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Markenschutz in Oesterreich. Die Firma Theyer & Hardtmuth in Wien wählte für ihre Brief papiere und Briefumschläge die auf der Briefschachtel angebrachte Bezeichnung »Original Margaret Mill Ivory Note Paper and Envelopes« und liess die Deckelzeichnung in das österreichische Markenregister eintragen. Der Schachteldeckel hatte das durch Fig. 1 veranschaulichte Aussehen. Er zeigt ein orientalisches Flächenmuster, welches in brauner Farbe auf gelbgrünem Grunde gedruckt ist, und trägt in der Mitte ein Schildchen aus schwarzem Glanzpapier mit Gold-Aufdruck. Gegen Ende 1889 gab der Papierwaaren - Fabrikant Arthur Schefczik in Wien eine ganz ähnlich ausgestattete Brief schachtel (Fig. 2) heraus, welche auch die gleiche Inschrift trug, nur dass der Name Margaret in »Margarit« verändert war. Am 23. Juli 1890 wurde Herr Schefczik von dem Rechtsanwalt der Firma Theyer & Hardtmuth darauf aufmerksam gemacht, dass er eine gesetzlich geschützte Marke nachahme, und vor den Folgen dieses Schrittes gewarnt. Er änderte nun seine Deckelzeichnung in der Weise, dass er den Namen »Margaret Mill« mit »The International« vertauschte und zum Schildchen grünes Papier verwendete, im übrigen aber die ganze Anordnung bestehen liess. Seine Schachteln hatten nun das durch Fig. 3 veranschaulichte Aussehen. Am 6. August liess er diese Marke ins Markenregister eintragen, hielt aber erweislich auch noch am 24. Juli und 2. August die erste Nachahmung (Fig. 2) feil. Die Firma Theyer & Hardtmuth erhob nun Klage beim Wiener Landgericht und verlangte Bestrafung des Angeklagten wegen Ver letzung ihres Marken- und Namenrechts, letzteres deshalb, weil ihre Anstalt seit Einführung der Marke »Margaret Mill« auch unter diesem Namen bekannt geworden sei. Der Angeldagte bestritt bei der Verhandlung die Aehnlichkeit seiner beiden Marken mit der klägerischen geschützten und leugnete Dr. Brunstein, der Vertreter der klägerischen Firma, widersetzte sich diesem Anträge, weil 1) die Firma Theyer & Hardtmuth als Inhaberin einer Fabrik für Papierausstattung unter der Herrschaft des alten Markenschutzgesetzes den Schutz ihrer Marke für alle Er zeugnisse ihrer Fabrik erlangt habe, übrigens unter Papierausstattung auch Briefpapiere und Briefumschläge zu verstehen seien und 2) weil es sich nicht um das Gebrauchsrecht an der Marke des Angeklagten, sondern um jenes an der klägerischen Marke handle. Es gehe nicht an, die Entscheidung, ob eine Markenfälschung vorliege, wegen des Dazwischentrittes ’ der Registrirung der gefälschten Marke der Kom petenz des Gerichtes zu entziehen und jener des Handelsministers zu unterstellen. Der Gerichtshof schloss sich diesen Gründen an und wies den Antrag der Vertheidigung zurück. Von den Aussagen der ver nommenen Zeugen sind vorzugsweise diejenigen des Herrn Friedrich Pollak, Gesellschafters der Papierausstattungs-Finna D. R. Pollak & Söhne, und des Herrn Heidmann, Prokuristen der Papierfabrik Ellissen, Röder & Cie., von Interesse. Beide Zeugen gaben an, dass die Firma Theyer & Hardtmuth für einen Theil ihrer Papierwaaren den Namen »Margaret Mill« führe, und es jedem Fachmann bekannt sei, dass mit solchem Namen bezeichnete Papierwaaren aus der Anstalt der Firma Theyer & Hardtmuth stammen. Der klägerische Anwalt wies darauf hin, dass man sich bei Be- urtheilung des Grades der Aehnlichkeit auf den Standpunkt des Käufers stellen müsse, der nur eine Allgemein-Vor Stellung von dem Aussehen der gewünschten Schachtel im Gedächtniss trage, die kleinen Unterscheidungsmerkmale aber, auf die im Gerichtssaal Jeder auf merksam gemacht sei, nicht beachte. Es könne nur in Frage kommen, ob die schutzberechtigte Marke und die nachgeahmte im Verkehr verwechselt werden können; ob eine Täuschung möglich sei oder nicht. Fig- 1. Fig 3. den bösen ) orsatz. W old sei die Bezeichnung der Marke Fig. 1 mit dem Firmennamen »Theyer & Hardtmuth« seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen, auch habe er gewusst, dass die Kläger ihr »Ivory«- Papier mit dem Namen »Margaret Mill« bezeichnen, und dass andere Marken derselben eingetragen seien; dagegen habe er nicht gewusst, dass die Marke. Fig. 1. eingetragen sei. Seine Schachtel-Ueberzüge seien auch garnicht nach der Theyer & Hardtmuth'schen Marke ge fertigt, sondern nach einer mit Fig. 2 übereinstimmenden Maike der inzwischen in Konkurs gerathenen Firma Julius Weiss in Wien. Von der erfolgten Eintragung der Marke Fig. 1 habe er erst am 23. Juli 1890 Kenntniss erhalten. Seit jener Zeit habe er den Vertrieb seiner Waare mit der »Margarit«-Marke eingestellt, und wenn er von seiner am 1. August registrirten International-Marke Gebrauch gemacht habe, so sei dies sein gutes Recht. Am 2. August habe er allerdings diese Marke auch in schwarzer Farbe geführt, doch sei dies nur versuchsweise geschehen. Im übrigen verweise er darauf, dass die Firma Theyer & Hardtmuth ihre Marke »für Papierausstattungen« habe registriren lassen, während er seine Marke »für Briefpapiere und Couverts« an gemeldet habe. Da das Handelsministerium in Ansehung der registrirten grünen International-Marke ein »Avis prealable« nach dem neuen Markenschutzgesetze nicht gegeben habe, so sei die Annahme berechtigt, dass eine Aehnlichkeit dieser Marke mit der klägerischen Schutz marke nicht bestehe, und dass vielmehr Angeklagter das Recht habe, seine registrirte Marke zu benutzen. Gestützt auf diesen vom Angeklagten angegebenen Thatbestand beantragte der Vertheidiger Dr. Geller die Entscheidung des Handels ministers 1) über die Frage, ob der Firma Theyer & Hardtmuth der Schutz ihrer Marke für Papierausstattungen oder für Briefpapiere und Briefumschläge zustehe; 2) über das dem Angeklagten in Ansehung seiner registrirten Marke zustehende Gebrauchsrecht einzuholen und bis zum Einlangen dieser Entscheidung des Ministers das Straf verfahren einzustellen. Ob gerade alle Käufer getäuscht würden, oder ob dies nur be züglich eines Theiles derselben der Fall ist, sei für die Zurechnung der Markenfälschung ohne Belang. Was die zur Beurtheilung der Strafbarkeit erforderliche Wissentlichkeit anlange, so scheine der Angeklagte anzunehmen, es müsse ihm auf direktem Wege, etwa durch sein Geständniss, bewiesen werden, dass er von der Eintragung der Th. & H.'schen Märke Kenntniss gehabt habe. Das sei jedoch nicht der Fall. Schon der Umstand, dass der Angeklagte nach seinem Geständnisse die Herkunft der Marke aus dem Vermerk »Theyer & Hardtmuth« und aus den Worten »Margaret Mill« kannte, ferner, dass er von der Registrirung anderer Marken der Firma Theyer & Hardt muth Kenntniss hatte, musste in ihm die Vermuthung wecken, dass auch die Margaret Mill Ivory-Marke registrirt sei. Dass er unter solchen Verhältnissen das Markenregister nicht eingesehen habe, sei ihm nicht als blosse Fahrlässigkeit anzurechnen, sondern falle ihm zum mindesten als »dolus eventualise zur Last. Verletzung des Namenrechtes im Sinne des Markenschutzgesetzes liege vor, weil der Name Margaret Mill« gewissermaassen zu einem Pseudonym der Firma Theyer & Hardtmuth im Handel geworden sei und durch Anmaassung desselben zur Waarenbezeichnung der Absatz der kläge rischen Anstalt geschmälert werde, welcher Tendenz das Gesetz ent gegentrete. Der Vertreter der Privatklage beantragte deshalb. Schuldig sprechung wegen Verletzung des Marken- und Namenrechtes, Ver hängung aller im Gesetze vorgesehenen Haupt- und Nebenstrafen, Zuerkennung einer Geldbusse und Veröffentlichung des Straferkennt- nisses in mehreren öffentlichen Blättern-des Inlandes und in der Papier-Zeitung. Der Vertheidiger des Angeklagten machte darauf aufmerksam, dass die meisten der von' seinem Klienten vorgenommenen Handlungen noch in die Zeit .des alten Markenschutzgesetzes fielen, so dass derselbe für sein Vergehen. erst vom 19. Mai an verantwortlich gemacht werden’könne. 'Er legte hierauf nochmals die Verschieden-'