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No. 1. PAPIER-ZEITUNG. 3 Prüfung von Farbstoffen für Papierfabrikation. Die Zahl der bei der Färbung im Holländer oder beim Auf streichen der Farbe auf das fertige Papier verwendeten Farbstoffe ist sehr gross, eine erschöpfende Behandlung dieses Gegenstandes daher schwierig. Ich glaube aber doch, dass es möglich ist, wenigstens die wichtigsten der heute zur Verwendung kommenden Farben über sichtlich zusammenzustellen und für einfache qualitative Unter suchung derselben genügende Anleitung zu geben. Dieselbe ist selbstverständlich nur für reine und einfache Farben berechnet; falls gemischte Farben vorhanden sind, ist die Behandlung schwieriger. Oft werden aus Theer- oder Mineralfarben, oder aus beiden Sorten Gemische hergestellt, und nicht selten finden Verfälschungen von Farben im grossen Maassstabe statt. Zum Zwecke der Farbenab stufung oder »Nüancirung« werden den Mineralfarben auch manch mal Theerfarben zugesetzt, und die in allen diesen Fällen noth wendige quantitative Untersuchung kann dann selbstverständlich nur von einem mit der nöthigen Vorbildung ausgerüsteten Chemiker vorgenommen werden. Da aber die für eine qualitative Untersuchung nöthigen Anleitungen in verschiedenen Büchern und Veröffentlichungen (ich nenne hier nur Rudolf von Wagner, Dr. Stanislaus Mierzinsky, Dr. Muth, Dr. Otto Witt u. a.) verstreut sind, so glaubte ich, dass eine übersichtliche Zusammenstellung in einfacher, leichtverständlicher Form nicht ohne Werth für die Leser der Papier-Zeitung sein dürfte. (Siehe Briefkasten in Nr. 85 v. J.) Die zur Verwendung kommenden Farbstoffe, gleichviel ob das Papier in der Buntpapierfabrik mit der Farbe erst bestrichen, oder ob der Stoff in der Papierfabrik im Holländer oder in der Bütte gefärbt wird, zerfallen in zwei grosse Gruppen, nämlich 1) in Farb stoffe anorganischen und 2) in solche organischen Ursprungs. Zur Unterscheidung dieser beiden Gruppen genügt es, voraus gesetzt, dass die Farbe vollkommen rein ist, in den weitaus meisten Fällen, dass man eine geringe Menge auf einem Stückchen Blech (am besten Platin) unmittelbar über einer Weingeistflamme erhitzt. Die organischen Farben schwärzen sich zuerst in Folge der Erhitzung, d. h. sie verkohlen, und verbrennen dann, je nach dem Grade ihrer Reinheit, mehr oder weniger vollständig. Unverfälschte organische Farbstoffe, die keinen anorganischen Körper als wesentlichen Be- standtheil enthalten, werden fast keinen Rückstand auf dem Blech zurücklassen. Im Gegensatz hierzu werden die anorganischen Farb stoffe bloss erglühen, in manchen Fällen vielleicht auch ihren Ton ändern, aber zum grössten Theil auf dem Bleche Zurückbleiben. Eine leichte Unterscheidungsart löslicher Farbstoffe in Gemengen, wie sie sehr häufig im Handel unter einheitlichem Namen vorkommen, ist folgende: Von einem solchen mechanisch hergestellten Gemenge, beispielsweise Grün oder Orange, streut man eine kleine Probe auf ein Stück Fliesspapier und befeuchtet das letztere sodann mit Wasser oder Alkohol, je nachdem, welches Lösungsmittel die Farben besser aufzunehmen im Stande ist. Hierbei lösen sich die einzelnen Theilchen des Pulvers auf, und die entstehende Lösung wird vom Filtrirpapier aufgesaugt. Es bilden sich strahlige und wellige Zeichnungen auf dem Papier, welche, falls die Probe einheitlicher Natur war, alle von einer und derselben Farbe sind. Hat man jedoch ein Gemisch vor sich, so fliessen die verschiedenen Farbstofftheilchen, und zwar jedes mit seiner ihm eigenen Farbe, auf dem Papiere aus, und dasselbe erscheint oft in schönster Weise je nach der Mischung zwei- oder mehrfach gezeichnet. Noch etwas deutlicher kann man diese Erscheinung sehen, wenn man das Papier gegen das Licht hält, und es ist dadurch sogar möglich, beiläufige Schlüsse auf die Mengenverhältnisse der einzelnen zugesetzten Farb stoffe zu ziehen. Auch die »auf Nüance gestellten« Farbstoffe kann man auf diese Weise prüfen, indem man neben der Hauptfarbe leicht denjenigen Stoff, welcher die Abtönung hervorbringt, auf dem weissen Fliesspapier erkennt. Indem ich nun zur näheren Betrachtung der einzelnen Farbstoffe übergehe, will ich dieselbe in nachstehender Reihenfolge vornehmen: I. Anorganische oder Mineralfarben, wozu ich, da sie ja . doch auch färbend im Stoffe wirken, die sogenannten mineralischen Füllstoffe, die fast nur in weisser Farbe zur Verwendung gelangen, ebenfalls rechne. II. Organische Farben, d. h. solche, welche ihrer Zusammen- ‘ Setzung nach in die organische Chemie gerechnet werden müssen, s und die auch theilweise direkt von Thier- oder Pflanzenkörpern ent- 1 nommen sind (Theerfarben ausgenommen). 1 III- Theer- oder Anilinfarben, welche ihrer chemischen i Natur nach zwar sogleich unter Gruppe II hätten abgehandelt i werden müssen, die jedoch wegen ihrer gemeinsamen Abstammung ■ von den Produkten der trockenen Destillation der Steinkohlen ein für sich abgeschlossenes Ganzes bilden, und die ich deshalb zu einer 1 gesonderten Gruppe vereinigt habe. i I. Anorganische oder Mineralfarben. 1. Weisse Füllstoffe. Annalin; auf chemischem Wege gefällter, fein vertheilter Gips ’ (Ca SO 4 ); derselbe ist in vielem Wasser (400 Theilen) löslich, und > die erhaltene Lösung giebt mit oxalsaurem Ammon einen weissen - Niederschlag von oxalsaurem Kalk (Ca C204). Kaolin; feiner weisser Thon, giebt mit Schwefelsäure gekocht eine Lösung, welche verdünnt und filtrirt, mit Ammoniak ver- ■ setzt, einen weissen voluminösen Niederschlag von Thonerdehydrat, Alg (OH) 6 , ergiebt. Permanentweiss oder Blanc fixe ist chemisch gefälltes, fein vertheiltes schwefelsaures Baryum Ba SO,. Es ist vollkommen un löslich in Wasser und Säuren und verlangt zu seiner Untersuchung etwas schwierigere chemische Operationen: Man schmilzt es mit Soda auf dem Platinblech, zieht die Schmelze mit heissem Wasser Jaus, behandelt den ungelöst gebliebenen Rückstand mit verdünnter Salz säure, filtrirt, versetzt das Filtrat mit Schwefelsäure und erhält einen weissen Niederschlag von Baryumsulfat Ba SO,. Blei weiss, basisch kohlensaures Blei, ist löslich in verdünnter Salpetersäure oder Essigsäure. Die erhaltene Lösung ) giebt mit Schwefelwasserstoff einen schwarzen Niederschlag von Schwefel blei, Pb S. liothe Farbstoffe. Chromroth: basisch-chromsaures Blei =PbO. PbCrO, ist löslich in konzentrirter Natronlauge; durch Salzsäure wird es entfärbt, und die Färbung tritt auf Zusatz von Jodkalium wieder auf. Mennige, auch Minium genannt, ist eine Verbindung von Bleioxyd mit Bleisuperoxyd 2 PbO—PbO2 = Pb 3 0,. Mit Salpeter säure behandelt löst sich - die Mennige zum Theil unter Zurück lassung eines braunen Rückstandes von Bleisuperoxyd. Setzt man der Salpetersäure jedoch vorher etwas Zucker zu, so oxydirt sich der letztere auf Kosten des Bleisuperoxyds, undj(die§ ganze Probe ist ohne Rückstand .löslich. In der erhaltenen Bleilösung lässt sich das Blei mit Schwefelsäure als weisser Niederschlag Pb SO, oder mit Schwefelwasserstoff als schwarze Fällung, PbS, nachweisen. Rother Ocker ist entweder künstlich oder natürlich. Der künstliche Ocker wird meist auf dem Papierstoff im Holländer un mittelbar, durch Zusammenbringen von Eisenvitriol und Soda, und zwar nach dem Verhältniss ihrer Molekulargewichte 278 zu 106 erzeugt. Einer Untersuchung dieses künstlichen Ockers müsste eine Veraschung des Papiers vorhergehen, und mit Bezug hierauf ver weise ich auf meinen Aufsatz in Nr. 33 »Erdfarben im Papier«. Der natürliche Ocker, welcher für die Farbstoff-Untersuchung grössere Wichtigkeit besitzt, ist ein Gemenge von Eisenhydroxyd, Fe» (OH) C , mit Thon, wie ja überhaupt viele Erdfarben vorwiegend aus Thon und irgend einem färbenden mineralischen Stoff bestehen. Um den Gehalt an Eisen nachzuweisen, löst man eine Probe in Salzsäure und versetzt sie mit gelbem Blutlaugensalz, wodurch ein blauer Niederschlag (Berlinerblau) entsteht, oder man prüft mit Rhodankalium, KSNC, wobei sich eine rothe Färbung, von Rhodan eisen Fe(SNC)2 herrührend, ergiebt. Gelbe Farbstoffe. Chromgelb ist chromsaures Blei PbCrO,. Chromorange ist ein Gemenge von Chromroth und Chromgelb. Die Untersuchung dieser beiden Farbstoffe findet in derselben Weise statt, wie sie beim Chromroth angegeben ist. Bleiglätte ist ein rothgelbes Pulver aus Bleioxyd, PbO, be stehend. Dasselbe ist in Kali- oder Natronlauge, ebenso in Essig säure und Salpetersäure löslich, und letztere Lösungen können, wie schon bei der Mennige angegeben wurde, mit Schwefelsäure oder Schwefelwasserstoff auf Blei geprüft werden. Gelber Ocker. Dieser besteht, ebenso wie der rothe Ocker, aus Thon und Eisenoxydhydrat, enthält nur von letzterem weniger Bestandtheile und ist deshalb lichter gefärbt. Die Prüfung ist die gleiche wie beim rothen Ocker. Grüne Farbstoffe. Hierzu gehören vor allen Dingen die Kupferfarben, wie Schweinfurter Grün (essig-, arsenigsaures Kupfer), ferner Braun schweiger Grün, Berggrün, Bergblau usw., welche aus basisch-kohlensaurem Kupfer in verschiedenen Zusammensetzungen bestehen. Um das Kupfer in diesen Farben nachzuweisen, behandelt man dieselben mit Salpetersäure und versetzt die erhaltene Lösung mit Ammoniak, wodurch man eine sehr schöne, tief dunkelblaue Flüssigkeit erhält. Obzwar diese und die oben genannten Bleifarben ihres Blei- und Kupfergehaltes wegen meist mehr oder minder giftig sind und daher in der heutigen Papierfabrikation nur beschränkte Anwendung finden.,