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fabriken eintreten. Diese Erleichterung soll auf dem Wege des § 28, Absatz 5 des Unfallversicherungs - Gesetzes herbeigeführt werden, indem angenommen wird, dass die in diesem Absatz voraus gesetzte geringe Zahl von Unfällen insofern als vorhanden nachge wiesen ist, als die Statistik die geringe Anzahl von Unfällen bei der Stufe A allgemein zum Nachweis gebracht hat. 4. Die Delegirtenversammlung möge das ihr nach § 28, Absatz 5 zustehende Recht, Nachlässe zu bewilligen, für die Jahre 1890 und 1891 (Umlage der Jahre 1890 und 1891) auf den Genossenschafts- Vorstand übertragen, damit dieser die unter 3 beantragte Erleichterung der in Rede stehenden Papierfabriken von sich aus eintreten lassen kann. Die Anträge des Genossen Schafts-Vorstandes werden nach längerer Diskussion einstimmig angenommen. 4. Von verschiedenen Firmen ist der Genossenschafts-Vorstand ersucht worden, darauf hinzuwirken, dass die der Papiermacber-Be- rufsgenossenschaft entnommenen Lumpensortiranstalten derselben wieder zugewiesen werden. Der Genossenschafts-Vorstand hat sich bereits in seiner vorher gegangenen Sitzung darüber ausgesprochen, dass ein Einspruch gegen diese Entscheidung des Reichs- Versicherungs-Amts zwecklos erscheint, da das Reichs-Versicherungs-Amt in dieser Frage vollständig selb ständig ist und endgiltig zu entscheiden hat. Die Delegirtenversammlung schliesst sich dieser Ansicht an. 5. Laufende Verwaltungs-Angelegenheiten. Zu diesem Punkte der Tagesordnung hat sich niemand zum Wort gemeldet und da weitere Gegenstände zurBerathung nicht vorliegen, wird die Delegirten versammlung seitens des Herrn Vorsitzenden kurz nach 11/2 Uhr ge schlossen. Berichte unserer Korrespondenten. (Aus Kanada..) Montreal, Februar 1891. Die Leser der Papier-Zeitung werden vielleicht fragen, welche Stellung die Deutschen und das Deutschthum in Kanada einnehmen, weil ich in einem meiner früheren Briefe erwähnte, dass hier mehr Deutsch verstanden wird, als man gewöhnlich annimmt. Die Erklärung dieser Erscheinung ist ziemlich einfach. Hannover war früher mit England vereinigt, daher war seit 1763, zurZeit der Beendigung des siebenjährigen Krieges, eine starke Einwanderung aus Hannover nach Kanada gelichtet. Hiervon zeugt u. a. die Stadt Lunenburg in Neu-Schottland, nahe Halifax, einige von Deutschen betriebene Goldbergwerke usw. Dann kämpften von 1777—1783 deutsche Truppen im Solde Englands gegen die Vereinigten Staaten. In Montreal giebt es noch ein unverwischbares historisches Zeugniss, die German Street», frz. Rue des Allemands. Als die sogenannten Loyalisten die Staaten verliessen, 1784—90, um in Kanada sich anzusiedeln, waren auch viele Hannoveraner und Braunschweiger darunter, und seit 1820 folgte eine grosse Anzahl Württemberger. Aber da keine deutschen Schulen bestanden, war der Einfluss der Pfarrer und kleinen Kirchen gering, bis 1835 in Montreal die Deutsche Gesellschaft gegründet wurde, nach dem Vor bilde der New Yorker von 1783. Erster Präsident war der berühmte General von Steuben, ein Adjutant Friedrichs des Grossen. Dann folgte die Stiftung von Gesangvereinen in Montreal, Quebek, Toronto, Hamilton, den kanadischen Städten London und Berlin. Zur Zeit bestehen in Montreal der German Club »Teutonia', der Germanen- Bund, der deutsche Klub »Kosmos«, die Deutsche Gesellschaft, die Deutsche evangelisch-lutherische Kirchengemeinde, ja die Jesuiten halten an den hohen Festtagen sogar deutsche Predigten. Aber —, und das ist das Schlimmste, — wir haben keine deutsche Schule! In Ontario, wo 200 000 Deutsche leben, ist das besser. Im Senat und im Parlament sind die Deutschen würdig vertreten; Dr. Schultz ist Lieutenant-Governor von unserer Prairie-Provinz Manitoba. »Was hat das aber mit dem Papier-Geschäft zu thun?« könnte mancher fragen. — Direkt und indirekt sehr viel. Vor 10 Jahren konnte man für Geld und gute Worte schwerlich ein deutsches Buch in Montreal erhalten. Jetzt besteht eine aus 2000 Bänden bestehende deutsche freie Bibliothek in Montreal, die durch die Freigebigkeit der gebildeten Deutschen, namentlich der Herren Munderloh, Drechsel, Gnaedinger, Borgzinner, Thorning, Hecker usw. und des Engländers Molson, der allein 10000 Dollar gab, reich ausgestattet wurde und auch Sonntags geöffnet ist. Die Klubs und deutschen Wirthschaften müssen deutsche Konversations-Lexika, Liederbücher, Zeitschriften usw. halten, und deutsche Kartenwerke sind sehr begehrt. Aber am meisten profitirt der medicinische Verlag, Wien obenan; dann Berlin und Würzburg. Unsere kanadischen Universitäten, MeGile an der Spitze, sind nicht mit amerikanischen Colleges zu verwechseln, sondern sind Lehr anstalten nach streng englischem Vorbilde. Am meisten gesucht werden hier tüchtige deutsche Lithographen und Graveure (Bezahlung bis 30 Dollar die Woche) und Farben mischer für Papier-, Tapeten-, und Spielkarten-Fabriken usw. (Be zahlung 18—25 Dollar die Woche). Am 5. März beginnen die Neuwahlen zum Parlament, und man erwartet, dass die Regierung, obschon konservativ, die Einfuhrzölle herabsetzen wird. Z. Theure Chemikalien. Für die unter obiger Aufschrift in Nr. 15 gegebene Anregung werden alle Interessenten der Papier-Industrie nur Anerkennung ausdrücken können. Wenn Konventionen geschlossen werden, um Verkaufspreise, bei denen der Fabrikant keinen Nutzen mehr erzielt, oder welche gar Verlust bringen, auf eine normale Höhe zurück zu bringen, wie es in der Papier-Industrie schon vielfach mit verhältnissmässig geringem Erfolg versucht und durchgeführt worden ist, so wird sich billiger Weise kaum etwas dagegen einwenden lassen. Unbedingt verwerflich vom Standpunkt der Allgemeinheit jedoch erscheint es, wenn eine Industrie, die, wie die chemische, nach Ausweis der Abschlüsse fast sämmtlicher Deutscher Alkali-Aktiengesellschaften seit einer Reihe von Jahren glänzende Ergebnisse aufweist, durch offene oder versteckte Konventionen auf Kosten der verbrauchenden Gewerbe die Preise ihrer Er zeugnisse ganz äusser Verhältniss zu den Selbstkosten erhöhen will. Dass derartige Maassnahmen durch die hohen Einfuhrzölle wesentlich unterstützt, wenn nicht überhaupt ermöglicht werden, liegt nahe. Es erscheint deshalb am Platze, dass durch eine möglichst zahlreiche Betheiligung aus den Kreisen der Papier- und Zellstoff-Industrie an einer Petition an die gesetzgebenden Körperschaften wegen Beseitigung oder doch erheblicher Ver minderung der Soda- und Chlorkalk-Zölle der Versuch gemacht wird, den geschilderten Auswüchsen des Konventionswesens den Lebensfaden abzu schneiden. Ein auskömmlicher Nutzen ist jedem Gewerbe zu gönnen, doch muss gegen so ungerechtfertigte, gewaltsame Vertheuerungen durch Einzelne ent schieden Front gemacht werden. Str. Papier-Prüfung. In der kaiserlich russischen Expedition zur Anfertigung der Staatspapiere in St. Petersburg ist eine Reihe von Versuchen in An griff genommen worden, die sich auf die wichtigsten Fragen der Papierprüfung und deren Einwirkung auf die Papierfabrikation be ziehen. Der Direktor der genannten Anstalt, Herr Dr. R. Lenz, hatte die Güte, uns zunächst die nachstehende Arbeit über einen wichtigen, in früheren Jahrgängen der Papier-Zeitung mehrfach erörterten Punkt der Papierprüfung zugehen zu lassen und weitere Mittheilungen, je nach dem Fortschreiten der Versuche, in Aussicht zu stellen. * * * Mittheilungen aus der Expedition der Staatspapiere. 1. lieber die Abhängigkeit der Reisslänge des Papieres von der Dicke desselben. Von Dr. R. Lenz. Bei den vielfachen Papierprüfungen, die in letzter Zeit in der mir unterstellten Expedition zur Anfertigung von Staatspapieren für die kaiserlich russische Regierung ausgeführt worden sind, ist von Herrn Reszow, dem diese Art von Arbeiten obliegt, schon lange bemerkt worden, dass die Reisslänge des Papieres, berechnet nach der bekannten Gleichung: L — ^.A (L = Reisslänge, k = Reiss gewicht, p = Papiergewicht, A = Länge des Streifens) eine Funktion der Dicke des Papieres ist, so zwar, dass mit zunehmender Dicke die Reisslänge abnimmt. Da eine spezielle Untersuchung dieser Abhängigkeit uns nicht be kannt war, so wurde diese Frage eingehender studirt. Schon waren die Versuche zum Abschluss gelangt, als uns die Abhandlung des Herrn Herzberg aus den Mittheilungen der Königlichen technischen Versuchs anstalten (Papier-Zeitung, Jahrg. 1890, Seite 1057) bekannt wurde. Obgleich nun Herr Herzberg durch seine Versuche zum selben Schlüsse gelangt wie wir, so schien mir eine Mittheilung unserer Versuche doch nicht ohne Interesse zu sein, weil dieselben um fangreicher sind, auf einem reicheren und zuverlässigeren Materiale beruhen, und weil unsere Versuche den mit grosser Vorsicht von Herrn Herzberg als zu erwarten ausgesprochenen Schluss mit voller Evidenz bestätigen. Die Expedition zur Anfertigung russischer Staatspapiere fabrizirt das Papier in eigner Fabrik, bei sich zu Hause, und kann daher nicht nur in vollem Maasse für die Herstellung des Beobachtungsmaterials einstehen, sondern ist auch in der günstigen Lage, das zur Unter suchung bestimmte Papier in gewünschter Qualität herzustellen. Es konnte z. B. für die vorliegenden Versuche ohne Mühe Papier er halten werden, dessen Dicke im Verhältniss von 1 : 5 variirte, während dieses Verhältniss bei den Versuchen von Herzberg nur 1 : 1,3 und 1:3 war.