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V>t!l I w Vilä. r/2t/St>rtxru^t>'StXSL^^tXStXrü<2ü-^L^L^L^Le2j>2l>S über bis zun« Gehen natürlich in Greiners Nähe hielt, so ließ er doch, wenn sich nur irgend eine Gelegenheit dazu bot und er sich unbeachtet glaubte, kein Auge von der schonen Erika Vollmar. Er tanzte nicht gern und auch nicht gnt. Allein da die Ab solvierung einer Reihe von Pflichttänzen nun einmal unerläßliche Bedingung blieb, wollte man nicht unangenehm auffallen, so war Erika die erste, in deren Tanzkarte Robert sein Autogramm hinter einer lan gen Reihe anderer Namen eintrug. Er tat es mit klopfendem Herzen und lange, lange mußte er warten, bis er endlich auch bei ihr seine Höflichkeitspflicht erfüllen und den Arm zu einem sirenenhaften Strauß- sänm Walzer nm Erikas Taille legen konnte. Und nun klopfte ihm das Herz noch viel stärker als zuvor, wenngleich er sich allen Zwang antat, äußerlich gleichmütig und ge lassen zu erscheinen. Hatte von ferne ihr Anblick schon eine tiefe, wohltuende Erre gung in seiner Seele ausgelöst, — die un mittelbare Nähe des schönen Mädchens be rauschte ihn jetzt förmlich. Er empfand ein leidenschaftliches Verlangen, mit ihr zu sprechen und sie sprechen zu hören, ihre Stimme dicht an seinem Ohr zu verneh men — und doch hatte er schon eine volle Runde mit ihr getanzt und zermarterte noch immer sein Gehirn, um das passende Wort zur Einleitung einer flüchtigen Un terhaltung zu finden. Ihm Ivar der Ver kehr mit dem andern Geschlecht etwas fremdes, der leichte gefällige Causeurton stand ihm, dem rassigen Eigenmenschen, dem geistigen Einsiedler gar nicht zu Gebote. Schließlich fing er an über das bunte, far bige Bild zu plaudern, in dessen Rahmen sie beide sich eben bewegten: erst unsicher, beinahe tastend, ob ihr das berührte Un terhaltungsgebiet auch genehm sei, dann, als sie ihm nicht übermäßig interessiert, aber auch nicht gelangweilt schien, etwas frischer, lebhafter. „Ich bin Greiner sehr dankbar, daß er mich in die gastlichen Salons des Herrn Kommerzienrats eingeführt hat," bemerkte er schließlich mit schlichter Wärme, „dem Auge des Schriftstellers als Vermittler zwischen den Erscheinungen des Lebens und seiner Geistesarbeit kann es nur von un schätzbarem Nutzen sein, wenn ihm der Hori zont des Tatsächlichen immer mehr erwei tert wird." Ein leicht ironisches Lächeln schürzte ErikaS Lippen. „Es scheint fast, als wäre cs Schriftstel lerprinzip, selbst aus jeder Zerstreuung noch Kapital zu schlagen." „Gewiß, aber geistiges Kapital, Gnä digste." „Soll damit vielleicht ein wesentlicher Unterschied ausgedrückt sein, Herr Dok tor?" lachte Erika, „wer wird denn so hart näckig mit Begriffen jonglieren wollen. Wertvolles geistiges Kapital ist immer kursfähig und wird nachher in reelles um- gewaudelt, das weiß doch jedes Kind und recht betrachtet ist solch Prinziv auch ein durchaus einwandfreies: denn Geld ist nun einmal der Lebensnerv der Welt. Sic in dessen, Herr Doktor, sehen so wenig mate riell veranlagt aus, daß ich ein derartiges Prinzip zn Ihrer Persönlichkeit gar nicht recht in Einklang zu setzen weiß." Robert errötete unwillkürlich. Sie hatte Üm richtig erkannt. Er war nichts weni ger als raffiniert in der materiellen Aus deutung seiner schriftstellerischen Geistes produkte, trotzdem er sich unentwegt bemü hen mutzte, bei seiner ziemlich beengten Finanzlage eine Erwerbsquelle daraus zu machen. Aber hatte sie denn nicht eigent lich mit den Begriffen jongliert, indem sie seine Aeußerung wie spielend in das Zwie licht einer andern, gar nicht beabsichtigten Bedeutung rückte? Er wollte etwas Berichtigendes sagen, doch Erika Vollmar, schien seinen Entschluß zu erraten und kam ihm mit ihrer gelasse nen Sicherheit zuvor, indem sie dankte und sich von Robert zu ihrem Platz führen ließ. „Würden gnädiges Fräulein mir gü tigst noch einen Walzer frei halten?" er kundigte sich Robert während des kurzen, gemeinsamen Ganges durch den Saal an gelegentlich. äußerlichen Eigenschaften widerte Robert bei de la Forte der halbverschleierte kalte, raubtierartige Ausdruck des an sich intelli gent blickenden Auges an. Dieser Ausdruck beherrschte den Blick, welchen de la Fortes blitzschnell auf ihn sowie auf ein paar an dere Herren richtete, die nach seinem Zu rücktreten sich um Erika drängten; indessen tauchte er sofort wieder unter die Ober- fläche einer glatten, doch gleichwohl maß vollen Liebenswürdigkeit, als die schöne Erika sich dann mit einer scherzenden Frage an den Grafen wandte. Während des ganzen Abends fand Tor- now in der Tat keine passende Gelegenheit mehr, sich Erika Vollmar noch einnial zu nähern. Nur ab und zu strahlte sie ibn, von fern wie eine Sonne aus der sie umgc- „Tut mir leid, Herr Doktor," lachte Erika, und durch ihr silberhelles Lachen klang zugleich der Ton sieggewohnter Selbstgefälligkeit, „Sie kommen zu spät. Bis zum letzten Violinenstrich ist jeder Tanz bereits vergeben und ich fürchte sogar, die allerletzten Subskribenten meiner Tanzkarte werden gänzlich um ihren Anspruch kom men." — Robert konnte nur noch in wenigen Worten sein aufrichtiges Bedauern über fein Mißgeschick ausdrücken; dann war Eri kas Sessel erreicht, auf welchem sich inzwi schen Graf de la Fortes häuslich niederge lassen hatte. Während Robert mit einer tiefen Ver beugung seinen offiziellen Kavalierdienst bei Erika quittierte, fand er Gelegenheit, den übereleganten Grafen mit schnellem Blick ein wenig genauer zu mustern. Mit seinen gelblich getönten, verlebten Gesichts zügen und seiner etwas schlaffen Körper haltung, Welche nicht nur die Folge welt männisch lässigen Sichgebens zu sein schien, machte er keinen sonderlich angenehmen Eindruck auf den jungen, gänzlich anders gearteten Schriftsteller. Das eingeklemmte Monokle, selbst bei sympathischeren Erschei nungen schon störend, wirkte bei dem Gra fen geradezu abstoßend geckenhaft. Mehr aber noch als alle diese unangenehmen benden Wolke ihrer zahlreichen Bewunde rer hervor, in deren Schwarm sich zu mischen er weder Lust noch Recht fühlte, ebensowenig aber auch das Geschick dazu, welches schließlich imstande ist, sich keck über den Mangel an Berechtigung hinwegzu setzen. Und dennoch zog es ihn wie mit unwi derstehlicher Gewalt zu der schönen Erika hin. Er empfand Plötzlich etwas bisher noch nie Empfundenes, im stärksten Gegen satz zu dem Gefühl wunschloser Fremdheit inbczug auf das weibliche Geschlecht Ste hendes. Dieses Gefühl hatte ihn bis zum heutigen Abend den Verkehr mit der Frauenwelt, wenn auch nicht konsequent meiden, so doch jedenfalls alles andere eher als suchen lassen. Nun aber spürte er mit einem Schlage eine Wandlung in seinen« Innern vorgehen, jedoch nicht langsam, schrittweise, sondern mit elementarer, drän gender Gewalt. Denn die am heutigen Abend erst neu in ihm erwachte und förm lich von Stunde zu Stunde stärker wach sende Empfindung drängte ihn unwider stehlich hin zu der sonst so wenig von ihm beachteten und in ihrem wirklichen Wert gewürdigten Frauenwelt, welche sich für ihn verkörperte in dem einen blendend schönen Weibe, feinen Augen vor der Gesamtheit ihres Geschlechtes stehend als dessen beru-