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150 PAPIER-ZEITUNG. No. 7. Laufburschen zu einem Papierhändler gekommen. Dort hat sich der Laufbursche in einer langen Reihe von Jahren durch Intelligenz, durch lautere und leider viel öfter durch unlautere Mittel zum Be sitzer oder zum dicht daneben sitzenden Konkurrenten heraufgearbeitet. Seine vom Dorf mitgebrachte Bildung hat er so weit vervollkommnet, dass er seinen Namen schreiben und die Zeitung lesen kann. Diese letztere Beschäftigung füllt, neben Theetrinken, den grössten Theil seines Tages aus. Um einigen guten Freunden nicht zu nahe zu treten, will ich ausdrücklich bemerken, dass ich von der grossen Menge spreche, während sich namentlich unter der jüngeren Genera tion doch schon recht viele befinden, die eine gute Bildung genossen haben und sich vom alten Stamm vortheilhaft abheben. Der russische Händler geht von dem eigenthümlichen Grundsätze aus, dass der Ge winn mehr vom Lieferanten, als vom Käufer erpresst werden muss. Sinnloses Schleudern mit den Preisen, um dem Konkurrenten einen Käufer abzujagen, findet man oft, und ebenso ist energisches, ein- müthiges Handeln den Fabrikanten gegenüber unbedingt sicher. Für den im Fach Ergrauten ist es spasshaft anzusehen, wie jeder neue Fabrikant, der an den Markt kommt, in einer Weise ein- gegrault wird, dass man meinen sollte, es hätte vorher eine Ver sammlung der Herren Händler stattgefunden, oder die Preise gerade für dies Fabrikat wären plötzlich um 30 % gesunken. Der arme Neuling, der diesen Kniffen nicht gewachsen ist, wird gezwungen, sich in die Hände der Händler zu begeben und ist in wenigen Jahren unrettbar verloren. Die Zahl der in Russland durch Papierhändler zu Grunde gerichteten Fabrikanten ist gross, sehr gross, und noch ganz kürzlich haben wir es wieder erlebt, dass eine bedeutende Fabrik, die Jahre lang mit einem Händler gearbeitet hatte, als sie sich von dessen zu starken Ansprüchen befreien wollte, dem Sturz nahe war und sich gezwungen sah, unter Administration zu treten. Die grossen, gut fundirten Fabriken hier zu Lande thun selbst verständlich ihr Möglichstes, um sich von den Kaufleuten unabhängig zu stellen. Sie erreichen dies dadurch, dass sie nach Kräften direkt mit den Verbrauchern arbeiten und zu diesem Zweck Lager in den Reihen der Handelshöfe hier und in Moskau unmittelbar neben Papier- händlern einrichten. Eine der grossen Fabriken des Südens ist sogar so weit gegangen, dass sie in einer Anzahl grösserer Städte vollständige Magazine eröffnet hat, in denen sie neben den eigenen Erzeugnissen auch alle Artikel des Schreibwaarenfaches führt. Man sollte nun meinen, dass sämmtliche Händler gegen die Fabrikanten, die gleich zeitig ihre Konkurrenten und Lieferanten sein wollen, Front machen und nichts von ihnen kaufen. Dies ist jedoch garnicht der Fall. Ich habe gerade im Gegentheil oft beobachtet, dass, wenn diese Grossen nur in den Preisen mit den Kleinen übereinstimmen, jene trotz Kon kurrenz, immer den Vorzug geniessen. Im Innern des Reichs liegt der Grund hierfür wohl mit darin, dass der Umschlag bei Schreibpapieren noch eine sehr grosse Rolle spielt, und der Händler dadurch gezwungen ist, gewisse Sorten mit Firma der Fabrik zu führen. Ich habe nament lich in kleinen Städten selbst gehört, wie Käufer nicht eine Gattung Schreibpapier, sondern direkt so und so viel Ries Papier mit Nennung, der Fabrik und unter Fortlassung des Wortes »Schreib-« verlangten. Während in Petersburg nur selten Schreipapiere mit Firma im Handel sind, muss für’s Inland nicht nur alles mit Etiquette verpackt, sondern vielfach in Lagen gestempelt werden. Man findet dort auch noch Hefte, Bücher, ja selbst Drucksachen aus solchen mit Nummer und Firma gestempelten Papieren. Der Grosshandel in Schreibwaaren, die bis auf wenige grössere Artikel nach wie vor aus dem Auslande bezogen werden, befindet sich fast ausschliesslich in den Händen einiger deutschen Firmen, und es scheint mir, als wenn in den letzten Jahren die von deutschen Fabriken vielfach gemachten Versuche, direkt mit den Russen zu arbeiten, mehr und mehl' aufgegeben worden sind. Die Zahl der Kleinhandlungen mit Schulbedarf und Schreibwaaren ist hier, sowie in Moskau und im Innern ungeheuer gross, wahrscheinlich nicht kleiner als in andern Ländern, im Verhältniss zum Bedarf vermuthlich sogar viel grösser. Die meisten kleinen Geschäfte dieser Art sind gleichzeitig Tabak-Handlungen, wie überhaupt hier Papier und Tabak (Papyros usw.) Hand in Hand gehen. Dies hat seinen Grund theils in der Eigenthümlichkeit des russischen Tabak- und Papyros- (Cigaretten-) Geschäfts, welches, trotzdem es nicht Monopol ist, doch ganz von dem anderer Länder abweicht, theils auch darin, dass diese Industrie mit den grössten Papier-Verbrauch hat. Die Inhaber dieser Kleinhandlungen, die nur in den seltensten Fällen ausschliesslich Papier usw. führen, setzen sich aus den allerverschiedensten Kreisen zusammen und sind nur ganz ausnahmsweise Fachleute. Sie leiden hier alle noch mehr, als es wohl je in Deutschland der Fall gewesen, unter dem Handel der Lehrer, Inspektoren, Pedelle usw. mit Schreib bedarf. So klagte mir noch kürzlich der Inhaber einer guten Hand lung, dass seine Söhne schlechte Schreibwaaren für theuere Preise beim Lehrer nehmen müssten, während seine wirklich gute Waare verboten sei. Dieselbe Klage wird von allen Seiten immer lauter und dringender erhoben, und doch rührt sich keine Hand, um auch nur einen Versuch zur Abhilfe zu machen. An eine Vereinigung der Händler, wie sie in Deutschland die besten Erfolge gehabt hat, ist hier eben so wenig wie an eine Vereinigung der Fabrikanten zu denken. n. Metalltücher. Da heutzutage die meisten Papierfabriken, wenigstens solche, welche Mittelsorten oder auch nur bessere Pack- und Zellstoff papiere fertigen, mit sehr raschem Gange arbeiten müssen, bedürfen sie guter, dauerhafter Metalltücher. Werden viele dünne Papiere angefertigt, so muss man vor allem sein Augenmerk darauf richten, dass die Naht nicht zu dick und unbeholfen gemacht ist, weil sich sonst auf derselben eine zerdrückte schwache Stelle im Papier bildet, die unter Umständen viel Ausschuss und Störung durch Abreissen an der Gautschpresse verursachen kann. Man mache deshalb bei Be stellung von Sieben zur Bedingung, dass die Naht sich nicht ver drücken bezw. sich nicht zu stark in dünnen Papieren abzeichnen darf. Jede Metalltuchfabrik kann diesem Uebelstand sehr leicht dadurch abhelfen, dass sie die Naht etwas breiter als gewöhnlich, aber mit dünnem und hauptsächlich festem dauerhaftem Draht macht. Zur wesentlichen Schonung der Metalltücher trägt ein haltbar angefertigter Gummi-Ueberzug der unteren Gautschwalze bei. Die An schaffungskosten dieses Ueberzuges sind wohl ziemlich bedeutend, gleichen sich aber aus durch die vollständige Ersparung des unteren Schlauchs und dessen zeitraubendes Wechseln und Aufziehen. Bei einer Länge der Gautschwalze von 160—170 cm, einem Durchmesser von 35—40 cm und einer Gummi-Dicke (Mantel) von 8 bis 9 mm belaufen sich die Kosten eines Gummi-Ueberzuges auf etwa 450 M. bis 500 M. Auch hier sollte man niemals versäumen, sich das Fest sitzen des Gummi-Mantels und mindestens zweijährige Dauer garantiren zu lassen. Sehr zu empfehlen sind stets, für Mittelpapiere ganz besonders, die drillirten oder gezwirnten Metalltücher, welche jetzt von fast allen Siebfabriken geliefert werden. Dieselben kosten zwar mehr als die einfachen, wiegen aber durch die längere Dauer den höheren Preis nicht nur vollständig auf, sondern sind auch sonst vortheilhafter, be sonders wo viel gebleichter Zellstoff oder Strohstoff verarbeitet wird. Drillirte Siebe legen sich ebensogut auf den Sauger wie einfache Tücher und sind an den Rändern viel solider, so dass sie bei einem leichten Anlaufen des Tuches nicht so sehr Noth leiden und schon eher einmal eine kleine Nachlässigkeit des Maschinenführers aushalten können. Derartige Fehler sollen allerdings nicht vorkommen, lassen sich aber hier und da einmal nicht vermeiden. Wo viel gebleichte Cellulose verarbeitet wird, sind Metalltücher von Phosphor-Bronze ent schieden zu empfehlen, da sie grosse Widerstandsfähigkeit gegen Chlor und Säuren besitzen. Zur Bedeckung der Saugerwände sind den angepriesenen Gummi leisten immer noch Streifen von dünnem, festem Sohlenleder (Kern) vorzuziehen, nur müssen diese mit Holz stiften aufgenagelt und schön gerade abgerichtet werden, was sich um so leichter bewerkstelligen lässt, als sich die so befestigten Lederstreifen hobeln lassen. Derartige Lederleisten haben oft eine Dauer von einem halben bis dreiviertel Jahr bei Tag- und Nachtarbeit. Schliesslich sei noch erwähnt, dass sich für langfaserig gemahlene oder splitterige Stoffe drillirte Tücher ebenfalls sehr gut eignen, weil jene für Eindrücke von Zellstoffsplittern (selbstredend bei Anfertigung von Packpapieren) nicht zu empfindlich sind. O. Eigenschaften der Papiere. In dem Aufsatz »Eigenschaften der Papiere« in Nrn. 2 und 4 finde ich unter manchem Beachtenswerthen eine Behauptung, die mindestens sehr anfechtbar ist. Es heisst nämlich darin: »Zu grosse Mengen Ausschuss und Erde machen das Papier lappig, und um diese Stoffe untereinander zu verbinden, wird der zugetheilte feste Stoff in der Faser etwas länger gehalten. Diese legt sich auf dem Siebe auf die Oberfläche des Papiers und bleibt, wenn das Papier mangel haft satinirt ist, beim Schreiben leicht in der Feder sitzen.« In dieser Allgemeinheit ausgedrückt, müsste jedes Papier, in dem feste Stoffe geringwerthigeren beigemengt sind, die lästige Erscheinung des Fasern-Ziehens bieten, was aber nicht der Fall ist. Auch wird selten Jemand bei dem heutigen Ueberwuchern von Holzschliff ein billiges Schreibpapier aus viel Ausschuss und Erde mit dem nöthigen Zusatz von festen Stoffen zusammenzaubern, sondern das Rezept heisst einfach ... pCt. Holz und . . . pCt. Zellstoff mit Ausschuss nach vor handenem Vorrath. Würde man festen Stoff in Form von Leinen- oder Hanffasern zusetzen, so bestreite ich, dass dann ein Faserziehen bemerkbar wäre, wenigstens ist mir dies in meiner ziemlich langjährigen Praxis nie mals vorgekommen. Würde man den langen festen Stoff in Form von