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278 PAPIER-ZEITUNG. No. 12. solcher Sektionen wird Sich unter den nachbarlichen Kollegen auch ein näherer geselliger Verkehr entwickeln, der den Vereinszwecken nur dienlich sein kann. Für einige Gegenden wurde die Bildung solcher Sektionen von anwesenden Mitgliedern bereits in Aus sicht gestellt. 5. Die vom Vorstande entworfenen Statuten für den sächsischen Holzschleifer-Verband wurden mit einigen wenigen Zusätzen ein stimmig angenommen. Dieselben werden nach erfolgtem Drucke den Mitgliedern zugesandt werden. 6. Die Besprechung der Geschäftslage wurde mit Verlesung mehrerer eingegangener Briefe eröffnet. Die Verhandlung darüber führte bald zu einer ausführlichen Aussprache über die verschiedenen Gebräuche beim Verkaufe der Hölzer in den Forsten, wobei hervor gehoben wurde, dass zum Vortheile der Forstverwaltungen sowohl, als auch der Holzschleifer angestrebt werden möchte, dass die Hölzer möglichst frisch geschlagen und in solcher Sortirung, wie sie dem Bedarfe der Holzschleifer entspricht, in angemessenen Zwischen räumen zum Verkauf oder zur Auktion kommen. Infolge der vorgerückten Zeit hatte sich die Versammlung be reits so gelichtet, dass die weiteren Verhandlungen nur noch ver traulicher Art waren. Schluss gegen 6 Uhr. Marmorir-Maschine. Zur Herstellung feiner Marmor-Papiere dient noch immer das alte, mühsame Verfahren, welches die Buchbinder bei Herstellung der Bücherschnitte anwenden. Ein rechteckiger, flacher Behälter, das sogenannte Marmorirbecken, wird einige cm hoch mit einer schleimi gen Abkochung von Caragheen-Moos oder Traganthlösung gefüllt, dann werden kleine Mengen verschiedener, mit Galle versetzter Wasserfarben in bestimmter Reihenfolge und wechselnder Vertheilung aufgetropft, mit Stiften oder Kämmen zu hübscher Musterung ver theilt und mit einem aufgelegten reinen Papierbogen vorsichtig abge hoben. Der Bogen wird darauf zum Trocknen hingelegt und zeigt, geschickte Hantirung vorausgesetzt, ein reizvolles farbenprächtiges Muster, wie es. auf keinem andern Wege, weder durch Malen, noch durch Walzendruck, Spritzen oder lithographischen Farbendruck er zielt werden könnte. Nach jedem Abzug muss das Auftropfen der Farbe und das Ordnen der Ringe und Tupfen durch Kämme usw. wiederholt werden. Das Verfahren ist somit sehr umständlich, und seine Erzeugnisse entsprechend theuer, doch konnte es bisher noch nicht durch mechanische Vorrichtungen ersetzt werden. Es ist gegen wärtig die einzige Technik der Buntpapier-Industrie, welche, abge sehen von den heut verfügbaren besseren Farben, noch auf derselben Stufe steht wie zu der Urgrossväter Zeiten. Wie aus den Meldungen amerikanischer Fachblätter hervorgeht, steht jedoch eine vollständige Umwälzung der Marmorirtechnik durch eine Marmorirmaschine vielleicht für nächste Zukunft bevor. Die Erfindung stammt aus dem amerikanischen Papierbezirk Holyoke und wurde von einem dort ansässigen Engländer, C. H. Bellamy, ausgearbeitet. Derselbe beschäftigt sich seit etwa drei Jahren mit der Aufgabe, eine mechanische Vorrichtung zum Marmoriren zu er sinnen und hatte bereits vor Jahresfrist eine Maschine gebaut, die annähernd dieselbe Thätigkeit ausübte wie ein Handmarmorirer. Das Papier wurde von einer Rolle zugeleitet, aber vor dem Herabsenken auf die Farbschicht in Bogen zerschnitten. Ueber dem Marmorirbecken angebrachte Farbe-Behälter tropften selbstthätig die erforderlichen Farbemengen auf bestimmte Stellen. Die Maschine arbeitete be friedigend, aber Bellamy begnügte sich noch nicht mit dem erzielten Ergebniss. Er arbeitete unablässig an der Uebertragung seines Systems auf Rollenpapier, und es gelang ihm, wie The Paper World« sagt, mit Unterstützung hilfreicher Freunde sein Ziel zu erreichen. In der neu errichteten Fabrik der C. H. Bellamy Marble Paper Company in Holyoke arbeiten bereits zwei »endlose« Marmorirmaschinen nach Bellamys. System. Die Mittheilungen über diese Maschinen in der uns vorliegenden Quelle »The Paper World« sind leider mangelhaft und bieten nur all gemeine Andeutungen. Aus denselben geht hervor, dass die Maschine 15 bis 18 Fuss lang ist, und dass sie Rollenpapier von beliebiger Breite verarbeitet, welches über einen grossen Behälter mit Marmorir- flüssigkeit geführt und mit dessen Oberfläche in Berührung gebracht wird. Tropfgefässe lassen die verschiedenen Farben herabfallen, welche theils durch mechanisch bewegte Kämme, theils durch Pressluft, die aus feinen Röhrchen strömt, vertheilt und zu interessanten Figuren durcheinander geschoben werden. Durch Verstellung der Tropfgefässe, Anwendung verschiedener Farben und Regelung der Bewegungs mechanismen sollen sich alle Muster herstellen lassen, welche beim Handmarmoriren erzielt werden. Die Bellamy Marble Comp. hat angeblich schon eine grosse Menge von Mustern fertiggestellt. Die selben sollen noch nicht in allen Punkten den mit der Hand her ¬ gestellten ebenbürtig sein, doch hofft der Erfinder, der an der Vervollkommnung seiner Maschine noch fortgesetzt arbeitet, diese Mängel beseitigen zu können. Obgleich das Papier sehr sanft über die Marm orirflüssigkeit ge führt wird, soll die Maschine doch eine Tagesleistung von etwa 5000 Fuss liefern, also etwa die Arbeit von 60 (?) geübten Mar- morirern. Die Maschine ist, wie wir hören, auch in Deutschland zum Patent angemeldet, und wir hoffen die vorstehenden dürftigen Mit theilungen bald durch ausführliche Beschreibung nach der Patent schrift ergänzen zu können. Wir werden uns auch bemühen, Proben dieser Marmorpapiere zu erhalten und später darüber berichten. Mitscherlich’s Patentprozesse. Mitgetheilt vom Rechtsanwalt Dr. Schall in Stuttgart. Dem Schöpfer der Sulfitzellstoff-Industrie ist äusser den Pro zessen mit den Käufern seines Verfahrens, deren bisheriger wider spruchsvoller Verlauf in Nrn. 66 und 67 des Jahrgangs 1888 der Papier-Zeitung dargestellt ist, auch noch eine Reihe von Prozessen über den Anspruch II des Patentes Nr. 4179, welcher die Herstellung der Sulfitlauge zum Gegenstand hat, beschieden worden. Da diese Prozesse jetzt fast alle beendigt sind, und es ohne Zweifel für weitere Kreise der Fachwelt von Interesse ist, auch über Verlauf und Ergebniss dieser Prozesse Näheres zu erfahren, so soll im Folgenden darüber berichtet werden. Als Professor Mitscherlich seine Versuche mit der Aufschliessung des Holzes durch schweflige Säure machte, war keine Methode be kannt, welche die fabrikmässige Herstellung grösserer Mengen einer hinreichend starken Lösung von schwefliger Säure in Wasser ermög licht hätte. In der Hauptsache bestand das damals bekannte, vorzugs weise im Laboratorium geübte Verfahren darin, dass man möglichst konzentrirtes Schwefligsäuregas durch Wasser streichen liess, in welchem gebrannter Kalk angerührt war. Dabei musste, um eine nur etwas konzentrirte Lösung zu gewinnen, die Herstellung der schwefligen Säure durch Reduktion der Schwefelsäure mit Kupfer oder Kohle erfolgen. Professor Mitscherlich hat das Problem, die erforderlichen grossen Mengen einer Lösung von doppeltschwefligsaurem Kalk fabrikmässig herzustellen, in verschiedener Weise zu lösen versucht. Zuerst hat auch er die schweflige Säure durch Reduktion der Schwefelsäure her gestellt und das so gewonnene konzentrirte Gas auf Kalkmilch ein wirken lassen. Dann ging er über zu Versuchen, das durch Ver brennen von Schwefel erzeugte sehr verdünnte Schwefligsäuregas nutzbar zu machen, indem er es auf gepulverten kohlensauren Kalk in Wasser einwirken liess. Ein weiteres Stadium der Versuche be stand darin, dass zunächst schwefligsaurer Kalk hergestellt wurde, indem über zerfallenen gelöschten Kalk, welcher in waagerecht he genden rotirenden Tonnen sich befand, schweflige Säure geleitet, der schwefligsaure Kalk mit Wasser angerührt und Salzsäure zugesetzt wurde. Aber alle diese Methoden erwiesen sich als ungenügend, um die Lösung in der nöthigen Menge herzustellen. Professor Mitscherlich ging daher zu der Anwendung senkrechter Tonnen über, in welchen er ganze Stücke von kohlensaurem Kalk und Wasser der Einwirkung von schwefliger Säure aussetzte. Die so gewonnene Flüssigkeit war aber viel zu schwach und musste sehr oft dem nämlichen Prozess unterworfen werden, um die nöthige Konzentration zu erlangen. Dies führte zuletzt auf die Anwendung des Gegenstromprinzips in auf einandergestellten Tonnen, in welchen Stücke von kohlensaurem Kalk der gleichzeitigen systematischen Einwirkung von Wasser und schwef liger Säure in der Weise ausgesetzt wurden, dass beim Eintritt des Wassers die an schwefliger Säure armen Gase und am anderen Ende die an schwefliger Säure reichen Gase mit der durch den Prozess gewonnenen Lösung Zusammentreffen. Mit diesem Tonnen-System war nun endlich das Prinzip ge funden, welches dem jetzt allgemein bekannten Mitscherlich’ sehen Absorptionsthurm zu Grunde liegt, und während noch im Jahre 1881 1 Kubikmeter Lösung von doppeltschwefligsaurem Kalk von 8° Be im Handel 250 M. kostete, war es durch das beschriebene Verfahren möglich, 1 Kubikmeter von 6" Be für etwa 2 M. 25 Pf. herzustellen. Professor Mitscherlich hat sein Verfahren zur Herstellung von doppeltschwefligsaurem Kalk gleichzeitig mit seiner Erfindung der Bereitung von Sulfit-Zellstoff zum Patent angemeldet und hat auch das Patent erhalten. Würde die Anmeldung heute geschehen, so wäre wahrscheinlich eine Theilung der Anmeldung verfügt und ein selbständiges Patent auf die Bereitung der Lösung ertheilt worden. Im Jahre 1879 aber, in den Anfängen des deutschen Patentrechts, erfolgte die Patentirung in der Weise, dass ein selbständiger Patentanspruch in einem von Professor Mitscherlich nachgesuchten Zusatzpatent Nr. 4179 gewährt