereine dahin zu wirken, dass derselbe die von ihm seiner Zeit ein- und ausgeführte sogenannte Ablösung der Neujahrsgratulationskarten, weil diese viele hiesige Bürger schädige, wieder abstellen möge. Wir unterziehen uns um so lieber diesem Auftrage, als die Gründe, welche die betreffende Abstellung rechtfertigen, so schlagend sind, dass wir hoffen dürfen, auch der Armen verein werde sich davon überzeugen und unserem Wunsche zu entsprechen bereit sein. Die Fabrikation künstlerisch hergestellter Gratulationskarten ist eine ganz speziell deutsche Industrie. Hunderttausende solcher Karten werden aus den grösseren Fabriken Deutschlands, Frankfurt nicht ausgenommen, jährlich vom Auslande bezogen. Tausende von Arbeitern, Arbeiterinnen und Künst lern ernähren sich durch ihre Arbeit in solchen Kunstanstalten, oder für dieselben. Welche Wirkung muss es nun im Auslande bervorrufen, wenn wir in Deutschland selbst (und zwar gerade die bessere Gesellschaft) einer in den letzten Jahrzehnten so erfreulich gehobenen und von der Bevölkerung kräftig unterstützten Kunstindustrie entgegenwirken und sie unterdrücken. Schon aus dieser Rücksicht haben denn auch die Veranstalter der Ab lösung in Leipzig und anderen Städten ihre Thätigkeit in dieser Richtung wieder eingestellt und hat der deutsche Konsul in Zürich, von Fach industriellen aufmerksam gemacht, seine Unterschrift wieder zurückgezogen. Fassen wir nun noch die Verhältnisse, wie sie hier am Platze liegen, näher ins Auge. Auch hier erwerben Hundei te von Arbeitern, Arbeiterinnen und Künstlern ihren Unterhalt durch Anfertigung von Gratulationskarten; vielen, namentlich kleineren Druckereien erwächst durch Lieferung einfacher Karten für den Neujahrsgebrauch eine erfreuliche Einnahme. Wieviel arme Familien, Kolporteure und dergl. Leute gerade in der schwersten Winterzeit sich durch Kartenverkauf sozusagen über Wasser halten, dürfte Ihnen durch Ihre Thätigkeit wohl bekannt sein. Bei den Schreibwaarenhändlern und speciell bei den kleineren ist der Verkauf von Neujahrs- und Visitkarten, Couverts u. dergl. von Wichtigkeit, und diese Einnahme dient öfter dazu, früher eingegangenen Verbindlichkeiten gerecht zu werden. Falls besagte Ablösung immer weiter durchgeführt würde, könnte Ihr Verein wohl in die Lage kommen, mit einer Hand den zu unterstützen, den er mit der anderen durch Schmälerung seines Erwerbs zur Unterstützungs bedürftigkeit herabdrückt. Privatpersonen aber, denen das Versenden von Neujahrskarten unbequem oder unzweckmässig erscheint, können ja immerhin ihre Absicht, statt dessen ein Werk der Milde zu üben, bekannt geben. Aus den angeführten Gründen nun ersuchen wir Sie freundlichst, die von Ihnen eingeführte sogenannte Ablösung der Neujahrskarten wieder ein stellen zu wollen. Hochachtungsvoll der Vorstand des Vereins der Papier- und Schreibwaaren- Händler zu Frankfurt a. M. Hoeborns Papiermaschine. Im Jahrgang 1890, Seite 2030, meldeten wir, dass das kaiserliche Patentamt das im Jahrgang 1889, Seite 1120, beschriebene Patent Nr. 40 422 der Maschinenfabrik Heinrich Hoeborn & Co. in Hemer auf Antrag der Firma J. W. Erkens in Düren für nichtig erklärt habe. Gegen diese Entscheidung hat die beklagte Firma Berufung beim Reichsgericht eingelegt. Stoffverlust auf der Papiermaschine. Bei Anfertigung von Papierkalkulationen wird die Ausgiebigkeits frage gewöhnlich erfahrungsgemäss abgethan und ein gutes Ergeb niss meist der mehr oder weniger rationellen Einrichtung der Papier maschine selbst zugeschrieben. Das hierauf begründete Kalkulations verfahren hat sich im Laufe der Zeit eingebürgert und liefert für eine rohe Vorausberechnung genügend genaue Ergebnisse. Es beruht indessen streng genommen auf der etwas willkürlichen Annahme, dass der Einfluss der Stoffmischung im Holländer für die Menge des erzeugten Papiers belanglos sei, bezw. gegenüber dem gesammten Holländerinhalt vernachlässigt werden könne. Man glaubt also an nehmen zu dürfen, dass dem voll eingetragenen Holländer ein durch schnittlich feststehendes Papiererträgniss entspreche. Indessen hat die andere Frage, ob nicht auch das Verhältniss der Stoffmischung auf die Papiermenge von Einfluss sei, bezw. in Welcher Menge die verwendeten Halb- und Ersatzstoffe schliesslich im fertigen Papier enthalten sind, sicher eine gewisse Berechtigung. Die Frage nach Ausgiebigkeit bezieht sich gewöhnlich nur auf den Holländer und wird von Seiten der Fabrikanten gewöhnlich bis auf etwa 5 kg genau angegeben, während die Frage nach Ausgiebigkeit der einzelnen Halb- und Ersatzstoffe, also nach dem Verhältniss der qualitativen Holländermischung zum quantitativen Papiererträgniss nur mit Bezug auf Erdfarben und Füllstoffe, aber auch nur annähernd genau beantwortet wird. Diese letztere Frage kann zwar nicht allgemein, wohl aber für jede Klasse von Papiermaschinen einzeln untersucht werden, denn sie ist ihrer Natur nach in erster Linie wieder abhängig von der Einrichtung der betr. Maschine, dann aber auch von der Beschaffenheit des Holländereintrags. Welchen Einfluss verschiedenartige Stoffmischung auf das quan titative Papiererträgniss hat, soll an folgenden Versuchen gezeigt werden, deren Ergebnisse für den Ausfall einer scharfen Papierkalku lation von unverkennbarer Wichtigkeit sind. Der Vollständigkeit halber sei vorausgeschickt, dass die zu den Versuchen benutzte Papiermaschine eine gewöhnliche Langsieb maschine mit einem rotirenden Knoten- und Katzenfänger, System Wandel, und je einem am Knotenfänger und Sieb angeordneten Zeug fänger gewöhnlicher Art war, und zur Fabrikation von Tapetenpapier diente. Das erfahrungsmässige Ergebniss war etwa 120 kg gutes Papier auf einen Holländer. Zur Ausführung der Versuche wurden zunächst von den zur Verwendung kommenden Stoffen Proben entnommen und deren Trockengehalt bestimmt, indem dieselben in üblicher Weise nass ab gewogen, in einem geeigneten Apparat getrocknet und wieder abge wogen wurden. Zu diesem absolut trocken gedachten Gewicht wurden 12 pCt. für Luftfeuchtigkeit zugeschlagen. Nachdem so die Trockengehalte gegeben waren, wurden die Holländer der Reihe nach folgendermaassen eingetragen: I. Serie: H. Serie: 70 kg Hadern (heller Kattun) 50 kg Hadem (heller Kattun) 40 „ Zellstoff 90 „ Zellstoff 140 „ Holzstoff 110 „ Holzstoff zus. 250 kg zus. 250 kg III. Serie: 30 kg Hadern (heller Kattun) 150 „ Zellstoff 70 „ Holzstoff zus. 250 kg Inhalt. . Somit erhielten die Holländer je dieselbe Menge lufttrocken ge dachten Inhalts. Die Abwiegungen wurden mit einer genau aus- tarirten Dezimalwaage unter Beobachtung grösster Genauigkeit gemacht. Damit nun auch die Ergebnisse gleichwerthig genau ausfielen, wurde die Papiermaschine einer eingehenden Untersuchung unter zogen, die sich insbesondere auf den Zustand des Siebes bezog. Gleichzeitig wurden die Nassfilze gewechselt, und den Arbeitern wurde grösste Aufmerksamkeit eingeschärft. Zunächst wurde jetzt der An fang mit einer Stoffbütte gemacht, welche wie gewöhnlich ein getragen war. Nachdem damit die Papierbahn aufgeführt und die Maschine regelmässig im Gange war, wurden gleichzeitig die Stoff bütte und der Haspel gewechselt, so dass jetzt die Stoffbütte mit dem gewogenen Inhalt der I. Serie verarbeitet wurde. Ebenso wurde bei der H. und IH. Serie verfahren. Die 3 Proben gelangen voll ständig, ohne dass die Papierbahn einmal riss oder sonstige Störungen vorfielen. Wie schon früher, wurde auch jetzt die Beobachtung gemacht, dass sich bei der II. und noch auffallender bei der III. Serie, (mit grösserem Zellstoffgehalt) die Schaber der beiden Nasspresseri schneller füllten, als bei der I. Serie. Die Ergebnisse waren folgende: I. Serie. H. Serie. 227,15 kg gutes Papier 220,81 kg Papier 7,22 „ trockenerAusschuss*) 7,80 „ trockenerAusschuss*) 2,21 „ Zeugfang (getrocknet) 2,59 „ Zeugfang zus. 236,58 kg zus. 231,20 kg III. Serie. 212,91 kg gutes Papier 8,38 „ trockener Ausschuss*) 3,03 „ Zeugfangstoff (getrocknet) zus. 224,32 kg *) Längsabschnitte an den Rändern der Papierbahn.