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hinsichtlich des priv. Prüfungsverfahrens nicht nur die Untersuchung der Flüssigkeitsprobe nach Patent-An Spruch 5, sondern auch der in Patent- Anspruch 7 enthaltene Prüfungsapparat für die Gase schon vor dem 19. Juni 1883 in Anwendung. Es musste also äusser dem ohnehin schon hinfällig gewordenen Patent-Ansprüche 5 auch der Patent-Anspruch 7, und zwar dieser wegen Mangels der Neuheit als nichtig erklärt werden. Es würde daher nach dem Fallen der Patent-Ansprüche 1, 2, 3, 4, 5 und 7 nur mehr der Patentanspruch 6 aufrecht bestanden haben. Allein, da derselbe nach dem Ausspruche der Sachverständigen rein theoretischer Natur ist und den Charakter eines wissenschaftlichen Satzes trägt, so ist derselbe im Sinne der Bestimmungen des § 5 des Privilegien- gesetzes für sich allein nicht geeignet, den Gegenstand eines selbständigen Privilegiums oder auch nur eines Verbesserungs-Privilegiums zu bilden, und musste daher im Grunde der Bestimmungen des § 29 1 a des Priv.- Ges. aufgehoben werden. Sonach war die Nichtigkeit des angefochtenen Privilegiums seinem Gesammtinhalte nach auszusprechen. Hierdurch erscheint die weitere, übrigens nicht gerechtfertigte kläge rische Behauptung, dass das angefochtene Privilegium seit 1883 niemals im Inlande zur Ausübung gelangte, gegenstandslos. Die Verfällung des Geklagten in den Kostenersatz gründete sich auf dessen gänzliche Sachfälligkeit. Wien, am 6. Dezember 1890. Für den k. k. Handels-Minister. (Unleserlicher Name.) Gewebe aus Zellstofffasern. Wie wir in Nr. 98 vorigen Jahrgangs meldeten, hat der Verein zur Beförderung des Gewerbfleisses in Berlin folgende Preisaufgabe gestellt: 3000 Mark und die goldene Medaille für ein Verfahren zur Herstellung von Gespinnsten und Geweben aus Zellstofffasern — sog. Cellulose — welche mittels des Sulfitcelluloseprozesses oder ähnlich wirkender Methoden aus inländischen Hölzern gewonnen werden. Die Verarbeitung des Zellstoffes soll möglichst in reinem Zustande, keinesfalls aber mit einem Zusatz von mehr als 50 pCt. anderer Gespinnstfasern erfolgen. Wegen der Wichtigkeit dieses auch für die Papier-Industrie interessanten Gegenstandes geben wir nachstehend die in der Sitzung des Vereins vom 1. Dezember v.J. von Herrn Di’. Frank vorgetragene Be gründung und den darauf folgenden Meinungsaustausch nach der Vereinszeitschrift wieder. Dr. Frank: Während Deutschland durch die Ansammlung der aus einheimischen Waldbäumen, meist Fichtenhölzern, gewoimenen Zellstoffe für seine Papierfabrikation nicht allein vom Ausland unab hängig geworden, sondern in die erste Reihe der Papierhalbstoffe und fertige Papiere exportirenden Länder gerückt ist, bleibt es, ebenso wie die anderen europäischen Industriestaaten, betreffs der für Ge- spinnste und Gewebe brauchbaren vegetabilischen Faserstoffe bisher in dauernder Abhängigkeit von den überseeischen Ländern, welche die zur Zeit für Massenfabrikation hauptsächlich benutzten Textil fasern: Baumwolle und Jute, liefern. Die aus unseren heimischen, reichlich vorhandenen Fichtenhölzern gewonnenen Faserstoffe sind in chemischer Beziehung, sowie in Betreff ihrer Festigkeit, Reinheit und Weisse der Baumwolle durchaus gleich werthig. Die im Verhältniss zur Baumwollfaser geringere Länge der einzelnen Zehen bietet beim Verspinnen bisher noch Schwierig keiten, die jedoch nicht unüberwindlich erscheinen. Zunächst wird es schon ein wichtiger Erfolg sein, wenn es ge lingt, den Fichtenholzzellstoff im Gemisch mit anderen langstapligeren Gespinnstfasern für textile Zwecke in ähnlicher Weise nutzbar zu machen, wie es mit Kunstwolle — Shoddy — bei Herstellung von wollenen und halbwollenen Fabrikaten jetzt geschieht, und hierauf ist auch in der Preisaufgabe ein Hinweis gegeben. Was den Kostenpunkt betrifft, so stellt sich schon jetzt reinste Fichtenzellstofffaser bedeutend niedriger, als die geringste rohe Baumwolle. Für den Hauptrohstoff der Zellstofffabrikation, unsere heimische Fichte, sind die klimatischen und Bodenverhältnisse Deutschlands und Oesterreichs besonders günstig, so dass, trotz Ausbreitung der Zellstoffindustrie auf andere nordische Länder, die deutschen Zellstoffe in der Papierfabrikation überall den Vorzug geniessen. Dieser Qualitätsunterschied wird bei Verwendung in der Textilindustrie noch mehr zur Geltung gelangen. Ich habe diesen Motiven nur noch Folgendes zuzufügen: Wenn auch die Schwierigkeiten, die einer textilen Verwendung des sehr kurzstapeligen Holzzellstoffes entgegenstehen, ziemlich gross sind, so erscheint die Aufgabe, ihn als Spinnfaser zu verwerthen, doch nicht unlösbar, wenn man in Betracht zieht, dass auch die Verarbeitung der kurzstapeligen ostindischen Baumwollen auf den früher nur für amerikanische Baumwolle eingerichteten Spinnmaschinen durchgeführt werden musste, als durch den amerikanischen Bürgerkrieg die Baum wollzufuhr aus den Südstaaten abgeschnitten war. Die Zelle der amerikanischen Baumwolle ist dreimal so lang, als die der ostindischen, und letztere hat wieder die dreifache Länge der Fichtenholzzelle. Dass sich letztere trotz ihrer glatten, ungekräuselten Form verfilzen lässt, sehen wir bei der Papierfabrikation, und man wird durch geeignete chemische Behandlung die spätere mechanische Verarbeitung auf geeignet konstruirten Spinnmaschinen noch vorbereiten können. Vorsitzender: Ich eröffne die Diskussion. W. Wedding: Ich habe Bedenken gegen die Stellung dieser Preisaufgabe. Wir wissen Alle, welche Schädigung die Papierindustrie durch die Einführung von Holzstoff in das Papier bereits erlitten hat, und ich fürchte, dass wir einen Schritt zur Verschlechterung auch der Textilindustrie und nicht zur Förderung des gewerblichen Wohles thun würden, wenn wir den Versuch unterstützten, Holzzellstoffe als Zusatz zu Textilfasern einzuführen. Ich würde nichts gegen eine Aufgabe haben, welche den Versuch anregte, aus einheimischen Hölzern überhaupt Textilfasern herzustellen, aber geradezu eine Belohnung auf die künstliche Beimischung von Holzstoff, d. h. kurz gemahlenem, brüchigem Stoff zu Textilfasern zu setzen, halte ich für etwas be denklich. Ich möchte eine solche Beimischung auf gleiche Stufe mit der in der Seidenindustrie bekannten Beschwerung durch Zusatz unter geordneter Stoffe von manchmal mehr als 100 pCt. des ursprünglichen Gewichtes stellen. Geh. Ober-Reg.-Rath Bienek: Ich möchte mich gegen die An nahme des Herrn Vorredners wenden, dass die Einführung der Holzfaser in der Papierfabrikation als ein Nachtheil bezeichnet werden müsse. Wir haben damit im Gegentheil ein Material gewonnen für Papiere, die einem vorübergehenden Zwecke dienen, die wir sonst garnicht bezahlen könnten; z. B. für Zählkarten, für Packpapiere, für Papiere, die zum Einwickeln benutzt werden usw. giebt der Holzstoff ein geradezu unersetzliches Material. Im übrigen stehe ich dem Gegenstände, der von dem Herrn Vortragenden als neue Preisaufgabe empfohlen wird, nicht so nahe; aber ich sollte glauben, wenn wir diese Be strebung unterstützen und zum Ziele führen, so hätten wir für Deutschland einen hochwerthigen Triumph erreicht, indem wir auch der Baumwollfaser gegenüber mit unserem Holz in Wettbewerb treten könnten. Dr. Kronberg: Der Stellung dieser Preisaufgabe steht ein deutsches Patent entgegen: Nr. 39 620, Klasse 29, S. Wolf in Wangen im Allgäu, Verfahren zur Herstellung langer, verspinnbarer und bleichfähiger Cellulosefasern aus Holz, vom 6. August 1886; Patent schrift ausgegeben am 5. Mai 1887. Soviel mir bekannt, ist das Produkt dieser Erfindung zwar noch nicht auf den Markt gekommen, allein der Erfinder hat es ganz ausführlich beschrieben. Ich weiss nicht, wie derjenige, der diese Preisaufgabe lösen will, sich dem gegenüber verhalten soll. Wenn die Lösung eines Problems schon durch ein Patent bekannt ist, kann dasselbe doch nicht mehr ein Anderer lösen, mindestens aber müsste in der Preisaufgabe auf dies Patent Bezug genommen werden. Nach dem Patent soll das Holz mit Maschinen, ähnlich den Maschinen der Spinnereien behandelt und hierdurch ein Stoff erhalten werden, welcher den natürlichen Gewebe- Faserstoffen nicht nachsteht. Nach meiner Ansicht können wir daher die Preisaufgabe in dem vorgeschlagenen Wortlaut überhaupt nicht stellen. Dr. Frank: Auf die beiden ersten Einwürfe, speziell die des Herrn Wedding, erwidere ich, dass die Herren von irrthümlichen Voraussetzungen ausgehen. Um den durch mechanische Zerkleinerung — Schleifen — hergestellten Holzstoff handelt es sich liier überhaupt nicht; dieser findet auch bei der Papierfabrikation nur als Füllstoff Verwendung. Im Gegensatz zu diesem »gemahlenen Holze« besteht der auf chemischem Wege hergestellte Zellstoff aus den freigelegten Zellenfasern, welche einen vollkommenen Ersatz für reinste, gebleichte leinene und baumwollene Lumpen bilden, da sie wie diese aus der von Inkrusten befreiten, reinen Cellulose bestehen. Die Zulassung der Zellstoffe für Fabrikation von Papieren I. Klasse, bei welchen Holzstoff absolut ausgeschlossen ist, hat deshalb auch schon die amt lichen Papierprüfungsstationen beschäftigt. Es handelt sich also nicht, wie Herr Wedding glaubt, um ein neus Appretur- oder Beschwerungsmittel, sondern um einen zur Bildung des Körpers der Gewebe verwendbaren wirklichen Faserstoff, dem neben Leinen, Baumwolle und Jute eine textile Anwendung und Nutzung geschaffen werden soll. Ebensowenig kann ich die von dem letzten Herrn Redner gegen die Stellung der Preisaufgabe erhobenen Bedenken als zutreffend anerkennen. Bereits anfangs 1888 hatte ich in einem liier gehaltenen und in unserer Zeitschrift veröffentlichten Vortrage auf die Verwendung der Holzzellstoffe für Gespinnste und Gewebe hingewiesen. Dem Technischen Ausschuss war es nicht unbekannt, dass seitdem Ver suche in dieser Richtung gemacht und Patente genommen sind, aber gerade die Mangelhaftigkeit der bisher erzielten Resultate war für uns bestimmend, neue Anregung hierfür zu geben, denn was bis her vorliegt, ist kein aus absolut reinem Holzzellstoff hergestellter, gesponnener Faden, sondern ein durch Kochen und theilweise Schälung